Hitzeinseln sind ein wichtiges Thema in Zeiten der Klimaerwärmung. Begrünte Dächer, Fassaden, Plätze und Wasserflächen sind vielversprechende Möglichkeiten zur natürlichen Kühlung, sagt Peter Wicki, Leiter Entwicklung bei Zug Estates. Das börsenkotierte Unternehmen emittierte im September 2019 als erste Immobiliengesellschaft der Schweiz einen Green Bond.

Zug Estates hat sich zum Ziel gesetzt, alle Gebäude auf den beiden Arealen Suurstoffi Rotkreuz und Metalli in Zug nur mit erneuerbarer Energie und ohne CO2-Emissionen zu betreiben. Rückt nun der CO2-freie Betrieb aller Gebäude in greifbare Nähe?

Peter Wicki: Der CO2-freie Betrieb unserer Liegenschaften rückt in der Tat in grossen Schritten näher. Das Suurstoffi-Areal wird ja schon heute vollständig CO2-frei betrieben. Einen wichtigen Schritt haben wir 2020 gemacht, als wir das Zentrumareal Metalli mitten in der Stadt Zug an Circulago anschliessen konnten. Mit dem Anschluss von weiteren Liegenschaften an Circulago bis 2023 werden wir die Emissionen von heute 12.7 Kilogramm CO2 pro Quadratmeter Mietfläche auf 5.3 Kilogramm senken. Aktuell gehen wir davon aus, dass wir bis spätestens 2025 all unsere Gebäude CO2-frei betreiben können.

Zum Erreichen der Klimaziele gehört auch der Ausbau der Infrastruktur für Elektrofahrzeuge. Wie weit sind die Liegenschaften dafür vorbereitet?

Alle unsere Mieterinnen und Mieter haben seit letztem Jahr die Möglichkeit, einen Parkplatz für ihr Elektrofahrzeug zu erhalten. Dazu konnten wir mit der Firma Energie 360° einen Vertrag zum Aufbau von Elektroladestationen in der Metalli und der Suurstoffi unterzeichnen. Die Vereinbarung sieht vor, dass in beiden Arealen sowohl öffentliche als auch private Ladestationen für die Mieterinnen und Mieter entstehen. Das Angebot an Ladestationen wird bei entsprechender Nachfrage auf beiden Arealen schrittweise ausgebaut.

Die Emissionen aus den Gebäuden sind nicht nur im Winter beim Heizen besonders hoch, sondern angesichts der heissen Temperaturen auch im Sommer. Wie erreichen Sie eine CO2-neutrale Kühlung?

Die beiden Areale werden unterschiedlich betrieben. In der Suurstoffi setzen wir auf ein eigenes Energiesystem basierend auf Solarkollektoren, Erdspeicher und einem Anergienetz. Die Erdspeicher sind dabei eine Batterie, die im Sommer Energie aufnimmt – und sozusagen als Nebeneffekt die Gebäude kühlt. Im Winter wird die im Sommer aufgenommene Wärme wieder abgegeben. Dieser Vorgang funktioniert CO2-frei und seit vielen Jahren sehr zuverlässig.

Und in der Metalli?

In der Metalli setzen wir auf ein externes Energiesystem, den Seewasserenergieverbund Circulago. Die Energie des Zugersees reicht aus, um die Kühlleistung im Sommer problemlos gewährleisten zu können. Die grösste Herausforderung dieser Lösung sind kalte Winter, wo wir allenfalls mit Erdgas unterstützen müssen. Hier prüfen wir aktuell die Umstellung auf nachhaltigeres Biogas.

Wäre auch eine Verkleinerung der versiegelten Flächen, wie zum Beispiel die Verschmälerung der Gehwege und mehr begrünte Dächer, ein Beitrag zur verminderten Erhitzung der Areale?

Der von Ihnen angesprochenen Hitzeinseln sind in der Tat ein sehr relevantes Thema in Zeiten der Klimaerwärmung. In der geplanten Weiterentwicklung der Metalli im Stadtzentrum von Zug legen wir grossen Wert darauf, diesen Effekt so weit wie möglich zu beschränken. Begrünte Dächer, Fassaden, Plätze und Wasserflächen sind vielversprechende Möglichkeiten zur natürlichen Kühlung. Welche davon möglich und sinnvoll sind, hängt letztendlich immer auch von der angestrebten Nutzung der Flächen ab. So sind beispielsweise unversiegelte Wege und Plätze in einem Einkaufszentrum nur sehr schwer zu realisieren. Hingegen ergeben schattenspendende Bäume mehr Sinn.

