Ausgabe 43/2024 vom 25.10.2024.

«La Crème de la Semaine»: Der Rückblick auf das Beste der Immobilienwoche. Ausgewählt und redigiert.

Faire Bewertungen für Mehrfamilienhäuser dank tieferer Zinsen

Die Risikoprämien für Mehrfamilienhäuer liegen immer noch tiefer als vor dem Zinsanstieg in 2022, schreibt die UBS. «Angesichts langfristig überdurchschnittlich steigender Mieten und gesunkener Zinserwartungen beurteilen wir die aktuellen Preise für Wohnrenditeliegenschaften im Marktdurchschnitt trotzdem als gerechtfertigt». Dies spiegelt sich auch in erfolgreichen Kapitalerhöhungen und Lancierungen durch Immobilienfonds und -AGs. Die UBS schätzt, dass die Gesellschaften in diesem Jahr neue Anteile im Wert von insgesamt über 3,5 Milliarden Franken emittieren werden. Das ist rund 60 Prozent mehr als im Durchschnitt der Jahre 2022 und 2023 ausgegeben wurden. Mit der jüngsten Leitzinssenkung und der Aussicht auf weitere Zinsschritte der SNB dürfte der Referenzzinssatz spätestens im März 2025 wieder sinken – von 1,75 auf 1,5 Prozent. Mindestens ein Drittel der Mieterschaft dürfte damit unter Berücksichtigung von Inflation und Unterhaltskosten ein Anrecht auf eine Mietzinssenkung von 2 bis 2,5 Prozent haben. Dies dürfte angesichts der starken Mietpreiserhöhungen im letzten Jahr für Anlegerinnen und Anleger kaum ins Gewicht fallen, schätzt die UBS. In der Hälfte der Liegenschaften institutioneller Investoren wurden die Mieten zwischen Mitte 2023 und 2024 um 6 Prozent oder mehr angehoben; nur rund 10 Prozent der Liegenschaften verzeichneten keine Mietsteigerung.

Kleine Wohnflächen bleiben gefragt

Einem Anstieg der Bevölkerung um 1,2 Prozent in 2024 und 2025 steht eine erwartete Ausweitung des Wohnungsbestands von jeweils gegen 1 Prozent gegenüber. Der Wohnungsmangel dürfte sich damit weiter verschärfen und so die Mieten in die Höhe treiben. Im Landesdurchschnitt werden laut UBS nächstes Jahr die Angebotsmieten voraussichtlich rund 3 Prozent und die Bestandesmieten 2 Prozent zulegen. Steigende Mieten verändern die Wohnungsnachfrage und senken den Flächenkonsum. So war der Flächenkonsum pro Kopf letztes Jahr rückläufig. Das zeigt sich an einem im Vergleich zum Bevölkerungswachstum verlangsamten Zuwachs der Haushalte. Dies war insbesondere in der Region Zürich der Fall, wo die Mieten letztes Jahr am stärksten stiegen. In relativ mietpreisgünstigen Regionen wie Jurabogen, Oberwallis sowie Teilen des Mittellands legte die Zahl der Haushalte hingegen weiter stark zu und die durchschnittliche Haushaltsgrösse nahm ab. Dementsprechend werden insbesondere in den Ballungszentren Kleinwohnungen (1 bis 2 Zimmer) sowie mittelgrosse Wohnungen (3 bis 4 Zimmer) mit kleinen Zimmergrössen nachgefragt bleiben. Denn die absoluten Mietzinsen pro Bewohner sind in solchen Einheiten vergleichsweise tief. Im Umkehrschluss werden sich in solchen Wohnungen laut UBS Mietzinserhöhungen künftig am einfachsten durchsetzen lassen.

