Wohneigentum trotzt Krise, Trendwende bei Mehrfamilienhäusern in Sicht

Die robuste Nachfrage nach Wohneigentum spricht für ein weiterhin hohes Preisniveau. Die Corona- Krise hinterlässt jedoch andernorts ihre Spuren: Der stetige Anstieg der Preise für Mehrfamilienhäuser dürfte langsam ein Ende finden, gleichzeitig geraten die Mieten für Büro- sowie Verkaufsflächen noch stärker unter Druck. Diese und weitere Themen behandelt der «Immobilien- Almanach Schweiz 2021» von Fahrländer Partner.
2020 bricht die Schweizer Wirtschaft mit geschätzten -3,9 Prozent so stark ein wie seit der Ölpreiskrise 1975 nicht mehr. Die Konsumentenstimmung erreichte im Jahresverlauf Rekordtiefen und auch die Investitionen – die für das Wachstum in der Zukunft entscheidend sind – wurden stark in Mitleidenschaft gezogen. Zwar geben jüngst diverse Impfstoffe Anlass zur Hoffnung, doch bleiben die Corona-Fallzahlen hoch – und beeinträchtigen die Wirtschaftsleistung negativ. In den kommenden Monaten ist mit Zweitrundeneffekten wie etwa Firmenkonkursen zu rechnen.
Aktien bewegen sich auf einem hohen Niveau und die Renditen der Bundesobligationen verharren im negativen Bereich, so dass Immobilien weiterhin beinahe die einzige Möglichkeit bieten, eine adäquate Rendite zu erzielen. Wobei die Luft angesichts der erneut gestiegenen Leerstände immer dünner wird. Erst 2023 dürfte im Zuge der globalen Erholung so etwas wie Normalität zurückkehren.
Einfamilienhäuser: Keine Zurückhaltung wegen Corona
Die Erwartung, dass sich sowohl Verkäufer als auch potenzielle Käufer aufgrund der Unsicherheit zurückhalten würden, dass also der Wohneigentumsmarkt praktisch zum Erliegen kommen würde, hat sich nicht bestätigt. Die Transaktionspreise für Einfamilienhäuser (EFH) stiegen 2020 weiter an. Grund dafür dürfte weniger ein zu geringes Angebot sein, sondern eher eine steigende Nachfrage nach EFH. Dies wird zumindest von den im Rahmen der jährlichen Immobilienumfrage des HEV Schweiz befragten Experten bestätigt, die seit 2017 eine stetig steigende Nachfrage beobachten. In den kommenden Monaten ist mit weiter steigenden Preisen für EFH zu rechnen, wobei sich der Aufwärtstrend eher abschwächen dürfte. Im gehobenen Segment sind bestenfalls leicht steigende Preise zu erwarten.
Eigentumswohnungen: Angebot hinkt der Nachfrage hinterher
Trotz der Pandemie und der damit verbundenen Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Wirtschaftsentwicklung bleibt auch die Nachfrage nach Eigentumswohnungen (EWG) hoch. Einzig im gehobenen Segment ist im Vergleich zum 1. Quartal 2020 ein Rückgang der Preise festzustellen. Die Nachfrage dürfte wie in den Vorjahren substanziell durch Käufer geprägt sein, die die Wohnung zu Vermietungszwecken erwerben. Sowohl der Preisanstieg als auch die tiefen Leerstände deuten darauf hin, dass vor allem im unteren und mittleren EWG-Segment nach wie vor eher zu wenig Einheiten gebaut werden, nicht zuletzt, weil Mietwohnungen für Entwickler und Investoren attraktivere Möglichkeiten bieten. Das Angebot an Wohnungen wird sich in den kommenden 12 Monaten zwar im Ausmass der vergangenen Jahre ausweiten, dies dürfte aber kaum ausreichen, um die robuste Nachfrage zu befriedigen. Vor diesem Hintergrund ist von stabilen bis leicht steigenden Preisen im unteren und mittleren Segment und mit einer Stabilisierung im gehobenen Segment zu rechnen. Allfällige Verzögerungen in der Impfstoffverteilung oder anhaltend hohe Corona-Fallzahlen könnten sich im Frühjahr 2021 jedoch vorübergehend negativ in der Preisentwicklung niederschlagen.
