Procimmo hat trotz der Corona-Krise die Emission für den Swiss Commercial Fund II erfolgreich platziert. Der Börsengang wird nun aber auf später verschoben, wie CEO Arno Kneubühler erklärt.

Der Procimmo Swiss Commercial Fund II schloss sein letztes Geschäftsjahr positiv ab. Nun haben Sie eine Kotierung des Fonds an der Börse SIX Swiss Exchange angekündigt. Wie weit sind Ihre Vorbereitungen?

Arno Kneubühler: Wir sind sehr erfreut, dass wir mitten in der COVID-Krise eine Kapitalerhöhung des Gewerbefonds Procimmo 2 erfolgreich durchführen konnten. Es zeigt das Vertrauen der Investoren in unsere Produkte und die klare Strategie des Fonds. Hingegen mussten wir gewisse Transaktionen hinausschieben beziehungsweise neu beurteilen. Seit Beginn der Krise haben sich auch viele Eigentümer neu orientieren müssen und Verkaufsvorhaben gestoppt oder auf Eis gelegt. Die Zielvorstellungen des Wachstums und somit der idealen Grösse des Fonds haben sich daher zeitlich etwas nach hinten verschoben. Wir haben uns deshalb entschieden, den Börsengang auf Ende 2020 oder Anfang 2021 zu verschieben.

Der Procimmo 2 gilt in der Deutschschweiz als Vorreiter in Sachen Gewerbeliegenschaften für kleinere und mittlere Unternehmen. Werden Sie dieser Strategie treu bleiben?

Ja, ganz klar. Wir agieren mit unserem Portfolio zwar eher in einem Nischensegment, sehen aber nach wie vor hohes Potenzial bei solchen Immobilien, insbesondere aus Renditesicht. Obwohl viele Investoren dieses Segment lange Zeit eher vernachlässigt haben, sind jetzt viel mehr Investoren im Markt. Potenzial sehen wir auch in der künftigen Nachfrage. In unserem Land gibt es sehr viele KMU, im Ganzen sind es rund 600‘000 Unternehmen. Die brauchen also alle auch Platz für Ihre Tätigkeit – und das ist gut für uns.

Interessant ist auch zu sehen, dass wir sogar in der aktuellen COVID-Krise eine zwar geringere, aber nach wie vor intakte Nachfrage nach Flächen haben. Unsere Strategie der tiefen Mietpreise zahlt sich aus, da in Krisenzeiten die Fixkosten optimiert werden müssen. Zwar werden teilweise Flächen verkleinert, dennoch haben wir Stand Ende April sehr stabile Zahlungseingänge.

Wäre es nicht einfacher, auf grosse Ankermieter zu setzen?

Nein, nicht unbedingt, obwohl wir natürlich auch einige grosse Mieter in unserem Portfolio haben. Wenn wir aber bloss auf grosse Mieter setzen würden, dann wäre wohl auch das Anlagerisiko wegen der geringeren Diversifikation höher. Mit einem guten Mietermix können wir zudem einfacher weitere kleinere Mieter anziehen, als wenn man nur einen grossen hat.

Die Leerstandsquote des Procimmo 2 ist hoch. Was werden Sie dagegen tun?

Unsere Strategie ist es, auch bewusst Liegenschaften mit hohen Leerständen einzukaufen. Unsere vermietungsstarke Schwesterfirma SEG Solutions vermarktet die Leerstandflächen, optimiert die Renditen und durch das aktive Asset Management steigern wird den Immobilienwert. Wir konnten in den letzten Jahren sehr viel Mehrwert für die Investoren durch diese Strategie generieren. Zudem haben wir die Leerstandsquote um 5 Prozent innerhalb einer Berichtsperiode gesenkt. Wir befinden uns hier also genau auf der definierten Strategie.

Die Mietausfallquote ist hoch beim Procimmo 2. Woran liegt das?

Mietzinsrabatte bei Neuvermietungen sowie Mietzinsausstände und Konkurse fallen in diese Quote. Wir gehen hier teilweise bewusst Risiken ein, um gute Immobilien mit nicht sehr solventen Mietern für eine gute Rendite zu kaufen, um diese dann neu zu positionieren. Das hat kurzfristig eine negative Auswirkung auf die Mietzinsausfallquote, jedoch positive Auswirkungen auf die nachhaltige Rendite.

Müssten Sie in Zukunft bei Neuvermietungen besser auf die Bonität der Mieter achten?

