Börsennotierte Schweizer Immobilienfonds sind aus der Sicht der UBS attraktiv bewertet. Die Bank erwartet, dass sie in den nächsten sechs bis zwölf Monaten attraktive absolute Renditen abwerfen.
Das vergangene Jahr war durch hohe Volatilität gekennzeichnet, schloss aber insgesamt mit moderat positiven Gesamtrenditen ab. Einerseits mussten Pensionskassen ihre Vermögensallokation neu ausrichten und verringerten ihr Engagement im Immobiliensektor. Die Schweizerische Nationalbank (SNB) erhöhte die Zinssätze aggressiver als erwartet, wodurch die Bewertungen unter Druck gerieten und die Finanzierungskosten weiter stiegen. Darüber hinaus belasteten einige Kapitalerhöhungen und neue Börsennotierungen die Fondperformance. Zum anderen erwiesen sich die Immobilienpreise am Direktmarkt als äusserst widerstandsfähig, und die Marktfundamentaldaten, insbesondere die Bevölkerungs-, Wirtschafts- und Beschäftigungsdaten, zeigten sich robuster als für 2023 vorausgesagt. Darüber hinaus wurden die Zinserwartungen im November deutlich gesenkt und damit die Weichen für Kapitalgewinne gestellt.
Aus unserer Sicht bieten börsennotierte Schweizer Immobilienfonds im Jahr 2024 eine attraktive Anlagegelegenheit. Anleger sollten daher die Aufnahme börsennotierter Schweizer Immobilienfonds in ihr Portfolio erwägen, da diese in den nächsten sechs bis zwölf Monaten voraussichtlich attraktive Gesamtrenditen erbringen werden. Eine geeignete Fondsauswahl könnte den Ertrag des Portfolios steigern. Anleger, die bereits erhebliche Positionen in Schweizer Immobilienfonds halten, sollten die Vorteile einer angemessenen Diversifizierung des Portfolios nicht ausser Acht lassen.
Beschleunigung des Ertragswachstums
Wir gehen davon aus, dass Schweizer Immobilienfonds von den starken Fundamentaldaten des Schweizer Wohnimmobilienmarkts profitieren werden. Die Nachfrage nach Wohnraum übersteigt – auch aufgrund der anhaltend starken Zuwanderung – die Bautätigkeit am Wohnungsmarkt. Daher wird sich die Wohnraumknappheit in den Ballungsräumen in den kommenden Quartalen voraussichtlich weiter verschärfen.
Die Angebotsmieten (Mieten bei Erstvermietung, Neuvermietung und Wiedervermietung) dürften deshalb nach unseren Schätzungen in diesem Jahr um etwa 2,5 Prozent steigen. In den Innenstädten und grossen Ballungsräumen, wo die Fonds die meisten ihrer Immobilien halten, könnten die Wachstumsraten sogar noch höher ausfallen. Zudem gehen wir davon aus, dass die Vertragsmieten für Wohnraum (Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen) schnell steigen werden, im Jahr 2024 um 3 Prozent, begünstigt durch einen höheren Referenzzinssatz für Hypotheken, der es Vermietern ermöglicht, die Mieten aus bestehenden Verträgen zu erhöhen. Auch die energetische Sanierung alter Wohngebäude ermöglicht eine Anpassung der Mieten aus bestehenden Mietverhältnissen an die Marktmieten.
Für Vermieter von Gewerbeimmobilien sehen wir dagegen grössere Herausforderungen. Die Mieten für Gewerbeimmobilien sind in den meisten Fällen an die Inflation gekoppelt. Der Rückgang der Inflation 2024 sowie stagnierende Leerstandsquoten und eine abflauende Nachfrage lassen weitere Mieterhöhungen fraglich erscheinen.
Insgesamt konnten die Fonds ihre Mietzinsausfälle bereits erheblich senken. Vor der Pandemie lagen die Mietzinsausfälle der zehn grössten Schweizer Immobilienfonds im Durchschnitt bei etwa 4,3 Prozent. Während des letzten Berichtszeitraums lag der durchschnittliche Mietzinsausfall dieser Fonds unter 2,5 Prozent. Insgesamt gehen wir davon aus, dass die Fondsgesellschaften durch Erhöhung ihrer Mieteinnahmen ihren Umsatz steigern werden. Bereits in der vergangenen Berichtsperiode erzielten die zehn grössten Gesellschaften ein Umsatzwachstum von 2,6 Prozent pro Aktie, während der Fünfjahresdurchschnitt bei lediglich einem Prozent lag.
Geringere Finanzierungskosten
Auch wenn Schweizer Immobilienfonds mit einem Verschuldungsgrad von nur 20 bis 30 Prozent ihres Gesamtvermögens arbeiten, führten ungünstigere Finanzierungsbedingungen 2023 zu höheren Hypothekarkosten. Unseren Schätzungen zufolge sind die Hypothekarkosten pro Aktie im vergangenen Berichtszeitraum um fast 40 Prozent gestiegen, wodurch ein Grossteil der erzielten Mietertragssteigerungen wieder aufgezehrt wurde. Für 2024 erwarten wir einen Rückgang der Geldmarkt-Hypothekarzinsen. Angesichts einer relativ kurzen durchschnittlichen Hypothekenlaufzeit von etwas über vier Jahren dürften die Fondsgesellschaften schnell vom Rückgang der Zinsen profitieren und dadurch ihre Kosten senken.
