Die geldpolitische Ausrichtung der SNB, der importierten Inflation durch die Aufwertung des Schweizer Frankens entgegenzuwirken, erweist sich weiterhin als erfolgreich. Die Inflationsprognose der SNB lässt auf einen Verlauf innerhalb des angestrebten Bereichs schliessen. Diese positive Entwicklung wirft Fragen über die Aufrechterhaltung der restriktiven Geldpolitik auf, besonders im Hinblick auf eine bevorstehende wirtschaftliche Abschwächung und die bereits entspannten Bedingungen am Zinsmarkt. Die moderaten Wirtschaftsentwicklungen in der Schweiz sind im Kontext der internationalen konjunkturellen Abschwächung zu sehen. Besonders die abnehmende Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus Deutschland, welches 2023 eine negative Wirtschaftsentwicklung verzeichnete, könnte in den kommenden Jahren zu einer Herausforderung für den Schweizer Aussenhandel werden. Die globale Konjunkturlage wird für die Ausrichtung des Schweizer Aussenhandels entscheidend sein.

Das Wachstum dürfte in erster Linie von der Binnenkonjunktur, insbesondere durch den privaten Konsum, getragen werden. Obwohl der private Konsum aufgrund von Inflation und Kaufkraftverlust möglicherweise schwächer als in früheren Jahren ausfallen könnte, könnte er durch das insgesamt gestiegene verfügbare Einkommen, verstärkt durch die Zuwanderung einkommensstarker Arbeitskräfte, einen gewissen Auftrieb erfahren. Zudem tragen eine weiterhin niedrige Arbeitslosenquote und die für 2024 und 2025 erwarteten realen Lohnsteigerungen zu positiven Wachstumserwartungen bei.

Der aktuelle globale Zinsanstieg vollzieht sich in vielen Volkswirtschaften schneller als jemals zuvor in der jüngeren Geschichte, wobei die Zinssätze ein Niveau erreicht haben, das seit der Jahrtausendwende nicht mehr beobachtet wurde. In der Schweiz ist dieser Anstieg jedoch moderater. Selbst wenn man historische Phasen straffer Geldpolitik zum Vergleich heranzieht, erscheint der aktuelle Zinsanstieg in der Schweiz weniger intensiv und von kürzerer Dauer. Die umfangreichen Fremdwährungsreserven und der Spielraum für eine Aufwertung der Landeswährung haben vermutlich dazu beigetragen, dass der Zinsanstieg weniger aggressiv ausfiel und grössere wirtschaftliche Einbussen verhindert wurden.

Die finanziellen Restriktionen haben bereits spürbar nachgelassen, wie an den Referenzzinssätzen am Swap-Markt erkennbar ist. Einerseits liegen die mittel- und langfristigen Zinssätze deutlich unter ihren Höchstwerten, andererseits sind auch die Risikoprämien am Swap-Markt – also der Spread zu den Renditen von Bundesobligationen – rückläufig. Dies zeigt sich sowohl in einem verringerten Gegenparteirisiko am Swap- Markt als auch im Rückgang der Nachfrage nach Zinsabsicherungen. Dies deutet auf eine abnehmende Unsicherheit und klarere Erwartungen in Bezug auf die künftige Richtung der Geldpolitik hin.

Die derzeitige inverse Zinskurvenstruktur wird durch Swap-Sätze gekennzeichnet, die nahezu durchgängig mindestens 40 Bps unter dem SARON- Satz liegen. Diese indirekte Lockerung der Finanzierungskonditionen mindert fast vollständig den restriktiven Effekt des aktuellen Leitzinses, der mit 1.75% möglicherweise zu hoch angesetzt ist. Aus dieser Argumentation ergibt sich die Vermutung, dass die SNB ihre erste Leitzinssenkung möglicherweise bereits in der nächsten Sitzung im März vornehmen könnte.

Die indirekte Lockerung der Finanzierungskonditionen stellt eine positive Entwicklung für Unternehmen dar, die sich auf die Refinanzierung ihrer langfristigen Schulden vorbereiten. Ebenso dürften Bauinvestitionsprojekte von den verbesserten Finanzierungsbedingungen profitieren, was insgesamt einen positiven Impuls für die heimische Wirtschaft darstellt.

Burak ER ist Head Research bei der Avobis Group AG.