Da schauen wir schon jetzt genau darauf. Die erhöhte Mietzinsausfallquote hängt wie oben erwähnt mit unserer Strategie zusammen. Entscheidend sind nachhaltige Marktmietzinsen sowie ein aktives Asset Management, respektive eine starke Vermarktung. Da wir uns nach wie vor im Portfolioaufbau befinden, ist die Quote etwas höher.

In der Deutschschweiz haben Sie das Konzept Streetbox im Procimmo 2 integriert, in der Romandie ist es ein eigenes Anlagegefäss. Wie entwickelt sich Streetbox in der Deutschschweiz?

Das Konzept von Streetbox entwickelt sich auch in der Deutschschweiz gut. Unseren ersten Standort haben wir seinerzeit in Niederbuchsiten im Kanton Solothurn eröffnet. Dort ist alles vermietet und verkauft. Im aargauischen Würenlingen haben wir in einer ersten Bauphase 22 Boxen errichtet; nun folgt die zweite Etappe mit weiteren 16 Boxen. In Kriens in Luzern ist ein dritter Standort in der Pipeline. Die Baubewilligung wurde kürzlich ausgestellt und es kann in den nächsten Wochen mit dem Bau gestartet werden.

Industrie- und Gewerbezonen werden in der Regel von der Raumplanung im Stich gelassen. Wo eingezont wird, kann gebaut werden – oft ohne Bezug zu den anderen Gebäuden. Ist diese Entwicklung nachhaltig?

Das ist ein komplexes Thema. Grundsätzlich stellen wir fest, dass bei den Gemeinden oft eine klare Strategie fehlt und teilweise eine etwas sehr optimistische Vorstellung gegenüber potenziellen Neuansiedlungen vorherrscht. Nicht jeder Ort in der Schweiz ist für eine Pharmafirma mit hoher Wertschöpfung und hohem Steuersubstrat geeignet. Und die Industrie ist auch auf weniger dichte Bauten dafür aber sehr gut zugängliche und multifunktionsfähige Gebäude angewiesen. Leider hat man zudem bei den Regulierungen das Augenmass verloren und man überbordet. Dies führt schliesslich dazu, dass unter Einbezug der ökonomischen Möglichkeiten der Betriebe sowie den gesetzten Rahmenbedingungen des Staates und ohne klare Strategie der Gemeinden ein ziemlicher Wildwuchs entsteht. Das österreichische Vorarlberg hat das zum Beispiel deutlich besser gemacht. Bei uns fehlt leider oft der Mut zu Visionen.

Verdichtung und Quartierplanung werden vor allem in Wohngebieten in und um die grossen Städte und Agglomerationen immer wichtiger. Gäbe es in den Industrie- und Gewerbezonen nicht auch Aufwertungsbedarf?

Im Moment werden viele kantonale Richtplane überarbeitet und auf die nächsten 20 bis 25 Jahre eingestellt. Daraufhin führen die Gemeinden die Zonenplanrevisionen durch. Es gibt zurzeit viele Gemeinden in der Schweiz, die dadurch blockiert sind und deshalb kommen Projekte nicht vorwärts. Im Zuge dieses Prozesses werden auch die Industrie- und Gewerbezonen neu diskutiert. Verdichtung macht sicherlich insbesondere im Wohn- und Bürobereich Sinn. Hingegen haben wir nach wie vor auch Industrien, welche auf EG-Flächen angewiesen sind. Verdichtung in diesem Bereich also ja, aber mit Augenmass.

Zum Beispiel Technologie-Startups suchen Fläche für Forschung und Produktion und vor allem Erweiterungsmöglichkeiten: Sie wachsen dynamisch. Was kann ein Grundeigentümer bieten?

Ich kann nur von uns sprechen. Das Konzept, das wir schon seit Jahren erfolgreich verfolgen, lautet folgendermassen: Grosse Flächen in kleinere Flächen aufteilen und diese nutzerflexibel gestalten. Das ermöglicht, viele verschiedene Mieter zu beherbergen und ihnen aufgrund ihres organischen Wachstums zusätzliche Flächen anbieten zu können. Zudem reduzieren wir so etwas das Mietausfallrisiko, wenn wir nicht bloss einen Mietvertrag mit einem einzigen Mieter haben.

Interview: Remi Buchschacher

Arno Kneubühler ist CEO der Procimmo SA