Ausgabe 02/2025 vom 10.01.2025.
Bereits ist die erste Arbeitswoche des neuen Jahres vorbei. Sie finden wichtige Themen, Studien und Hintergründe aus der Immobilienwirtschaft. Ausgewählt und redigiert in der «Crème de la Semaine». Wir freuen uns, Sie nächste Woche an der «IMMO 25» zu treffen.
Büromarkt Schweiz 2025: Leerstandsanstieg setzt sich fort
Jones Lang LaSalle (JLL) veröffentlicht eine neue Studie zum Büromarkt in der Schweiz. Die Flächennachfrage zeigt sich darin insgesamt intakt. Bei leeren Flächen in älteren Gebäuden ohne Bahnhof in Gehdistanz gestaltet sich die Mietersuche jedoch unverändert als Herausforderung. Moderne, flexibel nutzbare und bestenfalls nachhaltigkeitskonforme Büroflächen mit guter Anbindung absorbiert der Markt hingegen vergleichsweise rasch.
In den fünf grössten Büromärkten der Schweiz – Zürich, Genf, Bern, Basel und Lausanne (CH5) – erhöhte sich das Angebot an verfügbaren Büroflächen im Vergleich zum Vorjahr um 9 % und beträgt per Ende 2024 neu 995’500 qm. Damit nahm in den letzten Jahren das Büroangebot nahezu stetig zu. Seit Ende 2019, als Homeoffice vielerorts noch ein Schattendasein fristete, stieg die durchschnittliche Angebotsquote in den fünf grössten Schweizer Büromärkten von 4.1 % auf 5.0 % per Ende 2024 (+0.9 %). Im internationalen Vergleich relativiert sich jedoch dieser Anstieg, denn in 24 europäischen Städten erhöhte sich im selben Zeitraum die durchschnittliche Leerstandsquote von 5.2 % auf 8.5 % (+3.3 %).
In Bezug zu den 1.16 Mio. qm neuen Büroflächen, welche seit dem Jahr 2020 erstellt wurden, fällt die im selben Zeitraum gemessene Angebotszunahme von 231’000 qm moderat aus. Die Bautätigkeit erreichte im Jahr 2020 mit rund 343’000 qm neu erstellten Büroflächen einen Höchstwert und verringerte sich anschliessend kontinuierlich auf noch 57’000 qm im Jahr 2024. Die Talsohle ist damit durchschritten, 2025 bis 2027 werden die Volumen jährlich wieder ansteigen. Zwischen den verschiedenen Marktregionen gibt es dabei beträchtliche Unterschiede: Gemessen am heutigen Bestand verzeichnete Genf 2019 bis 2024 das höchste Wachstum (Ø 2.0 % des Bestandes), wobei die Flächenexpansion bis 2027 gar noch stärker ausfallen wird (Ø 2.3 % des Bestandes). In Bern steigen die Bauaktivitäten im Vergleich zur Vergangenheit markant an, doch das zukünftige Wachstum wird mit durchschnittlich 1.1 % pro Jahr nur geringfügig über dem Schweizer Mittelwert liegen. Umgekehrt werden in Zürich und Basel bis 2027 durchschnittlich 71 % bzw. 58 % weniger neue Büroflächen erstellt verglichen mit dem Zeitraum von 2019 bis 2024. Bis 2027 wächst der Bürobestand durchschnittlich 1.0 % pro Jahr, das sind 26 % weniger als in der jüngeren Vergangenheit.
Die Flächennachfrage ist insgesamt intakt. Bei leeren Flächen in älteren Gebäuden ohne Bahnhof in Gehdistanz gestaltet sich die Mietersuche jedoch unverändert als Herausforderung. Moderne, flexibel nutzbare und bestenfalls nachhaltigkeitskonforme Büroflächen mit guter Anbindung absorbiert der Markt hingegen vergleichsweise rasch. Dies widerspiegelt sich nicht zuletzt im limitierten Angebot an diesen Lagen. In Zürichs Kreis 1 sind 3.0 % der Büroflächen verfügbar, in Lausannes CBD 1.5 % und in Berns Innenstadt gar nur 0.4 %. In den Städten Luzern (1.3 %), Zug (1.7 %), Fribourg (2.0 %) und Lugano (2.1 %) sind verfügbare Büroflächen ebenfalls knapp. Der Genfer CBD bietet mit 3.9 % ein umfangreicheres Angebot. In der Innenstadt von Basel stehen sogar 9.2 % der Flächen leer.
Transaktionsmarkt
Die Perspektiven für Büroimmobilien in der Schweiz sind zwiegespalten. Einerseits stiegen die Leerstände zuletzt leicht an, und nach wie vor verhalten sich Investoren zurückhaltend, weil aufgrund flexiblerer Arbeitsplatzkonzepte der zukünftige Flächenbedarf mit Unsicherheiten behaftet ist. Andererseits stützt das robuste Wirtschafts- und Beschäftigtenwachstum die Nachfrage und der Schweizer Büromarkt bewies eine hohe Resilienz. Zudem verfügen Mietzinsen über einen Inflationsschutz und im Gegensatz zum Mietwohnungsmarkt ist das Risiko durch politische Markteingriffe im Gewerbesektor limitiert.
Viele Fonds und Anlagestiftungen führten in der zweiten Jahreshälfte 2024 Kapitalerhöhungen durch und werden mit vollen Portemonnaies ins neue Jahr starten. Ihr Investitionsschwerpunkt dürfte sich bei Core-Immobilien manifestieren, welche im Einzugsgebiet der urbanen Zentren liegen, keinen Sanierungsbedarf haben und im besten Fall die benötigten Nachhaltigkeitskriterien erfüllen. In den letzten Wochen war eine höhere Zahlungsbereitschaft gepaart mit einem grundsätzlich breiteren Interesse spürbar. Dies und die tiefere Zinslandschaft dürften in diesem Jahr zu einer Renditekompression und höheren Transaktionsvolumen führen.
