Anfang 2023 beschloss das Bundesgericht, bei der Frage des wirtschaftlichen Neubaus eine von Immobilieneigentümern lang erwartete Praxisänderung vorzunehmen (Urteil des Bundesgerichts 9C_677/2021 vom 23. Februar 2023).

Bei Immobilien im Privatvermögen müssen Eigentümer die Miet- oder Pachtzinsen (bei vermieteten Immobilien) oder den Eigenmietwert (bei selbstgenutztem Wohneigentum) als Einkommen versteuern. Demgegenüber dürfen gemäss geltendem Recht verschiedene Abzüge im Zusammenhang mit diesem Einkommen getätigt werden. In Art. 32 Abs. 1 DBG und Art. 9 Abs. 3 StHG ist ausdrücklich festgehalten, dass unter anderem die Kosten für die Instandstellung von neu erworbenen Liegenschaften bei der Einkommenssteuer in Abzug gebracht werden dürfen. Gleiches gilt für Kosten für Investitionen, die dem Energiesparen und dem Umweltschutz dienen. In der Praxis wurden den Eigentümern besonders bei grösseren Umbauten allerdings oftmals Steine in den Weg gelegt. Denn eine umfassende Instandstellung oder Renovation wurde von den Steuerbehörden oftmals als „wirtschaftlicher Neubau“ beurteilt, wonach keinerlei Steuerabzug bei der Einkommenssteuer mehr möglich war. Auch z.B. eine Dachsanierung und die damit einhergehende Möglichkeit, im Zuge der Sanierung den Dachstuhl zwecks Wohnraumnutzung auszubauen, führte dazu, dass aufgrund des Ausbaus keinerlei Kosten mehr bei der Einkommenssteuer in Abzug gebracht werden konnten, auch nicht für die energetisch sinnvolle Dachsanierung. Das widersprach dem Sinn der Gesetzgebung, wonach energetische Sanierungen zu fördern sind.

Das Leiturteil des Bundesgerichts hob die Ungerechtigkeit dieser „Alles-oder-Nichts“-Regel nun auf. Zukünftig ist nicht mehr auf eine wirtschaftliche, sondern auf eine objektiv-technische Betrachtungsweise abzustellen. So sollen sämtliche Kosten, die z.B. dazu die- nen, einen früheren Zustand einer Liegenschaft wiederherzustellen, steuerlich bei der Ein- kommenssteuer geltend gemacht werden können. Gleiches gilt für umfassende Sanierungen. Was hingegen als Wertvermehrung gilt, ist erst zu einem späteren Zeitpunkt bei der Grundstückgewinnsteuer steuerlich abzugsfähig.

Überprüfung und gute Dokumentationen lohnen sich!

Neu ist also bei sämtlichen Umbau- und Renovationsprojekten bei jeder baulichen Mass- nahme und im Einzelfall zu prüfen, ob diese Aufwendung eine werterhaltende Massnahme darstellt oder ob sie als wertvermehrend eingestuft wird. Den Eigentümern wird daher empfohlen, zukünftig bei der Dokumentation und der Aufschlüsselung der Kosten besondere Sorgfalt walten zu lassen, um gegenüber den Steuerbehörden argumentieren zu können.

Katja Stieghorst, MLaw, ist Juristin beim Hauseigentümerverband Schweiz