Eigenheime werden teurer

Im 3. Quartal 2024 sind die Eigenheimpreise laut dem UBS Composite Index um 0,7 Prozent gestiegen und liegen aktuell 2,8 Prozent über dem Vorjahreswert. Einfamilienhäuser verteuerten sich mit 1,0 Prozent etwas stärker als Eigentumswohnungen, die um 0,4 Prozent zulegten. Die Preise liegen damit 3,1 Prozent respektive 2,4 Prozent über den Vorjahreswerten. Die Preisentwicklung der letzten vier Quartale wurde durch die starke Zunahme der Transaktionspreise getrieben. Laut Wüest Partner verzeichneten die Preise in den Grossregionen West- und Zentralschweiz mit fast 5 Prozent den grössten Anstieg. Auch in den Regionen Bern, Südschweiz und Zürich gab es überdurchschnittliche Zuwächse. In den Regionen Nordwest- und Ostschweiz war die Dynamik hingegen schwächer. Die Region Genfersee hatte mit 2 Prozent die geringste Verteuerung im Vergleich zum Vorjahr.

Implenia gewinnt Auftrag für grossen Hotelneubau in der Schweiz

Implenia hat von der Andermatt Swiss Alps AG den Auftrag erhalten, als Totalunternehmer in Andermatt, im Herzen der Schweizer Alpen, ein Hotel & Residences zu bauen. Der Neubau ist Teil der Gesamtentwicklung Andermatt Reuss. Mit ihrer Vision «The Prime Alpine Destination» will die Bauherrschaft in den nächsten Jahren in der aufstrebenden Ferienregion Andermatt weiteren attraktiven Lebensraum schaffen. Der neue Auftrag entspreche der strategischen Ausrichtung von Implenia auf grosse und anspruchsvolle Projekte, spezialisierte Kompetenzen sowie Nachhaltigkeit, schreibt Implenia. Erstellt wird das Hotel in Massivbauweise mit einer Elementfassade und einem Dachstuhl aus Holz. Es verfügt über 66 Zimmer, Restaurants & Bars, 164 Wohnungen, sowie einen Spa- und Fitnessbereich. Das Hotel erstreckt sich über drei durch eine Lobby-Landschaft im Erdgeschoss verbundene Einzelbauten. Der Neubau wird durch Fernwärme geheizt, die Kühlung erfolgt mittels Grundwasser und eine in die Fassade integrierte Photovoltaikanlage liefert einen wesentlichen Teil des Stroms. Ergänzend zum Hotelbau wird Implenia einen Teil der Erschliessungsstrasse sowie ein Schneeschutzdach erstellen. Baubeginn ist für Frühling 2025 und Fertigstellung für November 2027 geplant.

Zudem hat die Division Buildings im Bereich Baumeister in der Schweiz weitere neue Aufträge gewonnen: Zwei grosse, durchmischte Wohnüberbauungen in Köniz bei Bern sowie in Zug, Schulhausneubauten in Binningen und in Zug sowie den Neubau des Gemeindezentrums in Pratteln. Diese Aufträge werden im Zeitraum Herbst 2024 bis Herbst 2025 realisiert. Insgesamt beläuft sich das Auftragsvolumen dieser neuen Aufträge für die Division Buildings auf mehr als CHF 200 Mio.

Mittelzentren punkten bei der Wohnattraktivität

Ein Zehntel der Schweizer Bevölkerung sucht jährlich eine neue Bleibe. Bei der Wohnortsuche spielen die drei Faktoren lokale Infrastruktur, Freizeitangebot und Wohnkosten eine entscheidende Rolle. Der Wohnattraktivitätsindikator WAI der UBS berechnet für 13 Schweizer Regionen anhand dieser drei Elemente, wo es sich am besten wohnt.

Die im WAI topplatzierten Wohngemeinden sind häufig ein teures Pflaster. Ihre Attraktivität macht sie seit jeher zu einem begehrten Wohnort, was die Immobilienpreise in die Höhe treibt. Doch für diese hohen Wohnkosten wird etwas geboten. So zeichnen sich die höchstplatzierten Gemeinden durch eine hervorragende Infrastruktur aus. Sie bieten ein breites Spektrum an Geschäften, eine gute medizinische Versorgung und schnell erreichbare Schulen sowie Kinderbetreuungseinrichtungen. Auch das Freizeitangebot ist in den attraktivsten Gemeinden vielfältig. Sie bestechen durch zahlreiche kulturelle Einrichtungen, ein breites gastronomisches Angebot sowie vielfältige Sportmöglichkeiten. Oft verfügen sie auch über ausgedehnte Park- sowie Erholungsflächen oder liegen in der Nähe eines Sees.

