Die Zeiten, in denen Vermieter steigende Leerstände zu beklagen hatten und Mieter mit Gratismonaten zu locken versuchten, sind vorbei, schreibt die Credit Suisse. Wohnungssuchende sehen sich wegen knapper werdendem Angebot und steigenden Mieten zunehmend mit Gegenwind konfrontiert. Dennoch besteht in den meisten Regionen heute noch keine Wohnungsnot.

Der Mietwohnungsmarkt setzt wie in den vergangenen zwei Jahren die kräftige Erholung fort, wie die Researcher der Credit Suisse in der neusten Ausgabe der Studie über den Wohnungsmarkt schreiben. Die vergleichsweise robuste hiesige Konjunktur hält die Nachfrage hoch. Dies zeigt sich insbesondere bei der Nettozuwanderung der ausländischen Wohnbevölkerung, welche bereits im vergangenen Jahr um fast ein Drittel zugelegt hat. In den ersten beiden Monaten des aktuellen Jahres waren per saldo bereits wieder 19’400 Zuzüge zu verzeichnen – nochmals 24.8% mehr als in der gleichen Periode des Vorjahrs. Gleichzeitig deutet wenig auf eine baldige Trendwende bei der aktuellen Bauflaute hin. So wurden in den vergangenen zwölf Monaten nochmals 1500 Mietwohnungen weniger baubewilligt als in der Vorperiode. Somit vergrössert sich die Kluft zwischen Nachfrage und Angebot auf dem Mietwohnungsmarkt weiter.

Zwar ist die Angebotsziffer – der Anteil aller Mietwohnungen, die zur Vermietung ausgeschrieben sind – im ersten Quartal 2023 von 3.8% auf 4.3% gestiegen. Dabei dürfte es sich jedoch um einen saisonalen Effekt handeln. Der über ein Jahr gerechnete gleitende Mittelwert der Angebotsziffer sank derweil weiter auf 4.4% – ein Wert der letztmals 2016 unterschritten wurde. Gleichzeitig bleibt auch die Insertionsdauer rückläufig. Diese misst die mittlere Zeitdauer (Median), während der ein Wohnungsinserat aufgeschaltet ist. Zwischen 2016 und 2020 dauerte die Mietersuche meist noch zwischen 40 und 50 Tagen. Inzwischen wird ein Inserat im Mittel bereits nach 25 Tagen wieder vom Netz genommen. Wer seine Traumwohnung finden will, muss sich daher zunehmend beeilen. Im langfristigen Vergleich sind dies jedoch keine aussergewöhnlich tiefen Werte. Zwischen 2015 und 2020 bestanden vielerorts Überangebote, die zuletzt fortlaufend abgebaut wurden.

Situation sehr unterschiedlich

Jedoch ist die Situation auf den verschiedenen regionalen Märkten sehr unterschiedlich. Ein Blick auf die Insertionszeiten in den verschiedenen Kantonen bestätigt das Bild eines «Röstigrabens», auf den die CS bereits in unserer Studie «Immobilienmarkt 2023» vom März 2023 anhand der regionalen Leerwohnungsziffern hingewiesen habe: In der lateinischen Schweiz ist die Erholung des Mietwohnungsmarkts noch weniger weit fortgeschritten als in der Deutschschweiz (Abb. 3). So lag die Insertionsdauer in sämtlichen Westschweizer Kantonen nahe an ihrem langjährigen Mittelwert – in den Kantonen Neuenburg, Jura und Tessin gar leicht darüber. Dagegen haben sich die Insertionszeiten in vielen Deutschschweizer Kantonen gegenüber ihrem Langfristmittel markant reduziert. Am stärksten gilt dies für die Zentralschweizer Kantone Zug (–71%), Schwyz (–49%), Nidwalden und Uri (–44%), sowie für Graubünden (–57%).

