Ausgabe 30/2024 vom 26.07.2024.

Die Woche kurz und bündig im Rückblick: Wichtige Themen, Studien und Hintergründe aus der Immobilienwirtschaft. Jeden Freitag in der «Crème de la Semaine».

Differenzierung der Lagen zugunsten von Prime-Objekten

Während der Mietwohnungsmarkt mehr oder weniger flächendeckend von Knappheit geprägt ist, variiert die Situation bei den kommerziellen Immobilien je nach Lage und Qualität der Objekte stark. Dazu führen einerseits die aktuelle Abschwächung der Konjunktur und andererseits strukturelle Veränderungsprozesse. Bei Büroflächen hat sich die Nachfrage angesichts von Home-Office und hybriden Arbeitsmodellen in den vergangenen vier Jahren stark verändert. Schweizer Unternehmen verzeichnen im internationalen Vergleich jedoch eine bedeutend höhere Büropräsenz. Zudem bleiben die Auswirkungen der konjunkturellen Abschwächung aufgrund der Stabilität des Arbeitsmarktes im Rahmen. Folglich ist die Angebotsquote 2023 nur marginal von 4,5% im Vorjahr auf 4,6% gestiegen. Dennoch zeigt sich auch am Schweizer Markt eine Differenzierung der Lagen zugunsten von Prime-Objekten. Es wird allgemein weniger Fläche pro Mitarbeitendem benötigt. Für die Fläche, die nachgefragt wird, liegt jedoch der Qualitätsanspruch höher. Da Unternehmen, insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels, für Mitarbeitende attraktiv bleiben müssen, werden gut erreichbare, moderne und nachhaltige Flächen nachgefragt. Sekundäre Objekte hingegen haben es bei Mietverhandlungen zunehmend schwer. Dies reflektiert sich in den Mieten: Während Spitzenmieten (Top-Objekte an Prime-Lagen in Zürich und Genf) im Bürosektor im ersten Quartal 2024 um 5,9% im Vorjahresvergleich anstiegen, sank die durchschnittliche Miete um 3,1%.

Ein ähnliches Bild zeigt sich am Verkaufsflächenmarkt: Trotz der aktuell schlechten Konsumentenstimmung und rückläufigen Detailhandelsumsätzen verzeichnen Verkaufsflächen an zentralen, gut frequentierten Lagen weiterhin eine solide Nach- frage am Mietmarkt und ein Mietpreiswachstum. Gestützt wird die Beliebtheit der Prime-Lagen unter anderem durch die Rückkehr der Touristen: Mit 41,8 Mio. Logiernächten wurde im Jahr 2023 nicht nur eine weitere Erholung vom pandemiebedingten Einbruch, sondern gar ein neuer Rekordwert verbucht.

Positive Mietperspektiven
Der Zinsanstieg hat 2023 auch am Schweizer Immobilienmarkt zu Korrekturen geführt. Im Ver- gleich zu vielen ausländischen Immobilienmärkten sind die Wertkorrekturen mit -1.7% über alle Segmente in der Schweiz jedoch aufgrund des geringeren Zinsanstiegs und der soliden Fundamentaldaten der Nutzermärkte moderat ausgefallen. Letzteres konnte vor allem das Wohnsegment stützen: Während Wohnimmobilien 2023 0,9% an Wert verloren haben, fiel die Korrektur im Bürosegment (-2,6%) und Verkaufssegment (-2,5%) fast dreimal so stark aus.

Der Fokus auf Nutzermarktdaten, der das Schweizer Bewertungssystem im Vergleich zu Systemen, die sich stark am Transaktionsmarkt orientieren, charakterisiert, führt zwar dazu, dass die Wertkorrekturen im Vergleich zum Ausland moderater ausfallen, sich aber auch etwas länger hinziehen dürften. Insbesondere im kommerziellen Segment sollten sich die Korrekturen also 2024 fortsetzen. Hier wird mit einer leichten durchschnittlichen Abwertung von 1,8% für Büroflächen und 1% für Verkaufsflächen gerechnet. Die sehr positiven Mietsteigerungsperspektiven am Wohnungsmarkt dürften dagegen die Wertentwicklung von Wohnimmobilien schon 2024 wieder ins Positive drehen, wobei die Aufwertung mit +0,4% fast neutral erwartet wird. Allgemein dürfte mit Aufwertungs- gewinnen wie zur Zeit der Negativzinsen, welche mit einem starken Anlagedruck verbunden waren, nicht mehr zu rechnen sein. Dadurch rutscht die Einkommensrendite und damit das aktive Asset Management – insbesondere unter der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren – deutlich in den Vordergrund.

Autorin: Kerstin Hansen, UBS Research & Strategy Real Estate DACH

Dieser Text stammt aus der neuen Ausgabe des Immo-Update, welches erstmals über die aktuellen Projekte der Immobilien­anlageprodukte sowohl von UBS als auch von Credit Suisse informiert. Das Immo-Update werde weiterhin zweimal jährlich erscheinen, heisst es in einer Mitteilung.

