Die Schweizerische Nationalbank (SNB) belässt den Leitzins bei 1.75%. Dies entgegen den Erwartungen vieler Ökonomen. Was hat dies für Auswirkungen auf die Immobilien- und Hypothekarmärkte?

Property Captain

Die letzten Tage standen im Zeichen eines geldpolitischen Kraftaktes der globalen Währungshüter. Letzte Woche am Donnerstag hat die Europäische Zentralbank (EZB), ungeachtet der unterschiedlichen Erwartungen, ihren Leitzins um weitere 25 Basispunkte (Bps) angehoben. Die US-Notenbank Fed hingegen, konform mit den Markterwartungen, verzichtete vorerst auf eine weitere Zinserhöhung und kündigte erneut eine Zinspause an. Heute setzt die Schweizerische Nationalbank (SNB) diese geldpolitische Kaskade fort und belässt entgegen den Erwartungen vieler Ökonomen den Leitzins bei 1.75%. Mit diesem geldpolitischen Manöver unterstreicht die SNB die Wirksamkeit des derzeitigen geldpolitischen Kurses im Umgang mit der Inflation.

Seit der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung im Juni hat sich die Kurvenstruktur der Hypothekarzinsen bemerkenswert stabilisiert und präsentiert sich in einer ausgeprägt flachen Formation. Die jüngste Entscheidung der SNB, den Leitzins unverändert bei 1.75% zu belassen, dürfte dazu führen, dass die Kostendifferenz zwischen einer SARON-Hypothek und einer Festhypothek weiterhin marginal bleibt. Überdies weisen Hypothekarzinsen im Vergleich zu den jeweiligen Referenzzinssätzen ein erhöhtes Niveau auf, welches primär auf die gesteigerten Risiken im Finanzsektor und die restriktive Kreditvergabepraxis der Banken zurückzuführen ist.

 

Fredy Hasenmaile, Chefökonom Raiffeisen Schweiz

Die SNB hat den Leitzins wider Erwarten nicht angehoben. Was sind die Gründe dafür?

Fredy Hasenmaile: Der wichtigste Grund dürfte in der überraschend starken Beruhigung des Preisauftriebs zu finden sein. Die Inflation bewegt sich mit 1.6% wieder im Zielbereich der SNB und alle Vorlaufindikatoren signalisieren eine weitere Verlangsamung des unterliegenden Preistrends. Zudem reduziert die jüngste Frankenstärke die importierte Inflation – den Haupttreiber der Inflation. Als zweiten Grund kann man die starke Eintrübung der Geschäftsaussichten insbesondere in der Industrie anführen. Die Schweizer Industrie befindet sich in einer Rezession und das schwache aussenwirtschaftliche Umfeld droht auch den Dienstleistungssektor in Mitleidenschaft zu ziehen. Mit anderen Worten hat die SNB in Anbetracht der erfreulichen Entwicklung der Inflation wieder vermehrt auch die Gesamtwirtschaft im Blickwinkel und will mit der Zinspause Zeit gewinnen, um vor allfälligen weiteren Schritten die Bremswirkung der bisherigen Zinsanstiege auf die Realwirtschaft besser einschätzen zu können.

Bleibt nun alles beim Alten auf dem Hypothekarmarkt?

Mit dem Nullentscheid der SNB ändert sich die Situation weder für die Hypothekarnehmer mit einer variablen Hypothek noch für solche, die eine neue Festhypothek abschliessen wollen. Die Pause der SNB lässt ihr weiterhin alle Optionen offen. Spätere Zinserhöhungen sind nicht ausgeschlossen aber eher unwahrscheinlich. Der Zinsgipfel könnte damit in der Schweiz erreicht sein.

 Welchen Einfluss hat dieser Entscheid auf die Preise für Wohneigentum?

Die bisherigen Zinserhöhungen haben die Nachfrage nach Wohneigentum bereits deutlich reduziert. Der Aufwärtstrend bei den Immobilienpreisen wird sich somit weiter abschwächen, Pause hin oder her. Nächstes Jahr können wir uns deshalb sogar leichte Preisrückgänge beim Wohneigentum vorstellen. Eine starke Korrektur erscheint wegen der Knappheit an Wohnraum jedoch sehr unwahrscheinlich.

 Wie sollen sich Kundinnen und Kunden am besten verhalten, wenn deren Zinsbindung in nächster Zeit ausläuft?

Den erhöhten Zinsen kann man nicht mehr entgehen. Die Konditionen für längerfristige Festhypotheken sind wegen der zuvor angestiegenen Zinserwartungen bereits vorausgeeilt. Und die Zinsen für SARON-Hypotheken haben mittlerweile im Zuge der tatsächlichen SNB-Zinserhöhungen aufgeschlossen. Eine längerfristige Zinsbindung macht derzeit Sinn, wenn eine sehr hartnäckige Inflation und noch deutlich mehr Handlungsbedarf der Notenbanken erwartet wird. Kürzere Laufzeiten sind hingegen zu bevorzugen, wenn man von einer nachhaltigen Beruhigung des Inflationsumfelds ausgeht. Dann könnte man von einer Umkehr des Zinszyklus in nicht allzu ferner Zukunft profitieren. Für die Schweiz scheint uns das zweite Szenario wahrscheinlicher.

Fredy Hasenmaile ist Chefökonom bei Raiffeisen Schweiz

 

Money Park

Für die meisten Banken kam der heutige SNB-Zinsentscheid, den Leitzins bei 1.75% zu belassen, unerwartet. Nichtsdestotrotz liegen Saron- und Festhypothekzinsen so nahe beieinander wie noch nie. Umso wichtiger ist eine gründliche Analyse der individuellen Situation bei der Wahl der Hypothek.

Die von Money Park befragten Hypothekargeber erwarteten mehrheitlich, dass sich die Kapitalmarktzinsen für alle Laufzeiten in den kommenden drei respektive sechs Monaten stabil verhalten. Einzig für die zweijährige Laufzeit erwarten etwas mehr als 40 Prozent eine Steigerung für die kommenden drei Monate. Für in sechs Monaten ist die überwiegende Mehrheit davon überzeugt, dass sich alles auf einem ähnlichen Niveau einpendelt und damit wenig Bewegung bei den Zinsen für Festhypotheken zu erwarten ist.

Bis Ende März rechnen weniger als 20 Prozent der Befragten damit, dass zwei- und fünfjährige Hypotheken steigen könnten, bei den Zehnjährigen sind es mit leicht über 20 Prozent ein bisschen mehr. Am meisten Chancen für tiefere Zinssätze rechnen sich rund ein Viertel bei der Laufzeit über fünf Jahren aus. Bei den zehnjährigen Hypotheken sind es knapp über 20 Prozent, an ein Sinken der zweijährigen glauben nur gerade etwas mehr als 10 Prozent.

Die grössten Unsicherheiten bezüglich der weiteren Zinsentwicklung werden wie in der letzten Umfrage im Juni in der Inflation und den Rezessionsängsten gesehen. Auf den weiteren Plätzen folgt die wirtschaftliche Situation in der EU und den USA. Der Verlauf des Kriegs in der Ukraine und der Handelskrieg zwischen China und den USA wird aktuell nur von wenigen als Haupttreiber für die Zinsentwicklung angegeben.