Der Bausektor verursacht (zu) hohe CO2-Emissionen. Daher ist die stärkere Verwendung von Holz anstelle von Stahl und Beton unter nachhaltigen Gesichtspunkten sinnvoll. Dadurch eröffnen sich Chancen und Investitionsmöglichkeiten im Bereich „Green Buildings“.

Wenn es in Diskussionen über den Klimawandel um Holz geht, ist meist von den schädlichen Rodungen im Amazonas die Rede. Dies verstellt ein wenig den Blick darauf, dass Holz auch aus ökologisch unbedenklicher Forstwirtschaft gewonnen werden kann – und als alternativer Baustoff dann einen wertvollen Beitrag zur Reduktion der weltweiten CO2-Emissionen leisten kann.

Denn: Die globale Baubranche ist ebenfalls durch einen relativ hohen CO2-Ausstoss gekennzeichnet. Anpassungen sind auch hier notwendig. Zwar gibt es bereits einige Initiativen und Möglichkeiten durch moderne Heizungen, verstärkte Dämmung und auch innovative Digitallösungen den CO2-Fussabdruck zu senken. Doch neue Konzepte zur CO2-Reduktion bei den primären Baumaterialien sind rar und oftmals nicht weitreichend genug. Ein ergänzender, alternativer „Baustein“ bietet sich jedoch an: Holz könnte als CO2-armes Baumaterial in der Zukunft (wieder) eine stärkere Verwendung finden und dadurch eine positive Wirkung auf das Klimaprofil der Baubranche haben.

Verwendung von Holz mit doppelt-positivem Klimaeffekt

Bislang spielt Holz als Inputfaktor im Baubereich in vielen Ländern noch immer eine untergeordnete Rolle. Doch Holzprodukte könnten künftig eine wichtigere Funktion als klimafreundliche Baumaterial-Alternative einnehmen. Denn Holz – beziehungsweise Wälder – besitzen wichtige Eigenschaften, die dem Klimawandel entgegen wirken. Voraussetzung für den gewünschten Erfolg ist allerdings: Das verwendete Holz muss aus nachhaltiger Forstwirtschaft stammen.

Grundsätzlich tragen Wälder durch die Aufnahme von CO2 („Carbon Sink“) zum Klimaschutz bei. Sie sind in der Lage, bis zu 40 Prozent der weltweiten durch fossile Brennstoffe verursachten CO2-Emissionen zu speichern. Allein der Baumbestand in den Tropen kann gemäss einer Untersuchung der Rainforest Alliance aus dem Jahr 2020 bis zu 23 Prozent des Klimaschutzes leisten, der zur Einhaltung der Pariser Klima-Ziele erforderlich wäre. Umso dringlicher erscheint deshalb der Schutz des weltweiten Baumbestandes, besonders im Amazonas-Regenwald. Dort führt aber die starke Nachfrage nach Weideland und die Erschliessung von neuen Rohstoffvorkommen zu einer anhaltenden Abholzung von tropischem Regenwald. Diese Entwicklung verringert zum einen die Aufnahme-Kapazitäten des Regenwaldes. Zum anderen haben aber auch die mit den Rodungen einhergehenden CO2-Emissionen einen zusätzlichen Anstieg der Treibhausgase zur Folge.

Unabhängig davon, dass in jedem Fall eine starke Reduktion der Rodungen im Amazonas wichtig wäre, könnte der vermehrte Einsatz von Holz als Baumaterial für eine Teilkompensation sorgen. Denn: Eine erhöhte Nachfrage nach Holz als sinnvoller und profitabler Rohstoff für die Bauindustrie könnte die Bedeutung der Aufforstung von Wäldern (wieder) stärker in den Vordergrund rücken. Das entscheidende Prinzip: Um Forstwirtschaft nachhaltig zu betreiben, ist es von besonderer Bedeutung, dass die „geerntete“ Menge an Holz kleiner ist als die neu aufgeforstete Waldfläche. Mehrere Organisationen zertifizieren bereits heute solch eine nachhaltige Forstwirtschaft, wie zum Beispiel das „Forest Stewardship Council“, das „Programe for the Endorsement of Forest Certification Schemes“, sowie die „Sustainable Forestry Initiative“. Unter nachhaltigen Gesichtspunkten sind diese Initiativen eine wichtige Voraussetzung, damit der stärkere Einsatz von Holz nicht zu Lasten des jetzigen Bestandes erfolgt und es langfristig sogar wieder zu einer Zunahme der Waldfläche kommen kann.

