Seit Ausbruch der Finanzkrise hat der Anteil von Buy-to-let-Finanzierungen bei Hypotheken-Neuabschlüssen stark zugenommen. Fremdgenutztes Wohneigentum (Buy-to-let) eröffnet Privatanlegern einen Weg, um am Immobilienboom zu partizipieren. Doch die Risiken sind hoch und werden oft unterschätzt.

Professionelle und finanzkräftige Investoren sind die Vorbilder, Privatanleger machen es nach: Investments in Immobilien sind nach wie vor gesucht. Während die institutionellen Investoren vor allem Mehrfamilienhäuser und ganze Überbauungen kaufen, sind viele Kleinanleger auf der Suche nach Wohnungen, die sie anschliessend weiter vermieten. Diese sogenannten Buy-to-let-Objekte sind gegenwärtig hoch im Kurs. Seit Ausbruch der Finanzkrise hat der Anteil derartiger Finanzierungen bei Hypotheken-Neuabschlüssen auf 17 Prozent zugenommen. Weil Mehrfamilienhäuser im heutigen Umfeld kaum noch erschwinglich sind, kaufen Privatanleger Eigentumswohnungen und vereinzelt Einfamilienhäuser. Das Ziel ist klar: Das Geld sicher anlegen und dank tiefer Hypothekarzinsen eine ansehnliche Rendite erzielen. Doch nicht überall lässt sich dies mit Buy-to-let erreichen. Die Lage spielt dabei nach wie vor eine grosse Rolle. Laut der Credit Suisse befinden sich mehr als die Hälfte aller Buy-to-let-Objekte in Zentren oder Agglomerationen, wo die Nachfrage nach Mietwohnungen robust ist. Entscheidend ist das Verhältnis der lokalen Wohneigentumspreise zu den lokal erzielbaren Mieten, denn an den sehr guten Lagen ist Wohneigentum so teuer, dass nur eine sehr geringe Rendite resultiert. Zudem erleben Wohnungen im Hochpreissegment durch die Corona-Krise derzeit einen starken Nachfragerückgang, sie gelten sogar als Risikoinvestment bei der Weitervermietung. Hinzu kommen Zinsänderungs- und Leerstandsrisiken, die zu Ertragsproblemen führen können.

Trotz solcher Risiken wird die vermehrte Überwälzung von Negativzinsen in Zukunft noch mehr private Anleger in die Arme von Buy-to-let treiben, ist die Credit Suisse überzeugt. Nicht nur zur Freude der Schweizerischen Nationalbank und der Finanzaufsichtsbehörde FINMA, welche den Trend mit Sorge beobachten. Sie weisen vermehrt auf die Risiken solcher Buy-to-let-Finanzierungen hin. Doch was ist Buy-to-let genau? Welche Chancen und Risiken bietet diese Anlageform? Lohnt es sich überhaupt, Vermieter zu werden?

Minimale Rendite

Eine grobe Rechnung zeigt den schmalen Gratmit dem grossen Risiko auf: Wer eine 5-Zimmer-Attikawohnung für eine Million Franken aus dem eigenen Vermögen kauft und diese für 2500 Franken pro Monat vermietet, erreicht eine Bruttorendite von knapp 3 Prozent. Ein in der Immobilienwirtschaft sehr tiefer Wert. Wenn dann noch Abschreibungen, Instandhaltungs- und Unterhaltskosten sowie Steuern berechnet werden, bleiben dem Privatanleger im Mittel noch rund 1,3 Prozent Rendite. Ein enges Korsett, denn als Damoklesschwert hängt zudem das Leerstandsrisiko über dem Investment. Ein Leerstand, das haben die letzten Monate gezeigt, kann eine schmale Berechnungsgrundlage schnell in die roten Zahlen zwingen. Wer zudem noch mit Mietstundungen oder Rechtsanwaltskosten konfrontiert wird, wird kaum noch eine Rendite erwirtschaften können. Je nach Ausformulierung der Nebenkosten im Mietvertrag kann dem Mieter allenfalls nur ein Teil der Nebenkosten überwälzt werden – der Rest bleibt am Eigentümer hängen. Die Vorstellungen bezüglich des zu erzielenden Mietpreises sind deshalb oft überzogen – insbesondere für Wohnungen, die nicht an Toplagen sind. Nach einem Leerstand kann es zudem Monate dauern, bis wieder ein Mieter gefunden ist. Wer sich aber für eine Wohnung an attraktiver Lage entscheidet, muss mit einem oft zu hohen Kaufpreis rechnen.