Aufgrund hoher Wohnkosten sind es jedoch in vielen Regionen nicht die grossen Zentren und prestigeträchtigen Tiefsteuergemeinden, die beim WAI an der Spitze stehen. Die Qualität der Infrastruktur und des Freizeitangebots kann die hohen Lebenskosten nicht immer aufwiegen. So verweisen in der Region Zürich die Gemeinden Aarau und Schaffhausen die Zürichseegemeinden auf die Plätze. In der Westschweiz sind Vevey und Morges attraktiver als Lausanne und im Tessin rangieren Tenero-Contra und Muralto vor Lugano. Es gibt nur wenige Gemeinden, die trotz überdurchschnittlicher Infrastruktur und des guten Freizeitangebots mit unterdurchschnittlichen Wohnkosten auftrumpfen können. Hierzu gehören Schwyz, Schaffhausen, Goldach, Rhein- felden, Yverdon-les-Bains und Delémont. Generell zeichnen sich attraktive Wohngemeinden durch eine ausgeprägte Infrastruktur, ein vielfältiges Freizeitangebot und tragbare Lebenshaltungskosten aus. Idealerweise verfügen die attraktivsten Wohngemeinden über eine gute Mischung aus diesen drei Entscheidungsfaktoren.

Hohe Wohnattraktivität

Auch Agglomerationsgemeinden der Grosszentren bieten eine relativ hohe Wohnattraktivität. Die attraktivsten unter ihnen (zum Beispiel Rheinfelden, Ittigen oder Uster) schneiden bei der Erreichbarkeit und der Lebensqualität sehr gut ab und weisen in vielen Fällen eine geringere Steuerbelastung oder tiefere Wohnkosten als die nahegelegenen Zentren auf. Viele dieser Gemeinden (beispielsweise Köniz, Lancy und Allschwil) sind in den letzten Jahren stark gewachsen. Ein Grund dafür ist, dass sie relativ mehr neuen Wohnraum schaffen konnten als viele Zentren, die von Knappheit geprägt sind. Das trifft auch auf äussere Agglomerationsgemeinden wie Wetzikon, Liestal und Nyon zu. Fern von der Liste der Top-Wohnstandorte bleiben hingegen Gemeinden mit hoher Fluglärmbelastung im Norden Zürichs sowie Nordwesten Genfs oder Gemeinden mit relativ grossen Industriearealen.

Die ländlichen Gemeinden können bezüglich Erreichbarkeit und Infrastruktur naturgemäss nicht mit den suburbanen Gemeinden mithalten. Dennoch bieten die attraktivsten ländlichen Gemeinden im Einzugsgebiet der Grosszentren neben niedrigeren Lebenshaltungskosten auch ein attraktives Freizeitangebot. Dazu tragen etwa die Nähe zu einem See bei (wie in Mont-Vully oder Weesen) und in vielen Fällen auch ein grosses Angebot an Grünflächen und Wäldern (wie in Le Chenit oder Langenbruck).

Wohnkosten als Hürde

Auch für Familien mit überdurchschnittlichen Einkommen und Vermögen gehören Zentren zu den attraktiven Wohngemeinden. Zudem sind Tiefsteuergemeinden interessante Wohnsitze für diese Haushalte, da die hohen Wohnkosten für sie eine unter- geordnete Rolle spielen. Beispiele sind die Gemeinden Freienbach und Lachen in der Region Zürich, in der Zentral- schweiz Zug und Baar, in den Ostalpen St. Moritz, in der Bodenseeregion Appenzell, in der Region Genf-Lausanne Collonge-Bellerive und im Tessin Castel San Pietro. Bei Familien mit unterdurchschnittlichen Einkommen und Vermögen machen Mieten und Steuerausgaben einen grösseren Anteil an den Gesamtausgaben aus. Daher kommen hochpreisige Zentrumsgemeinden für sie generell kaum infrage. Die teuersten Standorte am Zürich- und Genfersee, die Gemeinden Zug und Zermatt sowie das Oberengadin sind für diese Haushalte nicht erschwinglich. Stattdessen gewinnen günstigere Wohnorte ausserhalb der zentrumsnahen Agglomerationen für sie an Attraktivität.

