Mit REMMS (Real Estate Meta-rating and Monitoring on Sustainability) könne jede der rund zwei Millionen Immobilien der Schweiz nach den drei Säulen der Nachhaltigkeit – Ökonomie, Ökologie und Soziales – detailliert und gesamtheitlich beurteilt werden, sagt Geschäftsführer Stefan Fahrländer. Die zentrale Idee hinter der gemeinnützigen Organisation ist die Subsidiarität.
Sie kündigten im letzten Jahr die Lancierung von REMMS (Real Estate Meta-rating and Monitoring on Sustainability) an. Wie hat sich das Nachhaltigkeitssystem für Immobilien entwickelt?
Stefan Fahrländer: REMMS wurde im August 2023 als gemeinnützige «Selbstregulierung der Branche mit wohlwollender Unterstützung des Bundes» vorgestellt und seit dem Roll Out liegt auch der Methodenbeschrieb vor. Die Expertengremien haben tolle Arbeit geleistet und auch Diskussionen in Gremien und Think Tanks zeigen, dass das System solide gebaut ist. Wir sammeln nun Erfahrungen und werden sehen, ob und in welche Richtung eine zweite Version nachgesteuert werden muss.
Was ist die zentrale Idee dahinter?
Die zentrale Idee ist die Subsidiarität, das heisst, wenn ein Eigentümer Informationen hat – zum Beispiel GEAK, Minergie, REIDA, SNBS, SSREI, Verbrauchszahlen oder Objektbusinesspläne – dann kann er diese verwenden. Bei fehlender Information unterstützt REMMS. Darüber hinaus macht REMMS unterschiedliche Messungen vergleichbar, was ein Anliegen der Endinvestoren ist, die letztlich Besteller der Berichte sind. Schliesslich können sie einen Portfoliobericht erstellen.
Sie wollen Handlungsfelder aufzeigen, damit der CO2-Absenkpfad unterstützt werden kann. Wie präsentiert sich die Situation in der Schweizer Immobilienlandschaft?
Wie gesagt: Im Grundsatz ist REMMS subsidiär. Das bedeutet, wenn ein Eigentümer eigene Objektbusinesspläne hat oder mit spezialisierten Tools Absenkpfade berechnet hat, dann können diese verwendet werden. Wenn ein Eigentümer die Information nicht hat, dann unterstützt REMMS. Dies betrifft nicht nur den Absenkpfad, sondern auch andere Aspekte der Nachhaltigkeit. Die Lage ist sehr heterogen und hängt einerseits vom Alter der Immobilien ab, vom Eigentümerverhalten, beispielsweise aber auch von der Verfügbarkeit von Energienetzen.
REMMS beurteilt jede Immobilie der Schweiz objektiv, detailliert und neutral, um die Eigentümer in ihrer Standortbestimmung zu unterstützen, auf Verbesserungspotential hinzuweisen und allfällige Zielkonflikte aufzuzeigen. Was geschieht anschliessend an das Rating?
Das entscheidet der Eigentümer. Das Ziel ist es, den Eigentümer zu befähigen, anhand der Ausgangslage seine weiteren Überlegungen anzustellen und dann Entscheide zu fällen. Was er entscheidet, ist ihm überlassen.
Die Schweizer Immobilienlandschaft ist zwei- oder sogar dreigeteilt und zwar in neue, bestehende und ganz alte Gebäude. Im Neubau werden die Nachhaltigkeitsziele erreicht, doch bei den älteren Gebäuden herrscht grosser Sanierungsbedarf. Nicht alle Liegenschaftsbesitzer unterstützen die Nachhaltigkeitsziele.
Das ist möglich beziehungsweise wahrscheinlich. Es ist nicht Aufgabe von REMMS, den Eigentümern Vorschriften zu machen. REMMS hat aber schon das Ziel, insbesondere auch Skeptiker zu erreichen und aufzuzeigen, dass beispielsweise energetische Sanierungen gefördert werden, dass steuerliche Abzüge geltend gemacht werden können und dass auch vorteilhafte Auswirkungen bei den Betriebskosten zu erwarten sind.
Mit der Applikation «REMMS 4 ALL» wollen Sie private und kleine institutionelle Eigentümer sowie Gewerbetreibende ansprechen und vom Branchen-Knowhow profitieren lassen. Doch denen fehlt oft das Geld für energetische Sanierungen.
