Wohnen und Jugend ist weder für die Immobilienbranche noch für die Jugend selbst ein grosses Thema. Dennoch lohne sich die Auseinandersetzung mit dieser Zielgruppe insbesondere in der heutigen Zeit des Wandels und Umbruchs, weil sie wie keine andere Trends und Entwicklungen frühzeitig aufgreift. Das schreibt die CS im neusten Immobilienmonitor.

Immobilientechnisch ist die Jugend als Zielgruppe inexistent. Wer die Suchbegriffe in Google Trends abfragt, erhält für das Begriffspaar Wohnen und Alter seit Beginn der Erfassung im Jahre 2004 sehr viele Treffer, beim Begriffspaar Wohnen und Jugend jedoch keinen einzigen. Die Suchmaschine erklärt, dass für die Suchbegriffe in der Schweiz zu wenige Datenpunkte vorhanden seien. Dies gilt für jeden einzelnen Monat seit 2004. Während etwa Wohnen im Alter ein häufig nachgeschlagener Begriff ist, zu dem auch viele Artikel und Bücher geschrieben werden, bleibt die Ausbeute für das Thema Wohnen in der Jugend auffällig spärlich. In Deutschland melde die Suchmaschine immerhin vereinzelte Treffer, das Begriffspaar Wohnen und Jugend bleibe aber auch in Deutschland um einen Faktor 10 hinter Wohnen und Alter zurück, fand die CS heraus.

Wenig Zählbares liefert – ganz im Unterschied zu früheren Jahren – auch eine aktuelle Medienauswertung. «Dies mag damit zusammenhängen, dass heute nur noch in den grössten Zentren des Landes Knappheit an Wohnraum besteht, am offensichtlichsten im stark regulierten Wohnungsmarkt in Genf», heisst es weiter. Gibt es noch andere Gründe für diese geringe Resonanz? Wohnt die Jugend noch dermassen zahlreich bei den Eltern, dass sich die Immobilienbranche um diese Zielgruppe nicht zu kümmern braucht, oder ist ihre Kaufkraft so bescheiden, dass sich dies nicht lohnt? Oder haben die Jungen sehr ähnliche Wohnbedürfnisse wie die Erwachsenen, sodass sich eine Unterschei- dung gar nicht aufdrängt?

Abschied aus dem warmen Nest

Die Gründung eines eigenen Haushalts ist noch immer der entscheidendste Schritt, um auf eigenen Füssen zu stehen. Früher oder später will sich daher jeder und jede aus dem warmen Nest des Elternhauses verabschieden. «Dieser Schritt ist jedoch mit Kompromissen und Entbehrungen verbunden: So ist beispielsweise der Anteil der Bevölkerung, der in einer überbelegten Wohnung lebt, in der Altersklasse der 18- bis 24-Jährigen mit 12.7 Prozent doppelt so hoch wie in der Gesamtbevölkerung», vergleicht die CS. Zudem zählen die Wohnungen dieser Alterskohorte mit einer Fläche von durchschnittlich 66.7 qm zu den kleinsten (Gesamtbevölkerung: 102.3 qm). Darüber hinaus schreitet die Individualisierung auch unter den Jugendlichen voran, was nicht die besten Voraussetzungen für eine funktionierende Wohngemeinschaft schafft. Die Anreize für den Auszug aus dem Elternhaus sind folglich nicht gerade überwältigend, weshalb dieser Schritt tendenziell hinausgeschoben wird, auch wenn die Verfügbarkeit von Wohnraum mit Blick auf die grosse Zahl leer stehender Mietwohnungen heute so hoch ist wie seit langer Zeit nicht mehr.

Als «Jugend» werden in der Regel Menschen im Alter von 13 bis 21 Jahren bezeichnet. In der Befragung für das Credit Suisse Jugendbarometer, auf deren Erkenntnisse sich die Analyse auch abstützt, liegt der Fokus hingegen auf um drei bis vier Jahre ältere Jugendliche. Diese Selektion habe einerseits mit der durchschnittlich längeren Ausbildungszeit und andererseits mit dem Thema Immobilien zu tun, das für Jugendliche in ganz jungen Jahren noch nicht relevant ist. Die Auseinandersetzung mit der Zielgruppe der Jugendlichen sollte laut CS die Immobilienbranche dennoch nicht vernachlässigen. Hätte ein Investor früh beobachtet, welche Neuerungen die Jugendlichen (Smartphone, Streaming, Sharing usw.) als Erste annehmen und wie sie ihre Verhaltensweisen anpassen, und hätte er sein Portfolio in diese Richtung umgebaut, so wäre er mit seiner Performance heute mehr als zufrieden, sind die Autoren der CS Analyse überzeugt. Und Potenzial sei noch reichlich vorhanden. Allein die neue Wohnform Co-Living, die sich unter den Jugendlichen wachsender Beliebtheit erfreue, bietet mit Blick auf den hohen Anteil von Wohnimmobilien weltweit ein enormes Wachstums- und Investitionspotenzial.

Kombination aus privat und gemeinschaftlich

Co-Living bezeichnet eine moderne Wohnform, bei der private Kleinstwohnungen mit Gemeinschaftsbereichen kombiniert werden und die Community – ähnlich wie beim Co- Working – einen zentralen Bestandteil des Zusammenlebens darstellt. Co-Living definiert sich durch eine Kombination aus privat genutzten (häufig mit Bad und Küchenzeile ausgestatteten) 1- bis 2-Zimmer-Apartments, die an Gemeinschaftsbereiche wie Küche, Wohnzimmer, Hobbyraum oder Dachterrasse angeschlossen sind, wo die Gemeinschaft aktiv gelebt wird. Es sind zwei Hauptformen zu unterscheiden: gewerbliche Co-Living Spaces und genossenschaftliche Cluster-Wohnungen. Die gewerblichen Co-Living Spaces bieten ein zeitlich befristetes Rundum-sorglos-Paket mit möblierten Apartments, hotelähnlichen Services (WLAN, Reinigung, Strom usw.) und gemeinsamen Events, die von Community Managern organisiert werden, allerdings zu höheren Preisen. Dagegen ermöglichen genossenschaftliche Cluster-Wohnungen kostengünstiges Wohnen, da die Apartments nicht möbliert sind und sich die Haushalte selbst organisieren.