Kein Schönheitsranking

Der WAI berechnet, wie attraktiv Gemeinden als Wohnort für Familien mit zwei Kindern innerhalb einer Region für einen durchschnittlichen Familienhaushalt sind. Abweichende Präferenzen, Haushaltsstrukturen oder Arbeitssituationen können zu anderen bevorzugten Wohnorten führen. Während eine gute Infrastruktur für eine Mehrheit der Bevölkerung ein zentrales Kriterium bei der Wohnortwahl darstellt, sind andere bereit, darauf zu verzichten, da sie Ruhe und eine naturnahe Landschaft auf dem Land schätzen. Wohnkosten und Steuern sind hingegen für fast alle Haushalte bedeutend, da sie die Auswahl an finanziell tragbaren Gemeinden einschränken können. Beim WAI handelt es sich nicht um ein Schönheitsranking. Vielmehr wird Wohnattraktivität anhand von 35 Variablen gemessen, sodass nur objektiv erfassbare Faktoren in die Analyse einfliessen. Einige Aspekte lassen sich trotz um- fangreicher Berechnungen nicht empirisch erfassen. Der Charakter eines Ortes oder ein besonders schöner Dorfkern sind beispielsweise nicht direkt messbar. Zudem ist für viele Haushalte die Nähe zu ihrem sozialen Netzwerk, wie Familie und Freundeskreis, ein zentrales Kriterium bei der Wohnortwahl. Wenn nicht anders angegeben, beziehen sich die Angaben auf den mittleren Haushalt mit einem Bruttojahreseinkommen von 145 000 Franken.

Auch 2025 dürften weitere Emissionen und Kapitalerhöhungen folgen

Die dritte Leitzinssenkung und die Erwartung weiterer Zinsschritte der Schweizerischen Nationalbank lösten einen schnellen Kursanstieg bei hiesigen Immobilienfonds aus. Seit dem Tiefpunkt am 9. September 2024 stiegen die Fonds bis zum 16. Oktober 2024 um fast 5 Prozent. Im Gegensatz dazu entwickelten sich Schweizer Immobilienaktien, die nach den Börsenturbulenzen Ende Juli 2024 bereits hohe Kursgewinne verzeichneten, in diesem Zeitraum seitwärts. Von Jahresbeginn bis zum 16. Oktober 2024 erzielten sowohl die Immobilienfonds als auch die Immobilienaktien eine Gesamtrendite von 10 Prozent.

Attraktives Marktumfeld für Wohnimmobilien

Die starken Kursgewinne der Immobilienfonds sind auf verbesserte Aussichten für steigende Werte von Mehrfamilienhäusern zurückzuführen. Wir erwarten, dass die Preise von Mehrfamilienhäusern in den kommenden Quartalen nach einer zweijährigen Durstphase wieder zulegen können. Niedrigere Zinsen dürften den Transaktionsmarkt und die Nachfrage institutioneller Investoren neu beleben. Zudem werden voraussichtlich sowohl die Angebots- als auch die Bestandsmieten im Wohnsegment in den kommenden Quartalen weiter überdurchschnittlich steigen, was sich in den Mieteinnahmen niederschlägt.

Ein Treiber für steigende Mieten ist die regional zunehmende Wohnungsknappheit, gemessen an der Leerstandsquote. Diese sank im Landesdurchschnitt von 1,15 Prozent im Jahr 2023 auf 1,08 Prozent im Jahr 2024. In vielen Regionen dürfte die Quote bereits das Sockelniveau erreicht haben: In der Zentralschweiz sowie in den Kantonen Zürich, Graubünden und Genf betragen die Leerstände rund 0,5 Prozent des Wohnungsbestands. In den Kantonen Jura, Solothurn und Tessin sind die Leerstände hingegen mit über 2 Prozent am höchsten. Wir gehen von einem weiteren Rückgang der Leerstände im nächsten Jahr aus.

