Die Auswirkungen auf die Schweizer Immobilienwirtschaft seien noch schwer abschätzbar, sagen Immobilienexperten zur Übernahme der Credit Suisse durch die UBS. Es werde aber interessant sein zu verfolgen, wie sich die grossen Marktakteure in Bezug auf diese Konzentration verhalten werden.

Mit der Übernahme der Credit Suisse durch die UBS entsteht nicht nur die drittgrösste Bank Europas, es verschmelzen auch zwei der grössten Immobilienportfolios der Schweiz mit zum Teil gleicher Ausrichtung. Sowohl UBS wie auch CS verfügen über direkten und indirekten Immobilienbesitz und sind wichtige Akteure mit einem grossen Beziehungsnetz in der Schweizer Immobilienszene. Welche Auswirkungen entstehen nun auf die Immobilienwirtschaft? Die Folgen sind noch nicht abzusehen. Doch der Blick auf die Dimensionen ist für Schweizer Verhältnisse eindrücklich: Die Alphaprop AG hat nach diesem denkwürdigen Wochenende mit Blick auf das Universum der indirekten Immobilienanlagen errechnet, dass die 19 Gefässe von UBS und CS ein Nettovermögen von über CHF 40 Mrd. und Liegenschaften im Wert von über CHF 54 Mrd. vereinen.

Immobilienfonds: Credit Suisse 7 Fonds mit einem Nettovermögen von CHF 14.4 Mrd; UBS 7 Fonds mit einem Nettovermögen von CHF 13.8 Mrd. Total: 14 Fonds mit einem Nettovermögen von CHF 28.2 Mrd. Das entspricht laut Alphaprop 44 Prozent des Nettovermögens aller Immobilienfonds (kotiert und nichtkotiert).

Anlagegruppen mit Fokus Immobilien Schweiz von Anlagestiftungen: Credit Suisse Anlagestiftung: 3 Anlagegruppen mit einem Nettovermögen von CHF 9.2 Mrd. UBS Anlagestiftung: 2 Anlagegruppen mit einem Nettovermögen von CHF 3.2 Mrd. Total: 5 Anlagegruppen mit einem Nettovermögen von CHF 12.4 Mrd. oder 18.4 Prozent der Anlagegruppen mit Fokus Immobilien Schweiz (18.8 Prozent des KAGAST).

Welche Auswirkungen erwarten nun die Akteure auf die Immobilienwirtschaft?Konkret auf die Immobilienfonds? Für Thomas Spycher von der Alphaprop AG wird sich nun die Unsicherheit der letzten Monate etwas reduzieren: «Immobilienfonds als kollektive Kapitalanlagen waren als Sondervermögen nicht direkt gefährdet, aber aufgrund von Bankbeziehungen, Depotbanken und Fondsmanagement gab es auch für Fonds Unsicherheit. Diese Unsicherheit wurde nun reduziert.» Es sei derzeit noch nicht öffentlich bekannt, wie genau der Immobilienbereich nach der Übernahme aussehen wird. Die Fonds von UBS und Credit Suisse haben zusammen einen Anteil von 44 Prozent am Nettovermögen aller Immobilienfonds. Im SWIIT-Index liegt ihr Gewicht bei gut 50 Prozent, während bei enger gefassten Indizes ihr Anteil bis zu drei Viertel betragen kann. «Kurzfristig dürften einige Akteure aufgrund von Vorgaben in Bezug auf die maximale Exponierung gegenüber einem Institut ihre Positionen umschichten. Es wird interessant sein zu verfolgen, wie sich die grossen Marktakteure in Bezug auf diese Konzentration verhalten werden», so Thomas Spycher.

Die Auswirkungen seien noch schwer abschätzbar, sagt Adrian Murer, CEO der SFP Group. Eine über mehrere Quartale oder Jahre hinweg geordnete Umstrukturierung statt einer unkontrollierten, kurzfristigen Insolvenz werde aber sicherlich einen wesentlich geringeren Einfluss auf den Immobilienmarkt haben. Für Nicolas Di Maggio, CEO der SFP AG und Head Asset Management Indirect Investments hängt die Antwort unter anderem von der zukünftigen Strategie und dem Setup ab, welches die UBS für das Immobiliengeschäft in der Schweiz beschliessen wird. «Denkbar ist eine gewisse Integration der Teams und der Produkte, was zu einer Konsolidierung in Bezug auf die Anzahl der angebotenen Fonds führen könnte. Wir konnten dies in den 2000er Jahren beobachten, als die Anzahl der Fonds durch eine Reihe von Zusammenschlüssen stark reduziert wurde. Es ist zu beachten, dass innerhalb von 15 Jahren die Anzahl der Immobilienfonds im Index von 15 auf heute über 40 Fonds anstieg», führt Di Maggio aus.

