Mit Terra Helvetica betritt eine neue Immobilien-Anlagestiftung die Investorenbühne. Der Markt für Neuakquisitionen gestalte sich im Moment aber ziemlich schwierig, sagt Urs Rüdin, Vizepräsident des Stiftungsrats. Der Fokus der Investment-Tätigkeit liege auf Wohnliegenschaften mit bezahlbaren Mieten.
Die Schweizer Anlagestiftung Terra Helvetica wurde im April 2020 gegründet und lanciert aktuell für berufliche Vorsorgegelder in der Schweiz ihre erste Anlagegruppe «Wohnen Schweiz». Wie präsentiert sich der Markt gegenwärtig?
Urs Rüdin: Der Markt für Neuemissionen gestaltet sich momentan eher schwierig, da viele Pensionskassen durch die Börsenkorrekturen die Immobilienquote automatisch an der oder sogar über der festgelegten Limite fahren. Die Aktien haben verloren oder es herrscht doch grosse Angst vor noch mehr Verlusten und bei den Obligationen ist zinsseitig nichts zu erwarten. Und das auf lange Sicht.
Planen Sie für Terra Helvetica weitere Anlagegruppen?
Wir haben vor, nachdem die erste Anlagegruppe eine gewisse Grösse erreicht hat, andere Themen in neuen Anlagegruppen abzubilden. Wir schauen sehr auf die Kosten und vermeiden alles was zu höheren Gebühren führen kann.
Wie wird Terra Helvetica am Transaktionsmarkt auftreten?
Wir können viel aus der eigenen Pipeline beziehen, da wir doch einige Kundschaft haben, die immer wieder Renditeliegenschaften verkaufen. Da wir diese in der Regel in der eigenen Bewirtschaftung haben, wissen wir sehr genau ob sich die jeweilige Liegenschaft für die Anlagestiftung eignet oder ob sie in den Markt gehen soll.
Ein Fokus der Stiftung ist bezahlbares Wohnen. Dieses Segment wird normalerweise von den Genossenschaften besetzt.
Bezahlbares Wohnen wird nicht nur durch die Genossenschaften alleine besetzt. Die Genossenschaften sind an den Referenzzinssatz gebunden und die Gebäude normalerweise im Baurecht gehalten. Die Anlageruppe «Wohnen Schweiz» hat diese Einschränkungen nicht. Doch wir setzen das Haupt-augenmerk auf Wohnliegenschaften mit Mietzinsen zwischen 1000 und 2000 Franken. Diese liegen zwar nicht immer in den Zentren, sind aber in der Regel immer gut oder komplett vermietet, was eine nachhaltige Rendite für die Anleger generiert. Gerade in Zeiten mit null Zins eine wichtige Komponente.
Gelder aus Kapitalerhöhungen fliessen in letzter Zeit vor allem in die bestehenden Kapitalsammelgefässe für Institutionelle, welche in den letzten zwei Jahren neu aufgelegt wurden. Wo sehen Sie Ihren USP?
Unser USP ist vor allem in unserer Pipeline zu finden, aus der wir immer wieder Liegenschaften erwerben können. Auch dass Bewirtschaftung, Portfolio-Management und GU/TU-Geschäft unter einem Dach sind, senkt die Kosten immens. Wenn man sieht, was andere Gefässe an TER aufweisen, ist es unser Ziel, hier im absolut unteren Bereich zu agieren.
Wie krisenfest beurteilen Sie den Schweizer Immobilienmarkt?
Der Wohnliegenschaftenmarkt im mittleren und unteren Mietzinssegement ist sehr stabil, bei teuren Neubauwohnungen wird es in Zukunft schwierig. Mit gewerblichen Liegenschaften wird es ebenfalls die nächsten drei Jahre viel neue Probleme durch die kommenden Covid-bedingten Konkurse etc. geben. Als Anlagen für Pensionskassen sind Wohnliegenschaften mit stetiger Rendite sehr wichtig und werden noch wichtiger werden, da ich in den nächsten Jahren keine Zinserhöhungen erwarte.
Wie sieht es auf der Angebotsseite gegenwärtig aus?
Die Angebotsseite für Renditeliegenschaften mit Potenzial und stetigen Zinseinkünften ist sehr dünn, Neubauprojekte sind relativ viele auf dem Markt. Wir sehen das im Verkauf sehr deutlich, wo alle Wohnungen über 1 Mio. Franken sehr schwierig zu verkaufen sind und Mietobjekte mit Mietzinsen über 2000 Franken ebenfalls eine ganze Weile brauchen oder gar nicht vermietet werden können. Ausser in den grossen Zentren natürlich.
Wird es zu Korrekturen der Marktbewertungen kommen?
Es kann bei Neubauprojekten, die an falscher Lage und mit falschen Renditeerwartungen kalkuliert wurden, durchaus zu Bewertungskorrekturen kommen. Auch bei Eigentumswohnungen wird nicht mehr jeder Preis zu erzielen sein. Bei Gewerbeliegenschaften dürften die Korrekturen am Höchsten ausfallen.
Die Renditen sind in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Ist die Talsohle nun erreicht?
Das ist natürlich alles relativ, das hiess es schon vor Jahren. Sollten die Zinsen auf sehr lange Zeit auf null bleiben, sehe ich allerdings nochmals Aufwertungen auf den Renditeliegenschaften mit guter Vermietungsquote.
Welchen Einfluss erwarten Sie vom Home Office?
Home Office wird die eine oder andere Firma dazu bewegen, ihre Bürokapazitäten zu verkleinern. Allerdings sind nicht überall die gleichen Arbeitsergebnisse erzielt worden, wenn nicht alle Mitarbeiter im Büro sind. Deshalb ist es hier schwierig eine differenzierte Aussage zu machen.
Ein Problem, das auf Immobilienbesitzer während der Corona-Krise immer stärker zukommt, ist die Wiedervermietbarkeit. Wie gehen Sie bei Terra Helvetica damit um?
Hier schauen wir sehr stark darauf, nur Wohnliegenschaften ins Portfolio zu nehmen, die wir entweder aus unser Bewirtschaftungstätigkeit kennen, oder die von unseren Bewirtschaftern auf Herz und Nieren geprüft und für kaufenswert befunden wurden. Wir werden auch nicht sofort Neubauprojekte umsetzen, sondern warten damit, bis wir eine gewisse Grösse erreicht haben. Auch werden wir versuchen die Gewerbequote gegen null oder nur sehr klein zu halten.
Interview: Remi Buchschacher
Urs Rüdin ist Vizepräsident des Stiftungsrates bei Terra Helvetica und Leiter Vertrieb und Mitglied der Geschäftsleitung(CIO) bei der Admicasa Holding AG.