Mehrfamilienhäuser: Zeit der stetig steigenden Preise wohl vorbei
Im Gegensatz zu den Wohneigentumsmärkten, die ihren positiven Preistrend unbeachtet der Corona- Pandemie fortsetzen, scheint die Krise auf den Mietwohnungsmärkten ihre Spuren zu hinterlassen. Dabei ist allerdings zu beachten, dass das Segment Mietwohnungen (MWG) mit einer Vorerkrankung belastet ist, namentlich den hohen und weiter steigenden Leerständen. Nicht zuletzt darum weisen die Marktmieten seit Anfang 2015 eine leichte Abwärtstendenz auf. Die Zahl der leerstehenden MWG ist zwischen 2019 und 2020 um weitere 3500 Einheiten gestiegen, was einer Leerwohnungsquote von 2,7 Prozent – und damit einer Verdoppelung im Vergleich zu 2013 – entspricht. Dabei konzentriert sich der Anstieg auf die Agglomerationsgemeinden, während im ländlichen Raum stabile und in den touristischen Regionen erneut sinkende Leerstände zu beobachten sind. Obwohl die Erträge von Mehrfamilienhäusern (MFH) insgesamt stabil und die Zinsen tief bleiben, dürften die Investoren 2021 vorsichtiger werden und ihre Renditeerwartungen entsprechend anpassen. In den stark nachgefragten Regionen haben die Transaktionspreise von MFH zwar noch etwas Spielraum nach oben, es ist aber fraglich, ob dieser im kommenden Jahr ausgereizt wird. In der Peripherie dürften Altbauten eher an Wert verlieren, und auch für Neubauten ist die Zeit der stetig steigenden Preise wohl vorbei.
Büromarkt: Mieten werden weiter sinken
Noch kein Leerstandseffekt, aber die Mieten bleiben unter Druck: So könnte man die Lage im Büromarkt derzeit zusammenfassen. Auch wenn viel von strukturellen Verwerfungen oder Corona als «Game Changer» gesprochen wird, hat die Pandemie den Büromarkt bislang in erster Linie durch erstmals abwartende Unternehmen getroffen, die Flächenexpansionen verschieben. Man möchte verständlicherweise zunächst den Konjunkturverlauf bzw. die Arbeitsauslastung abwarten. Dies dürfte aber insbesondere grössere Unternehmen mit langen Planungs- und Umsetzungsfristen betreffen, was in der jüngsten Vergangenheit allenfalls stützend war, weil Entscheide schon vor der Pandemie getroffen wurden. Sie lassen aber für die nächste Zukunft erwarten, dass Bremsspuren sichtbar werden. Darüber hinaus wird die Umstellung von Arbeitsmodellen geprüft, ob wirklich weniger Fläche pro Mitarbeiter benötigt wird, sprich Home-Office sich auch langfristig bewährt. Im Transaktionsmarkt für Büroimmobilien dürften 2021 sinkende Mieten und leicht ansteigende Leerstände zusammen mit der grösseren Vorsicht der Investoren – insbesondere an durchschnittlichen und ungünstigen Standorten – zu steigenden Anfangsrenditen und damit zu einem weiteren Preisrückgang führen.
Verkaufsflächen: Marktmieten sind vielerorts (zu) hoch
Für die nächsten Monate bleibt der Ausblick für den stationären Handel stark eingetrübt. Die Konsumentenstimmung hat sich seit dem Sommer nicht weiter erholt; grössere Anschaffungen dürften aufgrund der schlechten Einschätzung des Arbeitsmarktes aufgeschoben werden. Ein verzögerter konjunktureller Effekt mit steigender Arbeitslosigkeit und Konkursen von Geschäften und Gastronomiebetrieben ist wahrscheinlich. Fahrländer Partner erwartet für das kommende Jahr steigende Leerstände und weiter sinkende Mieten im Verkaufsflächenmarkt. Für die im letzten Jahrzehnt gesunkene Flächenproduktivität (Quadratmeterumsätze) im Schweizer Detailhandel sind die Markmieten vielerorts immer noch (zu) hoch. Dafür mitverantwortlich sind die langen Vertragslaufzeiten im Handel. Bei Mietvertragsverlängerungen und Neuvermietungen werden die Mieter in der besseren Position sein, nicht zuletzt durch die schlechte Marktlage der arg gebeutelten Gastronomie, welche in den letzten Jahren dafür gesorgt hat, dass es kaum Leerstände in den Innenstädten gab.