UBS veröffentlicht die Jahresabschlüsse der ehemaligen CS Immobilienfonds
Die bereits angekündigten Jahresabschlüsse per 30. September 2024 der Immobilienfonds CS REF Siat, CS REF Interswiss, CS REF LogisticsPlus und CS 1a Immo PK stehen nun in den nun verfügbaren Jahresberichten zur Verfügung. Seit 31. Dezember 2024 firmieren die Fonds unter dem Namen UBS und heissen neu UBS «Siat», UBS «Interswiss», UBS LogisticsPlus und UBS 1a Immo P.
CS 1a Immo PK
Der Inventarwert pro Anteil des CS 1a Immo PK reduzierte sich im abgelaufenen Geschäftsjahr geringfügig um 0,1% von CHF 1271.59 auf CHF 1270.13. Diese Abnahme resultiert überwiegend aus dem Verkauf von 15 Liegenschaften sowie einer Landabtretung. Aus der Ausschüttung des letzten Jahres und der Entwicklung des Inventarwertes ergibt sich im Geschäftsjahr 2023/2024 eine Anlagerendite von 3,5%. Aufgrund des vorliegenden Resultats und unter Berücksichtigung des mittel- und langfristigen Finanzbedarfs hat die Fondsleitung beschlossen, die Ausschüttung auf dem Niveau von CHF 45.00 pro Anteil beizubehalten. Auf dieser Basis ergibt sich eine Ausschüttungsrendite von 3,5% bei einer Ausschüttungsquote von 97,2%. Die Verkehrswerte haben sich im Geschäftsjahr 2023/2024 um 5,0% von CHF 4908,3 Mio. auf CHF 4663,4 Mio. verringert. Damit ist der Wert des Liegenschaftsportfolios gegenüber dem Vorjahr um CHF 244,9 Mio. gesunken. Diese Entwicklung beruhe insbesondere auf dem Verkauf von 15 Liegenschaften sowie einer Landabtretung zur Rückzahlung der per 30. September 2023 gekündigten Anteilsscheine, heisst es im Geschäftbericht. Die Mietzinseinnahmen haben sich von CHF 203,5 Mio. um 1,3% auf CHF 206,2 Mio. erhöht. Diese Zunahme ist vor allem auf die Fertigstellung des Grossprojekts in Emmenbrücke im vorangegangenen Geschäftsjahr zurückzuführen, welches im abgelaufenen Geschäftsjahr voll ertragswirksam wurde. Gleichzeitig beeinflusst die genannte Fertigstellung durch noch bestehende Anfangsleerstände die Mietzinsausfallrate, welche sich gegenüber dem Vorjahr um 30 Basispunkte erhöhte und per 30. September 2024 in einer kumulierten Mietzinsausfallrate von 5,5% resultierte.
CS REF LogisticsPlus
Der Börsenkurs des CS REF LogisticsPlus ist im Verlauf des Geschäftsjahres 2023/2024 von CHF 91.00 auf CHF 103.00 angestiegen. Durch den Anstieg konnte aus dem letztjährigen Disagio von –11,2% ein Agio von 0,2% erzielt werden. Unter Einbezug der Ausschüttung von CHF 3.50 pro Anteil resultiert für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Performance von 17,4%. Damit liegt CS REF LogisticsPlus über dem Benchmark SXI Real Estate Funds TR, welche den gleichen Zeitraum mit einem Plus von 15,3% beendete. Aufgrund des vorliegenden Resultats hat die Fondsleitung beschlossen, die Ausschüttung auf dem Niveau von CHF 3.50 pro Anteil beizubehalten. Auf Basis des Börsenkurses von CHF 103.00 per Geschäftsjahresende ergibt sich eine Ausschüttungsrendite von 3,4%, dies bei einer Ausschüttungsquote von 100,7%. CS REF LogisticsPlus hat im Geschäftsjahr 2023/2024 die Summe der Verkehrswerte um 17,7% von CHF 901,2 Mio. auf CHF 1060,4 Mio. erhöhen können. Damit ist der Wert des Liegenschaftsportfolios gegenüber dem Vorjahr um CHF 159,2 Mio. angestiegen. Gegenüber dem Vorjahr wurde auch die Ertragskraft deutlich gestärkt. Die Mietzinseinnahmen haben sich von CHF 42,1 Mio. um 9,7% auf CHF 46,1 Mio. erhöht. Der Gesamtertrag im Geschäftsjahr 2023/2024 setzt sich aus den folgenden Nutzungskategorien zusammen: Logistik: 43,4%, Lager: 20,4%, Büro: 14,3%, Industrie und Produktion: 11,6%, Übrige: 10,3%. Die Mietzinsausfallrate hat sich gegenüber dem Vorjahr um 0,63 Prozentpunkte reduziert, was per 30. September 2024 in einer kumulierten Mietzinsausfallrate von 2,0% resultierte.
