Nachhaltigkeit beschäftigt die Immobilienbranche intensiv. Für professionelle Immobilieneigentümerinnen und -eigentümer ist es unerlässlich, ESG-Daten in ihren Portofolien zu erheben und umfassend darüber zu berichten. Das neue Whitepaper von pom+ untersucht in der Schweiz und in Deutschland, wo die Immobilienfonds heute – zwei Jahre nach der letzten Analyse – stehen, wie transparent sie Nachhaltigkeitsthemen in ihren Jahresberichten darstellen und welche Fortschritte sichtbar sind.

Wenig überraschend ist in den Jahresberichten der Immobilienfonds das Thema Nachhaltigkeit zum Standard geworden. Ein wachsender Teil der Schweizer Fonds ist gar dazu übergegangen, einen vom gesetzlich obligatorischen Jahresbericht unabhängigen Nachhaltigkeitsbericht offenzulegen, in welchem detaillierter auf die strategischen ESG-Massnahmen eingegangen wird. Auch wenn die Bereitschaft zur Berichterstattung gestiegen ist, wurde jedoch nur ein geringer Teil dieser Nachhaltigkeitsberichte einer externen Prüfung unterzogen. In Deutschland zeigt sich ein umgekehrtes Bild: hier sind sämtliche Berichte auditiert, da sie Artikel 8 der europäischen Offenlegungsverordnung unterliegen, welcher die Fonds dazu verpflichtet, bestimmte ESG-Kennzahlen zu veröffentlichen. Im Gegensatz zur Schweiz können die Nachhaltigkeitskennzahlen daher in Deutschland nicht unabhängig vom Jahresbericht betrachtet werden. Entsprechend zurückhaltend gibt man sich in Deutschland mit separaten Nachhaltigkeitsberichten. Bis auf einen Fonds haben alle darauf verzichtet, in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht ausführlicher, beziehungsweise über das gesetzliche Minimum hinausgehend, auf ihre Nachhaltigkeitsziele und -strategien einzugehen.

Der häufigste Standard für die Ausweisung von Umweltkennzahlen in der Schweiz ist AMAS/ REIDA. In Deutschland wird hauptsächlich nach SFDR rapportiert. Es fällt auf, dass über 60% der Fonds in der Schweiz und 21% der Fonds in Deutschland an GRESB partizipieren und damit den hinterlegten Standard erfüllen. Dies unterstreicht den steigenden Bedarf an standardisierter Nachhaltigkeits-Berichtserstattung.

Nachhaltigkeitsdimensionen
Schweiz:
Die Dimensionen der Nachhaltigkeit (Umwelt, Gesellschaft, Wirtschaft und Governance) sind in der Berichterstattung unterschiedlich vertreten. Die Dimension Umwelt steht mit 91% quantitativen Nennungen bei nahezu allen Fonds im Fokus. Governance und Gesellschaft werden bei zwei Drittel der Fonds zumindest erwähnt. Die wirtschaftliche Dimension ist in der Nachhaltigkeits-Berichtserstattung weniger relevant, sondern wird im Wesentlichen durch die finanzielle Berichterstattung abgedeckt. In den letzten Jahren ist ein zunehmender Fokus auf den sozialen Aspekt (S) von ESG zu beobachten. Dieser Trend spiegelt sich jedoch nicht konsequent in den Nachhaltigkeitsberichten wider: 40% der Fonds machen weder qualitative noch quantitative Angaben dazu. Von denjenigen, die genauer auf die gesellschaftliche Dimension eingegangen sind, haben sich verschiedene Themenfelder als relevant herauskristallisiert. Vor allem die Mieterzufriedenheit scheint von grosser Bedeutung zu sein, was sich durch die vermehrte Durchführung von Mieterumfragen zeigt. Auch häufig genannt werden Massnahmen zur Förderung von E-Mobilität und bezahlbarem Wohnraum. Trotz grosszügiger Nennung von Intention und Massnahmen hat bis anhin noch kein Fond in der Schweiz quantifizierbare Angaben zu gesellschaftlich-/sozialen Massnahmen ausgewiesen.

Deutschland: In Deutschland sind die vier Dimensionen der Nachhaltigkeit deutlich ausgeglichener vertreten als in der Schweiz. 30% bis 40% der Fonds machen quantitative Angaben zu Gesellschaft, Umwelt und Governance. Die Dimension Wirtschaft ist auch in den Nachhaltigkeitsberichten in Deutschland nicht relevant. Eine hohe Anzahl der Fonds macht in den verschiedenen Dimensionen gar keine Angaben. Die Berichterstattung in der Schweiz ist hier deutlich transparenter, obwohl die Schweizer Fonds nicht direkt der Offenlegungsverordnung unterliegen.

