Auf mittlere Sicht werden es Akteure ohne Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien im Portfoliomanagement schwierig haben, am Markt mit institutionellen Anlegern zu bestehen, sagt Karl Theiler, CEO der Akara Funds AG. Für kleinere Anbieter von Anlageprodukten sind die Kosten für die Datenerhebung zur Zeit noch eine hohe Hürde.

Sie begrüssen die Besucher auf der Homepage mit «Willkommen bei Akara, der marktfrischen Anbieterin von wachstumsorientierten, soliden Immobilienfonds und Spezialistin für erstklassige Vermögensverwaltung sowie Immobiliendienstleistungen für institutionelle und private Anleger». Was tun Sie dafür, dass die Produkte marktfrisch, also nachhaltig, bleiben?

Karl Theiler: Wir sind ein aktiver Asset Manager und investieren fortwährend in unsere Bestandesliegenschaften, entwickeln diese stetig weiter und verdichten, wo es die Rahmenbedingungen erlauben. So können wir ein Immobilienangebot an attraktiven Standorten schaffen, das vom Markt absorbiert wird. Dabei können wir gleichzeitig die Bodenressourcen schonen, die Graue Energie minimieren und die nachhaltige Bewirtschaftung unseres Portfolios fördern. Bei unseren Neubauten streben wir jeweils ein auf dem Markt anerkanntes Nachhaltigkeitslabels an. Damit arbeiten wir unserem Ziel zu, den Werterhalt des Portfolios in unseren Produkten, wie dem Akara Diversity PK, langfristig zu sichern.

Wie lässt sich die rasch wachsende Beliebtheit nachhaltiger Anlagen bei privaten und institutionellen Investoren erklären?

Die Haupttreiber hinter der Nachfrage nach nachhaltigen Anlageprodukten dürften einerseits in der aktuellen Energie- und Klimapolitik und andererseits am aufstrebenden Verständnis für das Thema Nachhaltigkeit an sich liegen. Bei den institutionellen Investoren ist ein steigendes Bewusstsein für Klimarisiken und die potenziellen negativen Auswirkungen auf die Rendite sowie die Zunahme von internen Vorgaben zum nachhaltigen Anlegen spürbar. Im privaten Bereich ist die zunehmende Nachfrage wohl auch damit zu erklären, dass die kaufkräftigen Einkommensschichten generell vermehrt dazu bereit sind, nachhaltige Produkte und Dienstleistungen zu konsumieren. Das Nachhaltigkeits-Labelling von Produkten unterstützt dabei die Anleger bei ihren Investitionsentscheiden, was die Anbieter von Anlagelösungen dazu bewegt, entsprechende Produkte anzubieten und damit aktiv den Markt zu bearbeiten.

Um Immobilien und Immobilienportfolios gemäss Nachhaltigkeitskriterien zu managen, wird letztlich auch die Integration von ESG-Faktoren in das Risikomanagement immer wichtiger. Welche Benchmarks werden sich in der Immobilienbranche etablieren?

Die Beurteilung von Umweltrisiken und Altlasten bei Vergaben von Immobilienkrediten oder bei der Akquisition von Immobilienwerten ist als Teil der Due Diligence schon seit längerer Zeit etabliert. Ebenfalls sind Governance-Themen nicht zuletzt auch aufgrund des regulierten Marktumfelds ein fester Bestandteil des Risikomanagements. Im Umweltbereich finden im Speziellen auch politisch-regulatorische Risiken, welche auf Änderungen in der Energie- und Klimagesetzgebung zurückzuführen sind, Berücksichtigung im Risiko-Mapping.

Wird es zu einer einheitlichen Bewertungslösung kommen?

Bei vielen weiteren Nachhaltigkeitskriterien stellt sich die Herausforderung, wie deren Chancen und Risiken quantifiziert werden können. Diesbezüglich ist zu beobachten, dass zahlreiche – oftmals auch proprietäre – Bewertungsansätze und -tools zur Anwendung kommen. Generell ist in diesem Bereich viel Bewegung im Markt wahrnehmbar. Der Prozess hin zu einer einheitlich standardisierten Bewertungslösung wird mit Sicherheit noch einige Zeit in Anspruch nehmen.

Welcher Benchmark wird sich durchsetzen?

Als Benchmark zeichnet sich ab, dass sich zumindest im internationalen Kontext der Global Real Estate Sustainability Benchmark (GRESB) durchsetzen wird. Die Ergebnisse und der Vergleich mit den Peers liefern wichtige Erkenntnisse und Grundlagen, um das eigene Management und die Produkte verbessern zu können. Die Herausforderung der Quantifizierung ist damit aber nur teilweise gelöst.

Die transparente Erhebung und Quantifizierung von ESG-Risikofaktoren scheint zurzeit noch eine enorme Herausforderung für die Immobilienwirtschaft zu sein. Wie beurteilen Sie die Bemühungen bezüglich Transparenz und Offenlegung?