CS REF Siat
Der Börsenkurs des CS REF Siat ist im Verlauf des Geschäftsjahres 2023/2024 von CHF 201.00 auf CHF 238.00 angestiegen. Das Agio erhöhte sich von 23,1% auf 44,0% und liegt über dem Durchschnitt der kotierten Schweizer Immobilienfonds. Unter Einbezug der Ausschüttung von CHF 5.20 pro Anteil resultiert für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Performance von 21,4%. CS REF Siat hat im Geschäftsjahr 2023/2024 die Summe der Verkehrswerte um 3,9% von CHF 3931,5 Mio. auf CHF 4085,4 Mio. erhöhen können. Damit ist der Wert des Liegenschaftsportfolios gegenüber dem Vorjahr um 153,9 Mio. CHF angestiegen. Das Portfoliowachstum beruht insbesondere auf dem Baufortschritt angefangener Bauten und Sanierungen. Der Beitrag von Verkehrswertsteigerungen im Bestandesportfolio fiel im Vergleich zu den Vorjahren deutlich höher aus. Investitionsbereinigt resultierte eine Aufwertung von CHF 44,8 Mio. beziehungsweise 1,1%. Während der Berichtsperiode wurden keine Akquisitionen getätigt. Gegenüber dem Vorjahr konnte auch die Ertragskraft gestärkt werden. Die Mietzinseinnahmen haben sich von CHF 157,0 Mio. auf CHF 164,0 Mio. erhöht, was einer Zunahme um CHF 7,0 Mio. respektive einem Plus von 4,5% entspricht. Aufgrund des vorliegenden Resultates und unter Berücksichtigung des mittel- und langfristigen Finanzbedarfs hat die Fondsleitung beschlossen, die Ausschüttung auf dem Niveau von CHF 5.20 pro Anteil beizubehalten. Auf Basis des Börsenkurses von CHF 238.00 per Geschäftsjahresende ergibt sich eine Ausschüttungsrendite von 2,2%, dies bei einer Ausschüttungsquote von 102,3%.
Credit Suisse Real Estate Fund Interswiss
Der Börsenkurs des Credit Suisse Real Estate Fund Interswiss ist im Verlauf des Geschäftsjahres 2023/2024 von CHF 160.00 auf CHF 184.00 angestiegen. Das Disagio reduzierte sich von –15,4% auf –2,8% und liegt unter dem Durchschnitt der kotierten Schweizer Immobilienfonds. Unter Einbezug der Ausschüttung von CHF 7.40 pro Anteil resultiert für das abgelaufene Geschäftsjahr eine Performance von 20,4%. Damit liegt CS REF Fund Interswiss über dem Benchmark SXI Real Estate Funds TR, welcher den gleichen Zeitraum mit einem Plus von 15,3% beendete. Aufgrund des vorliegenden Resultates und unter Berücksichtigung des mittel- und langfristigen Finanzbedarfs hat die Fondsleitung beschlossen, die Ausschüttung auf dem Niveau von CHF 7.40 pro Anteil beizubehalten. Auf Basis des Börsenkurses von CHF 184.00 per Geschäftsjahresende ergibt sich eine Ausschüttungsrendite von 4,0%, dies bei einer Ausschüttungsquote von 100,1%. Im Geschäftsjahr 2023/2024 reduzierte sich der Verkehrswert des CS REF Interswiss um CHF 125,0 Mio. von CHF 2566,1 Mio. auf CHF 2441,2 Mio. Damit ist der Wert des Liegenschaftsportfolios gegenüber dem Vorjahr um 4,9% gesunken. Gegenüber dem Vorjahr sank die Ertragskraft leicht. Die Mietzinseinnahmen haben sich von CHF 113,3 Mio. um 2,4% auf CHF 110,5 Mio. reduziert. Die Mietzinsausfallrate hat sich gegenüber dem Vorjahr um 0,4 Prozentpunkte erhöht, was per 30. September 2024 in einer kumulierten Mietzinsausfallrate von 6,7% resultierte. Der Inventarwert pro Anteil wurde im abgelaufenen Geschäftsjahr um 0,1% von CHF 189.21 auf CHF 189.37 gesteigert. Die Zunahme des Nettoinventarwertes pro Anteil resultiert aus der Wertvermehrung durch Sanierungsaktivitäten sowie der Abnahme der Liquidations- steuern infolge der Verkäufe. Aus der Entwicklung des Inventarwertes unter Berücksichtigung der Ausschüttung des letzten Jahres ergibt sich im Geschäftsjahr 2023/2024 eine Anlagerendite von 4,1%.
HIAG platziert ersten Green Bond
Die HIAG Immobilien Holding AG platziert ihren ersten Green Bond über CHF 100 Millionen mit einer Laufzeit von 5,25 Jahren und einem Coupon von 1.42%. Die Liberierung erfolgt per 23. Januar 2025. Die Emissionserlöse sollen zur Finanzierung und Refinanzierung von nachhaltigen Gebäuden und Projekten gemäss dem Green Financing Framework von HIAG verwendet werden, teilt HIAG mit. HIAG könne durch diese Emission vom günstigen Zinsumfeld profitieren und die Finanzierungen über einen längeren Zeithorizont absichern. Dieser Green Bond und die im Sommer 2023 lancierte nachhaltig ausgerichtete Syndikatskreditline über CHF 500 Millionen sollen im Einklang mit der Nachhaltigkeitsstrategie von HIAG stehen. Als Joint Lead Manager fungierten Raiffeisen Schweiz und Bank Vontobel AG. Der Handel des Green Bonds an der SIX Swiss Exchange ist beantragt.
Abschaffung des Eigenmietwerts: Grösste Hürde steht noch bevor
Der Bau- und Bankensektor dürfte insgesamt zu den Verlierern der Steuerreform bei der Abschaffung des Eigenmietwerts gehören. Investitionen in den Liegenschaftsunterhalt könnten sich beim Systemwechsel um 20 bis 30 Prozent verteuern. Auch Investitionen in die Nachhaltigkeit verlieren den Anreiz. Der Systemwechsel dürfte es deshalb an der Urne schwer haben, erwarten die Experten der UBS.
