Die Bemühungen um eine Verschärfung der Lex Koller treten in regelmässigen Abständen immer wieder auf. «Doch die Argumente für eine Verschärfung haben bereits beim letzten Versuch nicht überzeugt», sagt Fredy Hasenmaile, Chefökonom von Raiffeisen Schweiz. Allein schon aus Risikosicht sei ein Zugang von ausländischen Investoren zu empfehlen, denn ein breiterer Investorenkreis reduziere Wertschwankungen.

Die Lex Koller soll verschärft werden. Noch im November 2024 sprach sich der Bundesrat gegen eine potenzielle Verschärfung aus. Umso überraschender ist nun der aktuelle bundesrätliche Vorschlag zur Verschärfung der Lex Koller. Ist das wirklich eine Überraschung?

Fredy Hasenmaile: Ja, denn die Argumente für eine Verschärfung haben bereits beim letzten Versuch nicht überzeugt. Sie sind nun nicht besser geworden, nur weil sie einige Jahre älter sind. Die hausgemachte Wohnungsmisere in der Schweiz hat nichts mit den Ausländern zu tun. Die Lex Koller ist daher mit Sicherheit das falsche Gesetz, das angepasst werden muss. Einmal mehr wird der Wohnungsmangel missbraucht, um andere unausgesprochene Anliegen zu verfolgen.

In der Schweiz sei heute genug Immobilienkapital verfügbar, weshalb es nicht mehr nötig sei, diesen Markt für ausländische Anlagen zu öffnen, so die Regierung.

Gerade weil die Schweizer institutionellen Investoren stark im heimischen Markt investiert sind, macht ein breiter Zugang auch von ausländischen Investoren Sinn. Allein aus Risikosicht ist dies zu empfehlen, denn ein breiterer Investorenkreis reduziert Wertschwankungen. Sollten dereinst in einer Krise die heimischen Investoren verkaufen wollen, gäbe es keine Gegenpartei und die Kurse könnten tief fallen.

Verdrängt also eine finanziell potente ausländische Käuferschaft die inländische? Namhafte bürgerliche Kreise vermuten dies und wollen dagegen vorgehen.

 Dafür gibt es keine Belege. Im Gegenteil, die Tatsache, dass im Geschäftsflächenmarkt, also im Markt, in dem ausländische Käufer zugelassen sind, die Preise seit Jahren um Welten weniger stark angestiegen sind als im für Auswärtige nicht zugänglichen Wohnungsmarkt, zeigt, dass an der Argumentation der Befürworter der Verschärfung etwas nicht stimmt. Die Klage, dass KMU bei Geschäftsimmobilien zudem einen markanten Preisanstieg verzeichnen, wie in der Motion zur Verschärfung behauptet, höre ich zum ersten Mal. Es ist eher so, dass die ausländische Käuferschaft die einheimische ergänzt. In vielen Spezialsegmenten oder auch bei Grosstransaktionen sind ausländische Käufer eine Marktstütze.

Welche Folgen hätten die Verschärfungen für den Geschäftsflächenmarkt?

 Der Erwerb von Betriebsgrundstücken dient der Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit. Wird dieses Recht ausländischen Firmen entzogen leidet darunter der Wirtschaftsstandort Schweiz und aufgrund der geforderten Rückwirkung der Verschärfungen schadet dies auch der Rechtssicherheit der Schweiz.

Durch einen bewilligungspflichtigen Erwerb von kotierten Wohnimmobiliengesellschaften und zugleich von Betriebsstätte-Grundstücken würde der Handel mit börsenkotierten Immobilienfonds für ausländische Anleger faktisch unterbunden. Würde dadurch eine Verkaufswelle entstehen, verbunden mit steigenden Illiquiditätsprämien?

Damit würde der Handel börsennotierter Immobilienfonds generell unterbunden – auch für alle Schweizer Anleger. Denn die Prüfung der Nationalität eines Anlegers dauert eine Weile. Das lässt sich nicht mit einem Börsenhandel, der innert Millisekunden abläuft, in Übereinstimmung bringen.

Wäre dadurch mit einem deutlichen Kursrückgang der Immobilienfonds und Immobiliengesellschaften zu rechnen?

Das wäre zu erwarten. Denn, wenn nicht kotierte Immobilienfonds an die Börse gehen, steigt üblicherweise deren Bewertung. Im Umkehrschluss müsste demnach eine Dekotierung auf den Wert der betroffenen Immobilienfonds und Immobiliengesellschaften drücken.

Als mögliche Gegenmassnahme könnten die Gesellschaften also eine Dekotierung erwägen. Als wie realistisch schätzen Sie ein solches Szenario ein?

Eine Dekotierung wäre zwingend, denn es gibt im Rahmen des Börsenhandels keine Möglichkeit zwischen in- und ausländischen Investoren zu unterscheiden. Die Befürworter der Verschärfung haben bisher nicht dargelegt, wie dieses Problem zu lösen wäre.

Was wären die Folgen einer Dekotierungswelle?

Die Markteffizienz der Immobilienfonds und Immobilien-Aktiengesellschaften würde drastisch abnehmen. Es wäre mit Kursverlusten zu rechnen. Diese würden die Gelder der beruflichen Vorsorge und viele inländische Anleger treffen.

Genaue Zehlen sind schwer zu erhalten. Als wie hoch schätzen Sie den Anteil ausländischer Investoren in den kotierten Schweizer Immobilienmarkt ein?

Die Information über die Nationalität ist im internationalen Börsenhandel nicht vorgesehen, daher existieren auch keine Daten. Aufgrund des Interesses ausländischer Investoren an Auskünften über den Schweizer Immobilienmarkt würde ich den Anteil auf weniger als 10 Prozent schätzen. CBRE hat 2021 einige Daten zu Geschäftsgrundstücken zusammengetragen und beziffert den Anteil ausländischer Investoren auf 11 Prozent.

Diskutiert wurde sogar eine Verkaufspflicht für Ausländerinnen und Ausländer bei Aufgabe des Wohnsitzes in der Schweiz. Das ist zurzeit im aktuellen Gesetz nicht geregelt. Würden dadurch mehr Objekte auf den Markt kommen mit den entsprechenden Preisreduktionen?

Immobilien sind aufwändige Vermögensobjekte. Oftmals verkaufen Ausländer deswegen ihre Immobilie bei Aufgabe des Wohnsitzes. Ich rechne dementsprechend nicht mit einer grossen Masse und mit einer Verkaufswelle. Zudem dürfte es längere Überganszeiten oder Fristen geben, welche einen bezweifelten Verkaufsdruck mindern würden. Es ist schlicht Wunschdenken, über solche Massnahmen Preisreduktionen auf dem Wohnungsmarkt zu erwarten. Dazu müssen wir mehr bauen und nicht mehr regulieren.

Fredy Hasenmaile ist Chefökonom von Raiffeisen Schweiz.