Die Bereitschaft dafür ist im Markt vorhanden und wird auch stark durch die Anlegerseite getrieben. Dabei bilden beispielsweise Initiativen wie die Principles for Responsible Investments (PRI) oder GRESB die Plattform für die Schaffung von mehr Transparenz und Offenlegung. Eine kürzlich publizierte Analyse des Datenproviders Alphaprop zeigt auf, dass im KGAST Immo-Index 23 von 37 Anlagegruppen die PRI unterzeichneten und 7 von 37 Anlagegruppen am GRESB teilnehmen. Grundsätzlich kann aber nur etwas offengelegt und transparent gemacht werden, wenn Daten und Informationen vorhanden sind. Die Erhebung von Daten im Energiebereich ist beispielsweise bereits weit verbreitet, ist aber auch mit zusätzlichen Kosten verbunden. Ebenso die Teilnahme an den oben erwähnten Initiativen bindet personelle Ressourcen und generiert weitere Aufwände. Dies dürfte insbesondere auch für kleinere Anbieter von Anlageprodukten bisher eine Hürde gewesen sein, solche Daten zu erheben beziehungsweise an diesen Initiativen teilzunehmen.

Mittelfristig dürfte der Druck vor allem in Hinblick auf eine weitere Senkung der Co2-Emissionen zunehmen. Auf internationaler Ebene überbieten sich die Portfoliomanager zahlreicher Immobilienanlagen bereits gegenseitig mit ihren Plänen zur Reduktion der Co2-Emissionen in ihren Immobilienportfolios. Von welchen Vorteilen profitiert derjenige, der Nachhaltigkeitskriterien berücksichtigt und transparent ausweist?

Auf mittlere Sicht werden es Akteure, welche keine Nachhaltigkeitskriterien in ihren Investitionsentscheiden und im Portfoliomanagement berücksichtigen, schwierig haben, am Markt mit institutionellen Anlegern zu bestehen. Diesbezüglich handelt es sich weniger um ein Differenzierungsmerkmal als vielmehr um ein Ausschlusskriterium. Im Weiteren traten zudem auf europäischer Ebene vor kurzem die Sustainable Financial Disclosure Regulation (SFDR) und die EU-Taxonomie in Kraft, welche nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzsektor definieren. Es bleibt abzuwarten, ob seitens dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen oder der FINMA ebenfalls solche Vorgaben für den Schweizer Markt vorangetrieben werden.

Nach der verlorenen Co2-Abstimmung: Welche Massnahmen und Anreize vonseiten Gesetzgeber und Politik würden Sie aus Investorensicht begrüssen, um die Klimaziele in diesem Sektor schneller zu erreichen?

Der Ausgang der CO2-Abstimmung ändert die Ausgangslage für die Immobilieninvestoren nicht fundamental. Aufgrund des internationalen Übereinkommens von Paris, den kantonalen Energiegesetzgebungen sowie anstehenden Initiativen und Vorstössen sind die Rahmenbedingungen so ausgelegt, dass die Dekarbonisierung der Wirtschaft wie auch des Immobiliensektors weiter vorangetrieben wird. Jedoch sind die Marktanteile von fossilen Heizträgern beim Heizungsersatz im Bestand mit rund 50 Prozent immer noch relativ hoch, während sich die Marktanteile bei Neubauten im tiefen bis mittleren einstelligen Bereich bewegen. Der hohe Anteil im Bestand ist auf wirtschaftliche, technologische wie auch rechtliche Ursachen zurückzuführen.

Ist das ausreichend genug?

Ergänzend zu den Instrumenten des abgelehnten CO2-Gesetzes wäre seitens Politik die Förderung von wettbewerbsfähigen, innovativen Energielösungen sowie der Abbau von raumplanerischen und baurechtlichen Hindernissen wünschenswert, um die Immobilienbranche bei der Erreichung der Klimaziele noch besser zu unterstützen. Denn insbesondere in innerstädtischen Lagen ist es teilweise schwierig, technische und wirtschaftliche Lösungen für den Ersatz von fossilen Energieträgern zu finden.

Der oft diskutierte Zielkonflikt zwischen Renditekennzahlen und Nachhaltigkeitsindikatoren ist nicht belegbar. Lassen sich mit einem Leistungsausweis im Bereich Nachhaltigkeit höhere Vermietungs- und Transaktionspreise erzielen?

Es wurden zu diesem Thema bereits einige Studien durchgeführt. Diese Frage lässt sich aber nicht generell beantworten. Es kann damit argumentiert werden, dass bei tieferen Nebenkosten eine vergleichsweise höhere Nettomiete erwirtschaftet werden kann. Insbesondere bei Sanierungen von Liegenschaften mit hohen Heizkosten kommt dieser Effekt zum Tragen, nämlich dann, wenn die Heizkosten stärker sinken, als sich die Nettomiete im Rahmen der mietrechtlichen Vorgaben überwälzen lässt. Im Neubau ist der baurechtliche Energiestandard bereits ziemlich hoch, weshalb sich zumindest mit Blick auf den energetischen Bereich kaum höhere Vermietungspreise durchsetzen lassen. Hingegen ist durchaus vorstellbar, dass andere Nachhaltigkeitsthemen wie E-Mobilität oder Gesundheit und Wohlbefinden als Nachfragetreiber spielen und sich somit positiv auf die Marktpreise und Vermietbarkeit auswirken können.

