FM-Profis sind in der Lage, technologische Lösungen zu implementieren und zu verwalten. Damit tragen sie dazu bei, den Energieverbrauch zu überwachen, zu optimieren und zu rapportieren, sagt Martina Reinholz, Vizepräsidentin der FM-Kammer der Schweizer Immobilienwirtschaft (SVIT FM Schweiz). Das FM rückt damit in eine zentrale Funktion in der Umsetzung nachhaltiger Praktiken und Technologien in der Immobilienwirtschaft.

Die Zukunft des Facility Managements (FM) wird durch eine Reihe von Herausforderungen geprägt, die eng mit den aktuellen Trends und Entwicklungen in der Arbeitswelt, Technologie und Nachhaltigkeit verbunden sind. Welches sind die wichtigsten?

Martina Reinholz: Ich würde folgende Auflistung machen: Nachhaltigkeit und ESG, Fortschreitung der Digitalisierung, hohe Anzahl an Standards und Regulierungen, Realisierung von Wachstumspotenzialen – zum Beispiel durch Fusionen und Expansionen –, Kostendruck, Einsparungen, neue Arbeitswelten und Arbeitsmodelle, Fachkräftemangel, Effiziente Flächennutzung.

Um diese Herausforderungen der Zukunft zu bewältigen und die Chancen zu nutzen, müssen sich FM-Unternehmen und -Fachkräfte weiterentwickeln und an die neuen Gegebenheiten anpassen. Wo steht das FM diesbezüglich zurzeit?

Das FM stand und steht als in der Regel Sekundärprozessbereich durchgängig vor der Herausforderung, sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, um sich ändernden Anforderungen gerecht zu werden und die Chancen zu nutzen, die sich durch neue Technologien, Nachhaltigkeitsinitiativen und veränderte Arbeitsumgebungen ergeben. Sei es in den jeweiligen Unternehmen zur Unterstützung des Kerngeschäftes oder als Dienstleistungsunternehmen zum passgenauen Betrieb der Immobilien des Auftraggebers. Der Reifegrad in den Organisationseinheiten auf dem Markt ist aus meiner persönlichen Erfahrung sehr unterschiedlich. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass Unternehmen und Fachkräfte, die sich diesen Anforderungen zur Veränderung bewusst sind, proaktiv darauf reagieren und damit einen Mehrwert für ihre Organisationen schaffen, erfolgreich sein werden.

Das Berufsbild des Facility Managers verändert sich ständig. Neben diesen Herausforderungen bieten sich dem Facility Management auch neue Chancen. Stichworte Kreislaufwirtschaft und nachhaltige Beschaffung. Welche Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich, um Immobilien- und Facility Management nachhaltig zu entwickeln?

Es gibt eine Vielzahl von Möglichkeiten, um Immobilien- und Facility Management nachhaltig zu entwickeln, die bereits breit im Markt verankert sind – Energieeffizienzoptimierung, – und Abfallmanagement / Recycling, grüne Infrastruktur, intelligente Gebäudeautomation sind nur einige zu nennende Punkte. Auch durch Nachhaltigkeitsgrundlagen in der Beschaffung werden, zum Beispiel durch die Auswahl nachhaltiger Materialien und Produkte, positive Einflussfaktoren umgesetzt. Vorgaben wie die Berücksichtigung von Umweltstandards und Zertifizierungen bei der Beschaffung von Baumaterialien, Möbeln, Reinigungsprodukten und anderen Betriebsmaterialien tragen zur Nachhaltigkeit bei. Das Thema ESG-Einhaltung – auch in Zusammenhang und dem Druck des CSRD – trägt zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsanforderungen und -vorgaben bei. Im besten Falle werden dadurch nicht nur Umweltbelastungen reduziert, sondern auch langfristige Kosteneinsparungen erzielt und der Wert der Immobilien erhöht.

Nachhaltigkeit betrifft die Immobilienwirtschaft sehr stark. Die börsenkotierten Immobilienunternehmen müssen ihre Absenkpfade nach den neusten Richtlinien von AMAS und REIDA in den Geschäftsberichten ausweisen. Hier entsteht steigender Bedarf an technischen Fähigkeiten. Kann das FM diesen Bedarf abdecken?

Grundsätzlich ja. Heute ist es Standard, dass FM-Profis technologische Lösungen implementieren und verwalten, die dazu beitragen, den Energieverbrauch zu überwachen, zu optimieren und zu rapportieren. Dies umfasst die Installation und Wartung von IoT-Sensoren, Datenanalyseplattformen und Gebäudeautomatisierungssystemen, die es Unternehmen ermöglichen, ihre Absenkpfade gemäss den Richtlinien von AMAS und REIDA zu verfolgen. Ausbildungsbetriebe und die Berufsverbände bieten gute Möglichkeiten die Attraktivität und die Berufschancen der Branche zu adressieren, um letztlich sicherzustellen, dass die Anforderungen der sich wandelnden Immobilienwirtschaft erfüllt werden können.

Das FM wird also zu einem zentralen Akteur?

Ja. Indem das Facility Management seine Rolle als zentraler Akteur in der Umsetzung nachhaltiger Praktiken und Technologien in der Immobilienwirtschaft stärkt, kann es aus meiner Sicht dazu beitragen, den steigenden Bedarf an technischen Fähigkeiten zu decken und Unternehmen dabei unterstützen, ihre Nachhaltigkeitsziele zu erreichen.

Das Facility Management rückt nun also in eine neue und äusserst wichtige Position im Portfoliomanagement. Kann hier nachhaltiges Facility Management zu Kosteneinsparungen, einem verbesserten Image und einer höheren Zufriedenheit der Nutzer führen?

