Aufgrund der sich stetig nach oben drehenden Preisspirale bei den Wohnungsmieten will sich die Anlagestiftung Terra Helvetica dem Thema «Bezahlbares Wohnen» widmen, wie Stiftungsrat Urs Rüdin betont. Nun steht die zweite Kapitalerhöhung mit einem Emissionsvolumen von 100 Mio. CHF an.

Die Anlagestiftung Terra Helvetica steht vor der zweiten Kapitalerhöhung, bei der maximal hundert Millionen Franken an Neugeldern entgegengenommen werden können. In welche Objekte werden Sie das Geld investieren?

Urs Rüdin: Die Anlagestiftung respektive das Portfoliomanagement der Admicasa Immobilien AG hat eine lukrative, sehr grosse Pipeline an neuwertigen Liegenschaften, die aktuell geprüft werden und für diese potentiellen Objekte wird das Geld verwendet werden.

Wie hoch ist das Ausschüttungsziel?

Unser Ziel ist weiterhin über 3 Prozent Netto Cash Flow – ohne Aufwertungen – zu erwirtschaften.

Die Mieten sinken in letzter Zeit bereits auf breiter Front. Warum betrachten Sie das Thema «Bezahlbares Wohnen» als aktuellen Begriff?

Die Mieten sind wegen der aktuellen Lage wie Corona und den steigenden Zinsen respektive der anziehenden Inflation nicht mehr gesunken. Im Gegenteil denken wir, dass es in naher Zukunft wieder zu Mietzinssteigerungen kommen kann. Die Leute haben tendenziell nicht mehr Geld zur Verfügung, suchen aber immer grössere Wohnungen wegen der Home-Office Problematik respektive sind zurückhaltend wegen der teilweise unsicheren Wirtschaftslage. Trotzdem sollen es neuwertige Wohnungen sein, die angemietet werden.

Die Anlagegruppe spricht institutionelle Investoren an. Warum gehen Sie davon aus, dass diese in bezahlbaren Wohnungsbau investieren wollen?

Wir denken, dass es auch für die Pensionskassen wichtig ist, dass ihre Versicherten die vielfach den Durchschnitt oder weniger des durchschnittlichen Einkommens beziehen, auch Zugang zu bezahlbaren und neuwertigen Wohnungen haben.

Terra Helvetica setzt auch auf nachhaltiges Bauen. Wie lässt sich dies mit bezahlbarem Wohnraum kombinieren?

Wir haben eine umfassende Check-Liste, die wir abarbeiten, in der alle Aspekte abgedeckt werden, wie Heizung, Dämmung, Energieverbrauch, Anbindung an das öffentliche Leben etc. und sind aktuell auch daran alle Liegenschaften im SSREI-Index zu erfassen. Dies ist kein Widerspruch zu bezahlbarem Wohnraum, im Gegenteil, auch dieses Segment soll in nachhaltigen Bauten ein Zuhause finden. Weiter sind wir in ständigem Austausch mit der ASIP und der SSF zu diesem Thema.

Nachhaltigkeit, wenn man sie aus der Sicht von ESG (Environmental, Social und Governance) betrachtet, ist mehr als nur die Gebäudedämmung und Heizungssanierung. Wie gehen Sie mit den Aspekten Social und Governance um?

Wir nehmen hier auch Rücksicht auf Familien, die nicht im obersten Lohneinkommen angesiedelt sind und verhalten uns auch korrekt bei Ereignissen wie Corona, in dem wir einen Teil der Nebenkosten erlassen.

In städtischen Lagen werden heute sehr hohe Immobilienpreise geboten. Wo engagiert sich Terra Helvetica geografisch?

Wir sind in der ganzen Deutschweiz tätig, mehrheitlich an der Peripherie der Grossstädte. Hier wohnt die Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer und man hat trotz moderaten Mieten immer noch eine gute Rendite für die Investoren.

Ländliche Gebiete werden aber von den grossen Immobilienschätzern immer noch als leerstandsgefährdet eingestuft.

Das erleben wir so nicht. Bei uns sind nur wenige Wohnungen jeweils vakant und die Nachfrage in einigen Häusern übersteigt die verfügbaren Wohnungen. Nicht alle Menschen wollen oder können in den Grossstädten leben und die zusätzliche Nachfrage nach einem Zimmer mehr, hat auch die Nachfrage nach bezahlbarem, neuwertigem Wohnraum anhaltend gesteigert.

Die Pandemie hat den Drang nach Homeoffice verstärkt. Doch das heisst für viele Mietrinnen und Mieter, dass sie mehr Wohnraum benötigen. Wirkt sich diese Entwicklung nicht preistreibend aus?

Nein, wir haben aber festgestellt, dass die Leute dann eher ein paar Dörfer weiter weg ziehen, wo die Mieten etwas tiefer sind und für den gleichen Preis ein Zimmer mehr im Budgetrahmen liegt.

Investiert Terra Helvetica nur in Bestandsbauten oder werden auch Neubauprojekte gesucht?

Wir investieren hauptsächlich in Bestandsliegenschaften ohne Sanierungsbedarf in den nächsten 5-8 Jahren bei einer Bruttorendite um die 4 Prozent oder besser. Neubauprojekte übernehmen wir vozugsweise bei Fertigstellung mit Vollvermietung oder Mietzinsgarantie. Ab einem Bestandsvolumen von CHF 300 Mio. ist es sicherlich möglich einzelne Neubauprojekte ab Start ohne Renditeeinbussen zu integrieren. Wir wollen mehrheitlich nur Wohnimmobilien im Bestand, aktuell ist der Anteil um die 98.5 Prozent. Gewerbliche Bauten oder Anteile in Wohnliegenschaften sind aber nicht ausgeschlossen.

Wie steht die Terra Helvetica zu den Forderungen der Pensionskassen nach tieferen Verwaltungsgebühren?

Die Anlagestiftung legt Wert auf Transparenz und tiefe Kosten. Wir haben nur 0.35 Prozent Portfolio Management-Fee und im Schnitt 1.5 Prozent Transaktionskosten. Auch ist die Entschädigung der Organe sehr moderat und das TER bewegt sich bereits im zweiten Jahr bei nur 0.60 Prozent. Der Stiftungsrat entspricht aktuell auch dem Anlageausschuss dank der umfassenden Kenntnisse und Erfahrung der Mitglieder auf dem Immobilienmarkt.

Emission in drei Abrufen: Die Schweizer Anlagestiftung Terra Helvetica wurde im April 2020 gegründet und lanciert eine weitere Kapitalerhöhung mit einem Emissionsvolumen von maximal 100 Mio. CHF für die Anlagegruppe «Wohnen Schweiz». Die Liberierung ist in den ersten drei Quartalen 2022 mit max. drei Abrufen geplant. Die Anlagegruppe umfasst 11 Liegenschaften in der Deutschschweiz mit einem Wohnanteil von 98% und hat ein Anlagevermögen per Ende Jahr von ca. CHF 82 Mio. Die Leerstandsquote liegt bereits im ersten Jahr unter 3%. Die Anlagegruppe beinhaltet eine Management-Fee von 0.35%. Der Emissionspreis beträgt 1040 CHF (zuzüglich Ausgabekommission von 1.50%).

Bild: Urs Rüdin ist Stiftungsrat der Anlagestiftung Terra Helvetica.