Kapitalerhöhungen belasten Kursentwicklung

Trotz des insgesamt positiven Marktumfelds für Investitionen in Wohnrenditeliegenschaften erwarten wir vorerst keine grossen Kurssprünge bei den Immobilienfonds. Die Fonds sind im historischen Vergleich mit Agios von knapp 30 Prozent teuer. Bei hohen Agios nimmt zudem die Attraktivität von Kapitalerhöhungen und Neuemissionen zu. Wir schätzen, dass börsennotierte Immobilienfonds in diesem Jahr neue Anteile im Wert von insgesamt über 2 Milliarden Franken emittieren, was etwa 3 Prozent der Marktkapitalisierung entspricht. Das ist mehr als doppelt so viel, wie in den Jahren 2022 und 2023 zusammen ausgegeben wurde. Auch 2025 dürften weitere Emissionen und Kapitalerhöhungen folgen, was der Kursfantasie enge Grenzen setzt.

Emission für den Swissinvest Real Estate Fund im November

Der Verwaltungsrat der Fondsleitung des Swissinvest Real Estate Fund hat eine Emission neuer Anteile für den börsenkotierten Immobilienfonds Swissinvest Real Estate Fund (Swissinvest) vom 4. bis 15. November 2024 von maximal CHF 56.4 Mio. beschlossen. Die Emission wird kommissionsweise («best-effort»-Basis) im Rahmen eines öffentlichen Bezugsangebots in der Schweiz durchgeführt. Jedem bisherigen Anteil wird 1 (ein) Bezugsrecht zugeteilt. 15 (fünfzehn) Bezugsrechte berechtigen zum Bezug von 1 (einem) neuen Anteil zum Ausgabepreis von CHF 160.00 netto. Total werden maximal 352’395 neue Anteile ausgegeben. Es findet ein offizieller Bezugsrechtshandel vom 4. bis 13. November 2024 an der SIX Swiss Exchange statt. Am 20. November 2024 wird die effektive Anzahl der neu emittierten Anteile bekanntgegeben, die am 22. November 2024 liberiert werden. Der Erlös der Emission soll zum weiteren Ausbau des Immobilienportfolios, insbesondere zum Kauf weiterer Liegenschaften und Investitionen in Neubauprojekte, zur Finanzierung laufender Projekte und Sanierungen sowie zur Rückführung von Fremdfinanzierungen verwendet werden. Der Immobilienfonds Swissinvest investiert schwergewichtig in mittelständische Wohnliegenschaften sowie zu einem kleineren Teil in Geschäftsliegenschaften.

Boris Jaus: «Die Nutzung von Dächern ist vielfältiger geworden»

PV-Gründächer können zu Konflikten führen. Bei einem begrünten Solardach müssen beide Systeme, also Grünfläche und Energiegewinnung, funktionieren, sagt Boris Jaus, Geschäftsführer TECTON-Kundendienst. Denn je nach ausgeführter Aufständerung der Photovoltaikanlage entsteht unter den eingebrachten Modulen ein ideales Klima für unerwünscht hohen Bewuchs, was zur Verschattung der Photovoltaikanlage führt.

 Die Begrünung auf den Dächern fördert die Biodiversität und verbessert die Luftqualität. Denn Pflanzen produzieren Sauerstoff und binden Staub und Kohlenmonoxid. Wie lässt sich das moderne Dach mit den Ansprüchen der Dachbegrünung verbinden?

Boris Jaus: Die Nutzung von Dächern ist vielfältiger geworden: Begrünt fördern sie die Artenvielfalt, speichern Wasser, werden begehbar zu Wohlfühloasen und mit Photovoltaikanlagen bestückt zu Energieproduzenten. Unverändert ist, dass begrünte Dächer und gut gewartete Dächer eine längere Lebensdauer haben.

Auf Flachdächern wird es zur Vorschrift, auch Photovoltaikanlagen zu platzieren. Wie vertragen sich diese mit einer Dachbegrünung?

Erneuerbare Energien sind aus unserem Energiemix nicht mehr wegzudenken und als eine der vier Säulen ein wichtiges Ziel in der Energiestrategie 2050. Es können fossile Ressourcen geschont und emissionsarme Energie gewonnen werden. Dachflächen sind ideale Standorte für Solaranlagen. Speziell Dächer von Industrie- und Gewerbegebäuden bieten meist nahezu ideale Bedingungen für die Installation von PV-Anlagen: Grosse zusammenhängende Dachflächen. Das Zusammenspiel von Dachaufbau und Photovoltaik ist die entscheidende Voraussetzung für eine sinnvolle Stromerzeugung. Wichtig sind perfekt abgestimmte Systeme für dauerhafte Energiegewinnung und Flachdach-Sicherheit. Die Synchronisation zwischen der noch zu erwartenden Lebensdauer Dach und der neuen PV-Anlage ist massgebend für den Erfolg und der langfristigen Freude an den Projekten.