Holz wichtiger Kohlenstoffspeicher

Grundsätzlich verbessert eine professionelle, nachhaltige Holzwirtschaft durch zeitlich optimiertes Fällen von alten Bäumen – und gleichzeitigem Pflanzen junger Bäume – die CO2-Bilanz des Waldes. Zusätzlich kann durch das Verarbeiten und die dauerhafte Nutzung von Holz, CO2 in den Stämmen eingeschlossen werden. Holz fungiert dann als wichtiger Kohlenstoffspeicher („Carbon Storage“). Beim eigentlichen Einsatz von Holz als Baumaterial ergeben sich zusätzliche, klimarelevante Vorteile, vor allem im Vergleich zur Verwendung von Stahl und Beton:

Eine Studie aus dem Frühjahr 2020 macht diesen Vorteil eines vermehrten Holzeinsatzes in der Baubranche deutlich. Im Vergleich mit dem Status quo kann der verstärkte Einsatz von Holz – anstelle von Stahl und Beton – zum einen Emissionen vermeiden helfen. Zum anderen kann wie bereits erläutert CO2 in verbautem Holz eingelagert werden. Eine verstärkte Nutzung von Holz als primärem Baumaterial verkleinert zwar temporär die Rohstoffquelle Wald und mindert dessen erwähnte Funktion als CO2-Senke („Carbon Sink“). Durch nachhaltige Aufforstung wächst Wald aber wieder ausreichend nach und neu gepflanzte Bäume können dann der Atmosphäre erneut CO2entziehen. Ein aus Klimagesichtspunkten sinnvoller Kreislauf entsteht, wenn beim Fällen dieser Bäume in späteren Jahren ebenfalls wieder CO2 eingelagert wird.

Bei einem theoretischen 50 Prozent-Szenario an verwendetem Holz könnten laut der Studie in einem Zeitraum von 30 Jahren bis zu elf Gigatonnen an CO2 gespeichert werden, wie die Abbildung darstellt.

Dies würde auch das verfügbare CO2-Budget an künftigen Emissionen, welches vom Bau- und Immobiliensektor bis 2050 emittiert werden darf, erheblich entlasten. Es könnte somit dazu beitragen, dass der Sektor einen positiven Klimabeitrag leisten und die Pariser Klima-Ziele im Jahr 2050 erreichen kann.

Ein weiterer Vergleich: Ein mittelhohes Gebäude aus Stahl und Beton verursacht ungefähr 1500 Tonnen an CO2-Emissionen. Grund dafür sind vor allem deren unter Klimagesichtspunkten ungünstige Produktionsprozesse. Dahingegen weist ein vergleichbares Gebäude aus Massivholz eine Netto-Einlagerung von 610 Tonnen an CO2 auf. Die Beispiele machen deutlich: Holz hat das Potenzial, die CO2-Bilanz der Baubranche positiv zu beeinflussen.

Dabei ist der grundsätzliche Entschluss, Holz stärker als bisher in der Bauwirtschaft zu verwenden, keine „Entweder-oder-Entscheidung“. Ein Szenario, in dem alle Neubauten nur noch aus Holz bestehen werden, ist weder realistisch noch zielführend. Vielmehr erscheint eine Hybridbauweise, bei der Stahl, Beton, Glas und Holz sinnvoll miteinander kombiniert werden, besonders vielversprechend – auch aus ökonomischer Sicht, denn aktuell sind Häuser aus Massivholz noch relativ teuer. Ein gleichzeitiger Einsatz verschiedener Materialien könnte deshalb bei Neubauten, vor allem aber auch bei Umbauten von bereits bestehenden Immobilien, vermehrt zum Einsatz kommen. Diese Anwendungsbreite von Holz eröffnet Chancen. Denn die gewählten Strategien beim Bau von Gebäuden haben einen starken Einfluss auf den zukünftigen CO2-Fussabdruck der Immobilienbranche insgesamt. Gerade der Erhalt bestehender Gebäude ist in diesem Zusammenhang sinnvoll, da unkontrollierter Abriss von alten Gebäuden – in Verbindung mit einem anschliessenden Neubau – unter Klimagesichtspunkten schädlich wäre. Für Holz bietet sich dadurch die Chance, auch bei Modernisierungs- und Umbaumassnahmen von schon existierenden Bauten, zukünftig eine dominantere Rolle als bisher zu spielen.

