Das Immobiliengeschäft ist ein «People’s Business» und der Mieter eine enorm wichtige Anspruchsgruppe. Aktuelle Themen auf Augenhöhe zu diskutieren ist ein wichtiger Erfolgsfaktor für das Asset Management. Von Remi Buchschacher

Eine wichtige aber oft unterschätzte Aufgabe des Asset Managements stellt die Mieterbetreuung dar. Nicht nur im Kontakt mit Bestandesmietern, sondern auch mit Mietinteressenten ist ein tiefes Verständnis für die Situation und die Ziele der Gegenseite und auch ein vorgängiges Studium von Flächen und Zahlen bei Mietvertragsverhandlungen unabdingbar. Nicht selten lässt sich im Zuge eines Verhandlungsgesprächs durch massgeschneiderte Vertragsinhalte eine Win-Win-Situation für beide Parteien erreichen. «Insbesondere Ankermieter von kommerziell genutzten Gebäuden erwarten einen persönlichen Kontakt mit dem Asset Management als Eigentümervertretung und nicht nur den Kontakt mit der Bewirtschaftung für den laufenden Betrieb», schreibt Severin Pfefferli
Head Asset Management der SF Urban Properties AG in einem Artikel im SFP Quaterly Newsletter. Er spricht sich dabei für eine Intensivierung der Mieterpflege und für die Bereitstellung von genügend Zeit für den Austausch mit Besandesmietern aus. Ein Thema, welches bei den Immobiliendienstleistern rege besprochen wird. Denn oftmals ermöglichen Mietergespräche neben der Sicherstellung eines partnerschaftlichen Mietverhältnisses auch den Erhalt von hilfreichen Inputs für die Führung und Steuerung der Immobilien-Bewirtschaftung. So können zum Beispiel Verbesserungspotenziale auf Liegenschaftsebene frühzeitig festgestellt, allenfalls bestehende Probleme zielgerichtet angegangen und mögliche Folgeschäden vermieden werden. «Eine rasche, unkomplizierte und vor allem kundenorientierte Mieterbetreuung ist und war schon immer der zentrale Faktor für eine erfolgreiche Immobilie, sei es bei Wohn- aber auch Geschäftsimmobilien», sagt dazu Philippe Frei, Leiter Vermietungsmanagement bei der Livit AG Real Estate Management.«Seit gut zwei Jahren haben wir den digitalisierten Vermietungsprozess im Einsatz bei dem wir den Mieter schneller auf seinem Weg zur neuen Wohnung begleiten. Weiter ist unser Mieterportal in der Pilotphase. Über dieses Portal wird künftig ein Grossteil der Interaktion zwischen uns und dem Mieter abgewickelt. Dabei steht immer im Fokus, dass der Mieter sein Anliegen schneller erledigt bekommt». Dies sei vor allem in der Zeit der Corona-Pandemie äusserst wichtig.

Wertvolle Informationen

Der regelmässige Direktkontakt zu den Mietern ermöglicht zudem den Erhalt von wertvollen Informationen hinsichtlich des Geschäftsgangs und der geplanten Veränderungen auf Mieterseite. Nicht selten entstehen dadurch ungeahnte Mehrwerte für das Asset Management. Das sieht auch Bruno Kurz, CEO der Immoveris AG, so: «Wir clustern Mieter nach Nutzungen und versuchen einen möglichst genauen Überblick über die Geschäftsgänge von kommerziellen Mietern zu gewinnen. Hierdurch können wir ein adäquates Risikoprofil erstellen und gemeinsam mit dem Mieter nachhaltige Lösungen erarbeiten. Dies hilft uns auch Objektstrategien in diesen ausserordentlichen Zeiten zu verbessern respektive zu adjustieren».

Insbesondere kommerzielle Mietverträge werden vergleichsweise langfristig abgeschlossen, weshalb nicht nur den verhandelten Mietkonditionen, sondern auch der Erarbeitung des Vertragswerks eine grosse Bedeutung zukommt. Auch hier sei es essenziell, dass auf eine stringente Kommunikation und Betreuung des angehenden Mieters geachtet wird, schreibt Severin Pfefferli. Durch ein fundiertes fachliches Verständnis können Vertragsinhalte und Schnittstellenpapiere nachvollziehbar erklärt werden, um späteren Missverständnissen vorzubeugen. Und durch eine proaktive Mieterbetreuung können sogar frühzeitige Vertragsverlängerungen erreicht werden, die sich positiv auf die Ertragsstabilität des Portfolios auswirken. Dazu Bruno Kurz:

«Durch einen regelmässigen Austausch mit dem Mieter kennen wir dessen Strategie und können besser abschätzen, ob es zu Verlängerungen kommt. Konkret hängt es aber auch von den Bedingungen im Mietvertrag ab, ob es zu vorzeitigen Verlängerungen kommt».

