Der Markt für selbstgenutztes Wohneigentum ist auf Kurs für eine sanfte Landung. Trotz stark sinkender Nachfrage steigt das Angebot als Folge der bisherigen Knappheit nur langsam, und die Preise bleiben vorerst im Plus.
Das verfügbare Angebot an Wohneigentum erhöht sich langsam, aber kontinuierlich. Im 1. Quartal 2023 stieg die Anzahl inserierter Eigentumswohnungen um 2300 auf über 21’750 Einheiten. Gleichzeitig waren 16’650 Einfamilienhäuser online ausgeschrieben, was einem Plus von 970 Häusern gegenüber Ende des Vorjahres entspricht. Das durch den starken Anstieg der Hypothekenzinsen gesunkene Interesse nach Wohneigentum schlägt sich somit zunehmend in einem höheren Angebot nieder. Mit 1.8% bei Eigentumswohnungen (EWG) und 1.6% bei Einfamilienhäusern (EFH) bleibt die Angebotsziffer aber trotz des jüngsten Anstiegs auf einem tiefen Niveau, liegt das historische Mittel seit 2006 doch auf 2.1% (EWG) respektive 2.4%(EFH).
Kaum regionale Unterschiede
In 76 der 110 Schweizer Wirtschaftsregionen hat sich das Angebot im Vorjahresvergleich erhöht. Hierbei zeigen sich kaum regionale Unterschiede. Sowohl an teuren Wohnlagen wie in peripheren Regionen ist das Angebot jüngst mehrheitlich angestiegen. Sinkende Angebotsziffern sind dagegen kaum mehr zu finden. Teil- weise ist dies noch in Regionen mit Tourismusdestinationen wie dem Oberengadin der Fall, was auf die weniger stark gesunkene Nachfrage bei Zweitwohnungen zurückzuführen ist. Generell steht in der Westschweiz und auch im Tessin ein deutlich höheres Angebot zur Verfügung. Im Tessin, wo wir die höchsten Werte messen, liegt der Grund für das höhere Angebot neben der tieferen Nachfrage insbesondere in der Bautätigkeit, die lange hoch war und erst vor wenigen Jahren gesunken ist.
Vermarktungsdauer bleibt vorerst tief
In der Vermarktung zeigt sich die tiefere Nachfrage bisher in erster Linie in einer tieferen Anzahl potenzieller Käufer, die sich für ein einzelnes Objekt interessieren. Dagegen bleibt die Vermarktungsdauer trotz steigendem Angebot auf einem historisch sehr tiefen Wert. Im 1. Quartal 2023 waren Eigentumswohnungen im Mittel 68 Tage und Einfamilienhäuser 70 Tage ausgeschrieben. Es ist also nicht so, dass inserierte Objekte keinen Käufer mehr finden. Die markant tiefere Anzahl Interessenten macht die Vermarktung jedoch anspruchsvoller. Das zeigt sich insbesondere auch in der Preisgestaltung, die im aktuellen Marktumfeld wieder mehr Fingerspitzengefühl erfordert und über Erfolg oder Misserfolg entscheiden kann.
Nachfrage auch 2023 rückläufig
Die Nachfrage nach Wohneigentum ist auch Anfang 2023 gesunken. Seit ihrem Höchststand sind die Nachfrageindizes von Eigentumswohnungen um 22%, jene von Einfamilienhäusern gar um 27% gefallen (vgl. Abb. 3). Damit liegt die Nachfrage in beiden Segmenten nun wieder unter dem Niveau von 2019, bevor die COVID-19- Pandemie die Nachfrage regelrecht beflügelt hatte.
Preiswachstum schwächt sich deutlich ab
Dank der bisher stark ausgeprägten Knappheit lassen sich trotz Nachfragerückgang im Normalfall aber immer noch Käufer für die ausgeschriebenen Objekte finden, und die Preise liegen nach wie vor im Plus. Wie von uns erwartet hat sich das Wachstum jedoch im 1. Quartal 2023 signifikant abgeschwächt. Die Jahreswachstums- rate der Preise von Eigentumswohnungen ist von 5.2% auf 3.5% gesunken (vgl. Abb. 4). Damit fällt der Zuwachs tiefer aus als der langfristige Mittelwert seit 2000 von 3.8%. Bei Einfamilienhäusern bleibt das Plus mit 3.6% dagegen über dem Mittel von 3.4%. Aber auch hier hat sich innerhalb eines Quartals eine deutliche Abkühlung bemerkbar gemacht (4. Quartal 2022: +5.5%).
Tourismusregionen mit stärkstem Preisauftrieb
Die höchsten Zuwächse sind in den Tourismuskantonen Graubünden und Wallis zu verzeichnen, wo auch das ausgeschriebene Angebot vergleichsweise stabil geblieben ist. Im Mittelland sehen wir das grösste Plus in den Kantonen Zug und Zürich. Die Preisdynamik verliert jedoch fast flächendeckend an Schwung. Ausser in den beiden Kantonen Appenzell Ausser- und Innerrhoden sowie den Regionen Schwarzwasser und Val-de-Travers ist das Preiswachstum aber in sämtlichen Regionen im positiven Bereich.
Wir erwarten weitere Leitzinsanhebungen durch die Schweizerische Nationalbank. Für den Juni rechnen wir mit einem Zinsschritt von 50 Basispunkten, ein finaler Anstieg um 25 Basispunkte dürfte im September folgen. Damit dürften sich insbesondere Geldmarkthypotheken nochmals verteuern. Dies dürfte zu einem anhaltenden Rückgang der Nachfrage führen. In der Folge rechnen wir für die kommenden Quartale mit einem fortgesetzten Anstieg des Angebots, und auch der Vermarktungsaufwand wird zunehmen. Leerstände werden zwar selten bleiben, sie dürften sich jedoch mit 0.45% (EWG) respektive 0.50% (EFH) von ihren Tiefstständen wegbewegen.
Preise dürften ab 2024 sinken
Mit dem steigenden Angebot dürfte sich die Preisentwicklung im Jahresverlauf weiter abschwächen. Bis Ende Jahr erwarten wir jedoch ein Plus. Wir bleiben bei unserer Einschätzung aus der Immobilienstudie 2023 und rechnen mit einem Preiswachstum von 0.5% für Eigentumswohnungen und 1.5% für Einfamilienhäuser. Ab 2024 gehen wir als Folge des anhaltenden Nachfragerückgangs jedoch von sinkenden Preisen im tiefen einstelligen Prozentbereich pro Jahr aus. Die Entwicklung der ersten Monate dieses Jahres bestätigt unser Bild, dass es im Markt für selbstgenutztes Wohneigentum zu einer sanften Landung mit überschaubaren Preiskorrekturen kommen dürfte, nachdem die Preise zuvor während 21 Jahren fast ohne Unterbruch gestiegen sind.
Thomas Rieder ist Head Swiss Real Estate Credit Suisse