Besser sieht die Rechnung aus, wenn die Banken einen grossen Teil des Kaufpreises als Hypotheken übernehmen. Bei Übernahme von 60 Prozent als Fremdfinanzierungskosten durch die Bank kann die Rendite auf bis zu 2,2 Prozent gesteigert werden, bei Übernahme von 80 Prozent als Hypothek sind es bereits rund vier Prozent – auch nach Abzug der Hypothekarzinsen. Das ist auf den ersten Blick recht attraktiv, zumal mögliche zukünftige Wertsteigerungen, die an einem zentrumsnahen Standort langfristig zu erwarten sind, noch dazu kommen. Doch mit der sicheren Hypothekarvergabe durch die Banken können Privatanleger heute bei Buy-to-let-Finanzierungen nicht mehr rechnen. Die Vorsicht der Geldverleiher ist grösser geworden. Zwar sind solche Finanzierungen von den Selbstregulierungsmassnahmen für Renditeliegenschaften ausgenommen, aber die FINMA rät den Banken, verschärfte Finanzierungsanforderungen auch bei Buy-to-let-Finanzierungen umzusetzen.

Vermehrt ans Risiko denken

Investoren müssten also wieder vermehrt das Risiko einkalkulieren. «Die Investoren müssten nicht nur ans Risiko denken, sondern sie erleben aktuell live selber mit, was Risiken sind. Wenn Mieter ihre Miete nicht mehr bezahlen, wenn Wohnungen nicht besichtigt werden können, weil die Mieter Angst vor einer Ansteckung haben; wenn Investoren nicht in kommerzielle Objekte investieren wollen und wenn es eine Million Anträge für Kurzarbeit gibt, dann erfahren wir im Kollektiv, was Risiken sind, insbesondere, wenn sie tatsächlich eintreten», sagt Donato Scognamiglio, CEO des Informations- und Ausbildungszentrums für Immobilien (IAZI) in Zürich und Dozent für Real Estate & Finance an der Universität Bern. Eine hohe Rendite steht aber nicht bei allen privaten Investoren im Vordergrund. Vielen geht es auch um den Vermögenserhalt. Sie begnügen sich oft mit nur 0,5 oder 1,0 Prozent Rendite, denn es geht ihnen dabei auch darum, die Wohnung später selber zu nutzen oder den Kindern zu vererben. Wer aber den Hauptteil seines Vermögens in eine Wohnung investiert, ist ungenügend diversifiziert. Gravierende Einbussen des gebundenen Vermögens sind bei Marktkorrekturen nicht ausgeschlossen.

Oft wird zudem der Umstand ausser Acht gelassen, dass für die Mietparteien in einer STWE-Gemeinschaft auch das Mietrecht gilt. Dieses kann den Mietern unter Umständen mehr Rechte zusprechen, als sie die anderen Stockwerkeigentümer haben. «Hinzu kommt das nicht zu unterschätzende Konfliktpotenzial zwischen Eigentümern und Mietern im selben Gebäude. Was viele Kleininvestoren vergessen: Tauchen mit ihren Mietern Probleme auf, sind sie für den STWE-Bewirtschafter und die anderen Eigentümer der Ansprechpartner – und nicht etwa der Mieter», schreibt dazu die Migrosbank. Der Informationsfluss geht vom Bewirtschafter zu den Eigentümern, die dann ihre Mieter informieren müssen. Tun sie das nicht, sind die Probleme vorprogrammiert.

Institutionelle haben das Nachsehen

Das Phänomen Buy-to-let hat auch bereits grossen Einfluss auf die Vermarktungstätigkeit von institutionellen Investoren. Diese neigen nun vermehrt dazu, bei grösseren Überbauungen – entgegen der Usanz – zuerst die Mietwohnungen und erst anschliessend die Eigentumswohnungen zu vermarkten. Denn oft werden die soeben gekauften Eigentumswohnungen von Privatinvestoren umgehend als Mietwohnungen auf den Markt gebracht, was ein deutlicher Vorsprung bei der Vermarktung darstellt. Die Arealentwickler und Investoren sehen sich dadurch in die unangenehme Situation versetzt, durch die privaten Käufer der Eigentumswohnungen auf der Mietermarkt konkurrenziert zu werden.

Remi Buchschacher