Der Bau- und Bankensektor dürfte insgesamt zu den Verlierern der Steuerreform bei der Abschaffung des Eigenmietwerts gehören. Investitionen in den Liegenschaftsunterhalt könnten sich beim Systemwechsel um 20 bis 30 Prozent verteuern. Auch Investitionen in die Nachhaltigkeit verlieren den Anreiz. Der Systemwechsel dürfte es deshalb an der Urne schwer haben, erwarten die Experten der UBS.
Der Eigenmietwert wurde 1934 als Notmassnahme zur Sanierung des Bundeshaushalts eingeführt. Ende Dezember 2024 – also 90 Jahre später – hat das Parlament nun die Abschaffung dieses Eigenmietwerts beschlossen. Die beiden Räte haben sich für einen vollständigen Systemwechsel ausgesprochen. Von einer Abschaffung des Eigenmietwerts würden insbesondere Eigentümer von Objekten mit niedrigen Belehnungsquoten sowie Ersterwerber profitieren. Verlierer sind hingegen die Eigentümer von sanierungsbedürftigen Altbauten. Auch Zweitwohnungseigentümer werden voraussichtlich zu den Verlierern der Reform gehören. Zu den Gewinnern der Steuerreform kämen bei den aktuell tiefen Hypothekarzinsen auch die Eigentümer von neuwertigen Wohnungen in den Grosszentren. Neuerwerber profitieren zusätzlich vom Ersterwerberabzug der Schuldzinsen. Bei den aktuellen Hypothekarzinsen dürfte der Systemwechsel kurzfristig zu leicht stärkeren Preisanstiegen führen. Neuwertige Eigentumswohnungen in den Städten dürften sich überproportional verteuern. Bei Altbauten müsste hingegen teilweise mit Wertverlusten gerechnet werden, da Unterhaltskosten nicht mehr abzugsberechtigt wären.
Teurer Unterhalt
Investitionen in den Liegenschaftsunterhalt dürften sich beim Systemwechsel um 20 bis 30 Prozent verteuern, abhängig vom Einkommenssteuersatz. Dies würde zwar über die Zeit durch den wegfallenden Eigenmietwert mehr als ausgeglichen, erhöht aber den Anreiz, Investitionen hinauszuzögern und kostengünstige Varianten vorzuziehen. Gerade bei energetischen Sanierungen spielt der bestehende Steuerabzug eine grosse Rolle für die Wirtschaftlichkeit der Investitionen. Damit dürfte der Bau- und Bankensektor insgesamt zu den Verlierern der Steuerreform gehören. Die Nachfrage nach Sanierungen, Unterhaltsarbeiten und neuen Haushaltsgeräten dürfte vor dem Systemwechsel jedoch sprunghaft ansteigen.
Mit der Abschaffung des Eigenmietwerts dürften die Anreize steigen, Liegenschaften in einer Aktiengesellschaft zu halten, wo ein Schuldzinsabzug unverändert möglich bleibt. Die Wirtschaftlichkeit einer solchen Lösung dürfte für Eigentümer von selbstgenutzten Liegenschaften in den meisten Fällen jedoch nicht gegeben sein. Denn bei einer AG-Gründung und -Führung fallen Kosten an, und der Übertrag der Liegenschaft in die Kapitalgesellschaft ist mit Grundstückgewinn- und Handänderungssteuern verbunden. Zudem müssen die (Miet-)Einnahmen und eventuelle Dividenden der AG besteuert werden.
Wie stehen die Chancen?
Der Systemwechsel dürfte an der Urne keinen einfachen Stand haben. In Anlehnung an eine Schätzung der Eidgenössischen Steuerverwaltung dürften Eigentümer beim aktuellen Hypothekarzinsniveau mit Steuerersparnissen in der Höhe von rund 2 Milliarden Franken pro Jahr rechnen. Auf der anderen Seite fehlen diese Einnahmen beim Bund, bei den Kantonen und den Gemeinden. Wie die Mieterschaft den Systemwechsel insgesamt letztlich beurteilt, hängt auch stark von der individuellen Einschätzung ab, ob sie selbst künftig als Wohneigentümer potenziell profitieren wird. Zudem stellt der Wegfall des Unterhaltsabzugs und des Abzugs für Energiesparmassnahmen auf Bundesebene das Erreichen der Nachhaltigkeitsziele des Gebäudesektors infrage.
Wie geht es weiter?
Der Beschluss über die Objektsteuer stellt eine Verfassungsänderung dar und unterliegt einem obligatorischen Referendum. Es ist zu erwarten, dass auch gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts ein Referendum ergriffen wird. Somit dürfte das Volk das letzte Wort haben – voraussichtlich im Jahr 2026, sodass der Systemwechsel ab 2027 in Kraft treten könnte. Es ist zu beachten, dass die Umsetzung der Vorlage zur Abschaffung des Eigenmietwerts an den Beschluss über die Objektsteuer gekoppelt ist. Das bedeutet, dass beide Vorlagen angenommen werden müssen, damit der Systemwechsel erfolgen kann.
Autoren: Maciej Skoczek, CFA, CAIA, Economist, UBS Switzerland AG; Matthias Holzhey, Economist, UBS Switzerland AG; Thomas Rieder, Economist, UBS AG