Die Lebenszykluskosten von Gebäuden erhalten zunehmend Aufmerksamkeit, insbesondere in der Diskussion um Nachhaltigkeit und Effizienz. Dennoch werde dieser Aspekt in der Praxis oft vernachlässigt, sagt Rayco Gutierrez, Leiter Business Unit PROVIS und Mitglied der Geschäftsleitung der Axept Business Software AG. Dabei könnten durch eine frühzeitige Analyse der Lebenszykluskosten langfristig erhebliche Einsparungen erzielt werden.
Viele Akteure in der Branche suchen nach Wegen, um die Baukosten durch effizientere Prozesse, günstigere Materialien und innovative Technologien zu senken. Was kann zur Verbesserung der Situation getan werden?
Rayco Gutierrez: Die Baukosten stellen immer wieder eine Herausforderung dar. Ein zentraler Hebel ist die Einführung effizienterer Planungs- und Bauprozesse durch digitale Technologien wie Building Information Modeling (BIM). BIM ermöglicht eine präzisere Planung, reduziert Fehler und verhindert teure Nacharbeiten. Auch die Materialauswahl durch spielt eine wichtige Rolle. Ein weiterer Ansatz ist die Automatisierung von gewissen Aufgaben, sowohl in der Planung als auch auf der Baustelle, um Kosten zu senken. Gleichzeitig können digitale Plattformen dazu beitragen, die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen Beteiligten zu verbessern, was Effizienzgewinne ermöglicht. Abseits der Technologie spielen auch die regulatorischen Prozesse wie zum Beispiel Bewilligungsverfahren eine wichtige Rolle im Bereich der Kosten.
Durch die steigenden Preise wird es für Projektentwickler immer schwieriger, Wohnungen im unteren und mittleren Preissegment zu bauen. Doch genau diese werden stark nachgefragt. Als wie hoch schätzten Sie den Technologie-Standard der Planungsindustrie ein?
Der Standard in der Planungsindustrie ist sehr unterschiedlich. Einige innovative Unternehmungen nutzen bereits Technologien wie BIM, digitale Zwillinge oder Kollaborationsplattformen um die Planungs- und Bauprozesse zu digitalisieren und effizienter zu gestalten. Allerdings gibt es noch viele Akteure, die stark auf traditionelle Methoden setzen und digitale Technologien nur zögerlich einführen.Hemmnisse sind oft die Investitionskosten und die Skepsis gegenüber neuen Arbeitsweisen oder Methoden. Insgesamt ist das Potenzial der Digitalisierung in der Baubranche noch nicht ausgeschöpft, obwohl die Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung erheblich sind.
Strenge Bauvorschriften, insbesondere im Bereich der Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, können ebenfalls die Baukosten erhöhen. Wie kann hier ein Datenmanagement die Nachhaltigkeit unterstützen?
Ein durchdachtes Datenmanagement kann die Nachhaltigkeit im Bauwesen erheblich verbessern und fördern. Insbesondere bei der Umsetzung Energieeffizienzvorgaben können datenbasierte Ansätze helfen, den Energieverbrauch während des Betriebs vorherzusagen und zu minimieren. So kann beispielsweise die Wahl nachhaltiger Materialien ermittelt werden. Zudem erleichtert ein zentrales Datenmanagement die Überwachung von CO₂-Emissionen und hilft, die Einhaltung von Nachhaltigkeitszielen nachzuweisen und kontinuierlich zu optimieren.
Ein wichtiges Thema ist die Transformation des Immobilienbestandes. Das Thema Sanierungsstau beschäftigt die Branche. Doch oft stehen aber auch hier die Kosten im Weg.
Die Transformation des Immobilienbestands ist eine der grössten Herausforderungen der Branche. Eine präzise Analyse des Bestands ermöglicht es, prioritäre Sanierungsmassnahmen zu identifizieren, die den grössten Nutzen in Bezug auf Energieeffizienz und Werterhalt bieten, sowie Synergien portfolioübergreifend zu nutzen.
Im Vorfeld der Immobilienmesse Expo Real in München wurden die Marktakteure befragt. Von den Themen, die die Immobilienbranche aktuell beeinflussen, halten 91 Prozent der Befragten die Digitalisierung für sehr wichtig oder wichtig. Wie weit ist die Immobilienwirtschaft?
