Dem UBS Global Real Estate Bubble Index zufolge weisen die Eigenheimmärkte in Frankfurt, Toronto und Hongkong die höchsten Risikoniveaus auf. UBS hat für die Studie die Preise für Wohneigentum in 25 Grossstädten weltweit analysiert. Von Mitte 2020 bis Mitte 2021 hat sich das inflationsbereinigte Preiswachstum bei Eigenheimen in diesen Städten auf 6 Prozent beschleunigt, die höchste jährliche Zunahme seit 2014.
Gemäss dem UBS Global Real Estate Bubble Index 2021 ist das Blasenrisiko im vergangenen Jahr im Durchschnitt der analysierten Grossstädte gestiegen. Gleiches gilt für das potenzielle Ausmass einer Preiskorrektur. Frankfurt, Toronto und Hongkong stehen an der Spitze des diesjährigen Index und werden mit dem deutlichsten Blasenrisiko eingestuft. Hohe Risiken bestehen auch in München und Zürich; Vancouver und Stockholm sind in den Blasenrisikobereich zurückgekehrt. Amsterdam und Paris gehören ebenfalls zu den Städten mit einem Blasenrisiko. Alle untersuchten US-Städte – Miami (das in diesem Jahr an die Stelle von Chicago rückte), Los Angeles, San Francisco, Boston und New York – befinden sich im überbewerteten Bereich. Auch in den Wohnungsmärkten von Tokio, Sydney, Genf, London, Moskau, Tel Aviv und Singapur bestehen starke Ungleichgewichte, während Madrid, Mailand und Warschau weiterhin fair bewertet sind. Dubai ist der einzige unterbewertete Markt und auch der einzige, der in eine tiefere Kategorie als im Vorjahr eingestuft wurde.
Starker, aber kurzlebiger Boom
Das inflationsbereinigte Preiswachstum bei Wohneigentum hat sich von Mitte 2020 bis Mitte 2021 im Durchschnitt auf 6 Prozent beschleunigt. In allen analysierten Städten ausser Mailand, Paris, New York und San Francisco sind die Eigenheimpreise gestiegen. In fünf Städten wurde sogar ein zweistelliges Wachstum verzeichnet: Moskau, Stockholm sowie die Pazifikstädte Sydney, Tokio und Vancouver. Es war ein Zusammenspiel besonderer Umstände, das diese Preisrally auslöste. Claudio Saputelli, Head Real Estate des Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management, erläutert: «Die Coronapandemie hat viele Menschen in ihre eigenen vier Wände zurückgedrängt. Dies verstärkte die Bedeutung des Wohnraums und führte zu der grösseren Bereitschaft, höhere Preise für Wohnimmobilien zu zahlen.» Gleichzeitig haben sich ohnehin günstigen Finanzierungsbedingungen noch weiter verbessert. Teilweise wurden sogar die Kreditvergabestandards für Eigenheimkäufer gelockert. Ausserdem haben höhere Sparquoten und boomende Aktienmärkte zusätzliches Eigenkapital freigesetzt.
Mehr Verschuldung, mehr Risiko
Die derzeit geringen Nutzungskosten für Wohneigentum im Vergleich zur Miete sowie die Erwartung immer weiter steigender Immobilienpreise lassen den Kauf von Wohneigentum unabhängig von Preisniveau und Verschuldungsgrad für viele Haushalte attraktiv erscheinen. Diese Denkweise könnte die Märkte vorerst weiter antreiben. Doch die Haushalte müssen immer grössere Kredite aufnehmen, um mit den steigenden Eigenheimpreisen mithalten zu können.
Tatsächlich hat sich die Zunahme der ausstehenden Hypotheken in den letzten Quartalen fast überall beschleunigt, weshalb der Verschuldungsgrad gestiegen ist. Insgesamt sind die Wohneigentumsmärkte noch stärker von sehr tiefen Zinssätzen abhängig geworden. Eine Verschärfung der Kreditvergabestandards dürfte in den meisten Märkten den Preisboom daher abrupt stoppen. Trotzdem liegen Verschuldungsgrad und Kreditwachstum in vielen Ländern noch immer weit unter ihren historischen Höchstständen. So betrachtet, dürfte der Wohnungsmarkt vorerst wohl kaum zu grösseren Disruptionen an den weltweiten Finanzmärkten führen.
Erste Underperformance der städtischen Wohnungsmärkte
Neben den niedrigen Finanzierungskosten bildete die Urbanisierung im vergangenen Jahrzehnt den zentralen Faktor für den Anstieg der Wohneigentumspreise in den Zentren. Das Leben in der Stadt hat nach den Lockdowns an Attraktivität eingebüsst. Die Wirtschaftstätigkeit hat sich teilweise von den Stadtzentren hinaus in Randbezirke und Satellitenstädte verlagert – und mit ihr die Nachfrage nach Wohneigentum. Daher sind von Mitte 2020 bis Mitte 2021 erstmals seit Beginn der 1990er-Jahre die Preise für Wohnimmobilien in nicht städtischen Gebieten schneller gestiegen als in den Städten.