 

Zinsswap-Kurve verzeichnet einen überraschenden Rückgang

Die Schweizer Zinsswap-Kurve hat in den vergangenen Wochen über alle Laufzeiten hinweg einen überraschenden Rückgang verzeichnet (Abbildung 1). Dies lässt sich primär dadurch erklären, dass nun eine stärkere Lockerung der Geldpolitik eingepreist wird, als dies noch bis zum Vormonat der Fall war. Aktuell wird ein SARON-Satz von 0.85% nach der März-Sitzung im nächsten Jahr eingepreist, was im starken Kontrast zu den Prognosen der Ökonomen steht, die laut Bloomberg-Umfragen mehrheitlich einen Leitzins von 1.0% bis ins nächste Jahr erwarten.

Die Argumentation für einen Leitzins von 1.0% stützt sich auf das Konzept des neutralen Zinssatzes, der als wichtiger Referenzpunkt für die Gestaltung der Geldpolitik gilt. Viele Ökonomen teilen die Ansicht, dass der neutrale Zinssatz bei 0.0% liegt. Daraus resultiert bei einer längerfristigen Inflationserwartung von 1.0% ein nominaler neutraler Zinssatz von 1.0%. Auf diesem Niveau würden sich Sparen und Investieren im Gleichgewicht befinden, sodass die Wirtschaft weder überhitzt noch abgebremst wird.

Ständiges Wechselspiel

Die strukturellen Faktoren weisen seit Jahrzehnten auf einen fallenden Trend für den neutralen Zinssatz hin. Angesichts des aktuellen makroökonomischen Umfelds stellt sich jedoch die Frage, ob dieser Zinssatz nun höher liegen könnte. Diese Frage ist komplex und nicht einfach zu beantworten, besonders da der neutrale Zinssatz nicht direkt beobachtbar ist. Aufgrund seiner theoretischen Natur sollte zwischen der SNB und dem Markt ein ständiges Wechselspiel stattfinden, bei dem die SNB die Auswirkungen ihrer Zinsanpassungen kontinuierlich evaluiert, und sich schrittweise an den tatsächlichen neutralen Zinssatz annähert, anstatt sich auf einen festen Wert zu fixieren. Eine ständige Kosten-Nutzen-Analyse ist entscheidend.

Überschätzt die SNB den neutralen Zinssatz und bleibt zu restriktiv, werden Deflation, ein starker Franken und eine Dämpfung der Wirtschaftsaktivität als Begleiterscheinungen auftreten. Die angemessene Reaktion darauf wären Zinssenkungen. Wenn die SNB andererseits die Zinsen zu stark senkt und den neutralen Zinssatz unterschätzt, wäre dies von einer höheren Inflation, einer Abschwächung des Frankens und einer Überstimulation der Wirtschaft begleitet. Angesichts der herrschenden Konjunkturschwäche sind die Kosten im ersten Szenario grösser als im zweiten, weshalb die SNB dazu neigen dürfte, weiter unter 1.0% zu senken.

Im zweiten Quartal dieses Jahres zeigte der Schweizer Aussenhandel eine äusserst erfreuliche Entwicklung, was die globale Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz unterstreicht. Allerdings steht dieser Erfolg unter dem Druck eines aufwertenden Schweizer Frankens. Mit den bevorstehenden Lockerungen der Zinspolitik durch die Fed und die EZB könnte dieser Druck wieder zunehmen. Als Gegenmassnahme könnte die SNB präventive Zinssenkungen in Erwägung ziehen. Sollte der Franken in der Folge zu stark abwerten, wäre eine Reaktion mit Devisenverkäufen denkbar. Diese Massnahmen würden es der SNB auch ermöglichen, ihre durch umfangreiche Deviseninterventionen in den letzten Jahren gewachsene Bilanz weiter abzubauen bzw. nicht weiter aufzubauen, um für zukünftige Interventionen eine grössere Flexibilität sicherzustellen.

Wir erwarten im September eine weitere Senkung des Leitzinses. Eine zusätzliche Senkung im Dezember schliessen wir nicht aus. Spätestens nach der März-Sitzung 2025 erwarten wir einen Leitzins von 0.75%.

Burak Er ist Head Research bei der Avobis Group AG.

 

Investis: Abschluss des ersten Teils der Portfolioerweiterung

Investis meldet den Vollzug von fünf angekündigten Liegenschaftskäufen. Der Kaufpreis beträgt insgesamt CHF 201 Mio. (Soll-Mietertrag von CHF 12.5 Mio.), wie es in einer Mitteilung heisst. Zudem seien Kaufverträge für zwei weitere Wohnliegenschaften mit einem Kaufpreis von CHF 15.8 Mio. (Soll-Mietertrag von CHF 0.7 Mio.) unterzeichnet worden. Bei einer Liegenschaft konnte der Vollzug bereits abgeschlossen werden. Für die zweite Liegenschaft wird dieser in den nächsten Wochen erwartet. Der LTV sei nach diesen Käufen weiterhin unter dem Vorjahr (31.12.2023: 26%). Stéphane Bonvin, CEO: «Diese Liegenschaften passen hervorragend in unser Portfolio. Im Zuge dieser Optimierung und nach dem Verkauf unseres Service Geschäftes konsolidieren wir unser Immobilienportfolio mit einer starken Eigenkapitalbasis weiter.»

