Insgesamt war das Jahr 2022 für Schweizer Immobilien-investoren generell positiv. Die Folgen der Zinswende sind bereits spürbar: Die Renditen sind insgesamt etwas geschmälert, doch Investitionen in Immobilien machen sich immer noch bezahlt. Die inländischen Immobiliendirektanlagen (Renditeliegenschaften) erzielten per Ende letztes Jahr eine Performance von 5.2% (6.4% im Vorjahr). 

Die Zahl der sich in Bau befindlichen Wohnungen lässt erwarten, dass uns in den kommenden Jahren 5’000 bis 10’000 Wohnungen pro Jahr fehlen werden, prognostiziert das Bundesamt für Wohnungswesen. Für dieses Phänomen gibt es ökonomische Erklärungen. Veränderungen im Mietwohnungsmarkt haben eine gewisse Vorlaufzeit. Durch den Mietwohnungsboom des letzten Jahrzehnts stiegen die Leerstände noch bis vor zwei Jahren kontinuierlich an. Die nach der Corona-Pandemie gestiegenen Baukosten, verbunden mit der Lieferketten-Problematik, drosselten die Wohnungsproduktion.

Im Jahr 2022 verloren Aktien und Obligationen an Wert, während die Bewertungen der Immobilien stabil blieben oder gar stiegen. Das führte in vielen Portfolios dazu, dass sich der Immobilienanteil zu stark erhöhte und es zu Verkäufen von Liegenschaften kam. Zusätzlich ermöglichen es die höheren Zinsen, dass Anleger auch mit anderen Anlageformen als Immobilien ansprechende Renditen erzielen können. Schweizer Pfandbriefe mit 10-jähriger Laufzeit und AAA-Rating bieten beispielsweise eine risikolose Rendite von rund 2%. Das Betongold hat im Vergleich dazu an Glanz verloren.

Neben der wirtschaftlichen Erklärung ist die momentane Diskussion durch eine starke Emotionalität geprägt. Wer derzeit eine Wohnung in den Grossstädten Genf, Zürich, Luzern oder Zug sucht, muss sich mit Geduld wappnen. Dort liegen die Mietwohnungs-Leerstandziffern deutlich unter einem Prozent, sodass dort faktisch Wohnungsnot herrscht. Im Wahljahr 2023 greifen Politiker dieses Thema dankbar auf. Schuldzuweisungen sind schnell bei der Hand, verfehlen aber das Ziel, parteiübergreifend Lösungsvorschläge zu entwickeln. Die Zahlen und Analysen des IAZI Swiss Property Benchmarks bieten eine neutrale, sachliche Grundlage für die Diskussion.

Performancerückgang betrifft vor allem Geschäftsliegenschaften 

Insgesamt war das Jahr 2022 für Schweizer Immobilieninvestoren positiv. Die Folgen der Zinswende sind bereits spürbar; die Renditen sind insgesamt etwas geschmälert, doch Investitionen in Immobilien machen sich immer noch bezahlt. Die inländischen Immobiliendirektanlagen (Renditeliegenschaften) erzielten per Ende letztes Jahr eine Performance von 5.2% (6.4% im Vorjahr). Die Performance misst die Gesamtrendite von Liegenschaften. Sie zeigt, welche Mieteinnahmen (minus Ausgaben) und Wertveränderungen die Investoren mit ihren Liegenschaften erzielt haben. Der Performancerückgang ist bei Geschäftsliegenschaften (4.1%; Vorjahr 5.6%) etwas höher als bei Wohnliegenschaften (5.9%; Vorjahr: 7.1%) oder bei gemischt genutzten Liegenschaften (5.5%; Vorjahr: 6.4%).

Der Rückgang erklärt sich durch die verminderte Wertentwicklung. Sie beträgt per Ende letztes Jahr 2.3% (Vorjahr: 3.5%). Die Bewertungsindustrie bewertet jetzt vorsichtiger, aber eine Trendwende ist noch nicht erkennbar, denn die Werte sind über alle Nutzungsarten verteilt noch positiv. Rückläufig ist die Wertentwicklung vor allem bei Geschäftsliegenschaften (1.1%; Vorjahr: 2.7%), während die Korrekturen bei Wohnliegenschaften (3.1%; Vorjahr: 4.1%) und gemischt genutzten Liegenschaften (2.6%; Vorjahr: 3.5%) niedriger ausfielen.

Der zweite Bestandteil der Performance ist die Netto-Cashflow-Rendite (kurz: NCF-Rendite). Der Netto Cash Flow berechnet sich wie folgt: Die Erträge (Ist-Einnahmen) abzüglich aller auszahlungswirksamen Liegenschaftsaufwände (Hauswartung, Verwaltung, Heiz- und Nebenkosten zu Lasten Eigentümer, Versicherungen, Steuern, Unterhalt und Investitionen), d.h. ohne Berücksichtigung von Abschreibungen und Rückstellungen. Die NCF-Rendite bleibt mit einem Gesamtwert von 2.9% gegenüber dem Vorjahr unverändert. Minim korrigiert haben nur die Werte bei Wohnliegenschaften (2.9%; Vorjahr: 3.0%) während die Werte bei den anderen Liegenschaftsklassen auf dem Vorjahreswert verharren.

