Auf den untersuchten Immobilienportalen der Schweiz war ein Einfamilienhaus in den vergangenen zwölf Monaten durchschnittlich 66 Tage ausgeschrieben. Dies sind sechs Tage länger als noch in der Vorperiode. Gleichzeitig nahm die Anzahl Inserate um ebenfalls rund zehn Prozent auf 55’700 zu. Diese simultane Zunahme weist schweizweit auf eine robuste Nachfrage hin. Und dies trotz eines während der Berichtsperiode um fast zwei Prozentpunkte angestiegenen Hypothekarzinses sowie einer insgesamt schwächeren gesamtwirtschaftlichen Leistung. Ein genauer Blick offenbart jedoch grosse regionale Unterschiede, wie die aktuelle Online Home Market Analysis zeigt.

Die neueste Ausgabe der Online Home Market Analysis der Immobilienportale Homegate und ImmoScout24 in Zusammenarbeit mit dem Hauseigentümerverband Schweiz sowie dem Swiss Real Estate Institute analysiert die Inseratedaten von Einfamilienhäusern für die Periode vom 1. Juli 2021 bis zum 30. Juni 2023. Die ausgewerteten Inserate stammen von mehreren bekannten Immobilienportalen und umfassen damit die Mehrheit aller Online-Inserate während des Untersuchungszeitraumes in der Schweiz.

Höheres Angebot, längere Vermarktungsdauer

Das noch im letzten Untersuchungszeitraum (Q3 2021 – Q2 2022) um 17 Prozent rückläufige Inseratevolumen für Einfamilienhäuser erholte sich in der aktuellen Periode (Q3 2022 – Q2 2023) und verzeichnete ein elfprozentiges Wachstum. Dieses grössere Angebot führte schweizweit zu einer im gleichen Masse verlängerten mittleren Ausschreibungszeit von 60 auf 66 Tage. Die Nachfrage nach Einfamilienhäusern war damit in der Berichtsperiode trotz des stärksten Anstiegs der Hypothekarzinsen in 30 Jahren robust.

Für Markus Meier, Direktor des Hauseigentümerverbandes Schweiz, zeigen die Resultate der aktuellen OHMA-Studie, dass der Einfamilienhausmarkt in der Schweiz nach wie vor in einer robusten Verfassung ist. «Trotz steigenden Zinsen und zunehmender Regulierung ist der Wunsch nach einem eigenen Zuhause in der Schweiz nach wie vor tief verwurzelt und weist keinerlei Anzeichen einer Abschwächung auf». Das sei einerseits sehr positiv für bestehende Hauseigentümer, andererseits wird es gerade für junge Familien immer herausfordernder, die eignen vier Wände zu finanzieren. Es gelte sicherzustellen, dass auch der Mittelstand weiterhin aus eigener Kraft selbstbewohntes Wohneigentum erwerben kann.

Inseratedauer in der Deutschschweiz geht deutlich nach oben

Während die durchschnittliche Inseratedauer insgesamt anstieg, reduzierte sich gleichzeitig deren Spanne zwischen den regionalen Höchst- und Tiefstwerten. Wird in den «Hotspots» wie Zürich und der Zentralschweiz mit einer Inseratedauer von 42 respektive 46 Tagen etwas mehr Geduld von Verkäufern abverlangt als bisher, um ein Einfamilienhaus zu veräussern, verharrte die Inseratedauer in der Romandie sowie im Tessin auf praktisch demselben Niveau wie in der Vorperiode. Die grössten Veränderungen zeigten sich über alle elf Regionen bzw. Subregionen in der Nordwestschweiz (plus 51 Prozent) sowie in der Zentralschweiz (plus 48 Prozent), wo sich die Ausschreibungsdauer um 2.5 bzw. um fast 3 Wochen verlängerte. Ungeachtet der leichten Angleichung ist die Spanne nach wie vor beachtlich: Im Tessin muss mit neu 136 Tagen im Durchschnitt mehr als drei Mal so lange eine Käuferschaft gesucht werden, wie dies in der Region Zürich mit neu 42 Tagen (gegenüber 29 Tagen in der Vorperiode) der Fall ist.

Eigenheim-Nachfrage geht in 9 von 15 untersuchten Städten zurück

Im Vergleich zur Vorperiode mussten Verkaufende von Einfamilienhäusern in den 15 untersuchten Städten nur in Winterthur und Brig ihre Objekte weniger lang inserieren. Während sich in der Stadt Winterthur die Inseratedauer mit einem Tag nur minim auf 34 Tage verkürzte, mussten sich Eigenheim-Besitzer in Brig 7 Wochen weniger lang (minus 48 Tage) gedulden bis zum Verkauf ihres Objektes. Am meisten verlängerte sich die Inseratedauer für Einfamilienhäuser in der Stadt Freiburg und ihren angrenzenden Gemeinden. Ganze 3 Wochen länger (plus 21 Tage) mussten sich dort die Einfamilienhausbesitzer bis zum Verkauf ihres Objektes gedulden.