Das ist ein spannender Aspekt. Mit der erfolgten Integration durch die NNH beispielsweise haben 19 Kantonalbanken Zugang zu REMMS und da sollten sich Synergien ergeben: Einerseits suchen Eigentümer gegebenenfalls Finanzierung und wenn die Finanzierer auf dem gleichen System arbeiten, dann findet man eher zusammen. Das könnte die Dinge erleichtern und beschleunigen.
REMMS ist gemeinnützig organisiert, so dass für Investoren nur minimale Nutzungsgebühren resultieren und das System für Wohneigentümer und Gewerbetreibende mittels «REMMS 4 ALL» gratis zur Verfügung gestellt werden kann. Wie können Sie das Nachhaltigkeitssystem langfristig finanzieren?
Wir verrechnen momentan 2.50 CHF für Wohneigentum und 15.00 CHF für alle anderen Immobilien, wobei bis zu fünf Immobilien gratis beurteilt werden können. In der digitalen Welt sind vor allem die Vorinvestitionen gross, während der Betrieb günstig ist und skaliert werden kann. Dies bedeutet, dass REMMS über einige Jahre refinanziert werden kann, wenn der Durchlauf durch das System gross ist, weil die Kosten nicht wesentlich steigen und die geringen Gebühren in der Summe einen grossen Beitrag leisten. Wir hoffen – wir sind eine gemeinnützige Organisation – die Nutzungsgebühren gar langfristig senken zu können.
Die Nachhaltigkeitsbetrachtung nach ESG enthält nicht nur die CO2-Absenkungspfade, sondern auch die Aspekte des «Social» und «Governance». Wie können Sie diese mit REMMS abbilden?
Nachhaltigkeit hat drei Säulen, die die Immobilie betreffen, während ESG eher auf übergeordneter Ebene – bei Immobilienorganisationen – im Fokus steht. So ist insbesondere die «Governance» Thema der Organisation, während der Bereich «Social» sowohl die Organisation – zum Beispiel der Umgang mit Mitarbeitenden, Zulieferern etc. sowie auch die generelle Haltung gegenüber der Mieterschaft – als auch die Immobilie selbst betrifft. Auf Ebene Immobilie analysieren wir die Ebenen Makro- und Mikrolage datengestützt anhand eines Katalogs der OECD; auf Ebene Objekt basieren wir auf Messgrössen und auf Nutzerbefragungen beziehungsweise, sofern noch nicht vorliegend, auf Einschätzungen des Managements.
Um Entwicklungen aufzuzeigen, benötigen Sie eine grosse und repräsentative Anzahl von Investoren- und Hypothekarportfolios. Wie viele Immobilien untersuchten Sie bisher?
Wir haben das gesamte Gebäude- und Wohnungsregister durch REMMS laufen lassen. Dieses hat allerdings Lücken und auch fehlerhafte Inputs, so dass noch Einschränkungen bei den flächendeckenden Aussagen bestehen. Daneben arbeiten wir mit vielen institutionellen und Hypothekar-Portfolios, bei denen geprüfte Daten vorliegen und entsprechend belastbare Aussagen gemacht werden können. Darüber hinaus verwenden wir auch Benchmarks wie REIDA, denn REMMS will ja nichts neues erfinden, sondern insbesondere auf Bestehendem aufbauen und dieses allen zugänglich machen.
Interview: Remi Buchschacher
Gemeinnütziger Verein: Ziele von REMMS (Real Estate Meta-rating and Monitoring on Sustainability) sind die rasche Erreichung von Flächendeckung und das Monitoring des Gebäudebestands bezüglich Nachhaltigkeit im Zeitverlauf. Damit haben die Eigentümer einen Benchmark und auch die Schweiz weiss, wo sie auf ihrem Weg zur Erreichung der Pariser Klimaziele sowie der UNO SDG steht. Präsident des Vereins REMMS ist Andreas F. Vögeli, Real Estate Partner, Niederer Kraft Frey AG; Geschäftsführer ist Stefan Fahrländer; Systembetreiber im Auftrag des Vereins ist die Fahrländer Partner AG Raumentwicklung. Weitere Informationen zu REMMS finden Sie unter https://www.remms.ch. Weitere Informationen zu «REMMS 4 ALL» finden Sie unter https://app.remms.ch.
Stefan Fahrländer ist Geschäftsführer von REMMS und Partner bei Fahrländer Partner Raumentwicklung.