Auch wenn einige dieser Effekte vorübergehender Natur sein werden, schmälert die Nachfrageverschiebung die Aussichten auf einen nahezu garantierten Anstieg der Eigenheimpreise in den Städten. Die Folgen dieser Nachfrageverschiebung dürfte in Regionen mit stagnierender oder gar sinkender Einwohnerzahl (wie in grossen Teilen Europas) sogar noch grösser sein, da dort das Angebot leichter mit der Nachfrage Schritt halten können wird. Matthias Holzhey, Hauptautor der Studie und Head Swiss Real Estate des Chief Investment Office von UBS Global Wealth Management, schliesst daraus: «Eine lange Durststrecke für die städtischen Wohnungsmärkte erscheint immer wahrscheinlicher, selbst wenn die Zinssätze tief bleiben.»
Regionale Perspektiven
Schweiz
Zürichs Eigenheimmarkt bleibt im Blasenrisikobereich. Der Indexwert stieg von Mitte 2020 bis Mitte 2021 nochmals stark an. Der Markt ist überhitzt und die Angebotsvolumen sind auf ein Rekordtief gesunken. Die Erwartung steigender Preise ist fest verwurzelt. Vor allem bei Bieterverfahren laufen Käufer Gefahr, im Vergleich zu anderen Schweizer Regionen überhöhte Preise zu zahlen. Ausserdem hat Zürich unter allen untersuchten Städten das höchste Preis-Miet-Verhältnis, was den Markt sehr anfällig für Zinsanstiege macht. Darüber hinaus übertreffen die Preise und Indexwerte von Zürich weiterhin die Werte von Genf.
Genfs Indexwert stieg seit 2018 und liegt im überbewerteten Bereich. Die Preise haben ein Allzeithoch erreicht und den früheren Höchststand von 2013 übertroffen. Da der Genfer Mietmarkt stark reguliert ist und die Mieten überhöht sind, ist Wohneigentum weiterhin attraktiv, auch dank historisch tiefer Hypothekarzinsen. In beiden Schweizer Städten ist auf kurze Sicht keine breite Marktkorrektur zu erwarten. Genf profitiert weiterhin von der vergleichsweisen Stabilität der Stadt und ihrem internationalen Status, während Zürich als Geschäftsstandort äusserst attraktiv bleibt und ein robustes Beschäftigungswachstum verzeichnet. Auf lange Sicht ist bei beiden Städten jedoch Vorsicht geboten. Wenn die Zinssätze höher tendieren und sich das Nachfragewachstum aufgrund der hohen Preise in den Innenstädten auf Agglomeration und Peripherie verlagert, könnten sich die heutigen überhöhten Preise als nicht nachhaltig herausstellen.
Europa
Es bestehen weiterhin enorme Ungleichgewichte in den Wohneigentumsmärkten der Städte Frankfurt, München, Paris und Amsterdam. Die Wohneigentumsmärkte in den Kernländern des Euroraums sind getrieben von der Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank und lockeren Kreditvergabestandards. Allerdings verlangsamten sich die Preisanstiege während des letzten Jahres und liegen nun unter dem jeweiligen nationalen Durchschnitt. Zentrumslagen wurden immer weniger erschwinglich und die Nachfrage hat sich auf Randbezirke und Satellitenstädte verlagert. Dennoch steht keine unmittelbare Preiskorrektur bevor, solange der Arbeitsmarkt in diesen Städten solide bleibt und die Zinsen für sichere Anleihen negativ bleiben. Die Wohneigentumsmärkte in Mailand und Madrid wurden dagegen härter von der Pandemie getroffen. Strenge und lange Lockdowns brachten hier die Erholung auf dem Wohnungsmarkt zum Stillstand. Um einen Boom am Wohnungsmarkt dieser Städte auszulösen, wäre eine anhaltende Phase starken Wirtschaftswachstums erforderlich.
Das Preiswachstum in London hinkt noch immer hinter dem Landesdurchschnitt hinterher. Die stärkere Nutzung von Homeoffice und flexiblen Arbeitsmodellen liess die Nachfrage nach grösserem und günstigerem Wohnraum (also ausserhalb des Stadtzentrums) steigen und liess dessen Preise steigen. Dagegen litt der Wohnungsmarkt in Inner London besonders stark unter den Folgen der Pandemie. Gesamthaft hat der weiterhin überbewertete Wohnungsmarkt der Stadt aber seine Talsohle durchschritten. Durch gelockerte Finanzierungsbedingungen begünstigt, verzeichneten Moskau und Stockholm von Mitte 2020 bis Mitte 2021 die höchsten Preiswachstumsraten unter allen untersuchten Städten und die Marktungleichgewichte haben stark zugenommen. Warschaus Wohnungsmarkt blieb fair bewertet, während das Preiswachstum unter den landesweiten Durchschnitt fiel.