Die Umsetzung eines nachhaltigen Facility Managements kann dazu beitragen, sowohl ökologische als auch ökonomische Vorteile zu erzielen und die Gesamtleistung von Gebäuden und Unternehmen zu verbessern. Sinnvoll umgesetzt führt dies zu Kosteneinsparungen und in Kombination mit einer strukturierten Einbindung der Nutzer in diesen Prozess, führt das auch zu einer höheren Nutzerzufriedenheit beziehungsweise. sogar zu einer Nutzerbeteiligung. Grundsätzlich muss man aber auch hier durch Taten und Fakten überzeugen. Und: Das Thema muss top down eingespurt werden und durchgängig in den Unternehmen von allen Beteiligten gelebt werden.

Die Gewinnung und Bindung von qualifizierten Fachkräften werden aufgrund des demografischen Wandels und des Wettbewerbs um Talente immer schwieriger. Ist der Beruf des Facility Managers attraktiv genug?

Aus meiner Wahrnehmung ist der Beruf des Facility Managers oder Real Estate Managers attraktiv und wird bereits so wahrgenommen.  Das Berufsbild enthält vielfältige Tätigkeitsfelder – auch IT-lastige neue Fokusthemen wie zum Beispiel Datamanagement – sehr gute Karrierechancen und trifft auf einen stabilen und sich zunehmend erweiternden Nachfragemarkt. Nachhaltigkeit und der steigende Technisierungsgrad sind zusätzlich gute Argumente das Facility Management als attraktiv zu bewerten und damit auch attraktiv für potentielle Berufsein- und -umsteiger zu sein.

FM-Fachkräfte müssen sich also mit neuen Technologien wie IoT, Big Data und KI vertraut machen und diese einsetzen können, um Gebäude und Anlagen effizient zu managen. Auch wird die Sammlung und Analyse von Gebäudedaten immer wichtiger, um die Effizienz zu optimieren und die Entscheidungsfindung zu verbessern. Braucht das FM in Zukunft also mehr Effizienz?

Ich würde eher von mehr Stringenz als von Effizienz sprechen. Dies beziehe ich auf die Kohärenz, Konsistenz und Disziplin bei der Umsetzung von Prozessen, Richtlinien und Standards. Eine stringente Herangehensweise im Facility Management bedeutet, dass alle Aktivitäten und Entscheidungen nach klaren, gut definierten Regeln und Verfahren durchgeführt werden. Damit ist das FM für die Zukunft gut gewappnet und kann den Anforderungen der Zukunft begegnen.

Stichwort Künstliche Intelligenz: Generative KI ist seit gut einem Jahr in aller Munde (Stichwort: ChatGPT). Sie führt zu vielen grundlegenden Veränderungen, auch im FM. Was kann KI im Facility Management, wo immer noch viele Arbeitsschritte von Hand ausgeführt werden müssen, erreichen?

Künstliche Intelligenz (KI) hat das Potenzial, viele Aspekte des Facility Managements zu verbessern und zu automatisieren, selbst wenn heute noch viele Arbeitsschritte manuell durchgeführt werden. KI-gestützte FM-Bereiche wie Predictive Maintenance, Energieeffizienzoptimierung,  Gebäudeautomatisierung und -steuerung, Ressourcen- und Kostenanalysen, Auswertungen zu Flächennutzungen, Nutzererfahrung und Dienstleistungsqualität zeigt auf, dass KI längst Einzug gehalten hat in das FM. Zusätzlich bietet KI ein enormes Potenzial, um Effizienz, Genauigkeit und Qualität zu verbessern und gleichzeitig die Arbeitslast für Facility-Management-Teams zu reduzieren ohne das FM in der Operativen abzulösen.

Interview: Remi Buchschacher

FM Day 2024: Fachkräftemangel im FM
Die Schweizer Facility Management-Gemeinde trifft sich am 6. Juni 2024 im Seminarhotel Bocken in Horgen zum 16. FM Day. Der Fachkräftemangel in seinen unterschiedlichen Ausprägungen wird dieses Jahr das Hauptthema sein. Demografische Prognosen warnen eingehend vor einer ungewissen Zukunft. Wie immer treffen solche Entwicklungen nicht alle Branchen mit gleicher Wucht. Folgende Referentinnen und Referenten werden ihre Sicht der Dinge darlegen: Tanja Aebi, Director People & Culture, GL, ISS Schweiz AG; Daniel Löhr, Top-Personalberater, Beweger; Matthias Zwyssig, Metallraum AG, Sicherheit und Abenteuer;  Irene Arnold, ZHAW Institut für Facility Management, Institutsleiterin a.i.; Ludwig Raffler, Geschäftsführer Planon GmbH (Schweiz); Jules Pikali, Dipl Ing. ETH, Gründer OekoWatt AG. Moderiert und organisiert wird der Anlass wiederum von Michel Gammenthaler und der Crew von SVIT FM Schweiz.

Martina Reinholz ist Geschäftsführerin des international ausgerichteten Beratungshauses Dr. Reinholz & Partner (rplusp) mit Hauptsitz in der Schweiz. Seit 2018 ist sie Vizepräsidentin FM Kammer der Schweizer Immobilienwirtschaft (SVIT FM Schweiz). Seit 2020 engagiert sie sich bei der Standardisierung BIM4FM und ist Mitglied des Normungsausschusses für die SPEC 91555. (Bild Christoph Kaminski, kellenbergerkaminski)