Besonders ausgeprägt bleibt die Marktanspannung in der Agglomeration Zürich. Die an die Stadt Zürich angrenzenden Regionen Zimmerberg, Limmattal und Pfannenstiel weisen allesamt eine Insertionsdauer auf, die den langjährigen Durchschnitt um über 40% unterschreitet. Mit 13 beziehungsweise 14 Tagen Insertionsdauer verschwinden Wohnungen in den Regionen Zimmerberg und Limmattal im Mittel (Median) mittlerweile gar ähnlich schnell vom Markt wie in der Stadt Zürich (14 Tage). Dies dürfte eine Folge der zu geringen Bautätigkeit in der Limmatstadt sein, die mit der hohen Nachfrage nicht mithalten kann. Der Nachfragedruck verlagert sich folglich in umliegende Agglomerationsgemeinden – ein Effekt, der durch das vermehrte Arbeiten im Homeoffice noch verstärkt worden sein dürfte.

Entwicklung fernab der Grosszentren

Erstaunlich ist die Entwicklung in einigen Regionen fernab der Grosszentren, wo Angebotsziffern und Insertionsdauer teilweise gar neue Rekordtiefs erreichen. So wies in den vergangenen vier Quartalen das Bündner Rheintal, die Region um die Kantonshauptstadt Chur, mit 10 Tagen die dritttiefste Insertionsdauer aller 110 Schweizer Wirtschaftsregionen auf. Ebenfalls zu den Top 20 der Regionen mit den kürzesten Insertionszeiten gehören touristische Regionen wie Davos (14 Tage) und Brig (21 Tage). Auch diese Regionen dürften vom «Homeoffice-Effekt» profitieren. Die Region Brig profitiert ausserdem vom starken Ausbau des Pharma- und Chemiekonzerns Lonza im nahegelegenen Visp, wo sich die Insertionszeiten ebenfalls nahezu halbiert haben. In touristischen Regionen entsteht ausserdem teilweise zusätzlicher Druck auf den Mietwohnungsmarkt durch den Wiederanstieg der Nachfrage nach Zweitwohnungen. Diese Nachfrage kann aufgrund des Zweitwohnungsgesetzes nur durch den Bestand gedeckt werden, wodurch es teilweise zu Umnutzungen altrechtlicher Erstwohnungen kommt.

Das rückläufige Wohnungsangebot und dessen räumliche Struktur spiegelt sich direkt in der Entwicklung der Marktmieten wider. Das Mietpreiswachstum hat sich zuletzt beschleunigt. 2022 stiegen die Angebotsmieten schweizweit um 1.6%. Das stärkste Mietpreiswachstum erfuhr dabei mit +3.9% die Region Innerschweiz. Am anderen Ende des Spektrums befinden sich die Regionen der lateinischen Schweiz. So hatte die Region Genfersee bloss ein Mietpreiswachstum von 0.3% zu verzeichnen, in der Region Westschweiz waren die Angebotsmieten gar leicht rückläufig (–0.2%). Da sich die Kluft zwischen Nachfrage und Angebot mittelfristig nicht schliessen dürfte, ist schweizweit mit einer weiteren Beschleunigung des Mietpreiswachstums zu rechnen (Prognose 2023: +3.0%).

Die Zeiten, in denen Vermieter steigende Leerstände zu beklagen hatten und Mieter mit Gratismonaten zu locken versuchten, sind folglich vorbei. Wohnungssuchende sehen sich wegen knapper werdendem Angebot und steigenden Mieten zunehmend mit Gegenwind konfrontiert. Dennoch besteht laut CS in den meisten Regionen heute noch keine Wohnungsnot. Kritischer als das aktuelle Angebotsniveau ist jedoch aus Mietersicht die Tatsache einzuordnen, dass noch keine Entspannung in Sicht ist und die Verknappungstendenz sich in den nächsten Quartalen fortsetzen und auch Regionen erreichen dürfte, welche heute noch über ein ausreichendes Wohnungsangebot verfügen. Grund dafür ist, dass die Bautätigkeit auch in den kommenden ein bis zwei Jahren zu gering ausfallen dürfte und die dringend erforderliche bauliche Verdichtung bisher zu zögerlich abläuft.