Ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsverständnis umfasst bei Weitem nicht nur energiebezogene Aspekte. Gleichermassen verhält es sich mit der Werthaltigkeit. Dass sich der langfristige Werterhalt einer Immobilie nicht mehr allein durch traditionelle Kriterien herleiten lässt, darüber sind sich viele Fachleute mittlerweile einig. Werthaltigkeit ist vielschichtig und manifestiert sich somit auch im Swiss Sustainable Real Estate Index (SSREI) in den Bereichen Wirtschaft, Gesellschaft und Umwelt respektive auf finanzieller, gesellschaftlicher sowie ökologischer Ebene. In dieser Ausgabe widmen wir uns der gesellschaftlichen Perspektive.

Die Ermittlung des Gebäudewertes ist nicht nur Vorschrift der Rechnungslegung; vielmehr ist es im ureigenen Interesse eines jeden Eigentümers, zuverlässige Informationen über die langfristige Werthaltigkeit seiner Immobilien zu erhalten. Ob dabei die aktuell herangezogenen Kriterien den zukünftigen Wert der Liegenschaft zuverlässig zu ermitteln vermögen, ist in Fachkreisen zunehmend umstritten. So ist es naheliegend, beispielsweise den Energieverbrauch und Energiequellen in die Wertermittlung miteinzubeziehen. Jedoch sind auch gesellschaftliche Gesichtspunkte nicht ausser Acht zu lassen.

Zwei Themen im Vordergrund

In diesem Zusammenhang gibt es zwei Themen, welche im Vordergrund stehen, namentlich die städtebauliche und architektonische Qualität sowie die Nutzerbedürfnisse. Gute Architektur ist ein kultureller Wert als auch ein gesellschaftliches Bedürfnis. So kann der erste Eindruck, die visuelle Erscheinung also, den Entscheid, dafür oder dagegen, und letztlich die Zahlungsbereitschaft für ein Objekt beeinflussen. Ansprechende Architektur vermag es eine Gegend aufzuwerten und lädt den Menschen zum Verweilen ein. Gute Architektur ist indes beständige Architektur. Es besteht der logische Wille, solche Liegenschaften zu erhalten. Dies wiederum ist der unmittelbare Beitrag der Architektur an die Ökologie, denn Gebäude abzureissen, heisst, graue Energie zu vernichten.

Die Berücksichtigung stetig wachsender, sich verändernder Nutzerbedürfnissen hat ebenfalls einen direkten Einfluss auf den gesellschaftlichen Wert und die Beständigkeit einer Liegenschaft. Demografische Veränderungen, Anpassungen in der Arbeitsweise (Stichwort «home office») und weitere Faktoren beeinflussen die individuellen Objektanforderungen auf Nutzerseite. Wird man diesen nicht gerecht, sind Leerstände oder erhöhte Mieterfluktuation mögliche Folgen. Eine gute Lage, ausreichend Tageslicht, Schallschutz, Raumluftqualität, Behaglichkeit und somit die Gesundheit und das Wohlergehen an sich, soziale Kontaktmöglichkeiten, flexible Grundrisse, Bewohnbarkeit in sämtlichen Lebenslagen (Stichwort «Hindernisfreiheit») – all das können Ansprüche sein, die der Nutzer des Weiteren erhebt und die ein Gebäude erfüllen sollte, soll ein nachhaltig werthaltiger Ertrag damit erwirtschaftet werden.

Elvira Bieri ist CEO der Swiss Sustainable Real Estate Index AG. Sie wird in einer Serie von drei Teilen auf das Thema Nachhaltigkeit eingehen. Hier der 1. Teil.