Der Eigenmietwert wurde 1934 als Notmassnahme zur Sanierung des Bundeshaushalts eingeführt. Ende Dezember 2024 – also 90 Jahre später – hat das Parlament nun die Abschaffung dieses Eigenmietwerts beschlossen. Die beiden Räte haben sich für einen vollständigen Systemwechsel ausgesprochen. Von einer Abschaffung des Eigenmietwerts würden insbesondere Eigentümer von Objekten mit niedrigen Belehnungsquoten sowie Ersterwerber profitieren. Verlierer sind hingegen die Eigentümer von sanierungsbedürftigen Altbauten. Auch Zweitwohnungseigentümer werden voraussichtlich zu den Verlierern der Reform gehören. Zu den Gewinnern der Steuerreform kämen bei den aktuell tiefen Hypothekarzinsen auch die Eigentümer von neuwertigen Wohnungen in den Grosszentren. Neuerwerber profitieren zusätzlich vom Ersterwerberabzug der Schuldzinsen. Bei den aktuellen Hypothekarzinsen dürfte der Systemwechsel kurzfristig zu leicht stärkeren Preisanstiegen führen. Neuwertige Eigentumswohnungen in den Städten dürften sich überproportional verteuern. Bei Altbauten müsste hingegen teilweise mit Wertverlusten gerechnet werden, da Unterhaltskosten nicht mehr abzugsberechtigt wären.
Teurer Unterhalt
Investitionen in den Liegenschaftsunterhalt dürften sich beim Systemwechsel um 20 bis 30 Prozent verteuern, abhängig vom Einkommenssteuersatz. Dies würde zwar über die Zeit durch den wegfallenden Eigenmietwert mehr als ausgeglichen, erhöht aber den Anreiz, Investitionen hinauszuzögern und kostengünstige Varianten vorzuziehen. Gerade bei energetischen Sanierungen spielt der bestehende Steuerabzug eine grosse Rolle für die Wirtschaftlichkeit der Investitionen. Damit dürfte der Bau- und Bankensektor insgesamt zu den Verlierern der Steuerreform gehören. Die Nachfrage nach Sanierungen, Unterhaltsarbeiten und neuen Haushaltsgeräten dürfte vor dem Systemwechsel jedoch sprunghaft ansteigen.
Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts dürften die Anreize steigen, Liegenschaften in einer Aktiengesellschaft zu halten, wo ein Schuldzinsabzug unverändert möglich bleibt. Die Wirtschaftlichkeit einer solchen Lösung dürfte für Eigentümer von selbstgenutzten Liegenschaften in den meisten Fällen jedoch nicht gegeben sein. Denn bei einer AG-Gründung und -Führung fallen Kosten an, und der Übertrag der Liegenschaft in die Kapitalgesellschaft ist mit Grundstückgewinn- und Handänderungssteuern verbunden. Zudem müssen die (Miet-)Einnahmen und eventuelle Dividenden der AG besteuert werden.
Wie stehen die Chancen?
Der Systemwechsel dürfte an der Urne keinen einfachen Stand haben. In Anlehnung an eine Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung dürften Eigentümer beim aktuellen Hypothekarzinsniveau mit Steuerersparnissen in der Höhe von rund 2 Milliarden Franken pro Jahr rechnen. Auf der anderen Seite fehlen diese Einnahmen beim Bund, bei den Kantonen und den Gemeinden. Wie die Mieterschaft den Systemwechsel insgesamt letztlich beurteilt, hängt auch stark von der individuellen Einschätzung ab, ob sie selbst künftig als Wohneigentümer potenziell profitieren wird. Zudem stellt der Wegfall des Unterhaltsabzugs und des Abzugs für Energiesparmassnahmen auf Bundesebene das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele des Gebäudesektors infrage.
Wie geht es weiter?
Der Beschluss über die Objektsteuer stellt eine Verfassungsänderung dar und unterliegt einem obligatorischen Referendum. Es ist zu erwarten, dass auch gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts ein Referendum ergriffen wird. Somit dürfte das Volk das letzte Wort haben – voraussichtlich im Jahr 2026, sodass der Systemwechsel ab 2027 in Kraft treten könnte. Es ist zu beachten, dass die Umsetzung der Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts an den Beschluss über die Objektsteuer gekoppelt ist. Das bedeutet, dass beide Vorlagen angenommen werden müssen, damit der Systemwechsel erfolgen kann.
Autoren: Maciej Skoczek, CFA, CAIA, Economist, UBS Switzerland AG; Matthias Holzhey, Economist, UBS Switzerland AG; Thomas Rieder, Economist, UBS AG
Intershop tätigt je zwei weitere Käufe und Verkäufe im Dezember
Im Geschäftsjahr 2024 hat Intershop insgesamt sieben Liegenschaften gekauft, sechs verkauft und ein weiterer Kauf, dessen Vollzug im Februar 2025 erwartet wird, beurkundet.
Im Dezember 2024 wurden das Gewerbe- und Lagerhaus am Honeywellplatz 1 in 8157 Dielsdorf (ZH) sowie das Büro-, Gewerbe und Lagerhaus am Industriering 19 und 43 in 3250 Lyss (BE) mit Gewinn veräussert, gibt Intershop bekannt. Bei beiden Liegenschaften wurde das Entwicklungspotenzial ausgeschöpft und mit den Verkäufen realisiert. Der Bruttoverkaufserlös betrug rund CHF 41 Mio. Aufgrund der realisierten Verkäufe werde der Erfolg aus Verkauf vor Steuern leicht über der im Rahmen der Halbjahresberichterstattung kommunizierten Erwartung von CHF 10 bis 20 Mio. zu liegen kommen, heisst es weiter.
