«Das Coronavirus hinterlässt Spuren am Immobilienmarkt, der sonst in Krisenzeiten als sicherer Nenner gilt», halt die Zürcher Kantonalbank in der neusten Studie fest. Gewerbeimmobilien seien am stärksten betroffen – trotz kurzfristiger Liquiditätshilfen durch Staat und Banken. Der Büromarkt, welcher am Puls der Konjunktur hängt, werde mit dem konjunkturellen Einbruch nicht so rasch expandieren können.
«Der konjunkturelle Einbruch sorgt mittelfristig für steigende Leerstände bei Gewerbe- und Büroflächen und übt damit Druck auf deren Mieten aus», sagt Ursina Kubli, Leiterin Immobilien Research. «Geschäfte, welche auch vor Corona nur so knapp über die Runden kamen, haben einen schweren Stand. Strukturelle Anpassungen – beispielsweise bei peripheren Retailflächen – werden durch die Krise beschleunigt, so dass mittelfristig mit einem höheren Gewerbeflächenangebot zu rechnen ist.» Nach den Erfahrungen in der Coronakrise sei es auf längere Sicht zudem möglich, dass künftig vermehrt von zu Hause gearbeitet wird. Das würde wiederum die zukünftigen Anforderungen hinsichtlich Flächenbedarf und Standortwahl von Büroliegenschaften beeinflussen. Die Erreichbarkeit – das wichtigste Lagekriterium – würde somit etwas in den Hintergrund rücken.
Wohnimmobilien weniger betroffen
Anfragen für einen Mietzinsaufschub würden bei Wohnimmobilien im Gegensatz zu Geschäftsimmobilien kaum gestellt, heisst es in der Studie weiter. Kurzarbeit habe sich bereits in der Grossen Finanzkrise als gutes Instrument bewährt, den Schweizer Arbeitsmarkt vor den negativen Konsequenzen einer Krise abzuschirmen. Einzelfälle, die nicht durch Kurzarbeit gedeckt sind, werden in der Regel durch die subsidiären Massnahmen der Kantone aufgefangen. Damit sind Arbeitnehmer trotz Unterbeschäftigung in der Lage, ihre Mieten zu zahlen. Dennoch könnten die Mieter aufgrund der erhöhten Arbeitsmarktunsicherheit die Referenzzinssatzsenkung von diesem Frühling häufiger einfordern als sie das normalerweise tun. Bestehende Mieten dürften somit sinken. Bei den Neumieten seien hingegen keine massgeblichen Veränderungen zu erwarten. «Die Entwicklung der Leerstände – eine der Hauptsorgen bei Renditeliegenschaften – ist diesbezüglich der wichtigste Treiber. Da sich die Effekte des kräftigen Rückgangs der Zuwanderung sowie die Verzögerungen im Mietwohnungsbau teilweise aufheben, wird sich der Anstieg der leerstehenden Mietwohnungen nicht akzentuieren.» Das rechtfertige seitwärts tendierende bis leicht sinkende Angebotsmieten und eine stabile Wertentwicklung von Mehrfamilienhäusern, so lange die Zinsen tief bleiben.
Auch beim Eigenheimmarkt erwartet das Immobilienresearch der Zürcher Kantonalbank eine stabile Nachfrage. «Zwar könnte die Liquidität sinken. Doch das leicht höhere Angebot wird kaum zu günstigeren Eigenheimpreisen führen», sagt Ursina Kubli. Weitaus mehr Risiken birgt das Luxussegment. Die Nachfrage nach Luxusimmobilien beschränkt sich naturgemäss auf einen sehr engen Käuferkreis. Ein Grossteil dieser Kundschaft dürfte von den Einbrüchen an den Aktienmärkten stark betroffen sein, was die Nachfrage empfindlich hemmt. Entsprechend sei in diesem Bereich von einem Preisrückgang auszugehen.
«Spätestens, wenn das Virus überstanden ist, wird wieder ein Thema aufs Tapet kommen, welches durch die Corona-Krise in den Hintergrund geraten ist: der Klimawandel. Die Folgen werden weniger schnell, aber auf Dauer umso drastischer spürbar sein», schreibt die ZKB. Aus diesem Grund hat sich der Bund bis 2050 zu einer klimaneutralen Schweiz verpflichtet. Immobilien spielen dabei eine grosse Rolle. Sie stossen 24 Prozent der gesamten Schweizer Treibhausgasemissionen aus, insbesondere aufgrund des Heizens mit fossilen Energieträgern anstelle von erneuerbaren Energien. Besonders schlecht ist die Bilanz in den Städten. Noch immer werden 71 Prozent der Wohngebäude in den Städten mit Öl oder Gas geheizt, wie die jüngsten Auswertungen des Immobilien Research der Zürcher Kantonalbank zeigen.
Herausforderungen liegen im Altbau
Immerhin hat beim Neubau inzwischen ein Umdenken eingesetzt. Seit der Jahrtausendwende gibt es einen starken Trend zur klimafreundlichen Wärmepumpe. Bereits drei Viertel aller Wohngebäude werden heute mit einer Wärmepumpe erstellt. «Würden man sich aber allein auf den Neubau verlassen, würden die Schweizer Klimaziele erst in rund 100 Jahren erreicht.»
Die Schweiz hat sich jedoch zum Ziel gesetzt, bereits in 30 Jahren klimaneutral zu werden. Der Schlüssel dazu liegt laut ZKB im Heizungsersatz und bei den Sanierungen. Angesichts einer Lebensdauer von 15 Jahren müsste jährlich jeder zweite Heizungsersatz von Öl- und Gasheizungen auf eine mit erneuerbaren Energien entfallen, um die Klimaziele 2050 erreichen zu können. In Anbetracht des aktuell geringen Anteils erneuerbarer Heizenergien in Schweizer Altbauten wäre das ein spektakulärer Umschwung. Neben dem konsequenten Ersatz von Heizungen mit fossilen Energieträgern durch solche mit erneuerbaren Energien sollten verstärkt energetische Modernisierungen in den Fokus geraten.
Um den Umschwung zu bewältigen, werde die Politik die gängigen Instrumente verschärfen. Ihre Mittel sind Anreize in Form von Subventionen und höhere Lenkungsabgaben. Die Diskussionen gehen sogar noch weiter. So soll mit dem neuen CO2- Gesetz beim Heizungsersatz ein CO2-Grenzwert gelten, der für Bauten mit mangelnder Wärmedämmung bereits einem Ölheizungsverbot gleichkommt. «Für eine nachhaltige Lösung ist es unabdingbar, dass sich Immobilienbesitzer frühzeitig mit der energetischen Modernisierung auseinandersetzen, um nicht in Zeitnot zu greaten», rät die ZKB.