Deutlicher bezüglich möglichen Vertragsverlängerungen sagt es Philippe Frei von Livit: «Davon sind wir überzeugt. Das betrifft vor allem die Mieter von kommerziell genutzten Flächen. Mit der entsprechenden Nähe zu den Entscheidungsträgern können wir Bedürfnisse sehr viel früher erkennen und erfahren nicht erst dann davon, wenn der Mieter uns die Kündigung zustellt oder die Verlängerungsoption nicht nutzt». Es werde in Zukunft sehr viel Bewegung im Markt für kommerzielle Flächen geben. Der Leerstand werde steigen und die Alternativen sich zu verändern seien da. Auch würden zahlreiche Gewerbemieter aufgrund der Erkenntnisse rund um das Home Office ihre aktuellen Infrastrukturen hinterfragen. «Gerade darum ist es für uns elementar mit einer nahen Kundenbetreuung die Gedanken unserer Mieter zu kennen um ihnen entsprechende Lösungen anzubieten», ist Philippe Frei überzeugt.

Wichtige Rolle der sozialen Komponente

Dabei spielt die soziale Komponente eine wichtige Rolle, denn der Mieter fühlt sich ernst genommen, wenn er sich mitteilen kann. Seine Anliegen finden in den Überlegungen und Entscheidungen des Eigentümervertreters Beachtung, was die Erreichung einer nachhaltigen Mieterzufriedenheit begünstigt. «Mietermanagement ist Beziehungsmanagement. Der persönliche Kontakt kann helfen, die Informationsbasis zu vergrössern. Letztendlich ist aber die Standortqualität für den Mieter wichtiger als der gute Kontakt», verdeutlicht Bruno Kurz. Eine aktive und fachlich fundierte Mieterbetreuung hilft dabei, eine nachhaltige Beziehung zum Mieter aufzubauen, die durch Authentizität und gegenseitigen Respekt geprägt ist. Vor allem bei den kommerziellen Mietern sei es ein wichtiger Erfolgsfaktor, dass zu den Entscheidungsträgern eine Vertrauensbasis bestehe, ergänzt Philippe Frei. «Damit können wir sicherstellen, dass wir die erste Anlaufstelle des Mieters sind. Das auch für den Fall, wenn er sich verändern will. Weil er weiss, dass wir seine Herausforderungen kennen und seine Problemlöser sind. Darum müssen wir es schaffen dieses Vertrauensverhältnis auch über die soziale Komponente zu erzeugen.»

Knowhow gehört zur Mieterbeziehung

Durch ein fundiertes, fachliches Verständnis können Vertragsinhalte und Schnittstellenpapiere nachvollziehbar erklärt werden, um späteren Missverständnissen vorzubeugen. Wie wichtig ist das fachliche Knowhow des Bewirtschafters für das Verständnis der Anliegen der Gewerbe- und Geschäftsmieter? Bruno Kurz von Immoveris: «Ein breites Knowhow beim Bewirtschafter im Umgang mit Gewerbemietern ist natürlich immer wichtig. Wir legen jedoch auch Wert auf einen internen Kommunikationsprozess zwischen Bewirtschafter und Asset Manager, so dass Mieterbegehren delegierbar und stufengerecht bearbeitet werden». Das Spezialistentum werde sich immer mehr durchsetzen, um erfolgreich zu agieren, hält Philippe Frei dazu fest. «Wir bilden unsere Mitarbeitenden grundsätzlich gut aus. So ist auch das Knowhow für die Betreuung von Gewerbe- und Geschäftsmietern eine Spezialisten-Disziplin.» Die Kundengruppe der Gewerbe- und Geschäftsmieter sei allerdings sehr viel breiter und das Produkt sehr viel dynamischer, als bei den Wohnungsmietern. Auch begegne man kommerziellen Mietern auf einer anderen Ebene. Kommerzielle Faktoren stehen dabei im Vordergrund. «Somit muss auch das Fachwissen unserer Mitarbeitenden in der Bewirtschaftung entsprechend ausgeprägt, und spezialisiert sein.»