Erworben hat Intershop im selben Zeitraum ein Personalhaus mit stillgelegtem Hotel an der Hohenbühlstrasse 1, 3, 5 in 8152 Opfikon (ZH), das mittelfristig durch eine neue Wohnüber- bauung ersetzt und bis dahin interimsweise im Ganzen vermietet werden soll. Erwartet wird ein jährlicher Ertragsbeitrag von CHF 0.6 Mio. Zudem wurde ein Logistik- und Retailgebäude mit Landreserve an der Riedmoosstrasse 10, 10a, 12 in 3172 Niederwangen (BE) erworben. Die vollvermietete Liegenschaft mit einer jährlichen Sollmiete von CHF 2.4 Mio. ist Teil der bedeutenden Entwicklungszone «Juch-Hallmatt», in der unter anderem das neue kantonale Polizeizentrum Bern erstellt wird. Die beiden Liegenschaften verfügen über ein beträchtliches Entwicklungs- und Mehrwertpotenzial. Darüber hinaus hat Intershop im Dezember 2024 den Kauf einer langfristig vollvermieteten Gewerbeliegenschaft mit einem Sollmietertrag von CHF 1.0 Mio. in der Industriezone von Kemptthal (im Bild) beurkundet. Der Vollzug ist für Februar 2025 vereinbart.
Philipp Ricklin wird neues Mitglied der Geschäftsleitung der Markstein-Gruppe
Die Markstein-Gruppe ernennt Philipp Ricklin (37) zum neuen CEO der Markstein Advisory AG und zum Mitglied der Geschäftsleitung der Markstein-Gruppe. Am 1. Januar 2025 tritt er die Nachfolge von Simon Meier an und übernimmt die operative und strategische Weiterentwicklung und Betreuung des Geschäftsfelds Portfolio- und Assetmanagement. Die Markstein Advisory AG betreut im Namen von verschiedenen Investorengruppen Immobilien im Wert von knapp einer Milliarde Schweizer Franken. Philipp Ricklin bringe dafür die idealen Voraussetzungen mit, heisst es in einer Mitteilung. Nach der Ausbildung zum Bauzeichner absolvierte er ein Bachelorstudium in Facility Management mit Schwerpunkt Immobilienmanagement an der ZHAW. Später ergänzte er seine Ausbildung durch einen MAS in Real Estate Management an der HWZ, einen MAS in Banking & Finance an der FHNW sowie einen Executive MBA in General Management an der Universität St. Gallen. Zuletzt war er bei der Allreal-Gruppe tätig, zunächst als Portfoliomanager und später als Leiter Portfoliomanagement und Mitglied des Managementteams.
Tanja Pohle: «Den Menschen ins Zentrum setzen»
«Wir müssen den Menschen ins Zentrum setzen, auch bei der Planung von Bürogebäuden und deren Einrichtungen und Flächen», sagt Tanja Pohle, Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung der pom+Consulting AG. Flexibilität und offene Gebäudestrukturen führen dazu, dass Büros immer wieder an neue Bedürfnisse angepasst werden können – sehr wichtig in den Zeiten von vermehrtem Homeoffice.
Stellen Sie sich vor, dass Ihr Unternehmen in der nächsten Zeit eine neue Liegenschaft beziehen müsste. Welche Anforderungen müsste diese Liegenschaft erfüllen?
Tanja Pohle: Ich würde auf eine offene Gebäudestruktur achten, die einen flexiblen Grundriss ermöglichen. So sind zukünftige Veränderungen im Layout besser umsetzbar. In der heutigen Zeit achten wir eher auf eine offene und flexible Gestaltung der Büros, welche Anpassungen für die jetzige, wie auch für die zukünftige Nutzung einfach ermöglichen. Bei denkmalgeschützten Liegenschaften ist das oft nicht möglich, da wird es zunehmend schwierig, diese an die heutigen Bedürfnisse anzupassen. Eigentümer von Büroliegenschaften sollten deshalb darauf achten, eine offene und flexible Gebäudestruktur anbieten zu können. Das ist das A und O und das wichtigste Asset bei Büroliegenschaften.
Die Digitalisierung hat die Arbeitswelt grundlegend verändert. Welche Auswirkungen hat diese neue Realität auf die Arbeitnehmenden und auf die zukünftige Entwicklung von Büroimmobilien?
Der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes kommt heute für die Arbeitnehmenden eine sehr viel höhere Bedeutung zu als früher. Bereits in der Recruiting-Phase wird oft die Frage gestellt, wie das Büro – also der zukünftige physische Arbeitsplatz – aussieht. Natürlich spielen hier auch organisatorische Faktoren eine relevante Rolle, wie zum Beispiel der Anteil an Homeoffice oder die Freiheitsgrade, die in der neuen Tätigkeit möglich sind.
Der Arbeitsplatz wird also heute nicht mehr nur physisch gedacht?
Neben dem Büro kann der Arbeitsort auch im Homeoffice oder auch an einem «dritten Platz» sein, so dass die Mitarbeitenden sich nicht mehr alle zur selben Zeit am gleichen Ort befinden. Wir haben heute also eine hybride Zusammenarbeit – physisch und remote, was auf beiden Seiten Herausforderungen mit sich bringt. Nicht nur der Arbeitsplatz muss sichergestellt werden, sondern auch die technische Infrastruktur muss auf diese verschiedensten Settings perfekt abgestimmt sein.