Ende Dezember 2020 wurde ein weiterer Arealteil für die naturnahe Umgebungsgestaltung mit dem Label der Stiftung Natur & Wirtschaft ausgezeichnet. Was bedeutet diese Zertifizierung?

Mit der zweiten Zertifizierung ist mittlerweile das gesamte Suurstoffi-Areal zertifiziert. Es bestätigt uns, dass wir mit unserem Aussenraumkonzept auf dem richtigen Weg sind. Wir haben von Anfang an auf eine naturnahe Umgebung geachtet. Mehr als ein Drittel der Wiesen und Rabatten zwischen den Wohnhäusern sind mit eiheimischen Pflanzen bestückt. Das lockt viele Vogelarten und unterschiedliche Schmetterlinge an. Schlussendlich sind naturnah gestaltete Areale von grosser Wichtigkeit für die einheimische Biodiversität.

Das Pilotprojekt «Sorglos mobil», an dem verschiedene Mobilitätsorganisationen beteiligt sind, soll auf dem Suurstoffi-Areal in Rotkreuz Hinweise liefern, wie die Bewohnerinnen und Bewohner den öffentlichen und individuellen Verkehr kombinieren und von Sharing-Möglichkeiten profitieren können. Was versprechen Sie sich davon?

Die Reduktion von CO2 gehen wir nicht nur beim Bau und im Betrieb von Gebäuden an. Wir sind uns bewusst, dass jedes Gebäude Mobilität versursacht. Obwohl das Suurstoffi-Areal direkt am Bahnhof Rotkreuz liegt, kann nicht alles mit dem ÖV bewältigt werden. Das Projekt soll es unseren Mieterinnen und Mietern eine CO2-freie Mobilität ermöglichen.

Aktuell wird der Baustoff Holz in der Bau- und Immobilienbranche aufgrund des steigenden Nachhaltigkeitsanspruchs vermehrt eingesetzt. Auf dem Suurstoffi-Areal steht ja das höchste Holzhochhaus in der Schweiz. Planen Sie weiter mit Holz zu bauen, trotz der gegenwärtigen Lieferengpässe?

Aus nachhaltigen Gesichtspunkten führt am Bauen mit Holz kein Weg vorbei. Zum einen bindet Holz viel CO2aus der Luft. Zugleich vermeidet jede Anwendung von Holz die Treibhausgasemissionen, welche zusätzlich aus Herstellung und Transport anderer Baumaterialien entstanden wären – der oft vergessene Substitutionseffekt von Holz. Die aktuell sehr hohen Preise für Holz aufgrund von Lieferengpässen sehen wir als vorübergehende Phase.

Ein veritabler Coup ist Zug Estates mit der Lancierung eines Green Bonds gelungen, der sehr gut aufgenommen wurde. Wie hat sich diese Anlageform entwickelt?

Im September 2019 konnte Zug Estates als erste Immobiliengesellschaft der Schweiz einen Green Bond emittieren. Der Anteil nachhaltig angelegter Gelder steigt in der Schweiz rasant. Von CHF 71.1 Mrd. (2014) auf rund CHF 1520 Mrd. im Jahr 2020. Grüne Anlagen, die auf ESG-Kriterien basieren, werden auch in den nächsten Jahren weiter zunehmen. Vor diesem Hintergrund verstärkt Zug Estates in diesem Jahr das Nachhaltigkeits-reporting und wird den Nachhaltigkeitsbericht im September 2021 zum ersten Mal nach international anerkannten GRI-Standards publizieren.

Interview: Remi Buchschacher

Begriffe

Das Anergienetz entnimmt dem Grundwasser überschüssige Wärme, heizt damit Wohngebäude und pumpt das Grundwasser anschliessend wieder zurück in den Boden. Die aufgenommene Niedertemperaturwärme wird als Anergie bezeichnet werden.

Die Energie für Circulago stammt aus dem Zugersee. Über eine unterirdische Leitung gelangt das Seewasser in einem geschlossenen Kreislauf zur Seewasserzentrale. Dort übergibt ein Wärmetauscher die erzeugte Energie an einen zweiten Kreislauf. Gleichzeitig zirkuliert das Seewasser wieder zurück in den Zugersee. Ein unterirdisches Verteilnetz erstreckt sich über die gesamte Stadt Zug und leitet die Energie an Quartierzentralen weiter. An diese Zentralen sind wiederum kleine und grosse Wärmenetze angeschlossen. Diese versorgen die Endverbraucher mittels einer Wärmeübergabestation mit Energie. Energie für Heizung, Warmwasser, Klimakälte und Serverraumkühlung – erneuerbar und regional.

Peter Wicki ist Leiter Entwicklung und Bauprojekte und Mitglied der Geschäftsleitung der Zug Estates AG.