Im Rahmen der Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung soll unter anderem der Abzug für Unterhaltskosten bei selbstgenutztem Wohneigentum abgeschafft werden (sowohl für Erst- und Zweitwohnsitz), während er bei vermieteten und verpachteten Liegenschaften bestehen bleibt. Auf Bundesebene ist zudem kein Abzug für Energiespar- und Umweltschutzmassnahmen sowie Rückbaukosten mehr vorgesehen. Kantone werden jedoch die Kompetenz haben, die Abzüge für energetische Massnahmen beizubehalten. Verstärkt sich damit bei einer Abschaffung des Eigenmietwerts der Sanierungsstau bei Schweizer Einfamilienhäusern und gefährdet die Reform damit die Netto-null-Ziele des Gebäudesektors?

Wird heute zu viel saniert?

In der Theorie führen Steuerabzüge für Sanierungen dazu, dass mehr als notwendig saniert wird. Die Daten sprechen allerdings gegen einen Sanierungsüberschuss in den letzten Jahren. Die Umbauinvestitionen pro Einfamilienhaus sind kostenbereinigt in den letzten 20 Jahren gesunken. Es wird insgesamt weniger in Umbau und Ersatzneubau investiert, als der Gebäudepark altersbedingt an Wert verliert. In der Praxis wird dann saniert, wenn es erforderlich ist oder sich rechnet. So gilt: je höher das Preisniveau, desto mehr wird in Umbauten investiert. So sind beispielsweise die Umbauinvestitionen pro Einfamilienhaus in den Kantonen Zug und Genf mehr als doppelt so hoch wie in den in Bezug auf das Preisniveau günstigeren Kantonen Aargau, Neuenburg oder Uri.

Brechen die Sanierungsraten bei einem Systemwechsel ein?

Investitionen in den Liegenschaftsunterhalt dürften sich beim Systemwechsel, abhängig vom Einkommenssteuersatz, zwar um 20 bis 30 Prozent verteuern. Zudem fällt der Anreiz weg, Sanierungen zu bündeln und bei kleineren Instandsetzungen, wie dem Ersatz von Küchengeräten, relativ teurere Varianten zu bevorzugen. Die insgesamt niedrige Sanierungsintensität der letzten Dekade spricht jedoch gegen einen spürbaren Rückgang der Umbauinvestitionen. Nach einem Zwischenspurt vor der Abschaffung des Eigenmietwerts dürften die Sanierungsinvestitionen allerdings langfristig etwas weniger zulegen, als es im Status quo zu erwarten gewesen wäre.

Wie verändern sich die finanziellen Anreize für energetische Sanierungen?

Ohne Steuerabzug für Instandsetzung und energetische Abzüge auf Bundesebene sinkt der finanzielle Anreiz für ökologische Sanierungen deutlich. Beispielsweise ist eine Fassadendämmung in Verbindung mit dem Ersatz einer fossilen Heizung durch eine Wärmepumpe bei Einfamilienhäusern dank Steuerabzügen und Subventionen (knapp) amortisierbar innerhalb der Lebensdauer der Investition. Ohne steuerliche Abzugsmöglichkeiten wird dieses Vorhaben hingegen rechnerisch zum Verlustgeschäft.

Höhere Subventionen als Ausgleich?

Die energetischen Subventionen müssten – unter der Annahme, dass die Kantone ihre bestehenden Abzüge beibehalten – um knapp 80 Prozent steigen, um die geringeren Steuerabzüge zu kompensieren. Sollten die Kantone die energetischen Steuerabzüge ebenfalls abschaffen, so müssten die Subventionen imLandesdurchschnitt um etwa 150 Prozent steigen, um die für den Eigentümer anfallenden Nettoausgaben stabil zu halten. Dies bedingt mindestens eine halbe Milliarde zusätzlicher Fördergelder, was ohne Gegenfinanzierung über eine höhere CO2-Abgabe derzeit unwahrscheinlich erscheint.

Bedroht dies die Energiewende?

Die Abschaffung der steuerlichen Abzugsmöglichkeiten gefährdet das Ziel der CO2-Neutralität nicht grundsätzlich, bremst aber eine Beschleunigung der energetischen Sanierungen. So ist der reine Ersatz fossiler Heizungen durch eine Wärmepumpe bei Einfamilienhäusern bei den aktuellen Energiepreisen auch ohne Steuerabzug finanziell attraktiv. Dementsprechend besteht auch kein ausgeprägter Zusammenhang zwischen der Subventionshöhe und der Ersatzquote für den Heizungsersatz, was auch die Bedeutung des Steuerabzugs für den Investitionsentscheid relativiert. Zusatzinvestitionen in die Energieeffizienz dürften allerdings aus Kostengründen vermehrt auf die lange Bank geschoben werden.

Autor: Matthias Holzhey, Economist, UBS Switzerland AG