Auch künftig bleibt die Nachfrage nach Wohneigentum gross. Gleichzeitig bleibt das Angebot äussert knapp. Die Folge sind weiter steigende Preise. Künftig können sich noch weniger Menschen aus eigener Kraft Wohneigentum leisten. Die Wohneigentumsquote wird weiter sinken. Die Schweizer bleiben ein Volk von Mietern. Und das kostet vor allem junge und einkommensschwache Haushalte jedes Jahr bares Geld.
Die aktuellen Eigentumspreise sind mit dem herrschenden Zinsumfeld, aber vor allem auch den Zinserwartungen konsistent. Selbst etwas anziehende Zinsen sind noch problemlos mit dem heutigen Eigenheimpreisniveau vereinbar. Solange es nicht zu einem unerwarteten, grösseren und abrupten Zinsanstieg kommt, gibt es damit auch künftig keinerlei Gründe für einbrechende Eigentumspreise. Durch die tiefen Zinsen bleibt Wohneigentum noch lange günstiger als Mieten. So lange gibt es noch weiteres Potenzial für grössere Preisanstiege. Unterstellt man hypothetisch ein weiter konstantes Zinsniveau, ähnlich schnell weitersteigende Preise und im gleichen Tempo weiter rückläufige Angebotsmieten, dann sind auf fünf Jahre gerechnet 20% höhere Preise möglich, erst dann hätten sich nämlich die Wohnkosten von Mieten und Kaufen einander angeglichen. Erst wenn die Parität bei den Wohnkosten zwischen den Märkten erreicht ist, wird die Nachfrage nach Eigenheimen abnehmen.
Abschwächung der Preisdynamik
Aber je höher die Preise steigen, desto weniger Wohnkosten lassen beim Wechsel von Miete in Eigentum einsparen. Zwar kann, wer von der Mietwohnung in ein vergleichbares Eigenheim zieht, immer noch rund 25% seiner Wohnkosten einsparen. Aber dieser Unterschied wird sich mit den steigenden Eigenheimpreisen und langsam sinkenden Neumieten mehr und mehr verkleinern. Je kleiner diese Differenz wird, desto weniger erpicht werden die Menschen sein, das Sparpotenzial aus einem Wechsel der Wohnform zu erschliessen. Diese Tatsache wird immer stärker Druck von den Eigenheimpreisen nehmen. Wegen der hohen Preise kann sich nur noch ein Bruchteil der Schweizer aus eigener Kraft ein Eigenheim leisten. Nicht etwa, weil zu wenig Einkommen oder Erspartes vorhanden wäre, sondern weil die starren regulatorischen Tragbarkeitshürden in Kombination mit den Rekordpreisen zu einer unüberwindbare Hürde geworden sind. Mit jedem weiteren Prozentpunkt, den die Preise steigen, werden noch mehr Menschen eigentums-«unfähig». Der Kreis der p tenziellen Nachfrager wird dadurch immer kleiner. Die hohen Preise beschränken das Nachfragepotenzial daher in doppelter Hinsicht. Die Preisdynamik wird sich abschwächen, weil der Wohnkostenvorteil immer kleiner wird und die Tragbarkeitshürden mehr und mehr limitierend wirken.
Ohne Erbe, kein Eigenheim
Auf dem freien Eigenheimmarkt mit eigenem Einkommen und eigenem Ersparten wird es für immer mehr Menschen unmöglich, eigene vier Wände zu erwerben. Zu stark limitieren Eigenkapital- und Tragbarkeitsanforderungen. Die Lohnentwicklung wird auch künftig kaum mit der Preisdynamik am Markt für selbstgenutztes Wohneigentum mithalten können. Entsprechend sind immer mehr Menschen darauf angewiesen entweder ein Eigenheim zu erben oder von ihren Eltern mit Kapital ausgestattet zu werden, um einen Immobilienkauf finanzieren zu können. Der immer wichtiger werdende Vermögenstransfer zwischen den Generationen ist denn auch der Hauptgrund, warum die Eigenheimpreise trotz Rekordpreisen, die sich nur noch ein Bruchteil der Haushalte aus eigener Kraft leisten kann, weiter zunehmen können. Nur so wird sich auch künftig ein Eigenheimpreisniveau halten können, bei welchem die überwiegende Mehrheit der Haushalte eigentlich nicht mehr eigentumsfähig ist.
Eigenheimbautätigkeit bleibt tief
Aus den eingereichten Baugesuchen für Wohneigentum lässt sich schon heute ablesen, wie viele Eigenheime in den nächsten rund zwei Jahren gebaut werden. Und das sind nicht viele. Das Niveau der Neubautätigkeit liegt für die nächsten Jahre noch tiefer als heute.
