Angesichts der steigenden Hypothekarzinssätze müssen Liegenschaftsbesitzer mit höheren Finanzierungskosten rechnen. Der konzeptionsbedingt träge Referenzzinssatz dürfte im wahrscheinlichsten Szenario nicht vor Mitte 2024 steigen, sodass die zusätzliche finanzielle Belastung kurz- bis mittelfristig bei den Vermietern verbleibt.

Die im Zuge der Pandemie und des Kriegs in der Ukraine weltweit anziehenden Inflationsraten haben den Druck auf die Zentralbanken erhöht, und die Zinskurven sind steiler geworden. Auch in der Schweiz sind folglich die Zinsen von Fixhypotheken in den vergangenen Monaten stark gestiegen. Obwohl wir von einer Verflachung dieses Trends ausgehen, dürften in den nächsten Jahren wieder höhere Finanzierungskosten auf Schweizer Immobilienbesitzer zukommen. Für diese stellt sich daher die Frage, in welchem Ausmass die steigenden Zinsen die Nettoerträge von Wohnrenditeliegenschaften belasten werden beziehungsweise wie stark und wie schnell dieser Mehraufwand auf die Mieter überwälzt werden kann.

… die nicht direkt auf die Mieter überwälzt werden können
Bei Mieterwechseln können höhere Zinskosten grundsätzlich vollständig auf die Mieter überwälzt werden, sofern die Nachfrage gegeben ist. Die Mieten laufender Wohnverhältnisse hingegen sind in der Schweiz an den hypothekarischen Referenzzinssatz gebunden. Letzterer basiert auf einem durch die Schweizerische Nationalbank (SNB) ermittelten Durchschnittszinssatz aller ausstehenden Hypo- theken und wird vierteljährlich vom Bundesamt für Wohnungswesen veröffentlicht. Seit seiner Einführung im Jahr 2008 ist der Referenzzinssatz stetig gefallen, von anfänglich 3.5% auf zuletzt noch 1.25%. Bis Ende 2021 sank dabei der zugrunde liegende Durchschnittszinssatz weiter, sodass ein abermaliger Rückgang des Referenzzinssatzes in Reichweite rückte.

Referenzzinssatz reagiert verzögert

Die jüngsten Zinsanstiege dürften nun aber auch beim Referenzzinssatz eine Trendwende einläuten. Diese wird jedoch mit grosser Verzögerung erfolgen. Der Grund dafür liegt in der Berechnungsweise des massgeblichen hypothekarischen Durchschnittszinssatzes. Da hierfür sämtliche ausstehenden Hypotheken aller Laufzeiten berücksichtigt werden, verhält sich dieser ausgesprochen träge und kann folglich stark von den aktuellen Marktsätzen für Neuabschlüsse abweichen. Seine Trägheit lässt sich etwa veranschaulichen, indem den tagesaktuellen Marktzinssätzen pro Laufzeit ihre Mittelwerte gegenübergestellt werden. Bei Letzteren ist noch gar kein (10-jährige Fix-Hypothek) oder erst ein minimaler (5-jährige Fix- Hypothek) Anstieg zu verzeichnen, während die tagesaktuellen Sätze seit Jahresbeginn um bis über 100 Basispunkte nach oben geschnellt sind.

