Mit iCITY will Vebego gemeinsam mit den Partnern UBS SIMA und Herzog & DeMeuron die herkömmlichen und vielfach ausgetretenen Pfade des Immobilienmanagements verlassen. Das Konzept soll in Allschwil und in Reinach umgesetzt werden und disruptiv in der Immobilienbranche wirken, kündigt Andreas Meister, Präsident des Verwaltungsrats der Move Consultants AG an.
Der Startschuss für den Bau von Innovation iCITY steht bevor. Das Angebot von Büroflächen in der Region Basel ist allerdings nicht klein. Was gab den Ausschlag für dieses Investment?
Andreas Meister: Eben gerade dieses Überangebot an Flächen. Aber nicht nur. Auch weil wir die hybride Arbeitswelt der Zukunft noch nicht kennen. Die bisherigen Arbeitswelten ob alt oder bereits schon open, stehen auf der Verliererseite. Nicht nur sind spätestens seit home office die vielerorts mehr als 80 Prozent leerstehenden Arbeitsplätze viel zu teuer, sie entsprechen auch kaum mehr dem Anforderungsprofil, warum Mitarbeitende gerne ins gemeinsame Büro kommen sollen. Neuen, disruptiven Lösungen und Geschäftsmodellen gehört die Zukunft. Immobilieneigentümer sind dringend gefordert. Unsere gemeinsam mit zukunftsfähigen Eigentümern realisierte Workspace Lösung iCITY setzt auf inspirierende und flexible Arbeitslösungen in Zeit und Raum – oder wie wir es nennen: «The third space between home and office».
Wer an die Region Basel denkt, kommt sofort auf die Präsenz der grossen Pharmaunternehmen. Warum wollen Sie ausgerechnet dort eine Kombination von modernen Arbeitsplätzen mit flexiblen Laborflächen schaffen?
Über 60 Prozent des schweizerischen Exports sind Medizinal- und Life-Sciences- Produkte. Die Schweiz ist Life Sciences. Darum – wer an Mode denkt, denkt an Paris und Mailand. Und bei Health & Life Sciences ist es in Europa Basel. Hier besteht die höchste Konzentration an Talenten, Industrien von Startups bis Global Playern mit Roche und Novartis, bis hin zu führenden wissenschaftlichen Instituten und Universitäten. Zahlreiche perfekte und erfolgreiche Ecosysteme. Wichtigstes Ziel von iCITY ist es, diese bestehenden Ecosysteme zusammenzuführen und zu orchestrieren. Wir führen sie in iCITY zusammen – Open Innovation ist hierzu das Stichwort. In den iCITY Locations treffen sich die Protagonisten dieser Branche. Dieser Branchen-Melting-Pot mit regionaler, aber besonders auch europäischer Ausstrahlung fehlte bisher.
Mit iCITY will Vebego also gemeinsam mit ihren Partnern UBS SIMA und der JPB AG, Eigentümerin des ALBA Hauses, die herkömmlichen und vielfach auch ausgetretenen Pfade des Immobilienmanagements verlassen. Was ist darunter zu verstehen?
«The people centered workspace», die Arbeitswelt, ist viel mehr als Miete und Innenausbau von Büroimmobilien. Sie ist der Enabler, um Menschen und Organisationen erfolgreich und glücklich zu machen – und dazu gehört ganz viel. Immobilien werden mit iCITY zu orchestrierten Ecosystemen für Open Innovation für dedizierte Branchen und deren Mitarbeitende und Talente. In den konkreten iCITIES Reinach und Allschwil für Health & Life Sciences. Das heisst, unsere Nutzer oder eben iCITY Members in Allschwil und Reinach werden alle einen Bezug zu Health & Life Sciences haben und setzen sich aus Start-/Scaleups, Corporates, Universität/Wissenschaft und auch Service Partnern zusammen.
Schaffen Sie fixe Arbeitsflächen, oder entsteht ein weiteres Coworking?
Weder noch. Im Unterschied zu den genannten konventionellen Angeboten bieten wir in Zeit und Menge flexible Workspace Produkte an, welche jederzeit mit sich ändernden Bedürfnissen an Büro- und Labornutzungen einher gehen. Also auch Kunden fixer Flächen mieten bei uns rund 60 – 70 Prozent des effektiven Flächenbedarfs, den sie anderswo hätten, ergänzt durch Credits für zusätzliche flexible Workspaces im CoSpace-Bereich nach Bedarf. Damit werden die typischen unzähligen leerstehenden Arbeitsplätze minimiert und der Workspace bedarfsgerechter, kostengünstiger und nachhaltiger genutzt. Damit werden auch «traditionelle» Mieter aktiver Teil des iCITY Open Innovation Ecosystems und nutzen die vielzähligen Touchpoints für gegenseitigen organisationsübergreifenden Austausch. Auch wenn die flexiblen CoSpace-Bereiche optisch typischen Coworkings ähnlich sehen, adressieren sie ausschliesslich an iCITY Members und nicht an temporäre mögliche Coworking Nutzer ausserhalb des Life Sciences Scopes.
