Die Lage war prekär zu Frühlingsbeginn. Der Bundesrat schuf ab dem 16. März schrittweise schweizweit geltendes Notrecht und riet zunächst vom Umziehen ab. Verbände der Immobilienwirtschaft sowie Zügelunternehmen und Bewirtschafter sprachen sich aber vehement gegen umfassende Einschränkungen bei Umzügen aus. Im April brachen die Umzüge schweizweit um 6% ein, in der Westschweiz und im Tessin sogar zwischen 15 und 30%, wie aus dem homegate.ch-Umzugsreport 2020 hervorgeht. Insgesamt war die Umzugsdynamik in der Schweiz stabil bis zur in diesem Frühjahr eintretenden Pandemie, wie eine Analyse der bei der Schweizerischen Post eingegangenen Nachsendeaufträge für den Zeitraum zwischen Januar und Juni 2020 aufzeigt. Während der März dieses Jahres fast 3% über dem Vorjahr lag, zeigte sich im April ein deutlicher Rückgang: schweizweit zogen 6% weniger Haushalte um als im Vorjahr. Im Mai waren die Massnahmen und die Zurückhaltung der Bevölkerung bei Umzügen weiterhin spürbar. Der Wert lag 1% tiefer als im Vorjahr. Im Juni setzte dann die Erholung ein. Die ausgesetzten Umzüge zogen wieder an und lagen 1% über dem Vorjahr. Das Umzugsverhalten war in einigen Regionen besonders stark von der Pandemie betroffen. Die Westschweizer Kantone (VD, GE, NE) und das Tessin waren deutlich stärker betroffen: 15 bis 20% weniger Haushalte sind hier im April umgezogen.

Die Anzahl der Umzüge lag besonders während der Monate April und Mai deutlich tiefer. Das hängt ohne Frage mit den höheren Infektionszahlen und deshalb restriktiveren Massnahmen dieser Kantone zusammen. Besonders interessant ist das Tessin: der Rückgang der Umzüge setzte hier bereits im März ein, was auf die geographische Nähe zum Epidemie-Herd in Norditalien zurückzuführen ist. Umgekehrt zeigte sich dann im Juni ein Nachholeffekt. Die Umzüge kletterten im Juni 2020 auf einen Wert von 10% über dem Vorjahr. Allgemein gingen die in der romanischen Schweiz verhängten Restriktionen weiter als diese des Bundes. Die Kantone Genf und Tessin schlossen zeitenweise Baustellen, so dass kurz vor Vollendung bzw. Bezug stehende Projekte stillstanden.

Überdies erschwerte die Einschränkung der Personenfreizügigkeit die Umzüge über die Landesgrenze hinweg. Die Umzüge ins Ausland lagen im April bzw. Juni zum Vorjahr 30% bzw. 20% tiefer. Der Effekt der Pandemie hielt also weitaus länger an als bei den Inlandsumzügen. Kantone mit Landesgrenzen zu Italien und Frankreich zeigten stärkere Rückgänge im Vergleich mit diesen zu Deutschland oder Österreich.

Umzugsverhalten zu Beginn der Coronakrise

Die Lage war prekär zu Frühlingsbeginn. Der Bundesrat schuf ab dem 16. März schrittweise schweizweit geltendes Notrecht und riet zunächst vom Umziehen ab. Verbände der Immobilienwirtschaft sowie Zügelunternehmen und Bewirtschafter sprachen sich aber vehement gegen umfassende Einschränkungen bei Umzügen aus. Lösungen für die Wohnungsübergaben- und Übernahmen wurden gefunden und dem Bundesrat entsprechende Empfehlungen gemacht. Die Diskussion war brisant, denn der 31. März ist in fast allen Kantonen ein ortsüblicher Kündigungstermin. Ausgesprochene Kündigungen sowie neu abgeschlossene Mietverträge und bezahlte Mieterkautionen befanden sich in der Schwebe.

Der Bundesrat folgte aber letztlich den Empfehlungen der Interessensgruppen und erliess am 27. März per Verordnung, dass Aus- und Einzug unter der Einhaltung der Empfehlungen betreffend Hygiene und sozialer Distanz des Bundesamtes für Gesundheit zulässig bleiben. Dies kam all denjenigen entgegen, die auf den ordentlichen Kündigungstermin bereits Ihren Umzug geplant hatten. Diese Umzüge blieben damit im April und Mai möglich. Der Rückgang hielt sich folglich schweizweit in Grenzen, manifestierte sich aber im stärker durch Infektionen betroffenen Tessin und in der an Frankreich grenzenden Westschweiz am stärksten. Vor der Pandemie zeigt sich hingegen lange ein stabiles Bild bei den Umzügen.

Vor Corona stabil

Die ausserordentliche Lage verursachte wie erwähnt einen deutlichen Ausschlag bei den Umzügen. Eine derartige Abnahme ist speziell, weil Umzüge allgemein durch eine hohe Stabilität charakterisiert sind. Das ergibt eine Auswertung der vergangenen Jahre, für die die jährliche Umzugsquote berechnet wurde.