Anwendungsmöglichkeiten verbessern sich

Woran scheitert bislang der stärkere Einsatz von Holz in der Baubranche? Besonders die Heterogenität des verwendeten Holzmaterials machte dessen breiteren Einsatz in der Vergangenheit schwierig. Um verlässlich und in grösserem Umfang Bauten mit Holz umsetzen zu können, bedarf es eines ausreichenden und genormten Angebots an verfügbarem Holz. Durch neuartige Technologien in der Holzproduktion („engineered wood“) können mittlerweile aber einheitliche Produkteigenschaften sichergestellt werden, wie zum Beispiel durch die Veredelungstechnologie „Cross-Laminated Timber“ (CLT). Dabei werden Bretter im mehreren Schichten, kreuzweise verklebt und verbessern dadurch die bauphysikalischen Eigenschaften. Durch CLT kann somit eine gleichbleibende Qualität bei Massivholzprodukten sichergestellt werden. Die im Holzbereich immer stärker angewandte Modulbauweise führt ebenfalls dazu, dass Produkte stärker standardisiert sind. Gleichzeitig verkürzen sich dadurch Produktions- und Lieferzeiten und einsetzende Skaleneffekte helfen, die Kosten für Holzkomponenten zu verringern.

Einige – noch immer bestehende – Vorurteile gegenüber dem Baustoff Holz erweisen sich als nur bedingt haltbar: Zwar ist Holz brennbar, doch kann die richtige Anordnung der Holzkomponenten im Brandfall eine schützende Verkohlungsschicht bilden. Eine spezielle Vorbehandlung (Holz wird dafür kontrolliert geflämmt, so dass durch das gezielte „Ankohlen“ die Dauerhaftigkeit erhöht wird) kann diesen Sicherheitsaspekt bei Holzbaukonstruktionen zusätzlich unterstützen. In Japan existieren noch heute, vor längerer Zeit derart behandelte Holzhauskonstruktionen – die ältesten stammen aus dem Jahr 607.

Für Häuser mit einem hohen Holzanteil gilt jedoch: Um die beschriebene „Carbon Storage“-Funktion nicht zu verlieren, ist neben der notwendigen Aufforstung und einer CO2-effizienten Produktion auch eine hohe Recyclingquote notwendig. Denn nur wenn Verrottung oder das unkontrollierte Verbrennen des Baustoffs vermieden werden, können Holzhäuser auch tatsächlich die in sie gesteckten Klima-Hoffnungen erfüllen. Erst wenn eine nachhaltige Wiederverwertung sichergestellt ist, kann Holzwirtschaft auch einen wichtigen Beitrag zu einer verbesserten Kreislaufwirtschaft in der Baubranche leisten. Eine Recyclingmöglichkeit ist die verstärkte energetische Verwendung als Biomasse, was gleichzeitig den Einsatz fossiler Energieträger verringern hilft. Abbildung 2 skizziert beispielhaft die möglichen Zusammenhänge in diesem Bereich, die zwischen klimafreundlich produziertem Holz, seinen Verwendungsmöglichkeiten und dem damit verbundenen Recyclingprozess existieren.

Der CO2-Speicherungseffekt

Die bestehenden Vorteile von Holz und die innovativen Veränderungen bei der Verwendung als Baumaterial werden auch immer stärker in wichtigen, regulatorischen Vorschriften berücksichtigt. So wird der „International Building Code“ (IBC), der die Grundlage für die Höhe von Holzbauten in vielen US-Staaten, aber auch anderen Ländern darstellt, mit dem Beginn des Jahres 2021 angepasst. Ab diesem Zeitpunkt ist es erstmals zulässig, bis zu 18-stöckige Holzhochhäuser zu errichten. Auch in Deutschland können gemäss der jeweiligen Bauordnungen in mehreren Bundesländern schon Holzbauten mit bis zu acht Stockwerken und damit zur Hochhausgrenze errichtet werden. Bereits erfolgreich umgesetzt wurde die neuartige Holzbauweise in Europa zum Beispiel beim „HoHo“ in Wien und beim „Mjøstårnet“-Holzhochhaus in Norwegen, das immerhin eine Höhe von 85 Metern besitzt.