Die Nutzung von Daten über den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie hinweg gewinnt zunehmend an Bedeutung. Allerdings fehlen häufig einheitliche Standards für den Datenaustausch zwischen den einzelnen Lebenszyklusphasen, was zu Informationsverlusten und ineffizienten Prozessen führt. Die vollständige Ausschöpfung digitaler Möglichkeiten bleibt weiterhin ein zentrales Ziel.
Die Lebenszykluskosten einer Immobilie umfassen alle Kosten, die während des gesamten Lebenszyklus’ eines Gebäudes anfallen. Das beginnt bei der Planung und dem Bau und erstreckt sich über die Nutzungsphase – also Betrieb, Instandhaltung und Renovierung – bis hin zum Rückbau und Entsorgung. Wird von der Branche den Lebenszykluskosten genügend Beachtung entgegengebracht?
Die Lebenszykluskosten von Gebäuden erhalten zunehmend Aufmerksamkeit, insbesondere in der Diskussion um Nachhaltigkeit und Effizienz. Dennoch wird dieser Aspekt in der Praxis oft vernachlässigt. Insbesondere in der Planungsphase wird selten ausreichend berücksichtigt, wie sich Entscheidungen auf Betriebskosten, Instandhaltung oder den Rückbau auswirken. Dabei könnten durch eine frühzeitige Analyse der Lebenszykluskosten langfristig erhebliche Einsparungen erzielt werden. Es ist entscheidend, dass die Branche diesen ganzheitlichen Ansatz stärker in den Fokus nimmt. Mit unserer Software PROVIS verfolgen wir dieses Ziel, indem wir diesen Aspekt beispielsweise im Prozess «Preisvergleich und Vergabe» als wichtigen Entscheidungspunkt berücksichtigen.
PROVIS ist ein digitales Arbeitsinstrument für Bauprojekte aller Art über den gesamten Lebenszyklus der Immobilie. Sie arbeiten nun mit Immoledo zusammen. Wo sind die die Schnittstellen?
Die Zusammenarbeit zwischen PROVIS und Immoledo schafft Synergien, die den gesamten Lebenszyklus von Immobilien effizienter gestalten. PROVIS kann als digitales Arbeitsinstrument für Bauprojekte eingesetzt werden. Die Schnittstellen liegen vor allem in der Übernahme von Daten aus der strategischen Bauplanung. Immoledo liefert wertvolle Daten und Analysen, die direkt in PROVIS eingebunden werden können. Durch standardisierte Schnittstellen zwischen beiden Systemen können Informationen nahtlos übertragen werden, was die Projektplanung erleichtert.
Rayco Gutierrez ist Leiter Business Unit PROVIS und Mitglied der Geschäftsleitung der Axept Business Software AG.
Veranstaltungshinweis:
Was müssen Portfoliohalter beachten?
Unser nächstes Fachforum findet am 13. März 2025 im Gebäude YOND bei Vebego AG, Albisriederstrasse 253, in 8047 Zürich statt. Beginn um 16 Uhr.
Immobilien-Bewirtschaftung und Facility Management sind komplexe Prozesse. Zahlreiche Herausforderungen können eine erfolgreiche Umsetzung erschweren. Schnelle Veränderungen im Markt und im Verhalten der Nutzer machen es zudem schwierig, eine langfristige Strategie aufrechtzuerhalten. Immobilien-Besitzer müssen auf diese Aufgaben vorbereitet sein und eigene Strategien entwickeln. Wir zeigen am Fachforum Lösungen auf:
- Was sind die grössten Herausforderungen?
- Wie lassen sich die Kosten in der Nutzungsphase senken?
- Was kann die Bewirtschaftung und das Facility Management zur nachhaltigen Entwicklung beitragen?
- Wird von der Branche den Lebenszykluskosten genügend Beachtung entgegengebracht?
- Welche Digitalisierungsmassnahmen machen Sinn?
Wir beleuchten am Podium die aktuelle Praxis und zeigen Wege auf.
Auf dem Podium: Philipp Schoch, Bereichsleiter Bewirtschaftung und Mitglied der GL, Wincasa; Ivo Angehrn, Manager Nachhaltigkeit und Digitalisierung, Drees & Sommer Schweiz AG; Rayco Gutierrez, Leiter Business Unit PROVIS und Mitglied der Geschäftsleitung der Axept Business Software AG; Marc Capeder, Managing Director Facility Management, Vebego AG; Moderation: Remi Buchschacher, RealEstateReport.
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