«Bei den aktuellen Diskussionen über Wohnungsknappheit entsteht manchmal der Eindruck, dass Investoren Renditen erzielen würden, die weit über die vom Bundesgericht gesetzten Oberbeträge in der Mietrechtspraxis hinausgehen würden», sagt Donato Scognamiglio, CEO der IAZI AG. «Die vorliegende Auswertung der massgeblichen Immobilienportfolios spricht eine andere Sprache.» Beim aktuellen Referenzzinssatz von 1.25% beträgt die Obergrenze 3.25%.

«Überrissene Renditen» ist ein beliebtes Argument. Doch hat sich die NCF-Rendite in den letzten 10 Jahren stetig auf heute 2.9% zurückentwickelt. Generell sind die NCF-Renditen in den kantonalen Hotspots wie Zürich (2.8%), Genf (2.4%) oder Waadt (2.9%) niedriger als in ländlichen Kantonen wie z.B: Luzern (3.3%), Bern (3.2%), Neuenburg (3.6%), Fribourg (3.6%) oder St. Gallen (3.2%). Allerdings handelt es sich hier um Durchschnittswerte.

Mieten stehen unter Aufwärtsdruck

Neben den Renditen sind derzeit die angeblich explodierenden Mietpreise ein wichtiges Argument derer, die sich für eine staatliche Mietzinskontrolle aussprechen. Für Immobilieninvestoren relevant ist die im Swiss Property Benchmark kalkulierte Ist-Miete (d.h. die Sollmiete abzüglich der nicht realisierten Miete). Sie beträgt gegenwärtig CHF 241/qm Nutzfläche pro Jahr und hat sich per Ende letzten Jahres um 2.5% erhöht. Den höchsten Mietaufschlag haben gemischt genutzte Liegenschaften mit 2.8% erzielt, gefolgt von Geschäftsliegenschaften (+2.6%) und Wohnliegenschaften (+2.3%).

Auffällig ist, dass der Mietzinsaufschlag höher ausgefallen ist gegenüber dem Vorjahr in Kantonen, die tendenziell stärker von Wohnungsleerständen betroffen waren wie z.B. Aargau (+3.1%) oder Tessin (+6.2%) als die Kantone mit niedrigen Leerwohnungsziffern wie Zürich (+1.7%), Genf (+0.0%) oder Basel (+0.0%). In letzteren beiden Kantonen sind strengere Gesetze zur Mietpreiskontrolle in Kraft.

In der öffentlichen Diskussion sind die rückläufigen Leerstände auch ein beliebtes Kampfargument, insofern als dass dem Wohnungsmarkt dadurch noch mehr Wohnungen entzogen würden und sich die Wohnungsnot damit verschärfe. Fakt ist, dass die höchsten Leerstände dort entstanden sind, wo eigentlich niemand hinziehen wollte, während die Leerstandziffer in den Städten, wo die Nachfrage nach Wohnraum tendenziell immer am grössten war, stets chronisch tief geblieben ist. Insofern ist es für die Gemeinden positiv, wenn sich die Geistersiedlungen mit Leben füllen und der Gemeindekasse neue Einnahmen daraus erwachsen. Im IAZI Swiss Property Benchmark sind Leerstände bzw. deren Verminderung in einem Minuswert bei der so genannten nicht realisierten Miete erkennbar. Die nicht realisierte Miete setzt sich aus den Positionen Leerstand, Rabatte und Mietzinsausfälle zusammen.

Tatsächlich hat sich der Wert per Ende 2022 gesamthaft über alle analysierten Nutzungen um 0.9 Prozentpunkte verringert und beträgt 4.2% (Vorjahr: 5.1%). Am meisten reduziert hat sich der Wert bei gemischt genutzten Liegenschaften von 5.9 % im Jahr 2021 auf 4.2% im Jahr 2022, während die Reduktion bei Geschäftsliegenschaften von 6.8% (2021) auf 6.1% (2022) moderater ausfiel. Bei Wohnliegenschaften hat sich der Wert per Ende 2022 gesamthaft um 0.8 Prozentpunkte verringert und beträgt 2.8% (Vorjahr: 3.6%).

Insgesamt war das vergangene Jahr für Immobiliendirektanlagen sehr erfolgreich. Obwohl die Zinsen gestiegen sind, haben sie nicht zu einer Reduktion bei den Bewertungen der Liegenschaften geführt. Stattdessen haben sie lediglich die starken Aufwertungen der vorangegangenen Jahre abgeschwächt. Durch den Anstieg der Mieten, ausgelöst durch die hohe Nachfrage, konnte der Leerstand abgebaut und die Erosion der Netto-Cashflow-Rendite gestoppt werden.