Ein Vergleich der prozentualen Veränderung der Inseratedauer mit der prozentualen Änderung der Zahl der Inserate lässt Rückschlüsse auf die Entwicklung der Nachfrage in den 15 untersuchten Städten zu. So mussten sich beispielsweise Verkaufende von Einfamilienhäusern in der Stadt St. Gallen 7 Tage länger gedulden (plus 19 Prozent), bis ihr Objekt veräussert werden konnte. Gleichzeitig wurden mit 317 Objekten fast gleich viel Einfamilienhäuser wie in der Vorperiode inseriert (minus 17 Eigenheime bzw. minus 5 Prozent). Eine annähernd unveränderte Zahl an Einfamilienhäusern mussten durchschnittlich eine Woche länger ausgeschrieben werden bis zum Verkauf, was auf eine rückläufige Nachfrage schliessen lässt. In 6 Städten wurde eine zunehmende Nachfrage registriert.

Nachfrage steigt primär in einkommensstarken Gemeinden

Analysiert man die Veränderungen der Inseratedauer und die Anzahl Inserate in den sieben untersuchten Deutschschweizer HEV-Regionen nach Gemeindetypen, so zeigen sich insbesondere zwischen den suburbanen beziehungsweise den Agglomerationsgemeinden sowie den einkommensstarken Gemeinden diametrale Unterschiede. Denn in der Mehrheit der analysierten Regionen wächst die Nachfrage nach Einfamilienhäusern in den einkommensstarken Gemeinden, während diese in den suburbanen Gemeinden in fünf der untersuchen sieben Regionen rückläufig sind. Dieser überwiegende Rückgang der Nachfrage vor allem in den suburbanen Gemeinden kann unter anderem mit einem überdurchschnittlichen Fremdfinanzierungsanteil begründet sein, welcher in diesen Gemeinden höher sein dürfte als in den einkommensstarken Gemeinden. Daher trifft ein Zinsanstieg diese Gemeinden härter als die wohlhabenden Gemeinden, wo zum Beispiel dank Erbvorbezug weniger Fremdkapital für den Kauf eines Eigenheims notwendig ist.

Für Martin Waeber, Managing Director Real Estate bei der SMG Swiss Marketplace Group, zeigen die Resultate der aktuellen Studie einerseits einmal mehr, wie robust der Einfamilienhausmarkt in der Schweiz insgesamt ist, trotz des deutlichen Zinsanstiegs im Hypothekarmarkt. «Das gestiegene Angebot und die längere Inseratedauer ermöglicht den Suchenden wieder mehr Auswahl, mehr Bedenkzeit sowie insgesamt bessere Chancen, das für sie passende Objekt zu finden», so Waeber. Allerdings nütze das beste Angebot wenig, wenn die Frage der Finanzierung, insbesondere ohne familiäre Unterstützung, immer herausfordernder werde, kommentiert Waeber die Ergebnisse der neuen Analyse.

Für Peter Ilg, Leiter des Swiss Real Estate Instituts, ist die robuste Nachfrage nach Einfamilienhäusern trotz der kräftigsten Zinserhöhungen seit 30 Jahren und angesichts eines sich verlangsamenden gesamtwirtschaftlichen Wachstums erstaunlich. Es stellt sich die Frage, ob das Immobilienblasenrisiko in der Vergangenheit nicht überschätzt wurde. Während in anderen vergleichbaren Ländern (z.B. Schweden) die Eigenheimpreise wegen der anhaltenden Zinsanhebungen bereits spürbar korrigiert haben, zeigt sich in der Schweiz insgesamt noch keine Abschwächung der Nachfrage nach Einfamilienhäusern, dies obwohl die Hypothekarverschuldung der Schweizer Haushalte zu den höchsten weltweit gehört (140 Prozent der gesamtwirtschaftlichen Leistung im Jahr 2020). Auch die unterschiedliche Nachfrageentwicklung nach Regionen oder Gemeindetypen ist relativ moderat. Ob die Eigenheim-Nachfrage weiterhin robust bleibt, hängt massgeblich von der künftigen Zinspolitik der Schweizer Nationalbank ab, bzw. davon, wann der gegenwärtige Zinserhöhungs-Zyklus abgeschlossen sein wird.