Die neuen digitalen Technologien und innovativen Arbeitsmodelle haben einen grossen Einfluss auf unseren Alltag. Spätestens seit Corona ist standort- und grenzübergreifendes Zusammenarbeiten in vielen Berufsfeldern eine Selbstverständlichkeit – Stichwort «Anywhere Jobs». Brauchen wir in Zukunft überhaupt noch Büros?
Ja, absolut. Eine Bindung zum Unternehmen kann ich remote nur sehr bedingt herstellen und aufbauen. Der Mensch interagiert sehr gerne auch persönlich mit anderen – mit Kollegen, auf Projektbasis oder im Kundengeschäft. Bis zu einem gewissen Grad kann man zwar sehr viel auf dem digitalen Weg erledigen, aber eine Team- und Unternehmenskultur, entsteht nur begrenzt remote. Das stellt Unternehmen und Mitarbeitende vor grosse Herausforderungen. Innovation und Weiterentwicklung entstehen nur, wenn neue Gedanken mitintegriert werden können. Vor allem bei neuen Mitarbeitenden fällt der informelle Austausch weg, wenn sie keinen Büroarbeitsplatz haben. Es finden ja keine zufälligen Begegnungen statt, wenn ich nur remote arbeite und auch Sitzungen können nicht spontan entstehen. Für alles was im physischen Büro an spontanen Interaktionen stattfindet, gibt es bis heute keinen adäquaten Ersatz.
Das Büro erhält also eine ganz neue Bedeutung?
Das Büro muss heute grundsätzlich anders gedacht werden. Es ist nicht mehr nur ein Arbeitsplatz und «Produktionsstätte», wie es früher war. Es übernimmt ganz neue Funktionen. Online und hybrid haben wir Meetings, die sind wichtig und funktionieren gut, vor allem wenn es um einen informativen Abgleich geht. Sie stehen aber nicht für Kollaboration im eigentlichen Sinne. Ein Büro ist viel mehr, es ist auch ein Ort der Inspiration und Innovation sowie des persönlichen Austausches und Identität.
Die Büroimmobilienmärkte sind oft mit Leerständen konfrontiert. Die Flexibilisierung der Arbeitsplätze nimmt spürbar zu. Was tun diejenigen Unternehmen, die zuviel Fläche haben?
Jedes Unternehmen hat eine andere Ausgangslage. Nehmen wir eine Organisation, die flächenmässig bereits grosszügig aufgestellt ist und eine hohe Homeoffice-Rate hat. Das kann natürlich dazu führen, dass Teile des Büros mit zunehmender Flexibilisierung der Arbeitsplätze als verwaist erscheinen. Das andere Extrem ist ein Unternehmen, das sich bereits an der flächenmässigen Kapazitätsgrenze befindet und eine beengte Büroatmosphäre aufweist. Hier kann die Steigerung der Homeoffice-Rate und Flexibilisierung der Arbeitsplätze zu einem besseren Bürokonzept führen, da mehr Platz zur Verfügung steht. Wichtig ist immer, dass wir bei unseren Kunden das ganze Portfolio betrachten und auch die Strategie des Unternehmens miteinbeziehen. Es geht darum, ob zum Beispiel eine Wachstums- oder Auslagerungsstrategie besteht, was die Büroplanung natürlich massgeblich beeinflusst. Dieser Weitblick ist unbedingt nötig, zusammen mit der Fragestellung «wie arbeiten wir zukünftig»? Denn alles andere greift zu kurz und wird nicht die gewünschten Resultate liefern.
Es geht also auch darum, ob der Standort des Arbeitsplatzes Sinn macht?
Ja, das ist eine wichtige Frage. Man muss sich fragen, ob der Standort überhaupt für die Zukunft geeignet ist? Manchmal macht es für Unternehmen Sinn, das Objekt zu wechseln, bevor ein umfangreicher Umbau am jetzigen Standort ausgelöst wird. Wo sind die Arbeitnehmenden, die ich erreichen möchte, plane ich zentral als Hub ausgestaltete Arbeitsplätze oder ist eine dezentrale Strategie vorgesehen? Daraus leiten sich unterschiedliche Flächenbedürfnisse ab. Und: Wie verhalten sich die Mitarbeitenden? Die Balance zu finden zwischen remote und vor Ort ist zentral. Hier ist es wichtig, dass die Unternehmen deutliche Akzente setzen und gemeinsam Verbindlichkeiten zum Umgang mit der Flexibilität schaffen. In Bezug auf die Atmosphäre und den Zweck des Büros als Austausch- und Begegnungsort würde ich lieber ein kleines, attraktives Büro, als grosse, leere Hallen bevorzugen.
Unter den Branchen, die stark wachsen, stechen vor allem die Informationstechnologie und Kommunikation, Unternehmensführung und -beratung, Architektur sowie das Finanz- und Versicherungswesen hervor. Also alles Arbeitsplätze, die nicht an einen Standort gebunden sind?
Wenn Unternehmen ihren Mitarbeitenden vorschreiben, wie hoch die Anwesenheitspflicht zu sein hat, ist das immer problematisch. Diejenigen Organisationen hingegen, die ein attraktives Arbeitsumfeld schaffen, haben hier Vorteile. Dort sind die Büros in der Regel gut besetzt. Also lieber einen Pull- statt Push-Prinzip verfolgen, so dass die Mitarbeitenden gerne ins Büro kommen – auch wenn keine fixen Team-Termine anstehen. Es geht also immer um die Frage, welche Arbeit lässt sich besser von zuhause aus erledigen und wann macht es Sinn, wenn ich vor Ort anwesend bin. Das ist natürlich eine Frage der Unternehmenskultur aber auch der Selbstorganisation des Mitarbeitenden im Rahmen der Flexibilität, die das Unternehmen bietet.