Stabile Bewertungen
Einige Schweizer Immobilienfonds verbuchten aufgrund der höheren Zinsen im Jahr 2023 unrealisierte Kapitalverluste. Die Auswirkungen dieser Verluste auf den Markt waren vermutlich eher psychologischer als realer Natur. Vor 2023 verzeichneten die Fonds vor dem Hintergrund rückläufiger Diskontsätze über mehrere Jahre hinweg unrealisierte Kapitalgewinne. Da ab 2024 niedrigere Zinssätze zu erwarten sind, dürfte der Aufwärtsdruck auf die Diskontsätze nachlassen, was dem Markt zugute käme. Insgesamt dürfte die Kombination aus starkem Ertragswachstum und sinkenden Zinsen die Kapitalwerte innerhalb unseres gesamten Anlagehorizonts stützen.
Relativ attraktive Anlageklasse
Niedrigere Kosten und höhere Mieterträge wirken sich positiv auf das Betriebsergebnis der Fondsgesellschaften aus. Wir gehen davon aus, dass ihre Rentabilität in diesem Jahr steigen wird, so dass attraktive Ausschüttungen an die Aktionäre zu erwarten sind. Auch die Bewertungen der Fonds sind historisch betrachtet ausgewogen und im Vergleich sowohl zum Direktmarkt als auch zum Schweizer Markt für festverzinsliche Anlagen attraktiv.
- Das Durchschnittsagio (der Bewertungsaufschlag gegenüber dem Nettoinventarwert) der grössten Fonds liegt derzeit bei gut 24 Prozent, etwa auf der Höhe des langfristigen Durchschnitts von 23 Prozent.
- Verglichen mit dem Direktmarkt, wo keine umfassende Korrektur der Immobilienwerte stattfand, sind die Fondsbewertungen attraktiv. Der Nettoinventarwert von Anlagestiftungen, die direkt am Immobilienmarkt investiert sind, liegt aktuell etwa zehn Prozent über den Preisen von Immobilienfonds.
- Auch im Vergleich zu festverzinslichen Schweizer Anleihen sind Schweizer Immobilienfonds attraktiv, da sie durch inflationsgebundene Mieten und Ertragswachstum einen gewissen Inflationsschutz bieten. Darüber hinaus erzielen die Fonds durchschnittliche Ausschüttungsrenditen von fast 3 Prozent, die (teilweise) steuerfrei sind. Damit liegen die Erträge aktuell deutlich über denen festverzinslicher Schweizer Anleihen.
Risikoabwägung
Steigende Zinsen: Eine anhaltend hohe Inflation wird wahrscheinlich dazu führen, dass das Zinsniveau nur langsam sinkt. Das wiederum hat zur Folge, dass Anleger Immobilieninvestitionen noch eine Zeit lang skeptisch gegenüberstehen werden. In einem solchen Szenario könnten die Fondsbewertungen zurückgehen und die Kapitalrenditen negativ ausfallen. Bei höheren Anleiherenditen wären zudem die Ausschüttungen der Fonds weniger attraktiv.
Schwache Schweizer Wirtschaft: Eine Rezession in der Schweiz könnte das Ertragswachstum der Fonds gefährden. Im Falle eines Konjunkturabschwungs wäre das Segment der Gewerbeimmobilien besonders betroffen, da die Leerstandsquoten im Büroimmobilienmarkt steigen würden. Eine Verringerung der Kaufkraft der Haushalte würde das Potenzial für Mieterhöhungen sowohl bei Wohnimmobilien als auch bei Verkaufsflächen gefährden.
Starke Korrektur am Aktienmarkt: Die Korrelation zwischen der Gesamtrendite der Schweizer Immobilienfonds und dem Swiss Performance Index (SPI) ist auf einem historischen Tief. Jedoch ist sie in letzter Zeit gestiegen und tendiert in fallenden Märkten dazu, zu steigen. Eine deutliche Korrektur an den Aktienmärkten könnte die absolute Performance der Fonds in den negativen Bereich drücken, falls Anleger ihre Portfolios neu ausrichten müssen.
Kapitalerhöhungen: Der Ausgabe neuer Anteile und der Notierung neuer Fonds geht in der Regel eine intensive Verkaufsphase voraus, in der breit investierte Anleger Kapital aufnehmen, um neue Anteile zu erwerben und ihre Portfolios neu auszurichten. Dies wirkt sich auf die Marktpreise aus. Die Ausgabe neuer Aktien und die Notierung neuer Fonds ist wahrscheinlicher, wenn ein Markt sich positiv entwickelt, denn dann ist es für die Emittenten einfacher, das erforderliche Kapital zu beschaffen.
Zunehmende Marktregulierung: Wohnungsknappheit und steigende Mieten erhöhen das Risiko politischer Eingriffe in den Markt. Im schlimmsten Fall ist das Mieterhöhungspotenzial der Fonds eingeschränkt, was sich negativ auf den Immobilienwert auswirkt. Es ist unwahrscheinlich, dass während des Anlagezeitraums einschneidende Massnahmen ergriffen werden. Dennoch kann allein die öffentliche Diskussion darüber die Marktstimmung belasten.
Autoren: Maciej Skoczek, CFA, CAIA, Economist, UBS Switzerland AG; Matthias Holzhey, Economist, UBS Switzerland AG