Kleinunternehmensind die Blätter der Wirtschaft. Für sie hat das richtige Büro am richtigen Ort einen wesentlichen Einfluss auf das Image, auf die Mitarbeiterzufriedenheit und auf die Produktivität. Doch das geeignete Büro zu finden, ist für die KMU nicht einfach: sie stehen mit ihrer Suche oft im Dschungel.

Der schweizerische Wohnmarkt ist sehr strukturiert und sehr gut zu kategorisieren. Mittels Anzahl Zimmer und/oder Flächengrösse ist klar ausgedrückt, was den Nutzer erwartet. Ist das bei den Büro- und Gewerbeflächenmärkten auch der Fall? Wie finden sich kleine Unternehmen bei der Suche nach einem Domizil zurecht? Ein Kleinunternehmen gehört zu einer heterogenen Zielgruppe mit einem vielfältigen Raumbedarf: Produktion, Labor, Schulung, Werkstatt, Gewerbe, Verkauf, Büro, Aussenräume etc. Allerdings können sie nicht wie Mikrounternehmen Lösungen in Betreiberangeboten finden. Und sie können auch nicht wie Grossunternehmen Verhandlungsmacht als «Single Tenant» nutzen. Sie werden damit selten von Vermietern gesucht und umworben und müssen die Suche auf Immobilienplattformen mit eingeschränkten Ressourcen selber aufnehmen.

Kleinunternehmen benötigen preislich tragbare Büro- und Gewerbeflächen. Das ist das primäre Suchkriterium. Schweizweit beträgt der Quadratmeterpreis einer Gewerbeflächeim Median 145 Franken pro Jahr. Die Büroflächen sind deutlich teurer und kosten im Median 230 Franken pro qmund Jahr. Die Bandbreite der Büroflächen ist im Gegensatz zur Gewerbefläche gross. Dies weist auf eine grosse Heterogenität des kommerziellen Flächenmarktes hin. Der Grund dafür liegt einerseits an den unterschiedlichen Objekttypen und andererseits am geographischen Faktor.

Geographisch unterschiedliche Märkte

Es gibt klare regionale Preisunterschiede. Büroflächen in Zürich, Région lémanique und Lugano befinden sich im oberem Preissegment. Regionen mit teuren Büroflächen sind meistens auch teuer für Gewerbeflächen und umge- kehrt, – das gilt allerdings nicht für alle Regionen. Ein Beispiel hierfür ist die MS Region Sarganserland. Die Bürofläche ist mit 158 Franken pro qmund Jahr relativ günstig. Hingegen, der Median der Gewerbeflächen in Sargans übersteigt mit 130 Franken pro qmund Jahr den Median der meisten Regionen. Das ist mit der Tatsache zu erklären, dass die Region von Sargans sehr stark gewerbeorientiert und wenig büroorientiert ist. Die Frage, die sich nun stellt, ist, ob diese Zahlen wirklich repräsentativ sind. Die Vermutung liegt nahe, dass unterschiedliche Verständnisse der Begriffe Büro und Gewerbe Verzerrungen auslösen.

Jeder hat seine eigene Definition

Kommerzielle Flächen werden nach den typischen Nutzungskategorien auf dem Markt inseriert: Büro, Gewerbe, Lager, Praxis, Werkstatt, Atelier, Industrieobjekt, Labor, etc. Bei einer genauen systematischen Analyse der online angebotenen Geschäftsflächen zeigt sich sehr schnell, dass die Definition der möglichen Flächennutzung nicht einheitlich ist. Es liegt keine feste und klare Beschreibung oder Definition vor, was sich in der Analyse widerspiegelt. Eine Praxis wird oft als Bürofläche inseriert, eine Bürofläche entspricht manchmal einer potenziellen Praxis und eine Ladenfläche wird nicht selten als Bürofläche angeboten.

Über 13’500 Büroflächeninserate der letzten vier Jahre wurden aus der Perspektive eines Kleinunternehmers genauer betrachtet. Die Titel und die Beschreibungen dieser Flächen wurden im Hinblick auf die möglichen vorgeschlagenen Nutzungen ausgewertet. Bei dieser Auswertung fällt auf, dass nur bei rund einem Viertel der Inserate eine eindeutige Büronutzung erkennbar ist. Beim Rest der Inserate wurden hingegen mindestens zwei weitere mögliche Nutzungen erwähnt. Das heisst, neben dem Begriff «Büro» wurden ebenso Nutzungen wie «Gewerbe», «Laden», «Lager» oder «Gastronomie» beschrieben. Oft sind sogar die Titel der Inserate mehrdeutig.

Unklare Nutzungsbescheibungen

Neben Büroflächen wurden zudem 5500 Inserate für Gewerbeflächen für Kleinunternehmen der letzten vier Jahre analysiert. Hier fällt auf, dass die Nutzungsbeschreibungen sehr unklar sind. Andere mögliche Nutzungen wie «Büro», «Lager» oder «Laden» kommen genauso häufig vor wie eine Nutzung des Gewerbes selbst. Weiterhin wurde ersichtlich, dass nicht selten Büroflächen als Gewerbeflächen beziehungsweise Gewerbeflächen als Büroflächen angegeben wurden. Das erschwert die erfolgreiche Suche eines interessierten Kleinunternehmens.