Eigentumswohnungen verzeichneten im ersten Halbjahr 2024 ein leichtes Plus

MoneyPark und PriceHubble veröffentlichen das neue Finanzierungs- und Immobilien Update (FIMU) H1 2024. Die halbjährliche Publikation gibt eine effiziente Markteinschätzung zu Immobilienpreisen sowie zum Hypothekarmarkt. Die wichtigsten Erkenntnisse:

Immobilienmarkt:

  • Die Kaufpreise für Einfamilienhäuser in der Schweiz sanken im ersten Halbjahr 2024 um 2.2 Prozent, nachdem sie im zweiten Halbjahr 2023 noch um 4.5 Prozent gestiegen waren.
  • Eigentumswohnungen verzeichneten im ersten Halbjahr 2024 ein leichtes Plus von 0.5 Prozent. Dies nach einem Anstieg von 1.6 Prozent im zweiten Halbjahr 2023.
  • Die Preise kamen insbesondere in der Westschweiz ins Rutschen. Während in der Deutschschweiz im abgelaufenen Halbjahr die Einfamilienhäuser ein Minus von 1.3 Prozent und die Wohnungen ein Plus von 0.6 Prozent verzeichneten, waren es in der Westschweiz bei den Häusern -4.0 Prozent und bei den Wohnungen -0.2 Prozent.

Hypothekarmarkt:

  • Trotz der beiden Leitzinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB) im ersten Halbjahr waren Saron-Hypotheken nicht die erste Wahl. Im Gegenteil: Die Nachfrage nach Saron-Hypotheken war im ersten Halbjahr 2024 erneut stark rückläufig.
  • Dafür erreichten kurzfristige Festhypotheken mit 15 Prozent Anteil am vermittelten Volumen ein Rekordhoch.
  • Die zehnjährige Hypothek erreicht insbesondere in der Westschweiz eine sehr hohe Beliebtheit, während in der Deutschschweiz am häufigsten Hypotheken mit Laufzeiten von fünf bis neun Jahrenabgeschlossen wurden.
  • Der weitere Rückgang des Anteils von Saron-Hypotheken und der Ausbau ihrer Margen kosten die Bankendeutlich Anteile am vermittelten Volumen. Ende 2022 hatten Banken noch einen Anteil von 75 Prozent am vermittelten Volumen, während sie im ersten Halbjahr 2024 nur noch knapp mehr als die Hälfte aufweisen.
  • Pensionskassen und Versicherungen schlugen gleichermassen zu und bauten ihre Anteile mit attraktiven Konditionen aus. Sie erreichten im ersten Halbjahr 2024 zusammen mit einem Anteil von fast 50 Prozent einen neuen Rekord.

https://moneypark.ch/news-wissen/hypotheken-und-zinsen/zinssenkungen-befluegeln-festhypotheken/

Künstliche Intelligenz bei der Vermarktung von Immobilien

Für Immobilienprofis ist das regelmässige Inserieren von Immobilien eine Sisyphusarbeit, die heute in aller Regel noch analog und somit in einem trägen und für Immobilienbewirtschafter und Maklerinnen unangenehm aufwändigen Prozess erfolgt. KI-basierte Softwareneuheiten von Casasoft in Zusammenarbeit mit IAZI sollen nun dieses Problem in einem ersten von mehreren Schritten ab sofort lösen, wie es in einer Mitteilung heisst. Trotz fortschreitender Automatisierung in der Immobilienwirtschaft sei das Inserieren von Immobilien nach wie vor ein in aller Regel analoger Prozess und somit eine regelrechte Sisyphusarbeit. Dazu müssen Immobilienbewirtschafter und Maklerinnen, genau wie der Laie zuhause, bei jeder einzelnen Immobilie teilweise dutzende objektspezifische Attribute sowie die Beschreibung händisch in die entsprechende Datenmaske online eingeben, bevor das jeweilige Inserat aufgeschaltet werden kann. Dies koste Zeit, Geld und Nerven und gehe zulasten der Effizienz.

Konkret können Immobilienobjekte dank einer ersten neuen Funktion in «Casaone« nun innerhalb weniger Klicks für das Aufschalten als Online-Inserat vorbereitet werden. Lediglich die Adresse des Objektes werde benötigt, worauf durch den Einsatz einer speziell geschulten künstlichen Intelligenz alle nicht-vertraulichen Informationen aus dem umfangreichen Datensatz von IAZI zusammengetragen und prozessoptimiert eingearbeitet werden. Dies könne bis zu 35 Attribute umfassen, die bisher einzeln von Hand eingegeben werden mussten – oder sie wurden oftmals gar nicht erst erfasst, heisst es weiter. In naher Zukunft könne auch die Erstellung der Angebotsbeschreibung auf Basis der erfassten Objektdaten in «Casaone» durch künstliche Intelligenz unterstützt und dadurch mit einem Klick erstellt werden.