Der Outlet-Betreiber Value Retail ist im Ranking der wirtschaftlichen erfolgreichsten Outlet Center Europas ein ständiger Kandidat für die Top-Plätze. Zuletzt im vergangenen Jahr, als das von Value Retail gemanagte „Bicester Village“ bereits zum fünften Mal von den befragten Outlet-Mietern auf den ersten Platz gewählt wurde. Diesmal gelang dem angloamerikanischen Unternehmen aber etwas ganz Besonderes: erstmals, seit im Jahr 2008 der „Outlet Centre Performance Report Europe“ (OCPRE) als jährlich aktualisierte Leistungsschau der Outlet Center eingeführt wurde, räumte mit Value Retail ein einziger Betreiber gleichzeitig sämtliche Medaillenplätze ab. Gold geht an „La Roca Village“ im spanischen La Roca del Vallés, nördlich von Barcelona. Silber bekommt „Kildare Village“ im Norden Irlands und Bronze erhält der bisherige Seriensieger „Bicester Village“ in der britischen Grafschaft Oxfordshire. Alle drei Center wurden von Value Retail entwickelt und betrieben. Das Landquart Fashion Outlet (im Bild oben) befindet sich auf dem 16 Platz.
Hohe Umsätze rechtfertigen hohe Mieten
„Das ist in der Tat eine ganz besondere Leistung, welche nicht unterschätzt werden sollte“, kommentiert Joachim Will dieses Ergebnis. Will ist Chef der Wiesbadener Wirtschaftsberatung ecostra, welche zusammen mit dem französischen Forschungsinstitut magdus diese jährlich aktualisierte, europaweite Untersuchung durchführt. Will: „Es ist im Markt hinlänglich bekannt, dass Value Retail in seinen Centern die mit Abstand höchsten Mieten der Outlet-Branche aufruft. Gleichzeitig bestätigen uns die befragten Markenhersteller nun, dass ihre Outlet-Stores dort auch die besten Erträge erzielen. Offensichtlich lohnt es sich trotz der hohen Mietpreise, Ladeneinheiten in den Value Retail-Centern zu betreiben.“
Heimlicher Sieger: „Clarks Village“ im Südwesten Englands
Aber auch bei anderen Outlet-Centern in Europa haben trotz des phasenweisen, corona-bedingten Lockdowns die Kassen gebrummt. Den vierten Platz im Ranking teilen sich mit identischer Mieterbewertung zwei französische Center: „The Village“ in Villefontaine bei Lyon und „One Nation Paris“ in Le Clayes sous Bois, ganz in der Nähe des touristischen Hotspots Versailles. Das Center in Villefontaine wurde erst im Mai 2018 eröffnet und ist somit ein vergleichsweise junges Center, das sich aber bereits im Vorjahr in der Spitzengruppe der europäischen Outlet-Center platzieren konnte. „Die erneute Top-Platzierung zeigt, dass der Entwickler und Betreiber des Projektes ‚La Companie de Phalsbourg‘ hier vieles richtig gemacht hat“, konstatiert Caroline Lamy, welche auf Seiten des französischen Forschungsinstitut magdus für die Bearbeitung des Reports zuständig ist. Lamy: „‘The Village‘ ist auch weiterhin auf einem guten Weg. Selbst der Online-Marktplatz des Centers verzeichnet sehr gute Umsatzzuwächse und die Vermietungsstrategie ist auf Premium-Marken fokussiert und umfasst hier bereits ein prominentes Portfolio.“ Auf den weiteren Plätzen folgen mit Roermond (Niederlande), Miramas (Frankreich), Ellesmere Port und York (beide Vereinigtes Königreich) vier Center des europäischen Marktführers McArthurGlen. Als heimlicher Sieger darf sich „Clarks Village“ in Street (Vereinigtes Königreich) fühlen, das mit einem Durchschnittswert von 1,25 einen Top-Wert erreicht, aber aufgrund nur 4 Mietervoten die Schwelle zur Aufnahme in das Ranking (5 Mietervoten) knapp verfehlt hat.
Tschechische Outlet-Center als Schlusslichter
Es gibt aber auch Standorte, an denen alles andere als Freude herrscht und sich die Mieter sehr unzufrieden äußern. Schlusslicht des Rankings und damit Träger der „roten Laterne“ ist im aktuellen Report die „Outlet Arena Moravia“ im tschechischen Ostrava. Mit dem „Premier Outlet Prague Airport“ belegt ein weiteres tschechisches Center den zweitletzten Platz im Ranking, wobei dieses Center gegenüber dem Vorjahr geradezu abgestürzt ist. Will: „Während die ‚Outlet Arena Moravia‘ einige Probleme zu haben scheint, Ladenleerstände zu füllen und eine geeignete Marktpositionierung herzustellen, ist das ‚Premier Outlet Prague Airport‘ vor allem mit dem Einbruch des internationalen Städtetourismus konfrontiert, der für einen Standort in direkter Nachbarschaft zum Flughafen Prag vor Corona noch eine stabile Nachfragebasis geboten hat.“ Von den Mietern geradezu abgewatscht wird das „Paddock Paris“ in Romainville (Frankreich), das zwar mit vier Mietervoten das Ranking ebenfalls verpasst hat, aber von all diesen Mietern mit einer „Fünf“ jeweils die schlechtest mögliche Bewertung erhalten hat.