Wie bereits in der Studie «KMU Büromieter Monitor 2018» erwähnt, wird versucht, mit der Nutzungskategorie Atelier flexible Räume zu beschreiben und zu vermarkten. Somit soll das Problem der Vielzahl an möglichen Raumnutzungen im Kleinflächensegment gelöst werden. Für Kleinunternehmen hat sich ergeben, dass die Ausprägung der offiziellen Kategorie Atelier je nach Region unterschiedlich ist. Werden die Geschäftsflächen von 150 qmbis zu 750 qmbetrachtet, so ist ersichtlich, dass 2019 in verschiedenen Regionen mehr als 10 Prozent der kommerziellen Flächen unter der NutzungskategorieAtelier vermarktet wurden. Speziell in ländlichen Regionen wird dies bevorzugt, wie zum Beispiel in den Regionen Glarner Unterland, Weinland, Kandertal etc. 

Atelierflächen ungenau zugeordnet

Zusätzlich zu den offiziellen Ateliers kann der Begriff «Atelier» auch unter vielen anderen Nutzungstypen gefunden werden. Wird allgemein nach dem Begriff «Atelier» bei den Geschäftsflächen bis zu 750 qmgesucht, stellt sich heraus, dass derartige Flächen sogar häufiger unter Büroflächeninseriert werden, als unter der offiziellen Atelier-Kategorie. Atelierflächen werden weiterhin als Gewerbe, Laden, Lager, Industrieobjekt oder sogar Praxis auf dem Markt beworben.

Das stellt die Genauigkeit der Zuordnung solcher flexiblen Räume natürlich in Frage. Die Idee, die Nutzung in Ateliers offen zu lassen, könnte zwar für Kleinunternehmen bei der Suche nach der geeigneten Fläche hilfreich sein. Dies ist allerdings nicht der Fall, da derartige Flächen nicht genau genug beziehungsweise sogar falsch zugeordnet werden.

Die Nutzungsmöglichkeiten einer leerstehenden Geschäftsfläche sind meistens unklar. Eine vollausgebaute Fläche kann sich womöglich sowohl für eine Büronutzung als auch für eine Praxis, als Verkaufsfläche oder sogar für stilles Gewerbe eignen. Wird eine vielfältig nutzbare Fläche unter einer bestimmten Kategorie wie Büro oder Gewerbe vermarktet, dann geht viel Information verloren beziehungsweise man erreicht nicht unbedingt das ganze mögliche Zielpublikum.

Insertionswelt wenig hilfreich

Kleinunternehmen stehen bei der Suche also im Dschungel. Die heutige Insertionswelt im Internet ist wenig hilfreich. Die Erkenntnisse aus der grossflächigen Analyse der Angebote decken sich mit Aussagen einzelner Kleinunternehmen, die bei der Raumsuche strukturierte Informationen vermissen. Wir schlagen vor, von der heutigen Kategorisierung Büro, Gewerbe etc. wegzukommen und die Funktionalitäten und Ausstattungsmerkmale stärker in den Vordergrund zu rücken, wie zum Beispiel: Genaue Adresse
– Raumprogramm wie Lager, Verkauf, Toilette, Küche, … – Jeweilige Flächen in qm
– Preis pro Monat netto und brutto
– Nebenkosten
– Bilder Innen und Aussen
– Höhe der Räume
– Bodenbelastung
– Klima, Heizung, Abluft und Zuluft, Wasser
– Zugänglichkeit & Logistik
– Wände- und Fenstereigenschaft
– (Waren-)Lift
– Etagen
– Passantenlage
– Autofrequenz
– Kundenparkplätze
– Ausbau Boden, Decken, Wände
– erlaubte Lärmemission
– etc.

Auf der Basis dieser Informationen kann sich der Interessent schnell ein genaueres Bild verschaffen und mit seinen Bedürfnissen vergleichen. Wir empfehlen also einen genauen Beschrieb der Funktionalitäten und Ausstattungsmerkmale, um die Mehrdeutigkeit der heute üblichen Nutzungskategorien Büro, Gewerbe, Atelier, Industrie, Lager etc. zu reduzieren. Kleinunternehmen hätten so die Möglichkeit, die gewünschte Geschäftsfläche effizienter und zielgerichteter zu finden. Für die Vermieter läge der Vorteil in einem zielgerichteten Prozess mit besserem Markterfolg.

Diese Veränderungen lassen sich zudem innerhalb bestehender Systeme und Vermarktungsplattformen umsetzen. Es handelt sich lediglich um eine zielgerichtete Strukturierung und Ergänzung von Informationen. Im derzeitigen Inseratedschungel ist der Suchaufwand für Kleinunternehmen hoch. Eine klarere und transparente Positionierung von Kleinflächen reduziert diesen Suchaufwand, verteuert jedoch gleichzeitig den Vermarktungsaufwand. Damit rückt die Frage nach einer wirtschaftlichen Vermarktung und Bewirtschaftung von Kleinflächen auch in diesem Punkt erneut in Vordergrund.

Die zentrale Frage ist: Sind Informationen über die Kleinflächen vorhanden und brauchbar, oder müssen sie bei jeder Neuvermietung aufwendig gesucht, erhoben und aufbereitet werden? Je mehr Kleinflächen angeboten werden und je häufiger diese mit kürzeren Vertragslaufzeiten wiedervermietet werden müssen, desto eher lohnt sich der Initialaufwand in die Datenstrukturierung und in die Entwicklung standardisierter Angebote, die auch als solche in Inseraten klar positioniert werden können.

Legende zu Grafik: Die Häufigkeit der Wortnutzung für all diese Büroinserate wird in Form der entsprechenden Schriftgrösse dargestellt (Quelle: ImmoCompass AG)