Mittlerweile hat die Immobilienbranche ein gesundes Selbstbewusstsein in Sachen Digitalisierung entwickelt und treibt die Transformation selbst aktiv voran. Das geht aus der neusten «Digitalisierungsstudie Immobilienbranche Schweiz» von EY Real Estate Schweiz hervor. 

Die Auswirkungen der digitalen Transformation werden schon heute stärker wahrgenommen als noch im vergangenen Jahr. Innerhalb der kommenden Jahre sieht sich niemand mehr davon unberührt. Der diesjährige Fokus der Studie von EY Real Estate Schweiz liegt auf dem aktuellen Digitalisierungsstand, dem Potenzial digitaler Technologien und auf mit der Digitalisierung zusammenhängenden Herausforderungen in der Schweizer Immobilienbranche. Zudem werden von der Digitalisierung betroffene Geschäftsbereiche und die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie thematisiert.

In der aktuellen Situation sehen 39 Prozent der Befragten starke Auswirkungen der digitalen Transformation auf ihr Unternehmen, was im Vorjahresvergleich einen Anstieg von 11 Prozent bedeutet. Rund ein Fünftel der Befragten schätzt die momentanen Auswirkungen zwar noch gering ein. Ihr Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr allerdings um 9 Prozent gesunken. Für die kommenden 12 Monate erwarten 34 Prozent der Befragten starke und 58 Prozent mittlere Auswirkungen für ihr Unternehmen.

Starke Auswirkungen auf Unternehmen

Alle Befragten sind sich einig, dass sich die digitale Transformation in den nächsten fünf Jahren mittel oder stark auf ihr Unternehmen auswirken wird. 
Die Digitalisierung im Unternehmen wird bei der Hälfte der befragten Unternehmen in der Geschäftsleitung angesiedelt. Die Ausprägung spezifischer Rollen wie die eines CDOs sind im Vergleich allerdings deutlich seltener anzutreffen (6 Prozent) und haben im Vorjahresvergleich sogar abgenommen (2019: 12 Prozent). Bei je 15 Prozent der befragten Unternehmen ist entweder jede operative Einheit selbst oder ein zentraler IT-Funktionsbereich für Digitalisierungsthemen zuständig.

Bei 80 Prozent der befragten Unternehmen liegen die wichtigen Daten bereits in digitaler Form vor. Plattform-Modelle spielen aktuell für rund drei Viertel der Befragten eine wesentliche Rolle. Mehr als 60 Prozent der Befragten gaben an, einen wesentlichen Teil ihres Investitionsvolumens für den Ausbau ihrer IT-Infrastruktur aufzuwenden. Die IT hat sich bei der rund 60 Prozent der Befragten von einer Supportfunktion hin zu einer Kernkompetenz entwickelt. Als relevanteste Trends werden Plattformen und digitale Ökosysteme (93 Prozent) sowie Cloud-Technologie (91 Prozent) gesehen. Im Vorjahr fanden beide Technologien mit 72 Prozent und 83 Prozent noch deutlich weniger Zuspruch. Ein Grund für diese deutliche Bedeutungszunahme dürfte das sprunghaft angestiegene Mobile Working sein, das technologisch darauf basiert.

Blockchain, Robotics und 3D-Drucker werden als nicht relevant eingeschätzt (54 Prozent, 51 Prozent und 69 Prozent) und haben im Vergleich zum Vorjahr eher an Relevanz verloren (2019: 32 Prozent, 51 Prozent und 55 Prozent). 
Alle Befragten erkennen Effizienzsteigerungen durch den Einsatz digitaler Technologien. Das entspricht einem Anstieg von 12 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Im Kern des Geschäftsmodells

Digitale Technologien sind für 43 Prozent der Befragten zum Kern des Geschäftsmodells geworden (2019: 37 Prozent). Nur für ein Drittel der Befragten führt der Einsatz digitaler Technologien zu einer Flächenreduktion. 
Die eigenen Geschäftsmodelle werden nach Ansicht von 73 Prozent der Befragten durch die Digitalisierung nicht gefährdet.

Die heutigen Trends werden sich in den kommenden fünf Jahren noch verstärken. Es gibt aber auch Ausnahmen: Einige Trends befinden sich nach Ansicht der Befragten aktuell auf einem Höhepunkt, werden künftig leicht abnehmen, ihre Spitzenpositionen dabei aber nicht einbüssen. Offenbar unterstellen die Teilnehmer hier eine positive Sättigung auch der eigenen Bemühungen. So wollen fast alle Befragten ihre relevanten Daten in fünf Jahren in digitale Form überführt haben. Auch Plattform-Modelle werden für 95 Prozent der Befragten weiter an Bedeutung gewinnen. Auch die IT-Infrastruktur wird gemessen am Investitionsvolumen immer bedeutender für die Befragten und wandelt sich noch stärker hin zur wettbewerblichen Kernkompetenz.

