Die COVID-19-Pandemie hat massiv Bewegung in den trägen Schweizer Wohnungsmarkt gebracht. Neben einer Trendwende bei den Leerständen lassen sich interessante Nachfrageverschiebungen im Wohnungsmarkt beobachten. Pandemiebedingt ist die Attraktivität von Mietwohnungen in den teuren Zentren gesunken. Stärker nachgefragt werden dagegen grosse Wohnungen in den Agglomerationsgemeinden. Eher glimpflich ist die Bauwirtschaft durch die COVID-19-Krise gekommen und befindet sich nun wieder auf Erholungskurs. Das geht aus dem neusten Immobilienmonitor der Credit Suisse hervor.

Dass eine Trendwende bei den Wohnungsleerständen zum Greifen nah war, hat sich für aufmerksame Marktbeobachter in den letzten Monaten angedeutet. Die Baugesuche kündigten schon seit einiger Zeit eine schwindende Dynamik im Mietwohnungsbau an, die sowohl mit einer grösseren Zurückhaltung seitens der Investoren als auch mit der mangelnden Verfügbarkeit von Bauland erklärt werden kann. Das Ausmass der Trendwende ist dennoch eine Überraschung.

Die Wohnungsleerstände sinken wieder

Nach einer langen Phase, in der die Wohnungsleerstände unablässig angestiegen sind, ist die Leerwohnungsziffer per 1. Juni 2021 erstmals wieder gesunken. Die Quote hat sich deutlich von 1,72 % auf 1,54 % reduziert. Die Zahl der leerstehenden Wohnungen hat sich um knapp 7’500 Einheiten auf einen neuen Stand von 71’365 leeren Wohnungen verringert. Zu erwarten war der Rückgang der Leerstände im Wohneigentum (1’900 Wohnungen), wo die Leerstandsziffer sowohl bei Einfamilienhäusern wie auch bei Eigentumswohnungen knapp unter 0,5 % gesunken ist. Überrascht hat dagegen der starke Rückgang bei den Mietwohnungen (5’500 Wohnungen). Die Reduktion der Leerstandsziffer auf unter 2,5 % ist das Resultat einer erstaunlich robusten Mietwohnungsnachfrage und einer Abnahme der Bautätigkeit, die durch COVID-19-Sondereffekte noch verstärkt worden sein dürfte.

Sondereffekte der Pandemie

Für das überraschende Resultat dürfte die Pandemie gleich über zwei Wirkungskanäle verantwortlich sein. Zum einen hat die COVID-19-Krise den Wanderungssaldo (inklusive Schweizer) im letzten Jahr um mehr als 13’000 Personen erhöht, weil sich insbesondere viele Abwanderungswillige entschlossen, die Krise in der Schweiz auszusitzen aufgrund der vergleichsweise besseren Arbeitsmarktlage. Auch die Angebotsseite dürfte erheblich zum markanten Abbau von Leerständen beigetragen haben. So dürften die COVID-19-Schutzmassnahmen sowie gewisse Lieferengpässe von Baumaterialien zu Verzögerungen in der Fertigstellung von Wohnüberbauungen geführt haben. Damit verstärkte die Pandemie die Abschwächung im Wohnungsbau, die sich bereits angekündigt hatte. In den vergangenen zwei Jahren wurden 5 % weniger Mietwohnungen baubewilligt als in den zwei Jahren zuvor und es wurden gar für 18 % weniger Mietwohnungen ein Baugesuch eingereicht. Pandemiebedingte Effekte führten vor allem ausserhalb der Zentren und bei grösseren Wohnungen zu einer Reduktion der Leerstände.

Interessante Nachfrageverschiebungen

Unter den pandemiebedingten Einschränkungen hat die Attraktivität der Grosszentren überproportional gelitten. Es überrascht daher nicht, dass sich weniger Haushalte als sonst üblich zu einem Umzug in ein Grosszentrum entschlossen haben. Einige dieser Haushalte dürften diesen Entscheid möglicherweise auch bloss hinauszögern, bis sich das Leben in den Zentren wieder vollständig normalisiert. Nicht wenige Haushalte rechnen jedoch mit bleibenden Veränderungen aufgrund der COVID-19-Pandemie – etwa mit höheren Homeoffice-Pensen – und haben daher im vergangenen Jahr der Stadt den Rücken gekehrt. Eine höhere Umzugsaktivität lässt sich auch innerstädtisch beobachten. Viele Haushalte scheinen die Zeit für eine Optimierung ihrer Wohnungssituation genutzt zu haben, indem sie innerhalb der Stadt umgezogen sind oder indem sie ihr Pied-à-terre aufgegeben haben. Dies mag auch die eher ungewöhnliche Konstellation erklären, dass insbesondere in den Zentren die Angebotsquoten bei den Mietwohnungen weiter angestiegen sind, während sich die Insertionsdauer nicht verändert hat oder sogar gesunken ist.

Bauwirtschaft auf Erholungskurs

Die Bauwirtschaft konnte den durch die COVID-19-Pandemie entstandenen Schaden in Grenzen halten und befindet sich auf Erholungskurs. Noch ist das Vorkrisenniveau auf dem Bau nicht wieder erreicht, die Tendenz stimmt jedoch zuversichtlich. Insbesondere im Wohnungs- und im Wirtschaftsbau dürfte sich dank gut gefüllter Auftragsbücher der Aufwärtstrend fortsetzen. Mittelfristig deutet allerdings die Entwicklung der Baubewilligungen auf wenig Impulse beim Hochbau hin. Seit rund drei Jahren weist der Neubau von Mietwohnungen eine rückläufige Tendenz auf. Andere Hochbaubereiche wie beispielsweise der Spitalbau oder der Bau von Datenzentren sowie der wachsende Umbau- und Sanierungsbereich bilden hingegen ein Gegengewicht. Neben der sinkenden Planungsaktivität im Mietwohnungsbau bleibt aktuell die Knappheit bei einigen wichtigen Baumaterialien der grösste Risikofaktor für die Bauwirtschaft. Engpässe in den globalen Lieferketten verursachen einen Mangel an Baumaterialien und äussern sich in steigenden Baupreisen und der Gefahr von Bauverzögerungen. Die Baumeister sehen sich daher auch der Herausforderung ausgesetzt, trotz intensivem Wettbewerb die Mehrkosten auf die Bauherren abzuwälzen, um eine weitere Erosion der ohnehin tiefen Gewinnmargen zu verhindern.