Der Markt hat die Zeichen der Zeit erkannt, es werden deutlich weniger neue Büroflächen gebaut. Wird das Beschäftigungswachstum die stagnierende Nachfrage durch den Homeoffice-Effekt kompensieren können?
Die Lage der Flächen für die Arbeitsplätze ist immer noch das Top-Kriterium in Bezug auf die Leerstände. An den zentralen Lagen werden neue Büroflächen sehr schnell absorbiert, während die ländlichen Standorte Mühe haben. Viele institutionelle Anleger haben Liegenschaften in ihren Portfolios, die von der Lage und vom Ausbaustandard her nicht mehr den heutigen Anforderungen genügen. Und wenn dann noch die Mietverträge auslaufen, stellt sich die Frage, ob ein Verkauf oder eine Neupositionierung vorgenommen werden soll. Die Bedürfnisse, wie ein Büro auszugestalten ist, haben sich in den letzten Jahren stark verändert. Wenn die Flächen, die ich anzubieten habe, diesen neuen Bedürfnissen nicht genügen, werden sich bestehende und potenzielle Mieter eher danach umsehen, wo sie diese Bedürfnisse bezüglich offenen Arbeitsflächen an einem anderen Ort befriedigen können. Leerstand ist also nicht gleich Leerstand. Neue Büroflächen werden heute sehr offen gestaltet, und diese sind am Markt nach wie vor sehr gefragt. Wenn ich aber eher kleinteilige, klassische Bürostrukturen anbiete, können diese zu einem «Ladenhüter» werden. Die Flexibilität des Grundrisses einer Büroimmobilie ist neben der Lage also das wichtigste Kriterium.
Und wie sieht es mit der Erreichbarkeit der Arbeitsplätze aus?
Der Anschluss an das öffentliche Verkehrsnetz und an die Autobahn ist heute noch wichtiger geworden. Früher verbrachten die Mitarbeitenden in der Regel den ganzen Arbeitstag an ihren Standorten, während heute die Anwesenheit öfter auch nur noch stundenweise dauert. Wenn Arbeitnehmende nur für eine Sitzung oder ein Gespräch ins Büro kommen, erhält natürlich die Erreichbarkeit des Standortes ein ganz neues Gewicht. Die Mobilität ist daher sehr wichtig.
Die Arbeit soll den Arbeitnehmenden dienen und nicht umgekehrt. Lässt sich dieser Vergleich in einer wirtschaftlich angespannten Zukunft aufrechterhalten?
Es besteht zurzeit schon ein gewisser Konkurrenzdruck bezüglich der Attraktivität der Arbeitsplätze. Doch die Arbeitnehmenden können nicht erwarten, dass überall das Niveau eines Google Offices oder eine Ausgestaltung mit teuren Vitra-Möbeln vorhanden sein muss. Es geht vielmehr darum zu unterstreichen, was ein Unternehmen ausmacht, in welcher Branche es ist und was für eine Kultur dort herrscht. Wir müssen den Menschen ins Zentrum setzen, was aber nicht heisst, dass Mitarbeitende eine Bestellung abgeben können, wie der Arbeitsplatz auszusehen hat. Da komme ich wieder zum Ausgangsvotum: Wozu ist das Büro da? Es ist dafür da, dass ich dort mit meinen Kolleginnen an einem Ort zusammenarbeite, mich regelmässig austausche und ein ausgezeichnetes Produkt oder eine Dienstleistung entsteht. Aber um Ressourcenverschwendung zu vermeiden, sollte ich immer den Menschen ins Zentrum stellen, um damit sicherzustellen, dass ich nicht an den Bedürfnissen vorbeiplane.
Tanja Pohle ist Partnerin und Mitglied der Geschäftsleitung der pom+Consulting AG.
Achtsamkeit gegenüber der gebauten Umwelt
Hindert das ISOS Stadt und Land auf dem Weg zur 10-Millionen Schweiz? Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ist als behördenverbindliche Grundlage für Kantone und Gemeinden stark umstritten. Die Idee von Inventaren war es aber ursprünglich, Achtsamkeit für alle Beteiligten zu bewirken.
Es sind fast überall in Schweizer Gemeinden die gleichen Abläufe festzustellen: Verdichtungsvorhaben, vor allem in den Zentrumslagen, stossen auf grossen Widerstand. Nicht nur die betroffene Bevölkerung lehnt sich oft dagegen auf, auch Heimat- und Denkmalschutz machen den Vorhaben einen Strich durch die Rechnung. Und das kann teuer werden: Wer sein Projekt bis zur Baueingabe vorantreibt, gibt sehr viel Geld aus. Wenn das Projekt dann abgelehnt oder blockiert wird, kommt das oft einem Totalschaden gleich. Eine Situation, die Planer und Schützer immer häufiger überfordert und mal auf Behördenseite, mal auf der Planungsseite oder mal auf Seite der Bewahrer Gewinner oder Verlierer hervorbringt.
In Kirchberg am Zürichsee zum Beispiel, scheint der Wille zur Neugestaltung des Zentrums für einmal von Seiten der Behörden grösser zu sein, als die Schutzwürdigkeit eines der ältesten Gebäude im Kanton Zürich zu unterstreichen, wie die Tageszeitung «Blick» berichtet. Anstelle des Bauernhauses plant Coop einen Neubau mit Wohnungen und Laden. Das Haus – ein 370 Jahre altes Weinbauernhaus – soll abgerissen werden. Beim Heimatschutz ist man entsetzt und sprachlos. Ein Rekurs steht so gut wie fest, eines der ältesten Häuser am Zürichsee dürfe nicht ohne Not abgebrochen werden. Eine Argumentation, der man angesichts der historischen Wichtigkeit des Gebäudes durchaus folgen kann.