Holy AG wieder bester Betreiber
Bei der Frage nach dem besten Betreiber wurden als Kriterien die Vermietungsleistung sowie die Qualität des Managements und des Marketings angesetzt. Wie bereits im Vorjahr wurde die Holy AG von den Markenherstellern hier auf den ersten Platz gewählt. Die Holy AG betreibt mit der „Outletcity Metzingen“ das derzeit erfolgreichste deutsche Center. Als bester Betreiber bei der Bewältigung der besonderen Herausforderungen durch die Corona-Pandemie wurde – ebenfalls wie im Vorjahr – Value Retail ausgezeichnet.
Corona-Pandemie hinterlässt Spuren
Den Folgen der Infektionsschutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie war ein spezifischer Fragenteil des OCPRE gewidmet. Anders als viele Shoppingcenter, welche meist einen Lebensmittelanker haben und deswegen zumindest teilweise geöffnet bleiben konnten, waren die Outlet Center während der Lockdown-Phasen fast immer komplett geschlossen. Etwa 94 % der Outlet-Mieter hatten gegenüber dem letzten Corona-freien Jahr 2019 Umsatzeinbussen zu verzeichnen, nur 6 % gelang es einen Umsatz zu erwirtschaften, der bis zu 25 % über dem Vergleichsjahr 2019 lag, das noch keine Ladenschliessungen kannte. Knapp 28 % der Mieter mussten sich mit weniger als der Hälfte des 2019er Umsatzes zufriedengeben. Entsprechend war auch der Druck auf die Vermieter. Fast zwei Drittel der Mieter (ca. 64 %) – und damit nochmals deutlich mehr als im Vorjahr (ca. 57 %) – haben ihre Mietzahlungen zumindest temporär ausgesetzt. Aber offensichtlich ist es trotzdem gelungen, mit den Vermietern einvernehmliche Lösungen zu finden, da nur knapp 8 % der Outlet-Mieter berichten, wegen Mietausfällen in einen Rechtsstreit mit dem Vermieter verwickelt zu sein.
Profitabilität der Outlets nimmt wieder zu
Outlet Stores sind für die Markenhersteller weiterhin deutlich profitabler als eigene Markenstores in den innerstädtischen Geschäftsstrassen. Hier haben die Befragungsergebnisse des OCPRE über all die Jahre noch nie ein anderes Bild ergeben. Eine klare Neubewertung ist jedoch für die Online-Shops festzustellen. Will: „Bis zum Jahr 2019 waren die Outlet Stores eindeutig der profitabelste Vertriebskanal für die Marken. Mit der Covid-Pandemie 2020 veränderte sich dieses Bild, wobei die Profitabilität der Online-Shops nun etwas besser bewertet wurde. Im jüngsten Befragungszyklus wird die Profitabilität dieser beiden Vertriebskanäle nun als weitgehend identisch eingestuft. Damit scheint das Pendel wieder in Richtung der Outlets zu schwingen.“
Expansion verläuft gebremst
Unabhängig davon ist auch im Outlet-Markt die Expansions-Euphorie eher gebremst. Zwar beabsichtigten die befragten Markenhersteller im Durchschnitt ca. 2,6 Outlet Stores neu zu eröffnen und nur ca. 0,9 Stores zu schliessen, so dass von einer weiteren Verdichtung des Standortnetzes auszugehen ist. Allerdings hat seit dem Spitzenjahr 2018 mit durchschnittlich ca. 3,7 Neueröffnungen die Dynamik doch merklich nachgelassen. Wenn expandiert wird, steht bei den meisten Markenhersteller der deutsche Markt auf der Liste der Ziele. 52 % aller Befragten suchen in Deutschland Outlet-Flächen. Offensichtlich auch in Ermangelung geeigneter Standorte ist der Wert gegenüber dem Vorjahr (ca. 65 %) jedoch deutlich zurückgegangen. Ein stark gestiegenes Interesse als Zielländer finden nun Frankreich, Polen, Spanien und Italien, welche sämtlich über bereits gut entwickelte Outlet- Märkte und über ein entsprechendes Flächenangebot verfügen.