Ausgangslage bleibt unverändert

Wie wird sich nun dieser Zusammenschluss der beiden grossen Portfolien auf die Kursentwicklung der kotierten Anlagen auswirken? Thomas Spycher: «Kurzfristig können Reaktionen auf das Ereignis und die angesprochene Konzentration zu Bewegungen führen. Grundsätzlich verbleibt die Ausgangslage aber unverändert. Die Frage nach der langfristigen Bewertung der Objekte und der Möglichkeit, die Mieterträge wie geplant zu steigern, bleibt bestehen.» Kurzfristig seien Unsicherheiten nie gut für die Finanzmärkte, welche dazu neigen, überzureagieren, hält Adrian Murer dazu fest. Dies biete normalerweise gute Einstiegspunkte für langfristige Investoren. «Es gibt keinen Grund, warum dies dieses Mal anders sein sollte. Wir sehen die aktuelle Situation als Gelegenheit für börsennotierte Anlagen. Dies, nachdem das Jahr 2022 bereits einen Rückgang des Agio-Niveaus um fast 30 Prozent mit sich gebracht hat.»

Auch der Einfluss auf die Verfügbarkeit von Immobilien werde eher klein sein, sagt Murer. «Natürlich kann es sein, dass aus Liquiditätsgründen oder infolge Doppelspurigkeiten zwischen UBS und CS bestimmte Immobilien abgestossen werden.» Doch bei der Anzahl der Produkte könne es zu einer Konsolidierung kommen, ergänzt Nicolas Di Maggio. «Auch ohne die Übernahme der CS durch die UBS erwartet der Markt eine gewisse Konsolidierung der Anzahl der Produkte. Dies ist Teil des Zyklus und nach einer starken Expansion in den letzten Jahren ist es wahrscheinlich, dass einige Fonds ihre Kräfte bündeln werden, um die Marktposition zu stärken.» Das sieht auch Thomas Spycher so: «Es gibt ähnlich ausgerichtete Vehikel, bei denen ein mittelfristiger Zusammenschluss möglicherweise sinnvoll sein könnte. Dies könnte auch für Investoren Vorteile bringen, da grössere Produkte in der Regel eine höhere Liquidität aufweisen.» Entstehen dadurch neue Opportunitäten für andere Marktteilnehmer? Spycher: «Eine zunehmende Marktkonzentration wird von Kunden selten begrüsst. Wie bereits erwähnt, bestehen Indizes teilweise zu bis zu 75 Prozent aus CS- und UBS-Fonds. Dies dürfte Chancen für andere Asset Manager schaffen.»

In den letzten 15 Jahren habe die passive Verwaltung einen zunehmend wichtigeren Platz in den Allokationen eingenommen, sagt Adrian Murer. «Wir sind der Auffassung, dass die Zukunft Vorteile für aktive Manager bieten wird, welche unabhängig von Banken agieren. Die Fähigkeit, Anlagen aus der Perspektive von Immobilien zu verstehen und zu analysieren, sowie das Verständnis der Finanzmärkte und ihr Einfluss auf die Preisbildung von Immobilien und Immobilienprodukten werden wichtiger werden.»

Auswirkungen auf die Zinsen?

Und welche Auswirkungen werden auf die Zinsentwicklung erwartet? Di Maggio: «Der Schock der letzten Wochen hatte die Erwartungen an Zinserhöhungen seitens der Zentralbanken bereits deutlich reduziert. Die Zentralbanken mussten zu einer Geldpolitik des Quantitative Easing (QE) mit kurzfristigen Massnahmen zurückkehren, um die Märkte mit Liquidität zu versorgen und einen von allen befürchteten Kaskadeneffekt zu vermeiden.» Die Zinsen seien daher wieder gesunken. Das Risiko eines «hard landing» sei nun deutlich höher als noch vor einigen Monaten. «Mittelfristig wird das Zinsniveau aber weiterhin von der Wirtschaftsaktivität und der Höhe der Inflation bestimmt werden. Wir erachten es als wahrscheinlich, dass in den nächsten Jahren ein höheres Niveau als heute bei den langfristigen Zinsen zu beobachten sein wird», sagt Nicolas Di Maggio. Die Credit Suisse sei lediglich ein Glied im globalen Finanzsystem, relativiert Thomas Spycher. Derzeit sei es nicht absehbar, ob global weitere instabile Institute folgen und wie diese die Weltwirtschaft beeinflussen werden. «Zinsswaps deuten darauf hin, dass aufgrund der Turbulenzen kurzfristig mit moderateren Zinserhöhungen zu rechnen ist, als noch zu Beginn des Monats erwartet wurde. Die Inflation bleibt jedoch über der Definition von Preisstabilität der Schweizerischen Nationalbank.»