Scharfe Kritik in Zürich
Doch es gibt auch viele andere Beispiele, die der Bau- und Immobilienwirtschaft immer wieder Bauchschmerzen bereiten. Vor allem in der Stadt und im Kanton Zürich wird das ISOS immer wieder zum Gegenstand scharfer Kritik. Das Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung ist als behördenverbindliche Grundlage für Kantone und Gemeinden stark umstritten. Das ISOS hilft als Grundlageninstrument des Bundes, baukulturelle Werte zu erkennen und langfristig zu sichern. Im Unterschied zu kommunalen und kantonalen Inventaren, die sich vor allem mit Einzelobjekten befassen, erfasst das ISOS in erster Linie Siedlungen in ihrer Gesamtheit. Landesweit sind rund 1200 Ortsbilder dokumentiert. In der Stadt Zürich ist rund 75 Prozent des Siedlungsgebiets mit ISOS-Schutzzielen belegt. Das Inventar betrachtet ein Ortsbild flächendeckend und unterteilt das Siedlungsgebiet dann in Gebiete mit unterschiedlichen Erhaltungszielen. Die Erhaltungsziele bedeuten aber nicht, dass ein Gebiet per se unter Schutz gestellt ist, sondern lediglich, dass dieses schützenswert ist. Soweit so gut, schützenswerte Objekte beinhalten nicht nur einen historischen Schatz, sie sind meistens auch optisch nicht von ihrem Standort wegzudenken. Doch losgelöst von der breit akzeptierten Umsetzung über die Nutzungsplanung, gewinnt nun aber die sogenannte Direktanwendung des ISOS aktuell unverhältnismässig an Bedeutung.
Direktanwendungen kommen dann zum Zug, wenn eine Planung im ISOS-Perimeter liegt und gleichzeitig die Erfüllung mindestens einer weiteren Bundesaufgabe betroffen ist. Als Bundesaufgaben gelten etwa der Grundwasserschutz, aber auch der Bau von Photovoltaikanlagen, Schutzräumen oder Mobilfunkantennen. Das ISOS kann in solchen Fällen Vorgaben aus der Bau- und Zonenordnung, Richtplänen und Gestaltungsplänen übersteuern. Die Folge: Projekte werden nach langjähriger Planung und sorgfältiger Interessensabwägung zurückgewiesen. Und genau diese Direktanwendung kommt der Immobilien- und Baubranche immer wieder in die Quere, es ist sogar von einer Baubewilligungsblockade die Rede. In der Tat: Das ISOS kommt in Zürich bei der Mehrheit der jährlich rund 4000 Baugesuche zur Direktanwendung. Die Auswirkungen beschränken sich dabei nicht auf Verzögerungen. Es ist mit massgeblichen Anpassungen oder der Verhinderung von Bauprojekten zu rechnen.
Verfahren muss klar sein
Doch es gibt auch viele Beispiele für gelungene Verdichtungsprojekte in ISOS-Ortsbildern. Dort wurde der Wohnungsbau nicht verhindert, aber eine Auseinandersetzung mit dem Ort ausgelöst, die zu passenden Projekten geführt hat. Wichtig ist, dass die Verfahren und Instrumente für alle Beteiligten klar sind, dass von Anfang an die richtigen Weichen gestellt werden, dass Rechts- und Planungssicherheit erreicht werden kann. Doch Investoren sprechen derzeit von einer totalen Rechtsunsicherheit bei Bauvorhaben in der Stadt Zürich. In Schwamendingen kann zum Beispiel die ASIG-Wohngenossenschaft ein Projekt mit rund 1000 Wohnungen vorerst nicht bauen – trotz 15 Jahren Planung und gültigem Gestaltungsplan. «Der ISOS-Übergriff dürfte ziemlich sicher über kurz oder lang korrigiert werden. Doch das wird Jahre dauern. Besser wäre es, künftig Gesetze und Verfassungsbestimmungen viel penibler dahingehend zu prüfen, welchen Schaden sie langfristig anrichten können», schlägt dazu Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz vor. Wie immer sind Inventare in der Raumplanung eine heikle Sache. Vordergründig als Orientierungshilfe gedacht, werden sie für die verschiedensten Zwecke missbraucht. Sie zeigen aber auch auf, wie schwierig der Umgang mit der städtebaulichen Substanz ist, sobald durch Richter rechtliche Festlegungen aufgrund bloss vermuteter Schutzwürdigkeit gefordert werden. Die Idee von Inventaren war es aber ursprünglich, Achtsamkeit für alle Beteiligten zu bewirken.
Angriff auf das «Königreich»
Der Luzerner Kantonsrat probt gegen den Denkmalschutz den Aufstand. Gemeinden im Kanton Luzern sollen Entscheide der kantonalen Denkmalpflege durch Abstimmungen aufheben können. Das fordert eine Motion, die der Luzerner Kantonsrat überwiesen hat – trotz juristischer Bedenken der Regierung. Damit würde das Rekursrecht vom Gericht zum Volk verschoben. Die Mehrheit des Parlaments teilt damit die Haltung des Regierungsrats nicht, dass die Motion aus juristischen Gründen nicht umgesetzt werden könne. Der Vorstoss setze am «völlig falschen Ende» an, warnte im Parlament Regierungsrat Armin Hartmann (SVP) vergeblich. Motionär Hanspeter Bucheli (Mitte) ist der Meinung, dass mit dem Denkmalschutz, wie er heute angewendet werde, vor lauter Vergangenheit die Zukunft verhindert werde. «Der Gesetzgeber hat ein Königreich geschaffen», sagte er.