Die Umzugsquote setzt die Anzahl Umzüge ins Verhältnis zum Wohnungsbestand und gilt als Mass für die Liquidität im Immobilienmarkt. Je höher die Umzugsquote, desto liquider ist eine Marktregion. Die Umzüge werden dabei in drei Kategorien unterteilt: Umzüge innerhalb eines Kantons (bzw. Bezirk oder Gemeinde), Zuzüge aus der übrigen Schweiz und Zuzüge aus dem Ausland. Von Januar bis Dezember 2019 sind knapp 425‘000 Haushalte innerhalb der Schweiz umgezogen. Damit liegt 2019 in einem sehr ähnlichen Rahmen wie die letzten drei Jahre. Die Zuzüge aus dem Ausland liegen mit rund 65’000 ganz wenig unter dem langjährigen Durchschnitt, aber etwas höher als bei der Umzugsstudie vor drei Jahren. Die Umzugsquote lag 2019 bei 9.3%, d.h. rund jeder 11. Haushalt in der Schweiz wechselte die Wohnung. Am mobilsten sind kleinere Haushalte von 1 oder 2 Personen.

Städte dominieren Umzugsdynamik

Was die Umzugsquoten auf Bezirksebene angeht, zeigt sich keine grosse Verschiebung. Zwischen 2017 und 2019 war die Liquidität weiterhin hoch im Bogen zwischen Mittelland und Bodensee. Die höchsten Quoten von über 10% werden unverändert in den Städten- und Stadtkantonen gemessen, allem voran in Zürich und Lausanne mit 13.3 bzw. 12.3% im Jahr 2019. Grund für die höheren Umzugsquoten in den Grossstädten ist nicht nur der liquidere Arbeits- und Mietwohnungsmarkt, sondern auch der deutlich höhere Einwanderungsanteil. In Zürich macht dieser ein Viertel aus, in Genf und Lausanne sogar je rund ein Drittel.

Bautätigkeit und Umzüge zeigen hohe Wechselwirkung

Neubauprojekte locken jeweils Neuzuzüger an. Zudem lenken Immobilienentwickler ihre Bautätigkeit jeweils dorthin, wo die Liquidität hoch ist, also wo viele Haushalte hinziehen. Daher ergibt sich allgemein ein enger Zusammenhang zwischen Umzugsquoten und der Bautätigkeit im Mietwohnungsbau. In der Regel liegen die Umzugsquoten dort höher, wo rege gebaut wird und umgekehrt.

Eine weitere, wichtige Information ist der Mietwohnungsleerstand einer Region. Er gibt Auskunft über das regionale Marktergebnis, also ob das neu geschaffene Angebot durch die Zuzüge soweit absorbiert wurde. Ein Beispiel für einen gut funktionierenden Markt zeigen die Zürcher Bezirke Dietikon, Uster und Bülach. Der Mietwohnungsbau ist in diesen vergleichsweise hoch. Es wird also fast nirgends so viel Wohnfläche realisiert wie hier, dennoch liegen die Leerwohnungsziffern mit 1.2 bis 1.8% aber tief, weil genügend Zuzüger in die neugebauten Wohnungen ziehen. Das belegen auch die hier relativ hohen Umzugsquoten von 9.6 bis 11.4%.

Anders sieht es aus im Tessin, wo deutlich tiefere Umzugsquoten mit wenig Bautätigkeit einhergehen. Die Bezirke Locarno, Lugano, Mendrisio und Bellinzona bilden die Schlusslichter bei den Umzugsquoten und zeigen auch einen verhältnismässig tiefen Mietwohnungsbau (meist unter 1%). Die Leerwohnungsziffern liegen nach der Entwicklung der letzten Jahre auf einem höheren Niveau als anderswo, was auf die stärkere Bautätigkeit der vergangenen Jahre zurückgeht.

Anhaltende Dynamik in Zürich

Die mit Abstand höchste Liquidität findet sich seit Jahren in der Stadt Zürich. Das ist nicht verwunderlich. Nach wie vor ist die Stadt aufgrund der Situation am Arbeits- und Bildungsmarkt ein Magnet, weshalb sich auch die Bautätigkeit hier konzentriert. Die innerstädtische Umzugsquote liegt bei hohen 13.6%, was eine durchschnittliche Belegungsdauer von rund 7 Jahren ergibt. Diese verhältnismässig tiefe Dauer geht darauf zurück, dass in Zürich die meisten Leute zur Miete wohnen. Nicht auszuschliessen ist hier zudem der Effekt der an Popularität gewinnenden möblierten Wohnungen, die viel kürzere Belegungsdauern zulassen. Wie bei anderen Städten ist auch Zürich zudem für Zuwanderer attraktiv. Einwanderer machen hier einen Viertel aller Zuzüge aus. Dominierend sind aber nach wie vor innerstädtische Umzüge. 48% der umziehenden Haushalte wechseln ihre Wohnung innerhalb der Stadtgrenzen. Dies ergibt die erstmals durchgeführte Auswertung auf Quartiersebene.