«Eigentum verpflichtet» – ein aktuelles, in der öffentlichen Wahrnehmung allerdings zu wenig beachtetes, Thema stand über dem diesjährigen Real Estate Symposium der fünf Fachkammern des SVIT. Nicht im Trafo in Baden fand es statt, sondern erstmals im Ambassador House in Zürich. Kritisch setzen sich Historiker, Fachexperten und Juristen mit demMotto auseinander und beleuchteten es von verschiedenen Seiten. Eine Tour d’horizon über Themen, welche die Immobilienbranche zunehmend beeinflussen werden.

Vor allem rechtlich und politisch wird der Druck auf die gebaute Umwelt immer grösser. Die Freiheit des Eigentums hat zwar einen hohen Stellenwert in der liberalen Wirtschaftsordnung, sie unterliegt aber auch Einschränkungen und Verpflichtungen aus dem Privatrecht, dem öffentlichen Recht und nicht zuletzt dem moralischen Anspruch einer Gesellschaft. Die Zunahme der Bevölkerung und das Gebot zur Verdichtung der Siedlungsfläche schaffen Situationen mit denen die Immobilienwirtschaft umgehen muss.

Grundsätzlichtrete jeder Inhaber von Kapital und jeder Eigentümer, in verschiedene Beziehungen: als Gläubiger, als Haus- oder Bodenbesitzer, als Arbeitgeber, als Anbieter oder Nachfrager. So begann der Oekonom und Sozialwissenschaftler Beat Kappeler seine Ausführungen. Eigentum sei meistens «relationell» und der Eigentümer stehe immer in Pflichten und Rechten zu andern. Dazu geniesse das Bodeneigentum eine ökonomische «Rente», werte sich also bei steigendem Volkseinkommen ewig auf. Hingegen ist es «immobil», der Eigentümer ist ein «sitting duck» und könne vom Staat oder von Opponenten belangt werden. «Eigentum ist nicht verpflichtet für die Gesellschaft wohltätig zu sein, sondern die Gesellschaft ist verpflichtet, Eigentum sich streuen zu lassen.»

«Liegenschaften wertgeschätzt – Ein Streifzug durch zwei Jahrhunderte Schweizer Bewertungsgeschichte», so der Titel des Buches von Urs Hausmann, selbständiger Unternehmensberater mit Fokus Strategieentwicklung. Er stellte auch sein Referat unter dieses Thema und wies zu Beginn auf die vielen Verpflichtungen hin, welchen Liegenschaftsbesitzer ausgesetzt sind. «Dazu kommt grosse Anzahl von Gesetzen, die eingehalten werden müssen und so das Grundeigentum tangieren.» Um Eigentum einordnen zu können, muss es geschätzt, also bewertet werden, sagte Urs Hausmann und blickte in die Vergangenheit des Schätz- und Bewertungswesen. Innerhalb der letzten gut 200 Jahre veränderte sich das kollektive, mentale Bewusstsein der Marktteilnehmer fundamental. So wurde bei der Grundlage zur individuellen Erwartungsbildung über die zukünftig zu erwartenden «Cashflows» ein Richtungswechsel um 180 Grad vollzogen. «Statt wie ursprünglich die vergangene und später die gegenwärtige Ertragssituation als Referenz für die Zukunft zu nehmen, orientiert man sich richtigerweise an der weitgehend unbekannten Zukunft. Ergebnis: Die Streubreite der Schätzergebnisse hat sich vergrössert», hielt Urs Hausmann fest.

Mit verschiedenen Gesprächsrunden vertieften die Anwesenden am Real Estate Symposium ihre Eindrücke des Hauptthemas und der Referate. «Unter Grundeigentum verstehen wir das dingliche Vollrecht, das der berechtigten Person umfassende Herrschaftsbefugnisse an einem Grundstück einräumt», stellte der Notar und Grundbuchverwalter Adrian Mühlematter klar. Aber: «Je mehr Rechte man hat, desto mehr Pflichten hat man». In seiner Ausführungen fand sich denn auch eine lange Liste von Einschränkungen, die den Eigentümer von Land oder Liegenschaften tangieren.