Wie sieht es im kommerziellen Segment aus?

Bei internationaler Mieterschaft im kommerziellen Segment ist für eine erfolgreiche Vermietung das Vorliegen eines anerkannten Nachhaltigkeitslabels teilweise zwingend, schlägt sich aber nicht unbedingt auf den Vermietungspreis nieder. Die Preise im Transaktionsmarkt sind stark von den gängigen Bewertungsmodellen abhängig. Solange die bestehenden Bewertungsmodelle im Diskontsatz keine expliziten Nachhaltigkeitskomponenten beinhalten, werden sich Nachhaltigkeitsaspekte wohl nicht grundlegend auf die Transaktionspreise auswirken.

Welche Nachhaltigkeitsindikatoren weist Akara bereits heute aus?

Im Mai 2021 haben wir die Principles for Responsible Investments (PRI) unterzeichnet und werden im laufenden Jahr erstmalig am GRESB Assessment teilnehmen. In diesem Zusammenhang implementierten wir für unsere Produkte, wie den Akara Diversity PK, ein Energie- und Umweltmonitoring und werden künftig Energie- und CO2-Kennzahlen ausweisen können. Im Weiteren sind wir bestrebt in unserem Portfolio den Anteil mit zertifizierten Nachhaltigkeitslabeln, die Anzahl Parkplätze mit Ladeinfrastruktur sowie die Eigenstromproduktionsmenge zu steigern und dies entsprechend zu messen und zu überwachen. Langfristig bilden die Reduktion der CO2-Emissionen und sowie die Steigerung des GRESB Scores unsere übergeordneten Ziele.

Bewerten Sie neue Akquisitionsobjekte bereits nach ESG-Kriterien?

Wir befürworten eine im Akquisitionsprozess integrierte Nachhaltigkeitsbewertung und haben bereits Bestrebungen in diese Richtung aufgegriffen, intern eine strategische Initiative gestartet und letztes Jahr einen Sustainability Manager inhouse angestellt. Ein solches Bewertungsinstrument muss aber den teilweise schnellen Reaktionszeiten auf dem Akquisitionsmarkt gerecht werden und daher einfach und praktikabel sein. Es wäre generell wünschenswert, wenn sich in diesem Bereich auf dem Markt ein einheitlicher Standard etablieren würde, damit die Vergleichbarkeit gegeben ist und sich über die Zeit hinweg die Nachhaltigkeitsbewertung basierend auf einer genügend grossen Datenlage auch bepreisen lässt.

Interview: Remi Buchschacher

Begriffe

ESG (Environment, Social, Governance) deckt Kriterien aus den Bereichen Umwelt, Soziales sowie guter Unternehmensführung ab.

Die UN Principles for Responsible Investment (UN PRI), deutsch: Prinzipien für verantwortliches Investieren (UNPRI), sind eine 2006 gegründete und von den Vereinigten Nationen unterstützte Investoreninitiative. Sie bezieht sich auf sechs Prinzipien für verantwortungsvolle Investments. Die Initiative fördert das Verständnis bei Investoren für die Auswirkungen der Nachhaltigkeit und deren Umsetzung.

GRESB (Global Real Estate Sustainability Benchmark) ist das führende Bewertungssystem zur Messung der Nachhaltigkeitsperformance von Immobilienunternehmen und Immobilienfonds. In der Gewichtung von sieben unterschiedlichen Aspekten entsteht der sogenannte GRESB Score, der wesentlich zur Transparenz der Immobilienwirtschaft in Nachhaltigkeitsfragen beiträgt. Der Aufwand für das GRESB-Rating ist relativ hoch. Dem steht gegenüber, dass die Nachhaltigkeit des Portfolios transparent und das Portfolio damit aus Investorenperspektive zukunftsfähig wird.

Die SFDR (Sustainable Finance Disclosure Regulation) sieht neue Transparenzpflichten im Hinblick auf Nachhaltigkeit (Website-Offenlegungen, vorvertragliche Offenlegungen) und regelmässige Berichtspflichten für Wertpapierfirmen sowohl auf Produkt- als auch auf Unternehmens-/Manager-Ebene vor. Die SFDR wurde von der Europäischen Kommission verabschiedet und trat im März 2021 in Kraft. Die Verordnung verlangt Offenlegungspflichten für Asset Manager, Versicherungen und Banken mit Portfolioverwaltung. Die Angaben sind sowohl auf der Internetseite, in vorvertraglichen Dokumenten sowie im regelmässigen Reporting zu machen.