«Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr», sagt Rayco Gutierrez, Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Business Unit Provis bei der Axept Business Software AG. Eine solide Mehrjahresplanung könne die Effizienz für einen nachhaltigen Betrieb deutlich steigern. Provis will deshalb neue Lösungen rund um den Lebenszyklus einer Immobilie anbieten können. 

Provis ist bekannt geworden für Softwarelösungen im Bauprojektmanagement bei Immobilienfirmen, Architekten, Planern und Generalunternehmen. Sie kündigten an, neue Wege gehen zu wollen. Was meinen Sie damit?

Rayco Gutierrez: Wir wollen Lösungen rund um den Lebenszyklus einer Immobilie anbieten können. Mit Provis haben wir bereits eine Lösung für das Thema Bauprojektmanagement – sei es für Neubau-, Entwicklungs- oder Unterhaltsprojekte. Für die Prozesse rund um die kaufmännische Bewirtschaftung haben wir die Lösung AXImmo. Es gibt nun aber noch weitere wesentliche Prozesse rund um eine Immobilie wie Mehrjahresplanung, Unterhaltsplanung und Bauwerksdokumentation nach Abschluss des Projekts. Das sind Themen, welche die Basis bilden für einen nachhaltigen Betrieb. Diese Themen werden wir intensiveren und weiterverfolgen. Die Nachhaltigkeitsstrategien in der Bau- und Immobilienwirtschaft sollen mit Provis weiter vorangetrieben werden.

Die Unterhaltsplanung wird angesichts des grossen Sanierungsbedarfs der Schweizer Immobilien immer wichtiger.

Nachhaltigkeit ist längst kein Nischenthema mehr. In den vergangenen Jahren wurden weltweit Klimaziele definiert und Massnahmen ergriffen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken. Der Gebäudepark in der Schweiz ist für rund 25 Prozent der CO2-Emissionen verantwortlich. Aktuell werden Schweizweit jährlich gerade mal knapp ein Prozent der Gebäude renoviert. Es braucht demzufolge eine langfristige Erneuerungsstrategie pro Immobilie beziehungsweise Portfolio. Eine solide Mehrjahresplanung kann zu Konsolidierungen im Projektgeschäft führen und Effizienzen generieren. Eine sorgfältige Planung ist der erste Schritt für ein erfolgreiches Projekt

Die Betrachtung der Lebenszykluskosten ist ein Anspruch, der seit Jahren an die Immobilienwirtschaft gestellt wird. Zusätzlich wird es immer wichtiger, wie sich das Portfolio aus der Sicht von ESG präsentiert und entwickelt. Wie kann hier ein entsprechendes Datenmanagement unterstützen?

Die Haltung und Pflege von relevanten Daten sowie Dokumente haben an zentraler Bedeutung gewonnen und sind essenziell – sei es für die Zustandsbeurteilung, die Ausarbeitung von Liegenschaftsstrategien oder weitere Berichte. Die Strukturen und inhaltlichen Vorgaben zur Dokumentation müssen jedoch vorgegeben werden. Ansonsten wird man mit unterschiedlichsten Formen und Inhalten konfrontiert, was dazu führt, dass keine digitale Dokumentation strukturiert werden kann. Die rechtzeitige Beschaffung von relevanten Daten und Dokumentationen während des Projektes kann dies verhindern. Denn die Erstellung einer strukturierten Bauwerksdokumentation erst gegen Ende der Fertigstellung eines Bauprojektes kann grossen Mehraufwand und nicht kalkulierte Mehrkosten verursachen.

KI revolutioniert Branchen, von Online-Plattformen bis zu autonomen Fahrzeugen. In der Immobilienwirtschaft ermöglicht sie präzise Kosten- und Lebenszyklusberechnungen.

Im Bau- und Immobilienmanagement gewinnt Künstliche Intelligenz zunehmend an Bedeutung als unterstützende Massnahme. Es eröffnen sich zahlreiche Chancen für die Immobilienwirtschaft. Die Bau- und Immobilienbranche eignet sich besonders für den Einsatz von KI, insbesondere in komplexen Prozessen sowie an Schnittstellen. Derzeit wird KI im Immobilienmanagement vor allem für Simulationen und Datenanalysen eingesetzt. Um jedoch eine vertieftere Anwendung von KI zu ermöglichen, ist es erforderlich, eine solide Grundlage an Gebäudedaten zu schaffen.

Können Sie ein Beispiel nennen?

Auf Basis von Gebäudedaten, wie zum Beispiel dem Zustand des Gebäudes, können langfristige Modernisierungspläne entwickelt werden. Das trägt dazu bei, den Lebenszyklus der Immobilie zu optimieren sowie den Wert langfristig zu erhalten oder bestenfalls zu steigern. Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den potenziellen Chancen und Risiken dieser Veränderung auseinandersetzen, um sich auf die Zukunft vorzubereiten.

Institutionelle Investoren sind angesichts der Teuerung der Zins- und Baukosten viel kostenbewusster geworden und legen immer grösseren Wert auf die Baukostenplanung.

Diese Entwicklung spiegelt das Bestreben danach, die Rentabilität von Investitionen zu maximieren und die Risiken zu minimieren. Eine sorgfältige Baukostenplanung ermöglicht es Bauherren und Eigentümern, ihre Budgets und Kredite effizient zu planen, potenzielle Kostenüberschreitungen frühzeitig zu erkennen und bestmöglich zu vermeiden. In einer Zeit, in der Kosteneffizienz und finanzielle Transparenz eine immer bedeutendere Rolle spielen, erweist sich eine gründliche Baukostenplanung als entscheidendes Instrument für den Erfolg von Investitionsprojekten. Durch einen sorgfältigen und strukturierten Ansatz können Bauherren und Eigentümer eine solide Grundlage für ihre finanziellen Entscheidungen schaffen und gleichzeitig die langfristige Rentabilität der geplanten Investitionen gewährleisten.

Der Übergang von der Bau- in die Nutzungsphase, also zum Facility Management, gibt immer wieder zu Diskussionen Anlass. Was kann hier ein gutes Datenmanagement zur Verbesserung der Situation beitragen?

Ein strukturiertes Datenmanagement kann in der Bau- und Nutzungsphase, zu einer erheblichen Verbesserung für alle Beteiligen rund um die Immobilie beitragen. Bei der Übergabe vom Projekt in den Betrieb: Eine strukturierte Übergabe ermöglicht hier einen reibungslosen Übergang vom Bauprojekt in den Betrieb. Zudem müssen die notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten terminiert, durchgeführt und dokumentiert werden. Beim Controlling: Durch die Erfassung der Verbräuche (Elektro, Strom, Wasser, Wärme etc.) sowie der Betriebskosten können Trends identifiziert werden und Kosten effektiv kontrolliert und wo nötig optimiert werden.

Also ein früherer Einbezug der Betriebskostenbetrachtung?

Ja, da der Grossteil der wiederkehrenden Kosten in der Betriebsphase anfällt, ist es umso entscheidender, dass bereits in der Bau- oder Projektphase die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Auf diese Art können in der Betriebsphase die Ressourcen effizient und optimiert eingesetzt werden.

Interview: Remi Buchschacher

Rayco Gutierrez ist Mitglied der Geschäftsleitung und Leiter Business Unit Provis bei der Axept Business Software AG.