Nachhaltigkeitskennzahlen
Schweiz:
In der Schweiz weisen nahezu alle Fonds in ihren Nachhaltigkeitskennzahlen den Abdeckungsgrad der Energieverbrauchsdatenerhebung aus. Diese Kennzahl gibt Aufschluss darüber, für welchen Anteil der fertiggestellten Bauten konkrete Energieverbrauchsdaten vorliegen und ermöglicht in Verbindung mit anderen Kennzahlen vergleichende Aussagen zur Nachhaltigkeit. Die Mehrheit der Fonds weist einen äussert hohen Abdeckungsgrad ihrer Immobilien von über 90% aus. Rund ein Fünftel der Fonds geben sogar einen Abdeckungsgrad von 100% an. Lediglich 2% der Fonds haben einen Abdeckungsgrad von unter 60 bis 70% und kein einziger Fonds, welcher den Abdeckungsgrad ausweist, weist weniger als 60% aus.

Deutschland: In Deutschland liegt die Angabe vom Abdeckungsgrad verglichen zur Schweiz mit 85% deutlich tiefer. Von den ausgewiesenen Fonds erreichen nur knapp mehr als die Hälfte einen Abdeckungsgrad von über 85% und fast 20% der Fonds weisen einen Abdeckungsgrad von unter 60% auf.

Treibhausgasemissionen

Beim Ausweisen der Treibhausgasemissionen zeigt sich ein erheblicher Unterschied zwischen der Schweiz und Deutschland: Während in der Schweiz lediglich 2% der Fonds keine Angaben zu den Emissionen machen, sind es in Deutschland über die Hälfte der Fonds. Teilnehmende von GRESB verpflichten sich, Angaben zu Scope 1, Scope 2 und Scope 3 zu machen. So ist es nicht erstaunlich, dass von den 40% der Fonds, die in der Schweiz Angaben zum Scope 3 gemacht haben, die meisten auch an GRESB teilnehmen. In Deutschland hingegen machen die GRESB Teilnehmenden oftmals keine Angaben zum Scope 3 in ihren Jahresberichten.

Energetische Kennzahlen
Schweiz:
88% der untersuchten Immobilienfonds geben an, sich an den Reportingstandards von AMAS/REIDA zu orientieren. Diese schreiben vor, dass die Zusammensetzung der Energieträger transparent offengelegt werden muss. Dementsprechend geben 90% der Schweizer Fonds sowohl den Energiemix, also die genaue Zusammensetzung der Energieträger (Öl, Gas, Solarstrom etc.), als auch die Energieintensität an. Der Energiemix setzt sich aus 58% erneuerbaren Energien und 42% fossilen Brennstoffen zusammen. Die Energieintensität ist eine weitere relevante Kennzahl. Sie beschreibt den Energieverbrauch eines Gebäudes in kWh pro Quadratmeter und pro Jahr (kWh/qm/Jahr). In der Schweiz machen 95% der Fonds quantitative Angaben zu dieser Kenngrösse. Zurückhaltender sind die Fonds in den Themen Kreislaufwirtschaft und graue Energie. Nur 15% der Fonds setzen sich mit dem Thema der Kreislaufwirtschaft auseinander und 23% erwähnen Massnahmen zur Reduktion der grauen Energie. Diese Zurückhaltung dürfte darauf zurückzuführen sein, dass beides sehr komplexe Themenfelder sind, die viele sehr unterschiedliche Massnahmen und Kontrollen erfordern und häufig die internen Kompetenzen und Ressourcen übersteigen.

Deutschland: In Deutschland hat – im deutlichen Gegensatz zur Schweiz – nur ein einziger Fonds die Zusammensetzung der Energieträger im Portfolio angegeben. Daher wurde keine Auswertung zum Energiemix erstellt. Bei der Energieintensität zeigen sich die deutschen Fonds etwas transparenter als beim Energiemix – immerhin knapp 30% der Fonds weisen den Energieverbrauch in kWh/qm/Jahr aus.

Fazit

Die aktuelle Untersuchung zeigt erneut, dass die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Investitionen auch für Immobilienfonds in der Schweiz und Deutschland zunehmend relevant ist. Die Analyse unterstreicht, dass ESG-Aspekte bei den meisten Fonds inzwischen fest im Jahresbericht verankert sind. Allerdings variieren Transparenz und Detaillierung nach wie vor sehr stark. Besonders auffällig ist der nach wie vor deutliche Fokus auf Umweltaspekte wie Co2-Emissionen, Energieverbrauch und Zielsetzungen in Richtung Netto-Null oder Begrenzung der Erderwärmung. Diese Aspekte bleiben die primären Differenzierungsmerkmale für nachhaltige Immobilienanlagen. Das nächste wichtige Thema aus diesem Umfeld dürfte graue Energie sein. Die Schweiz steht kurz vor der Einführung der SIA-Norm 390/1 «Klimapfad – Treibhausgas- und Energiebilanz von Gebäuden» und auch in Deutschland sind verbindliche Ziele bezüglich grauer Energie für Neubauten und Sanierungen in Planung.

AutorInnen pom+ Schweiz: Joachim Baldegger, Head of Service Unit Future Lab;
Nadine England, Consultant; Isabel Gehrer, Head of Marketing & Sales. Autorinnen pom+ Deutschland: Natalie Lerch, Consultant; Rebekka Ruppel, CEO pom+ Deutschland

https://mcusercontent.com/baac02484037eefc240d1aba3/files/7f728b50-c7c9-6a90-ce56-106ba676358a/Whitepaper_ESG_Analyse_von_Immobilienfonds_DE_FINAL.pdf