Trotz robusten Konsums ist die Inflation stark rückläufig. Die UBS-Experten erwarten, dass die Jahresinflationsrate 2024 unter die 2-Prozent-Marke sinken wird. Dementsprechend bestehe ab Mitte 2024 Spielraum für Zinssenkungen der Schweizerischen Nationalbank (SNB), was den Transaktionsmarkt bei Renditeliegenschaften wieder beleben könnte.
Das starke Bevölkerungswachstum generiert eine hohe Nachfrage nach zusätzlichem Wohnraum. Dieser ist in vielen Regionen jedoch Mangelware, da die Neubautätigkeit von Wohnungen stockt. In den letzten zwölf Monaten wurden in der Schweiz Baubewilligungen für etwa 35 000 neue Wohnungen erteilt – der tiefste Wert der letzten zwei Jahrzehnte. Unter Annahme einer durchschnittlichen Haushaltsgrösse von rund zwei Personen wäre bei gleichbleibendem Flächenkonsum pro Kopf eine etwa doppelt so hohe Anzahl neuer Wohnungen nötig. Ein starker Einbruch der Bautätigkeit zeigte sich in den Kantonen Freiburg, Thurgau, Schaffhausen und Neuenburg, wo innert Jahresfrist gerade noch ein Drittel der durchschnittlichen Baubewilligungszahl seit 2013 erreicht wurde.
Beschleunigung der Mietpreisentwicklung
Damit dürfte die Wohnungsleerstandsquote weiter sinken, wenn auch verlangsamt. Der Nachfrageüberhang erlaubt es den Vermietern, die Angebotsmieten zu erhöhen. Per 3. Quartal 2023 lagen die Angebotsmieten fast 4 Prozent über den Vorjahreswerten, was dem stärksten jährlichen Anstieg seit über zehn Jahren entspricht. Die Bestandesmieten (Mieten bei laufenden Verträgen) verzeichneten im Dezember 2023 mit einem Plus von 1,1 Prozent den stärksten Quartalsanstieg seit Mitte 2008. Wir erwarten, dass sowohl die Angebots- als auch die Bestandesmieten nächstes Jahr weiter – um rund 3 Prozent – steigen werden.
Die Transaktionspreise zeigen momentan keine einheitliche Entwicklung. Je nach Immobiliendienstleister schwankt das Bild zwischen Boom und Baisse. Diese Divergenz widerspiegelt unterschiedliche Entwicklungen am Transaktionsmarkt. Die Preise an Toplagen sind deutlich gesunken und liegen im Durchschnitt über 10 Prozent unter den Vorjahreswerten. Zudem dürften auch die Preise für Grossüberbauungen mit hohem Sanierungsaufwand aufgrund einer deutlich geringeren Nachfrage institutioneller Investoren ins Rutschen geraten sein. Das anhaltende hohe Hypothekarwachstum privater Immobilieninvestoren zeigt aber, dass die Nachfrage nach Mehrfamilienhäusern durch Private im mittleren Preissegment weiterhin hoch ist. Gesamthaft dürfte der Druck auf die Preise von Wohnrenditeliegenschaften in den nächsten Quartalen noch anhalten. Gestützt durch sich verbessernde Finanzierungsbedingungen und steigende Mieteinnahmen ist das Ausmass der Preisrückgänge aber beschränkt.
Büroliegenschaften: Angebot nimmt zu
Das starke Beschäftigungswachstum stützt die Nachfrage nach Geschäftsflächen. Die Flächenabsorption war dennoch unterdurchschnittlich, da Unternehmen ihre Flächennachfrage aufgrund des Homeoffice-Effekts nur sehr schwach ausweiten. Gemäss Wüest Partner sind aktuell rund 6,8 Prozent aller Büroflächen ausgeschrieben, leicht mehr als noch Ende 2022. Auch in den Büromarktregionen Zürich und Genf stiegen die Angebotsquoten laut JLL im Vorjahresvergleich von 4,5 auf 4,8 respektive von 6,0 auf 6,1 Prozent. Am tiefsten ist das Angebot mit unter 4 Prozent auf dem jeweiligen Stadtgebiet selbst, in den jeweiligen Agglomerationen hingegen mit 15 und 9 Prozent deutlich höher.
Spitzenlagen mit Vorteilen
Die Entwicklung am Miet- und Transaktionsmarkt für Büroflächen ist weiterhin uneinheitlich. Im Landesdurchschnitt sanken die Mieten um 3 Prozent. Die Spitzenmieten legten hingegen in Zürich im Jahresverlauf gemäss Wüest Partner über 10 Prozent zu, an Toplagen in Genf war der Anstieg mit 5 Prozent ebenfalls stark. Angesichts der allgemein abnehmenden Flächennachfrage dürften die Mietpreisanstiege aber auch an Büro-Toplagen beendet sein. Eine generelle Trendumkehr hin zu steigenden Marktmieten ist zurzeit nicht in Sicht, auch wenn in 2024 deutlich weniger neue Büroflächen auf den Markt kommen als in den Vorjahren.
Der Markt bleibt insgesamt liquid: Das Transaktionsvolumen lag 2023 gemäss JLL auf dem Niveau von vor der Corona- Pandemie bei etwa 3 Milliarden Franken. Dennoch war die Nachfrage seitens institutioneller Investoren klar rückläufig. Zudem ist eine Anpassung der Spitzenrenditen an die höheren Zinsen in vollem Gange. Die Spitzenrenditen liegen trotz Mietzinsanstiegen bis zu 40 Basispunkte über den Vorjahreswerten und sogar bis zu 80 Basispunkte über den Tiefstwerten aus dem Jahr 2021.
Die Preiskorrektur am Transaktionsmarkt für Spitzenlagen dürfte grösstenteils abgeschlossen sein – insbesondere da in 2024 sinkende Leitzinsen erwartet werden. Denn an guten Lagen werden nicht nur nachhaltige Gebäude nachgefragt. Die Aussichten in der Peripherie sind hingegen schlechter. Die Marktliquidität ist dort weiter sehr tief und gerade bei Altbauten sind grosse Preisabschläge notwendig, um Käufer zu finden.
Mieteinnahmen mit Rückenwind
Die Auswertung der Entwicklung der Mieteinnahmen von Immobilienfonds und -aktiengesellschaften bestätigt die Analyse anhand anderer Marktdaten. Die grössten Wohnimmobilienfonds konnten ihre Mieteinnahmen im Vorjahresvergleich um durchschnittlich 3 Prozent steigern. Bei Geschäftsflächenfonds dürften Steigerungen der Mieteinnahmen primär auf Inflationsindexierung zurückzuführen sein. So fällt das nominale Wachstum der Mieteinnahmen in 2023 nur noch halb so stark aus wie im Vorjahr.
Autoren: Matthias Holzhey, Economist, UBS Switzerland AG; Maciej Skoczek, CFA, CAIA, Economist, UBS Switzerland AG