Jan Ruffner: «Eine durchgängige Vernetzung ist nötig»

Die Herausforderung für das Facility Management im Umgang mit Künstlicher Intelligenz liegt weniger in der KI selbst als in der intelligenten, sicheren und durchgängigen Vernetzung von Sensorik, Dateninfrastruktur und Gebäudetechnik, sagt Jan Ruffner ist Head of Service Unit Data & Analytics bei pom+. Der finanzielle Aufwand sei einer der grössten Hemmfaktoren bei der Einführung von KI-Lösungen.
KI benötigt qualitativ hochwertige und gut strukturierte Daten, um effektiv zu funktionieren. Wie sieht es mit der Datenqualität und -verfügbarkeit aus?
Jan Ruffner: Die Anforderungen an Datenqualität und -verfügbarkeit hängen stark davon ab, wie Künstliche Intelligenz im Unternehmen eingeführt wird. Wird ein KI-Tool wie Microsoft Copilot oder ChatGPT eingesetzt, um Mitarbeiter produktiver zu machen, steht weniger die Datenbasis als vielmehr die Anwenderkompetenz im Vordergrund. In solchen Fällen genügt es häufig, die Tools zu lizenzieren und die Mitarbeitenden im Umgang damit zu schulen – hochwertige, strukturierte Daten sind hier keine Voraussetzung.
Wie sieht es aus, wenn man KI-Lösungen selbst entwickelt oder trainiert?
In diesem Fall ist eine solide IT- und Dateninfrastruktur essenziell. Die Daten müssen nicht nur qualitativ hochwertig, sondern auch korrekt strukturiert, gut dokumentiert und einfach zugänglich sein. Dazu gehören eine zentrale Datenhaltung, klare Datenverantwortlichkeiten und Prozesse zur Sicherung der Datenqualität. Hier lohnt es sich Systeme einzurichten, die die Datenqualität tracken und verbessern. Erst wenn diese Grundlagen geschaffen sind, können auf ihnen Reports, Dashboards oder komplexere KI-Modelle aufgebaut werden. Der Weg zur eigenen KI beginnt also nicht mit dem Modell, sondern mit der Fähigkeit, Daten zuverlässig zu sammeln, zu speichern und zu verstehen.
Es bedarf also qualifizierter Mitarbeiter, um KI-Systeme zu implementieren, zu betreiben und zu warten. Wir stark bremst hier der Fachkräftemangel?
Für die Entwicklung und den Betrieb von KI-Systemen braucht es hochqualifizierte Fachkräfte – insbesondere Data Scientists, Data Engineers und Machine-Learning-Experten. Viele Unternehmen sprechen momentan von einem Fachkräftemangel, was auch durch Erhebungen wie den Jobradar von x28 bestätigt wird. Allerdings zeigt sich aus meiner Sicht im Schweizer Arbeitsmarkt ein differenzierteres Bild: Es gibt durchaus ein solides Angebot an gut ausgebildeten Personen mit Kompetenzen im Datenbereich. Häufig liegt die Herausforderung weniger im absoluten Mangel, sondern vielmehr darin, dass vorhandene Fachkräfte ihre Fähigkeiten weiterentwickeln müssen, um moderne KI-Technologien effektiv einsetzen zu können.
Wie wirken sich hier die neuen Tools aus?
Gerade durch neue Tools wie ChatGPT ist der Zugang zu KI-Know-how heute deutlich einfacher als noch vor wenigen Jahren. Wer lernbereit ist, kann sich «on the job» schnell weiterentwickeln – insbesondere in einem Umfeld, das gezielt Weiterbildung fördert und Zugang zu modernen Tools bietet.
Die Implementierung von KI-Lösungen kann initial hohe Investitionen erfordern. Wie stark hemmt das die Umsetzung im Markt?
Aus meiner Sicht ist der finanzielle Aufwand einer der grössten Hemmfaktoren bei der Einführung von KI-Lösungen. Die eigenständige Entwicklung solcher Systeme ist kostspielig – sei es durch den Einsatz erfahrener Data Scientists oder durch die notwendige technologische Infrastruktur. Hinzu kommt: Jedes KI-Projekt bringt eine gewisse Unsicherheit mit sich. Es ist nicht immer absehbar, ob das Projekt am Ende den gewünschten Mehrwert liefert. Diese Unsicherheit führt häufig dazu, dass Unternehmen zögern oder sich ganz gegen grössere KI-Initiativen entscheiden.
Gibt es günstigere Vorgehensweisen?
Vielen Unternehmen ist nicht bewusst, dass es durchaus Möglichkeiten gibt, KI in Kombination mit Low-Code-Tools mit geringem Risiko in bestehende Prozesse zu integrieren. Umso grösser ist oft die Überraschung, wenn wir anhand konkreter Beispiele zeigen, wie sich ausgewählte Prozesse effizient mithilfe von KI automatisieren lassen – mit überschaubarem Aufwand und sofort sichtbarem Mehrwert.