Sie sprechen von Business Angels. Wie kommen diese an die interessanten Startups oder Scaleups heran?
Das ist besonders in der Schweiz noch ein Thema mit deutlichem Aufholbedarf im Vergleich mit Ländern wie den USA oder Israel. Die Seite Venture Capital ist in der Schweiz bisher nicht sehr transparent und nicht wirklich connected mit der Start- und Scaleup-Landschaft. Hier sehen wir ebenfalls eine primäre Bedeutung von iCITY als Ort, wo diese Verbindungen quasi organisch entstehen. Um dies möglich zu machen, verfügen wir auf strategischer Ebene über ein prominent besetztes und breit aufgestelltes Advisory Board, welches aktiv mithilft, belastbare Kontakte mit Business Angels und Corporate Venture Kapital für iCITY zu etablieren. Und mit unserem europaweiten Multi Corporate Accelerator mit aktivem Scouting laden wir erfolgsversprechende internationale Startups und Talente in unsere iCITIES ein. Sozusagen eine Win-Win-Situation, besonders auch für interessierte Venture Capital Investoren.
Beim Betrieb der Gebäude wollen Sie neue Wege gehen. Das «Digital First»-Konzept, welches durch das Facility-Management-Unternehmen Vebego gemeinsam mit Partnern entwickelt wurde, soll einen 100 Prozent digitalen Betrieb des Gebäudes ermöglichen. Wie muss man sich das vorstellen?
iCITIES sind Orte, die Talente anziehen, fördern und wo marktfähige Innovationen und Business Cases erfolgreicher und schneller geschehen. iCITIES gehen neue Wege in vielerlei Hinsicht – eben «The third space between home and office». Dabei spielt Digital First eine zentrale Rolle. Nicht nur Innovation bei Health & Life Sciences sondern auch beim Nutzungs- und Betriebskonzept. So setzen wir bei der Beleuchtung in Reinach voll auf die intelligente und energiesparende Lösung des erfolgreichen ETH Spin-offs LED City. Besonders zu erwähnen ist aber das umfassende digitale Betriebskonzept mittels einer App für fast alle Bedürfnisse der iCITY Members bezüglich Buchung, Abrechnung, Services, Zutrittskontrolle, Signage, Gastro, etc. aber auch «What’s going on today» und wann findet die nächste iCITY Party satt. Ein weiterer, allerdings nicht so digitaler Fokus wird in den iCITIES das Thema Kreislaufwirtschaft beim Mobiliar sein. Also der moderierte und möglichst lange Lebenszyklus vom Mobiliar und den involvierten wiederverwendbaren Wertstoffen. Hier arbeiten wir mit Partnern in Richtung eines eigenen flexiblen iCITY Kreislauf-Möbelprogramms.
Sie stellen nicht, wie üblich, die Mieter, sondern deren Mitarbeitende und ihr Bedürfnis nach Inspiration, Networking, Austausch und Work-Life-Balance in den Fokus. Doch als Betreiber einer Liegenschaft geht es auch um die Vermietung der Flächen. Die Miete wird ja von den Mietern bezahlt, und nicht von den Mitarbeitenden. Wie gehen Sie im Markt vor?
Indem wir davon ausgehen, dass glückliche Mitarbeiter Unternehmen erfolgreicher machen und letztere dann auch in iCITIES zu glücklichen und treuen Mietern werden. Beim Finden dieser Mieter beschreiten wir neue Wege. Ziel ist es ja, aus den iCITIES funktionierende und auch harmonierende Ecosysteme zu machen, die sich auch orchestrieren lassen. Und da ist es eben sehr ähnlich wie bei einem klassischen Symphonie-Orchester. Auf die Zusammensetzung und Ausgewogenheit kommt es an. Bei den Startups habe ich ja bereits auf unseren Multi Corporate Accelerator hingewiesen, über welchen wir über Socialmedia aber auch über bestehende Startup Ecosysteme unsere Members oder Mieter finden. Also mit dem Anzapfen weiterer Ecosysteme aber auch über die Nutzung weiterer Netzwerke. Hier spielt auch unser Advisory Board eine zentrale Rolle. Generell lässt sich sagen, dass wir in unserem «Go to Market» die gleichen modernen Werkzeuge einsetzen und Kanäle bespielen, die sich in anderen Branchen bereits seit einiger Zeit erfolgreich durchsetzt haben, in der Immobilienbranche aber eindeutig noch nicht angekommen sind.