Der Gebäudesektor ist matchentscheidend, um die Schweizer Klimaziele zu erreichen. Von der Dekarbonisierung profitieren indes nicht nur Umwelt und Gesellschaft, sondern auch Investoren, Immobilieneigentümer und Asset Manager. Denn die gezielte Reduktion von Emissionen zahlt sich auch finanziell aus. Von Johannes Gantner*
Auch wenn das CO2-Gesetz im Juni 2021 an der Urne abgelehnt wurde, bleiben die Verpflichtungen der Schweiz bestehen: Im Rahmen des Pariser Klimaabkommen sollen die CO2-Emissionen bis 2030 gegenüber den Ausstössen im Jahr 1990 um die Hälfte gesenkt werden. Bis 2050 sollen gar keine Treibhausgase mehr freigesetzt werden. Damit folgt die Eidgenossenschaft dem europäische Green Deal und verpflichtet sich im Kern zu einem wichtigen Gesellschaftsvertrag: Nämlich eine lebenswerte Zukunft für die nachfolgenden Generationen zu schaffen, Abstimmungsresultate hin oder her. Heute gehen rund 26 Prozent der CO2-Emissionen auf das Konto von Immobilien. Damit ist die Branche gefordert, einen relevanten Beitrag zu leisten.
Drei-Säule-Prinzip
Bei der Einführung von Massnahmen in allen Phasen des Lebenszyklus von Gebäuden müssen sich Investoren, Immobilieneigentümer und Bestandshalter daher stehts auf das Drei-Säule-Prinzip der nachhaltigen Entwicklung berufen und überlegen, welche Konsequenzen sich daraus für Menschen, die Umwelt und die Finanzen («People, Planet und Profit») ergeben. Bis vor kurzem standen ökologische Aspekte dabei im Vordergrund, doch zunehmend reift in der Bau- und Immobilienwirtschaft die Erkenntnis, dass Klimaneutralität auch finanziell rentiert. Das hat verschiedene Gründe. Mitunter zu den wichtigsten gehören die Betriebskosten, der Ressourceneinsatz und der Mieterkomfort.
Abbildung 1: Kostensenkung und Ertragsoptimierung: Nachhaltige Massnahmen, um die Rentabilität eines Gebäudes zu steigern.
Betriebskosten minimieren
Lebenszykluskosten sind in hohem Mass relevant für den Werterhalt von Immobilien. Berechnungen zu den Folgekosten von Investitionsentscheidungen sind bereits in der Planungsphase entscheidend für den späteren Marktwert. Denn die Betriebs- und Instandhaltungskosten machen über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes bis zu 40 Prozent aus. Die Energiekosten können dabei gar bis zu einem Viertel der Gesamtkosten betragen.
Dank politischen Förderprogrammen, gesetzlicher Vorgaben und bautechnischer Fortschritte dürfte der Energieverbrauch in der Nutzungsphase von Neubauten stetig mehr in den Hintergrund treten, während die Energieproduktion vor Ort und die «Grauen Energie» – also die für Materialerstellung und -beschaffung, den Bau, die Nutzung und schliesslich den Rückbau benötigte Energie – laufend an Bedeutung gewinnen. Im Fall von Plusenergiegebäuden können dank der Bereitstellung von vor Ort produzierter Energie sogar Einnahmen erzielt werden. Es lohnt also, das Energiemanagement von vorneherein nachhaltig zu projektieren oder im Fall von Instandhaltungen und Sanierungen zu hinterfragen.
Daten als Schlüssel zu einer positiven Umweltbilanz
Die Höhe der Betriebskosten wie auch der Treibhausgasemissionen wird von verschiedenen bauspezifischen Faktoren beeinflusst wie dem Baujahr, der Bausubstanz, den verwendeten Materialien und dem Anteil regenerativer Energiequellen. Auch die Architektur, der Ausbaustandard und der Technologisierungsgrad einer Liegenschaft spielen eine Rolle. So übermitteln beispielsweise Smart Meter nicht nur Verbraucherdaten, sondern identifizieren auch Stromfresser oder fördern die Nutzung zeitvariabler Stromtarife. Somit kann der Energieverbrauch detailliert analysiert, Einsparpotenzial identifiziert und letztendlich die Energieeffizienz gesteigert werden. Damit unterstützen smarte Messsysteme auch die Kontrolle und Einhaltung von übergeordneten Nachhaltigkeitszielen auf Portfolioebene.
Überhaupt sind Daten zentral auf dem Weg zur Klimaneutralität. Nur, wenn Werte gezielt erhoben, standardisiert erfasst und strukturiert ausgewiesen werden, lassen sich Ziele oder Emissionswerte auch überprüfen und Mehrjahresvergleiche einschätzen.