Der Umgang mit grossen Datenmengen erfordert strenge Datenschutz- und Sicherheitsmassnahmen. Wie steht es mit dem Datenschutz und der Sicherheit?
Beim Thema Datenschutz stellt sich im Immobilienbereich immer wieder die Frage, welche Daten tatsächlich als hochsensitiv einzustufen sind. Anders als im Gesundheits- oder Finanzwesen, wo besonders strenge Anforderungen gelten, ist das Schutzniveau in der Immobilienbranche grundsätzlich moderater – dennoch gibt es auch hier schützenswerte Daten.
Welche wären das?
Besonders personenbezogene Informationen wie Mieterdaten oder Zahlungsinformationen unterliegen dem Datenschutz und müssen entsprechend gesichert werden. Ebenso zählen finanzielle Angaben wie Miet- und Kaufpreise, Betriebskosten (OpEx), Investitionen (CapEx) und vertragliche Vereinbarungen zu den sensiblen Daten, die vor unbefugtem Zugriff geschützt werden müssen. Ein zunehmend sicherheitskritischer Bereich ist der Einsatz von Sensoren, die installiert werden um Daten zu sammeln und auszuwerten. Diese erfassen kontinuierlich Daten zu Raumnutzung, Klima oder technischen Anlagen und steuern automatisierte Prozesse im Gebäude. Genau hier entstehen neue Risiken: Wenn solche Sensoren nicht ausreichend abgesichert sind, besteht die Gefahr, dass sie manipuliert oder gehackt werden – mit potenziell gravierenden Folgen für den Gebäudezustand und die Betriebssicherheit. Umso wichtiger ist es, bei der Digitalisierung von Immobilien nicht nur auf Funktionalität, sondern auch auf robuste Sicherheits- und Datenschutzkonzepte zu achten.
Künstliche Intelligenz verändert das Facility Management und die Bewirtschaftung grundlegend – von smarter Kommunikation bis zur intelligenten Gebäudeanalyse. KI-Prozesse automatisieren Abläufe, optimieren Kosten und ermöglichen nachhaltige Lösungen. Wo lässt sich KI am besten einsetzen im FM?
Künstliche Intelligenz bringt einen tiefgreifenden Wandel im Facility Management. Sie macht Prozesse nicht nur effizienter, sondern auch nachhaltiger und nutzerorientierter. Durch vorausschauende Wartung können technische Störungen frühzeitig erkannt und behoben werden, bevor sie zu Ausfällen führen – etwa bei Heizungsanlagen, Lüftungssystemen, Aufzügen oder Brandschutztechnik. Gleichzeitig analysiert KI den Energieverbrauch in Echtzeit und optimiert Heizung, Lüftung und Beleuchtung automatisch – das spart Kosten und reduziert den CO₂-Ausstoss. Auch die Reinigung lässt sich intelligent steuern: Mithilfe von Belegungsdaten werden Reinigungspläne an die tatsächliche Nutzung angepasst. So wird das Gebäudemanagement datenbasiert, vorausschauend und zukunftssicher.
Integration mit bestehenden Systemen: Die Integration von KI-Lösungen in bestehende IT-Infrastrukturen kann komplex sein. Was sind die Herausforderungen bei der Implementierung von KI im Facility Management?
Bei all diesen KI-Beispielen sind Sensoren der eigentlich wichtige Punkt. Damit KI überhaupt sinnvoll eingesetzt werden kann, müssen zunächst Sensoren in den Gebäuden installiert werden, die Räume, Anlagen und Umgebungsbedingungen kontinuierlich erfassen. Diese Sensoren liefern die Rohdaten, die für jede Form der intelligenten Analyse erforderlich sind. Danach müssen die erfassten Daten zuverlässig und sicher in eine Cloud-Umgebung übertragen werden, wo sie gesammelt, verarbeitet und analysiert werden können. Hierbei spielen Themen wie Netzwerkanbindung, Datenqualität, Echtzeitfähigkeit und Datenschutz eine entscheidende Rolle. Ein weiterer kritischer Aspekt ist die Fähigkeit des Systems, aus den gewonnenen Erkenntnissen auch direkt automatisierte Aktionen auszulösen – etwa das Regeln der Heizung, das Steuern der Beleuchtung oder das Anpassen von Rollläden. Die KI darf also nicht nur analysieren, sondern muss auch in bestehende Steuerungssysteme eingreifen können. Und dies muss ohne Verzögerung (in real time) geschehen. Zusammengefasst liegt die Herausforderung weniger in der KI selbst als in der intelligenten, sicheren und durchgängigen Vernetzung von Sensorik, Dateninfrastruktur und Gebäudetechnik.