Naher Osten
In Tel Aviv haben sinkende Hypothekarzinsen und ein starkes Bevölkerungswachstum die Preise in die Höhe getrieben. Ausserdem hat die Regierung die Erwerbssteuer für Zweitwohnungen gesenkt, was die Spekulation am Wohneigentumsmarkt begünstigt. Der Markt nähert sich erneut dem Bereich des Blasenrisikos. Daher ist der Markt stark überbewertet. Im Gegensatz dazu fielen die Preise in Dubai bis Ende 2020 und der Markt ist nun unterbewertet. Erschwinglichere Preise, günstigere Finanzierungen, höhere Ölpreise und ein Konjunkturaufschwung scheinen nun endlich eine kräftige Erholung eingeleitet zu haben. Auch wenn die Bautätigkeit sich verlangsamt hat, stellt das praktisch unbegrenzt ausdehnbare Angebot ein Risiko für die langfristigen Aussichten auf Wertsteigerung dar.
APAC
Die Marktungleichgewichte haben von Mitte 2020 bis Mitte 2021 in allen untersuchten Städten in der Region APAC zugenommen. Hongkong ist trotz drei Jahren nahezu stagnierender Immobilienpreise der einzige Markt im Blasenrisikobereich. Doch der Wohneigentumsmarkt weist Zeichen einer erneuten Überhitzung auf. Das Preiswachstum hat sich beschleunigt und die Transaktionsvolumen haben sogar einen neuen Höchststand erreicht, getrieben durch die Immobiliennachfrage in der oberen Preisklasse und im Luxussegment. Die Regierung ist aber bestrebt, das Angebot an neuem Wohnraum mittel- bis langfristig aktiv zu erhöhen, was einen strukturellen Rückgang der Preise bewirken könnte. In Singapur stiegen Immobilienpreise und Einkommen mehr als zwei Jahrzehnte lang im Gleichschritt. Seit 2018 verzeichnet die Stadt, begünstigt durch eine höhere Nachfrage aus dem Ausland, jedoch wieder ein stärkeres Preiswachstum. Der Markt ist leicht überbewertet, da die Preise begonnen haben, die Mieten und Einkommen abzuhängen. Doch die Ungleichgewichte erscheinen im Vergleich mit den meisten anderen in der Studie untersuchten Städten weiterhin moderat.
Die Korrekturphase für den Wohnungsmarkt in Sydney war nur kurz. Gelockerte Kreditvergabestandards und die Zinssenkungen durch die Reserve Bank of Australia haben den Markt wieder belebt. Ohne einen Richtungswechsel bei den Zinssätzen dürfte sich der seit zehn Jahren anhaltende Aufwärtstrend der Hauspreise fortsetzen, da auch das Bevölkerungswachstum anhält. Die Immobilienpreise in Tokio sind fast zwei Jahrzehnte lang nahezu ununterbrochen gestiegen, begünstigt durch attraktive Finanzierungsbedingungen und Bevölkerungswachstum. Das Wohnungspreisniveau in der Hauptstadt hat sich jedoch zunehmend vom Rest des Landes abgekoppelt. Die Erschwinglichkeit hat sich stark verschlechtert, was das zukünftige Preiswachstum begrenzen dürfte.
USA
In den Städten an der Ostküste waren die Indexwerte in den letzten fünf Jahren relativ stabil. Die Märkte an der Westküste hingegen entwickelten sich weniger konstant. In Los Angeles ist der Indexwert weiter gestiegen, während die Bewertung in San Francisco infolge sinkender Eigenheimpreise rückläufig war. Insgesamt hat der Rückgang der Hypothekarzinsen auf historisch tiefe Niveaus die Wohnungspreise in den USA befeuert. Die Preisveränderungen in den analysierten Städten bleiben jedoch hinter dem landesweiten Durchschnitt zurück. Die Nachfrage nach Immobilien in Stadtzentren hat sich abgeschwächt, da die Menschen aus Gründen der Erschwinglichkeit oder wegen der Folgen der Coronapandemie in die Vorstädte zogen. Die fortgesetzte Abwanderung in Bundesstaaten, in denen die Kosten niedriger sind und die besseren steuerlichen und unternehmensfreundlichen Bedingungen bieten, hat diesen Trend noch beschleunigt.