Abbildung 2: Nachhaltigkeitscockpits wie energyGIDO folgen der Überzeugung, dass datenbasierte Entscheide schnell zu einer hohen Wirksamkeit führen.
Mit Blick auf Immobilien als Kapitalanlagen werden das smarte Datenmanagement und eine transparente Datenlage ebenfalls immer wichtiger. Mit der ab 2022 geltenden EU-Taxonomie werden Kriterien für klimaverträgliche Investments festgelegt und Vorgaben in Bezug auf die Offenlegung von Informationen definiert. Die Aggregation und Veredlung von vorhandenen Daten erfordert in der Regel professionelle Unterstützung, lässt sich mit den notwendigen Fachkenntnissen aber häufig effizient bewerkstelligen.
Ressourcen effizienter einsetzen
Im Aktionsplan des europäischen Green Deals kommen ökologischen Baumaterialien eine besondere Bedeutung zu, denn die EU beabsichtigt den Übergang zur Kreislaufwirtschaft, um eine effizientere Ressourcennutzung zu fördern. Es ist zu erwarten, dass die gesetzlichen Vorgaben hierzu schon bald verschärfen. Das deutsche Kabinett beispielweise hat bereits ein neues Lieferkettengesetz beschlossenen, das eine unternehmerische Sorgfaltspflicht in der Supply Chain fordert.
Die Planung von Neubauten wird daher immer stärker von der Kreislaufwirtschaft geprägt. Im Kontext der Immobilienbranche steht «Cradle to Cradle» (C2) entsprechend für eine abfallfreie Bauwirtschaft, deren Produkte einen hohen Wiederverwertbarkeitsgrad aufweisen und bereits mit einer multiplen Einsatzabsicht konzipiert und konstruiert werden. Anders als beim Recycling werden die Materialien dabei ohne Qualitätsverlust für die immer gleiche Art von Gütern und Waren weiterverwendet. Durch Rohstoff- und Performanceleasing lassen sich so Baukosten reduzieren. Ausserdem fallen beim Rückbau keine Entsorgungskosten für Sondermülls an.
Höherer Mieterkomfort für weniger Wechsel
Zu guter Letzt bieten klimaneutrale Gebäude auch Vorteile für Nutzerinnen und Nutzer, denn umweltfreundliche Bauten können den persönlichen Komfort massgeblich erhöhen. So wächst zum Beispiel das Bedürfnis nach Ladestation für elektronische Fahrzeuge laufend, seit emissionsarme Fahrzeuge in verschiedenen Kantonen finanziell begünstigt werden. Auch fallen die Nebenkosten von klimaneutralen Gebäuden deutlich tiefer aus, da Energiekosten reduziert werden. All diese Komponenten sorgen für weniger Mieterwechsel und sinkende Leerstände, was wiederum tiefere Verwaltungskosten und höhere Profite bedeutet.
Benchmarking als Mittel zur Renditeoptimierung
Nachdem Nachhaltigkeit lange Zeit vor allem ein Image-Thema zu sein schien, lassen sich die positiven Auswirkungen auf die langfristige Rendite nicht von der Hand weisen. Gerade mit Blick auf den Finanzmarkt dürfte die Thematik weiter an Bedeutung gewinnen, schliesslich werden nachhaltige Investments immer beliebter. So fordern auch immer mehr Anlegerinnen und Anleger eine regemässige Untersuchung und Vergleichsmöglichkeiten zur ESG-Performance (Environmental, Social and Governance) von Immobilienvehikeln, wie die Popularität von internationalen Benchmarks wie dem Global Real Estate Sustainability Benchmark GRESB oder der vermehrten Anwendung der GRI Standards (Global Reporting Initiative) zeigt.
Gerade für Asset Manager bieten solche Bewertungen viele Vorteile. So können Portfolios und die entsprechenden Vermögenswerte anhand von Nachhaltigkeitsrisiken verwaltet und Verbesserungspotenziale identifiziert werden. Investoren können die Leistungsfähigkeit von Portfolios hinsichtlich Nachhaltigkeit beurteilen und auf dieser Basis Investitionsentscheidungen treffen. Ausserdem schlagen sich die Bewertungen von Chancen und Risiken auch immer stärker auf die monetäre Bewertung von Immobilien nieder.
Damit ist die Klimaverträglichkeit von Immobilien also längst nicht mehr nur ein Thema für Bauingenieurinnen und -ingenieuren, sondern ein relevanter Bestandteil der strategischen Unternehmensführung. Investoren und Portfoliohalterinnen tun gut daran, sich mit den eigenen Handlungsoptionen auseinanderzusetzen, um ihre Rendite langfristig zu optimieren und Einsparpotenzial zu ermitteln.