Drei mögliche Szenarien für die Zinsentwicklung

Ab wann sich die Zinswende auf den Referenzzinssatz niederschlagen wird, hängt massgeblich vom Ausmass und Tempo der geldpolitischen Straffung in den kommenden Jahren ab. Wir haben daher drei verschiedene Leitzinsszenarien für den Zeitraum bis Ende 2027 konzipiert, um deren Implikationen für die Entwicklung des Referenzzinssatzes mittels eines ökonometrischen Modells zu schätzen. Im Szenario «tief» gehen wir davon aus, dass es erst Mitte 2023 zu einer ersten Leitzinserhöhung durch die SNB kommt. Bis Mitte 2024 würde der Leitzins schliesslich auf 0% steigen, dort jedoch bis Ende 2027 verharren. Für die Hypothekarzinsen würde dies bedeuten, dass Geldmarkthypotheken unverändert günstig bleiben und auch die Preise von Fix-Hypotheken ausgehend vom heutigen Niveau kaum mehr steigen würden. Im mittleren Szenario hingegen würde der SNB-Leitzins bereits Ende 2022 angehoben und in der Folge graduell bis auf 1% steigen und dadurch Hypotheken sämtlicher Laufzeiten nochmals verteuern. Das Szenario «hoch» schliesslich entspricht einem eher extremen Szenario mit 15 Erhöhungen des SNB-Leitzinses in Folge bis auf 3%. Dieser würde implizieren, dass sich sämtliche Hypothekarprodukte bis etwa Ende 2025 stark verteuern und die Zinssätze aller Laufzeiten danach auf einem Niveau von über 4% verharren würden.

Anstieg des Referenzzinssatzes vor 2024 unwahrscheinlich
Die Ergebnisse unserer Modellierung zeigen, dass ein Anstieg des Referenzzinssatzes vor Ende 2024 unwahrscheinlich ist. Selbst im Szenario «hoch» würde ein erster Anstieg erst im Dezember 2023 kommuniziert und könnte erst im Folgejahr vom Mieter eingefordert werden, da die Mieterhöhung erst zum nächsten vertraglichen Kündigungstermin erfolgen kann. In der Folge würde der Referenzzinssatz jedoch bis 2027 auf 3% steigen, was theoretisch zur Erhöhung der Nettomieten um bis zu 21% führen würde, wenn in der Vergangenheit sämtliche Senkungsansprüche erfüllt wurden. Im Szenario «mittel», dem wir die höchste Wahrscheinlichkeit zuordnen, würde eine Erhöhung des Referenzzinssatzes von 1.25% auf 1.5% hingegen erst im Juni 2024 kommuniziert. Bis 2027 wäre noch mit zwei weiteren Anstiegen zu rechnen. Im Szenario «tief» schliesslich würde der Referenzzinssatz gar im ganzen Prognosezeitraum auf dem heutigen Stand verharren, wobei 2027 der Schwellenwert für einen ersten Anstieg nur sehr knapp verfehlt würde. Dennoch könnte bei einer Finanzierung über Fix-Hypotheken selbst in diesem Szenario eine merkliche Erhöhung der Zinslast auf die Liegenschaftsbesitzer zukommen.

Bei Marktmieten hat die Trendwende bereits eingesetzt

Insgesamt halten wir fest, dass die Vermieter auf höhere Zinskosten zusteuern, die erst mit einiger Verzögerung auf die Mieter überwälzt werden können. Dies führt zumindest kurzfristig zu zusätzlichem Druck auf die ohnehin schon rückläufigen Eigenkapitalrenditen von Wohnrenditeliegenschaften. Gleichzeitig weist dieser Befund darauf hin, dass Anlagen in Wohnimmobilien kurz bis mittelfristig nur einen begrenzten Schutz vor Inflation bieten. Der zusätzlichen Renditekompression entgegenwirken dürfte jedoch die aus Vermietersicht verbesserte Situation auf dem Mietwohnungsmarkt. Nach Jahren des Abschwungs hat hier eine Erholung eingesetzt, die sich in sinkenden Vermarktungszeiten und Leerständen äussert und dazu geführt hat, dass auch bei den Marktmieten allmählich eine Trendwende einsetzt. So verzeichnete der Mietpreisindex des Bundesamts für Statistik, der den Gesamtmarkt (Neuabschlüsse und laufende Mietverhältnisse) abbildet, im 1. Quartal 2022 mit 1.4% gegenüber dem Vorjahresquartal den höchsten Zuwachs seit acht Jahren.

Fabian Waltert ist Economist – Swiss Real Estate bei der Credit Suisse