Die Möglichkeit, nun auch mehrstöckige Häuser in Holzbauweise zu entwickeln, könnte künftig auch für die Bebauung im urbanen Bereich eine wichtigere Rolle spielen. Da die Grundstücksflächen hier oftmals begrenzt sind, stellen gerade in Städten Holzhäuser mit mehreren Stockwerken eine besonders praktikable Lösung dar. Der Vorteil: Der positive „Carbon Storage“-Effekt von Holzhochhäusern kann nun auch in Städten zum Einsatz kommen. Der einmalige CO2-Speicherungseffekt bei der Errichtung von Gebäuden aus Holz trägt dazu bei, die (zu) hohen Treibhausgasemissionen im städtischen Bereich insgesamt zu begrenzen. Mehrstöckige Häuser tragen laut einer Studie² besonders gut zur CO2-Speicherung bei, da ihre Speichereffizienz mit der Anzahl der Stockwerke steigt: Ein 10-stöckiges Mehrfamilienhaus aus Holz kann demnach einmalig bis zu 17.567 Tonnen CO2 pro Hektar speichern, während ein 5-stöckiges Gebäude „nur“ 6839 Tonnen an eingelagertem CO2 pro Hektar aufnehmen kann. Abhängig ist dies unter anderem von der Holzdichte, die, je nach Grösse und Komplexität der jeweiligen Gebäude und der Art der verwendeten Holzbauprodukte, variieren kann. Klar scheint jedoch zu sein, dass, mit Blick auf die Speicherung von CO2, der grösste Nutzengewinn insbesondere in einem urbanen Umfeld erzielt werden kann.

Der Bausektor muss sich anpassen

Die Notwendigkeit zu Veränderungen ergibt sich für den Bausektor aber nicht nur aus den genannten Vorteilen, die Holz als Baustoff besitzt. Auch aus demographischen Gründen und wegen der zunehmenden Ausbreitung städtischer Lebensformen, erscheint ein Umdenken angebracht. Das gilt sowohl für die Industrienationen, als auch für die Entwicklungsländer. Schätzungen zufolge werden im Jahr 2050 fast 70 Prozent der Weltbevölkerung in Städten leben – aktuell sind es 55 Prozent. Dadurch entstehen nicht nur soziale Konflikte um ausreichenden und bezahlbaren Wohnraum. Zur Beseitigung dieser Wohnraumknappheit ist es in den vergangenen Jahren zu einem starken Anstieg der Bauaktivitäten gekommen.

Was ist das Problem daran? Wie erwähnt: Der Bausektor hinterlässt einen nicht zu unterschätzenden CO2-Fussabdruck! Schon jetzt sorgt der globale Bau- und Immobilienbereich für mehr als ein Drittel der jährlichen, direkten und indirekten CO2-Emissionen.

Hinzu kommt, dass das beschriebene Wachstum der Städte und der urbane Lebenswandel den Anstieg der globalen Treibhausgasemissionen unterstützen – gerade auch im Verhältnis zur dafür genutzten Landfläche. Die Organisation „C40 Cities“ stellt in einer aktuellen Untersuchung fest, dass Städte nur zwei Prozent der globalen Landfläche einnehmen, allerdings für rund 70 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich sind.

Treffen ausserdem Schätzungen der Vereinten Nationen zu, dass die Weltbevölkerung bis zum Jahr 2050 auf rund 9,7 Milliarden Menschen ansteigen könnte, dann bedeutet dies: Die dafür notwendige, zusätzliche (städtische) Infrastruktur könnte alleine zwischen 35 und 60 Prozent des weltweiten CO2-Klimabudgets aufbrauchen. Eine Überschreitung dieses Budgets würde aber die Einhaltung des „2 Grad Celsius“-Ziels der Pariser Klima-Konferenz gefährden. Aus der demographischen Entwicklung, in Kombination mit der aktuellen Klimabilanz des Bausektors, wird deutlich: Es muss zu Anpassungen im Bausektor kommen, damit dieser ebenfalls die notwendigen Reduzierungsziele für CO2 und CO2-Äquivalente von mindestens 55 Prozent bis 2030 erreicht – so wie im ehrgeizigen Klimazielplan der EU Kommission aus dem September vorgeschlagen – und damit auch das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 erfüllt werden kann.