Welche Probleme können entstehen?

PV-Gründächer können zu Konflikten führen. Bei einem begrünten Solardach müssen beide Systeme, also Grünfläche und Energiegewinnung, funktionieren. Und darauf muss der Unterhalt abgestimmt sein. Denn je nach ausgeführter Aufständerung der Photovoltaikanlage entsteht unter den eingebrachten Modulen ein ideales Klima für unerwünscht hohen Bewuchs, was zur Verschattung der Photovoltaikanlage führt. Dies verursacht unter Umständen eine Unterhaltsintensität, die so nicht einkalkuliert wurde. Auch ist während der PV-Installationsarbeiten darauf zu achten, dass der Flachdach- und Steildachaufbau nicht mechanisch verletzt werden. Falls doch durch herunterfallendes Werkzeug oder PV-Module der Verdacht besteht, dass eine Verletzung der Dachabdichtung entstand, sollte der Fachmann vorsorglich beigezogen werden.

Wie lassen sich diese Probleme lösen?

Ausschlaggebend für die Lebensdauer sind eine optimale Planung unter Berücksichtigen der Normen wie SIA 271 und 2062, die Wahl der richtigen Materialien, und die sorgfältige Ausführung der Abdichtungsarbeiten. Ausserdem ist die Synchronisation zwischen Dach- und Fremdgewerken essenziell für die Lebensdauer der Dachanlage. Für einen optimalen Betrieb der Dachanlage muss der Unterhalt bereits in der Planung berücksichtigt werden. Selbst bei regelmässiger Wartung werden ein Dach und seine Eindeckung nach 20 bis 30 Jahren zunehmend reparaturanfälliger und sollten regelmässig überprüft oder unterhalten werden. Der Zustand des Daches muss mindestens so gut sein, dass es eine Solaranlage während ihrer gesamten Lebensdauer tragen kann.

Gerade in der Stadt kommt es auf den Dächern zu immer mehr Nutzungskonkurrenzen. Auf Bürogebäuden oder Einkaufszentren entstehen Terrassen für Mitarbeitende oder für Restaurants. Gewinnt das Dach als Aussenfläche überhaupt an Wert, wenn man den zusätzlichen Aufwand für den Unterhalt mitrechnet?

 Ein Flachdach ist vielseitig nutzbar und kann für Mensch, Flora und Fauna einen Mehrwert generieren. Das Dach der Zukunft soll ein Wellnesbereich für Mensch und Tier sein aber auch die Möglichkeit der Energiegewinnung und ökologischem Mehrwert soll Platz auf den Dächern finden. Ein gesunder Mix der verschiedenen Anforderungswünschen bringt der Liegenschaft auch einen kalkulierbaren Mehrwert.

Das Dach rückt besonders dort immer stärker in den Mittelpunkt, wo der Versiegelungsgrad hoch ist. Es stellt sich also die Frage, ob Gebiete mit weniger Begrünung am Boden vermehrt auf Gründächer setzen sollten?

 Seit vielen Jahren werden zum Beispiel Flachdächer im Kanton Basel-Stadt begrünt. Neben den allseits bekannten Eigenschaften wie Regenwasserretention, Schutz der Dachhaut oder Dämmfunktionen schaffen begrünte Dächer zudem einen ökologischen Ausgleich innerhalb der intensiv genutzten städtischen Umgebung und tragen zu einem besseren Stadtklima bei. Die Begrünung ungenutzter Flachdächer wurde in der Folge ab dem Jahr 1999 in Basel-Stadt verpflichtend für sämtliche Flachdächer im kantonalen Bau- und Planungsgesetz verankert. Die Stadtbevölkerung, das Raumklima, das Kanalisationssystem, Flora und Fauna profitieren von dieser ökologischen Aufwertung der Dächer. Weitere Städte wie Zürich und Lausanne verfolgen diese Begrünungsstrategie.

Interview: Remi Buchschacher

Boris Jaus ist Geschäftsführer TECTON-Kundendienst.