Die Eigenheimbesitzer in der Schweiz altern schnell. Dank der dynamischen Preisentwicklung der letzten 20 Jahre sitzen viele pensionierte Immobilienbesitzer auf einem grossen, in der Liegenschaft gebundenen Kapitalstock, auf den sie jedoch kaum zugreifen können. Seit einigen Jahren verbreitet sich in der Westschweiz eine Möglichkeit, um vorzeitig Kapital aus seinem Eigenheim zu beziehen oder sein Renteneinkommen aufzubessern, ohne sein langjähriges Zuhause verlassen zu müssen. Raiffeisen Economic Research stellt diese ausserhalb der Romandie noch wenig bekannte Wohnrente in der neusten Immobilienstudie näher vor.

Wohneigentümer in der Schweiz sind im Durchschnitt 60 Jahre alt und werden rasch älter. Der Tag naht, an welchem sich die Mehrheit der Wohneigentümer im Rentenalter befindet und damit schlagartig mit einem kleineren Einkommen konfrontiert ist. Viele Wohneigentümer sitzen dabei buchstäblich auf einem Schatz, da ein grosser Kapitalstock in ihrem Eigenheim gebunden ist. Aufgrund der strengen Tragbarkeitsbestimmungen können sie diesen Schatz jedoch sehr häufig nicht heben, indem sie beispielsweise die Hypothek erhöhen. Das muss frustrierend sein.

Ein von Frankreich kommendes Geschäftsmodell verspricht jedoch Abhilfe. Die Eigenheimbesitzer tauschen bei diesem Geschäft, das unter dem Namen «Viager» bekannt ist, ihr Haus oder ihre Wohnung gegen eine lebenslange Rente und ein ebensolanges Wohnrecht. Dies erlaubt den ehemaligen Eigentümern auf einen Teil ihres Schatzes zuzugreifen und dennoch im angestammten Wohnhaus verbleiben zu können – frei von jeder Sorge über die Finanzierung von Hypotheken oder allfälliger Renovationen zu Lebzeiten. Sicherheit und Planbarkeit gegen das Abtreten des Be- sitzes und damit aller künftiger Wertzuwächse der eigenen Immobilie lautet der Deal. Im Endeffekt läuft die Vereinbarung auf eine Wette über die Lebensdauer der ehemaligen Besitzer hinaus. Werden die Verkäufer älter als was dem Durchschnitt zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses entspricht, profitieren sie von einem vorteilhaften Geschäft. Sterben sie früher, gewinnt der Investor. Diverse steuerliche Themen müssen bei einem solchen Geschäft allerdings genaustens geprüft wer- den. Denn der Verkäufer muss sowohl die Leibrente als auch weiterhin den Eigenmietwert versteuern. Immerhin hat der Bundesrat eine Anpassung bei der Besteuerung der Leibrenten beschlossen, die auf Anfang 2025 in Kraft treten wird und die Belastung der Berechtigten reduzieren wird.

Das Nischengeschäft «Viager» ist in der Schweiz noch kaum bekannt. Jahrelang hatte es in der Romandie ein Mauerblümchendasein gefristet. In den letzten Jahren hat diese Form des Immobilienverkaufs aber Auftrieb erfahren. Die Zahl der Transaktionen hat sich in den letzten fünf Jahren in der Westschweiz mehr als verdoppelt – allerdings von tiefem Niveau aus.