Traditionelle Baumaterialien mit negativer CO2-Bilanz

Zwar spielen neuartige Dämm-Materialien, spezielle Fenster und effiziente Heizungsanlagen ebenfalls eine nicht zu unterschätzende Rolle zur Reduktion von CO2-Emissionen bei der Errichtung von Gebäuden Doch Anstrengungen in diesen Bereichen sind alleine nicht ausreichend, um die notwendigen CO2-Reduktionen zu erreichen. Denn vor allem Stahl und Beton – beziehungsweise Zement als wichtiger Beton-Grundstoff – tragen zu den elf Prozent an Treibhausgasemissionen der primären Baumaterialien bei. Eine Reduzierung ihres Anteils an den Emissionen während der Produktion ist deshalb von besonderer Bedeutung, auch weil die erzeugte Menge an Stahl und Beton weiter steigt.

Energieeinsparpotenziale und eine Steigerung der Effizienz bei der Herstellung sind weitestgehend ausgereizt. Eine schnelle Reduktion des CO2-Ausstosses ist deshalb nicht zu erwarten. Der Einsatz von Wasserstoff als Energiequelle könnte zwar langfristig eine technische Alternative sein, stellt jedoch derzeit noch keine Lösung dar.³

Bei der Zementherstellung tragen alleine die sogenannten Prozessemissionen bei der Produktion etwa fünf Prozent zum gesamten, weltweiten CO2-Ausstoss bei. Hinzu kommt, dass die notwendigen fossilen Brennstoffe – die den Ofen beim Brennen des Zements auf über 1000 Grad Celsius erhitzen – zusätzlich für rund drei Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich sind. Abbildung 4 verdeutlicht, dass die Prozessemissionen bei der Zementerzeugung noch immer auf einem absolut hohen Niveau verharren, obwohl vor dem Hintergrund der Pariser-Klimaziele eine Reduktion notwendig wäre.

Die Baubranche hat diese Problematik mittlerweile erkannt. Die Suche nach Lösungen und Alternativen hat begonnen. So soll unter anderem CO2-armer Beton beim Bau von Häusern zum Einsatz kommen. Ob dieser spezielle Beton – aus Kosten- und Verfügbarkeitsgründen – aber in ausreichender Menge verwendet werden wird, ist noch unklar. Um die notwendigen CO2-Reduktionen des Pariser Klima-Abkommens in der geforderten Zeit erreichen zu können, bedarf es deshalb zusätzlicher Anstrengungen und alternativer Baumaterialien. Holz könnte deshalb wegen seiner beschriebenen, doppelt-positiven CO2-Eigenschaften vor einer Renaissance als Rohstoff im Bausektor stehen.

Anwendungsmöglichkeiten deuten langfristige Chancen an

Die Beispiele für zunehmende Einsatzgebiete von Holz als Baumaterial – im Bereich Wohnimmobilien, aber auch bei gewerblichen Gebäuden – legen nahe, dass die Nachfrage nach Holzprodukten insgesamt steigen wird. Im „Green Buildings“-Report der International Finance Corporation von 2019 werden die Investmentmöglichkeiten im Bereich „Green Buildings“ in den kommenden zehn Jahren auf bis zu 24,7 Milliarden US-Dollar geschätzt – und dies nur für die Gruppe der Schwellenländer allein. Vor allem in diesen Ländern ergeben sich wegen der dort vorhandenen Ressourcen an Baumbestand grosse Chancen. Zudem könnte sich gemäss einer Studie der IMARC Group der globale Markt für grüne Baumaterialien (neben Holz sind dies unter anderem Bambus, spezielle Produkte aus Lehm und Stroh, aber auch neuartige Betonmischungen) – ausgehend vom Niveau des Jahres 2018 – bis 2024 auf dann 433 Milliarden US-Dollar fast verdoppeln.

