Die wirtschaftliche Erholung dürfte sich trotz anhaltender Pandemie fortsetzen, schreibt Brice Hoffer, Head of Real Estate Research & Strategy – DACH bei der UBS, im neusten Immo-Update.

Trotz der jüngsten Wiedereinführung gezielter Einschränkungen zur Bekämpfung der Pandemie sowie anhaltender Störungen bei den globalen Lieferungsketten bleibt die Stimmung der Schweizer Wirtschaftsakteure gemäss letzten Daten positiv. Insbesondere verharren wirtschaftliche Frühindikatoren wie der Einkaufsmanagerindex (PMI) derzeit auf einem hohen Niveau. Dies deutet auf ein solides Vertrauen in den Schweizer Industriesektoren hin. Das reale Bruttoinlandsprodukt wuchs im 3. Quartal 2021 um 1,7% gegenüber dem Vorquartal, nachdem das zweite Quartal 2021 bereits ein dynamisches Wachstum (1,8%) zeigte. Angenommen, dass sich diese positive Dynamik trotz der anhaltenden Pandemie in den kommenden Monaten fortsetzt, dürfte die Schweizer Wirtschaft bis nach der Winterzeit nah an den Wachstumskurs der Zeit vor COVID-19 zurückkehren. Die jüngste Entstehung der Omikron-Virusvariante könnte aber diesen positiven Ausblich zumindest vorübergehend trüben.

Relative Attraktivität der Schweizer Immobilieninvestitionen unverändert erhöht


Trotz einer Aufwärtstendenz bleibt die Inflationsdynamik in der Schweiz mit einem Jahreswachstum von 1,2% im Oktober 2021 moderat. Für das gesamte Jahr 2021 wird eine Inflationsrate von 0,5% im Durchschnitt prognostiziert, wobei für das kommende Jahr nur ein leichter Anstieg erwartet wird (0,7%). Ausserdem zeigt der Schweizer Franken mit einem Kurs von 1,05 CHF/ EUR weiterhin Anzeichen der Stärke. Damit spricht das aktuelle makroökonomische Umfeld für die Fortsetzung der Negativzinspolitik der Schweizerischen Nationalbank, welche
das Niveau der Risikoprämien im Schweizer Immobilienmarkt in naher Zukunft stützen dürfte. Am Ende des 3. Quartals 2021 lag die durchschnittliche Risikoprämie im Spitzensegment des Schweizer Immobilienmarktes
 bei 1,85% im Vergleich zu weiterhin negativen Renditen der 10-jährigen Bundesobligationen.

Mietwohnungsmarkt: Auf dem Weg zur Stabilisierung


Die COVID-19-Pandemie führte angebotsseitig zur Beschleunigung bisheriger Trends auf dem Schweizer Mietwohnungsmarkt. Obwohl die Abwärtstendenz seit mehreren Quartalen Bestand hatte, führte der Ausbruch von COVID-19 zu einer deutlicheren Verlangsamung der Planungstätigkeit neuer Wohnungen. Gemäss Daten von Bauinfo entsprach diese einer Jahressumme von 41 700 baubewilligten Einheiten im 3. Quartal 2021. Gewisse Unsicherheiten wie z.B. Engpässe bei der Lieferung von Baumaterialien tragen vermutlich zu dieser Drosselung bei.

Gleichzeitig blieb das Nachfragewachstum über die ersten zehn Monate des Jahres mit einem Wanderungssaldo von knapp 48 200 Personen im Vergleich zu den Vorjahreswerten in etwa stabil. Unter der Annahme, dass sich diese Tendenz in den kommenden Monaten fortsetzt, dürfte die gesamte Nettozuwanderung des Jahres 2021 etwa beim Durchschnitt der letzten vier Jahre liegen (ca. 55 000 Personen). Der Trend zur rückläufigen Bautätigkeit und stabilen Zusatzabsorption führte im Jahr 2021 erstmals zu einem Rückgang der Schweizer Leerwohnungsziffer nach zwölf Jahren mit einem stetigen Anstieg. Infolge des pandemischen Umfelds mit der starken Verbreitung von Home-Office fand der Leerstandabbau primär bei mittelgrossen bis grösseren Wohnungen in Agglomerationsgebieten statt.

Trotz einer leichten Reduktion des Angebots blieben die Angebotsmieten für Schweizer Wohnungen im 3. Quar- tal 2021 gemäss Daten von Wüest Partner weitgehend unter Druck (-2,7% im Jahresvergleich). Damit dürfte es noch etwas Zeit brauchen, bevor der Schweizer Mietwohnungsmarkt wieder ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage erreicht. Jedoch deuten die beschriebenen Entwicklungen im Nutzermarkt auf eine baldige Stabilisierung hin.

Büroflächen: Noch begrenzte Folgen von COVID-19

Jüngste Marktdaten deuten darauf hin, dass der Schweizer Büroimmobilienmarkt weiter robust bleibt. Laut JLL hat sich die Verfügbarkeitsrate von Büroflächen in den Märkten Zürich und Genf seit dem Anfang der Pandemie zwar ausgeweitet, aber die Markt- lage bleibt an guten Bürolagen dieser Märkte weiterhin sehr angespannt. Gleichzeitig meldet Wüest Partner soweit wenige Bewegungen beim Niveau der Angebotsmieten in den grössten lokalen Märkten der Schweiz. Längerfristig könnte eine erhöhte Home-Office-Nutzung wohl zur Neudefinierung der Nachfragestruktur
auf dem Büromarkt führen. Unseres Erachtens wird die Qualität gewisser Liegenschaftsfaktoren wie z.B. die ÖV-Erreichbarkeit, die Flexibilität der Flächen sowie die ESG-Aspekte des Bürogebäudes zentral sein, um den neuen Anforderungen der Arbeitswelt «post-COVID» zu genügen.

Abwärtsrisiken für die Wintermonate


Nach einer kräftigen Erholung der Offline-Einkaufsaktivitäten im Sommer führt die jüngste Verschlechterung der pandemischen Lage zu wachsenden Unsicherheiten für physische Detailhändler in der Schweiz. Aktuell ist die Wiedereinführung von Lockdown-Massnahmen für den Detailhandel zwar politisch wenig ein Thema, aber ein Druck auf die Frequentierung von Läden stellt für die kommenden Monate ein wahrscheinliches Szenario dar. Dazu dürften negative strukturelle Trends wie die stetige Ausbreitung des E-Commerce und der Einkaufstourismus längerfristig die Erträge der Mieter von Einzelhandelsflächen weiter belasten.

Brice Hoffer ist Head of Real Estate Research & Strategy – DACH bei der UBS