Es gibt kaum Gründe anzunehmen, dass sich das Angebot an neuen Eigenheimen auch über die nächsten zwei Jahre hinaus wesentlich ausdehnen wird. Denn Bauland bleibt ein knappes, stark umkämpftes Gut. Aufgrund des durch die Raumplanung gebotenen haushälterischen Umgangs mit unserem knappen Boden, wird unberührtes Bauland künftig sogar noch rarer. Solange die Zinsen tief sind, bleibt neben dem Eigenheimbau auch der Bau von Mietwohnungen attraktiv. Damit kämpfen Renditeliegenschaften und Eigenheime weiter um die wenigen noch freien Wohnbauparzellen und treiben so gegenseitig die Preise in die Höhe. Die Verdichtung durch Umbauten und Ersatzneubauten muss künftig einen immer grösseren Anteil der Wohnungsproduktion bereitstellen. Der Weg in diese Richtung ist zwar bereits eingeschlagen, aber es handelt sich hier um einen äusserst trägen und langfristen Prozess mit grossen Hindernissen. Damit sind bauseitig auch künftig keine grösseren Angebotsimpulse zu erwarten.
Entspannung durch pensionierte Babyboomer?
Der Grossteil der Eigenheime ist heute im Besitz von über 60-Jährigen. Um das Pensionsalter herum werden Liegenschaften am ehesten verkauft. Weil in den nächsten Jahren erste Babyboomer das Pensionsalter erreichen, erhoffen sich einige Marktbeobachter eine spürbare Entspannung am Eigenheimmarkt aufgrund eines grösseren Angebots durch verkaufswillige Senioren. Zweifellos wird dadurch das Angebot etwas flüssiger. Aber eine grössere Entspannung sollte man sich davon nicht erhoffen. Die grosse Mehrheit der Senioren bleibt bis zum Tod in ihrem Eigenheim und ein ebenfalls sehr grosser Teil veräussert das Eigenheim nicht, sondern vererbt es zu Lebzeiten direkt an die nächste Generation. Nur ein Teil der durch Babyboomer gehaltenen Objekte werden damit zusätzlich auf den Markt kommen. Und ein bedeutender Teil dieses Effektes wird, wie gesehen, durch den immer geringeren Neubau direkt kompensiert. Selbst wenn wider Erwarten grössere Mengen an Einfamilienhäusern und Eigentumswohnungen auf den Markt kommen sollten und der Markt mit solchen Objekten geflutet wird: Bei jedem dadurch ausgelösten Rückgang der Preise stehen jeweils Scharen von willigen Käufern bereit, die durch den sinkenden Preis eigentumsfähig werden. Die durch die fallenden Preise ausgelöste Zusatznachfrage sichert das Preisniveau gegen unten ab. Sinkende Eigenheimpreise bleiben auch unter Berücksichtigung der demografischen Entwicklung unrealistisch. Insbesondere auch wegen der anhaltend starken Zuwanderung, die auch künftig dafür sorgen wird, dass die Schweizer Bevölkerung wächst und genügend Wohnraumnachfrage vorhanden ist.
Wohneigentumsquote sinkt weiter
Immer höhere Preise, mehr und mehr limitierende Eigenkapital- und Tragbarkeitsanforderungen und ein immer dünneres Angebot schränken den Kreis potenzieller Wohneigentümer immer stärker ein. In der Folge wird sich die seit Mitte der 2010er Jahre eingeleitete Trendwende bei der Wohneigentumsquote fortsetzen. International gesehen sind wir Schweizer schon immer das Volk mit den wenigsten Wohneigentümern. Künftig werden wir noch mehr ein Volk von Mietern sein. Damit werden die Effekte des über zwanzig Jahre währenden Wohneigentumsbooms, von Mitte der 90er Jahre bis Mitte der 2010er Jahre, allmählich wieder rückgängig gemacht. Die in der Verfassung festgeschriebene Förderung des Wohneigentums rückt damit wieder in die Ferne. Staatliche Bemühungen, Wohneigentum zu fördern, liefen in den letzten Jahren ohnehin auf Sparflamme. Für den wohl einzigen Weg, der eine höhere Wohneigentumsquote ebenen könnte, eine leichte, punktuelle Lockerung der Tragbarkeitsanforderungen fehlt wohl auf absehbare Zeit noch der politische Wille.
Fragen der sozialen Gerechtigkeit
Unter der tiefen Wohneigentumsquote leiden wie gesehen vor allem jüngere Haushalte mit unterdurchschnittlichem Bildungs- und Einkommensniveau. Und zwar in doppelter Hinsicht. Einerseits können sie nicht von den tieferen Wohnkosten im Vergleich zur Mietwohnung profitieren und andererseits bleibt ihnen der Zugang zu den Wertsteigerungen, die Immobilien ermöglichen, verwehrt. Solange sich am herrschenden Marktumfeld nichts ändert, fungiert die regulatorische Tragbarkeitsanforderung weiter als Vehikel für einen verstärkten Vermögenstransfer von ungebildet zu gebildet, von jung zu alt, sowie von arm zu reich. Dies weil sie die Jungen und Haushalte mit unterdurchschnittlichen Einkommen, die aber eigentlich eigentumsfähig sind, im teuren Mietwohnungsmarkt «gefangen» hält. Die aktuellen Entwicklungen am Immobilienmarkt sind mitverantwortlich für eine sich öffnende Schere der Ungleichheit. Diese dürfte von immer mehr Menschen als ungerecht empfunden werden. Je länger die Entwicklungen anhalten, desto mehr werden solche Fragen der sozialen Gerechtigkeit ins Bewusstsein der Menschen rücken und folglich auch Einzug in die politische Agenda finden.