Weltweit existieren mehrere Unternehmen, die bereits seit vielen Jahren in den Segmenten nachhaltige Forstwirtschaft und Holzbaulösungen aktiv sind. In Europa sind vor allem skandinavische Unternehmen wie zum Beispiel die finnische UPM-Kymmene in diesen Geschäftsfeldern vertreten. Das Unternehmen betreibt dabei unter anderem eine nachhaltig zertifizierte Forstwirtschaft, produziert aber ebenso verschiedene Holzbaulösungen. Einen noch grösseren Geschäftsschwerpunkt in den Bereichen Forstwirtschaft und Holzprodukte hat die schwedische Svenska Cellulosa. Das Unternehmen betreibt zudem eine der weltweit grössten Baumschulen, die im Zusammenhang mit der parallelen Aufforstung eine wichtige Rolle spielen. Durch Forschung und Innovationen ist es Svenska Cellulosa gelungen, das Wachstum der jungen Bäume deutlich zu beschleunigen und dadurch eine Effizienzsteigerung bei der Aufzucht zu erzielen. Doch auch in den USA existieren Unternehmen wie Weyerhaeuser und PotlatchDeltic, die bereits seit vielen Jahren mit ihren geschäftlichen Aktivitäten auf das Thema „Holz als Baumaterial“ setzen und gleichzeitig stark auf nachhaltige Produktions- und Geschäftsabläufe achten.

Fazit

Um den CO2-Ausstoss zu begrenzen und damit auch einen stärkeren Beitrag als bisher im Kampf gegen den Klimawandel zu leisten, sind mittel- bis langfristig tiefgreifende Änderungen in der Immobilienbranche erforderlich. Eine vielversprechende Möglichkeit ist der stärkere Einsatz von Holz als Baumaterial anstelle von Stahl und Beton, um Emissionen zu reduzieren. Denn gerade diese beiden konventionellen Vorprodukte tragen in erheblichem Masse zum negativen CO2-Fussabdruck des Sektors bei. Wald beziehungsweise Holz könnten hingegen durch ihre Doppel-Funktion als „CO2-Sink“ und „CO2-Storage“ einen positiven Beitrag zu einer besseren Klimabilanz leisten. Dafür müssen allerdings einige Voraussetzungen erfüllt sein: Das benötigte Holz muss mittels nachhaltiger Forstwirtschaft produziert werden und zudem eine standardisierte Produktnorm aufweisen, damit es auch in grösserer Menge verarbeitet werden kann. Dadurch können im Zeitablauf wichtige Skaleneffekte wirksam werden, die die Kosten von Holz als Baustoff senken. Um den Einsatz von Holz in der Baubranche wirklich nachhaltiger zu gestalten, ist zudem eine hohe Recyclingquote essenziell, damit die CO2-Vorteile auch im Zeitablauf erhalten bleiben.

Bestehende Vorbehalte gegenüber Holz als Baustoff werden gleichzeitig immer stärker ausgeräumt, auch weil technische Innovationen zu- und Nachteile gegenüber traditionellen Bauverfahren abnehmen. Die Baubranche erkennt zunehmend die vielfältigen, sinnvollen Einsatzmöglichkeiten von Holz als Baustoff und setzt diese in der Praxis um: Bei ausgewählten Neubauprojekten, vor allem aber auch in der Breite bei der sinnvollen Modernisierung von bestehenden Gebäuden. Aufsichtsbehörden und die Politik unterstützen diese Entwicklung ebenfalls durch gezielte Massnahmen, wie zum Beispiel durch die Initiativen des European Green Deal, der eine „Renovierungswelle“ unterstützen will, die auch eine verbesserte Energieeffizienz des Gebäudesektors zum Ziel hat. Zusammengenommen sollten die verschiedenen, angestossenen Konzepte die zukünftigen Wachstumschancen des Sektors verbessern helfen.

Für Investoren besitzen die skizzierten Trends auch eine Kapitalmarktrelevanz: Zum einen bieten sich den zuvor genannten Unternehmen durch den stärkeren Einsatz von Holz in der Baubranche langfristig interessante Zukunftschancen. Zum anderen wird deutlich, dass gerade Unternehmen aus dem Stahl- und Zementbereich vor grossen Herausforderungen und notwendigen Investitionen stehen. Nur durch eine erfolgreiche Transformation ihrer Produktionsprozesse kann es den betroffenen Unternehmen gelingen, sich auch unter Klimagesichtspunkten zukunftsfähig aufzustellen.

Dr. Henrik Pontzen ist Leiter Abteilung Nachhaltigkeit (ESG) im Portfoliomanagement, Union Investment