Die Bedeutung von Plattformen und digitaler Ökosysteme, die aktuell mit 98 Prozent Zustimmung einen Höchstwert erreicht, wird nach Ansicht der Befragten innerhalb der kommenden Jahre wieder leicht abnehmen. Gleiches gilt nach Ansicht der Befragten für Cloud-Technologie. Beide Trendbereiche behalten jedoch ihre Spitzenpositionen.

Mangel an personellen Ressourcen

Die Effizienzsteigerung durch digitale Technologie, die aktuell alle Befragten sehen, wird in den kommenden Jahren marginal an Bedeutung verlieren – wohingegen datengestützte Entscheidungen und Vorhersagen leicht an Bedeutung gewinnen werden. Die grössten Herausforderungen sind – wie bereits im Vorjahr – der Mangel an qualifizierten personellen Ressourcen sowie fehlende Digitalisierungsstrategien.

Rund die Hälfte der Befragten gab Zweifel hinsichtlich des Datenschutzes und der Datensicherheit an. Weiterhin sind Daten oft nicht in auswertbarer Struktur verfügbar. Nur noch ein Drittel der Befragten bewertet die fehlende Mitarbeiterakzeptanz als Herausforderung für die digitale Transformation. Nur noch 23 Prozent der Teilnehmer bemängelten unzulängliche Digitalisierungsbudgets. Dies ist für die Mehrheit der Teilnehmer (77 Prozent) weniger relevant, was eine Abnahme um fast die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr (42 Prozent) bedeutet. Weiterhin ist der Einsatz digitaler Technologien für nahezu alle (92 Prozent) relevant – gegenüber 70 Prozent im Vorjahr.

Mehr als die Hälfte der Befragten ordnet ihr Unternehmen nach dem Ausbruch der Pandemie als digitaler ein als zuvor gedacht. Durch die Pandemie wurde die Digitalisierungsstrategie bei 64 Prozent der befragten Unternehmen schneller vorangetrieben, lediglich 13 Prozent reklamieren eine dadurch erzwungene Pause.

Flächennutzungen und Bürogestaltung

Rund drei Viertel der Unternehmen planen zukünftig höhere Digitalisierungsbudgets. 73 Prozent der Befragten erwarten durch die Covid-19-Pandemie auch perspektivische Auswirkungen auf die Nutzungsart Büro. 27 Prozent der Teilnehmer sehen jedoch keinerlei veränderten Büroalltag oder geringere Flächennutzungen. Bei der Entwicklung neuer Arbeitskonzepte werden in 58 Prozent der befragten Unternehmen die Mitarbeiter aktiv eingebunden. Knapp die Hälfte der Befragten bezieht externen Rat, um den optimalen Weg für die Zukunft des Unternehmens zu identifizieren. Für eine künftige Bürogestaltung sind Konnektivität und Flächen zum konzentrierten Arbeiten für 98 Prozent der Befragten die Grundvoraussetzung. Kollaborationsflächen zum sozialen Austausch finden bei insgesamt 92 Prozent der Teilnehmer Zuspruch.

Umfangreiche Hygienekonzepte sind nur für ein Viertel der Befragten sehr relevant. Die Installation von Sensorik findet bei 62 Prozent der Teilnehmer Zuspruch, 38 Prozent halten sie für weniger bis nicht erforderlich. Das höchste Wachstum in der Systemlandschaft zeigt sich bei Kommunikationstools: Bei 43 Prozent der Befragten wurden entsprechende Tools neu integriert, 48 Prozent stimmen einer intensivierten Nutzung zu. Lediglich 2 Prozent verzichten darauf. 
Bei je rund der Hälfte der Befragten wurde die Nutzung von Datenmanagement- und Kollaborationsplattformen sowie der VPN- Kapazität ebenfalls intensiviert. 
Nach täglichen Kommunikationstools wurden vor allem virtuelle Workshop-Tools neu integriert (16 Prozent). Online-Buchungssysteme für Arbeitsplätze werden zu weiten Teilen (62 Prozent) noch nicht berücksichtigt.

Karl Frank Meinzer, Assiciate Partner und Beatrice Stadler Manager EY Real Estate Schweiz