Die Verunsicherung an den Immobilienmärkten ist gross. Die angekündigte Lockerung der bundesrätlich angeordneten Einschränkungen könnte sich nun aber positiv auswirken. Die Credit Suisse hat sich in einem Investment Alert mit der Corona-Krise und deren Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft auseinandergesetzt. Sie finden den ganzen Text unten stehend in voller Länge.

Credit Suisse: Das Corona-Virus hat, seitdem es sich global immer stärker verbreitet, für Korrekturen an den Finanzmärkten gesorgt, die in puncto Geschwindigkeit und Intensität selbst die globale Finanzkrise von 2008 deutlich übertreffen. Trotz anfänglichem Dagegenhalten konnten sich auch die indirekten Schweizer Immobilienanlagen der Verkaufswelle letztlich nicht entziehen. Innerhalb nur einer Woche (10.03. – 17.03) brachen sogar die Immobilienfonds um 17% ein. Derart heftige Bewegungen bei den Fondstiteln sind äusserst selten und widerspiegeln den Stress, der dieser Tage in den Märkten geherrscht hat. Trotz diesem Rückschlag bewiesen die Schweizer Immobilienfonds ihre defensiven Qualitäten. Der breite Schweizer Aktienindex SPI, der am 19. Februar 2020 seinen Höchststand erreicht hatte, gab innerhalb eines knappen Monats bis zum 17. März um 24% nach. Schlimmer erwischte es die Europäischen Immobilienaktien, die im selben Zeitraum um 39% einbrachen. Schweizer Immobilienfonds (–19%) und Schweizer Immobilienaktien (–20%) zeigten sich dagegen robuster. Der Bärenmarkt setzte sich bei den Schweizer Immobilienaktien aber zunächst noch fort; Letztere starteten erst ab dem 24. März eine Gegenbewegung. Bei den Fonds setzte diese dagegen bereits ab dem 18. März ein.

Trotz Aufholphase liegen die Gesamtrenditen der Schweizer Immobilienfonds (–6.2%) und Immobilienaktien (–14.2%) seit Jahresbeginn im Minus. Deutlich stärker korrigiert haben jedoch die internationalen Immobilieninvestmentmärkte. Die Immobilienaktien der Eurozone büssten seit Jahresbeginn 29.0% ein, und auch der weltweite MSCI Immobilienindex hat mit –26.4% deutlich stärker korrigiert. Die Schweizer Immobilientitel dürften dabei von einem gewissen «Save Haven»-Effekt profitiert haben, hat doch auch der breite Schweizer Aktienmarkt (SPI: –12.2%) deutlich weniger nachgegeben als der globale Aktienmarkt (–22.7%).

Kurseinbruch auf breiter Front

Ein wichtiges Unterscheidungsmerkmal der verschiedenen kotierten Immobilienanlageinstrumente ist deren sektorielle Anlagestrategie. Von der kräftigen Korrektur im Zuge der Corona-Krise wurden in einer ersten Phase ein Grossteil der verschiedenen kotierten Schweizer Immobilientitel in ähnlichem Ausmass erfasst. So haben etwa zwischen dem 19. Februar und dem 17. März 2020 Immobilienfonds mit Fokus auf Geschäftsliegenschaften (–18.8%) ähnliche Verluste hinnehmen müssen wie Wohnimmobilienfonds (–18.1%). Anleger haben über alle Anlageklassen hinweg Papiere abgestossen und ihre Cash-Bestände erhöht. In Zeiten grösster Verunsicherung fliehen Investoren, die oftmals auch Unternehmer sind, reflexartig in Liquidität. Dies äussert sich beispielsweise auch in den Renditen von Staatsanleihen, die in der Schweiz und vielen anderen Märkten trotz Zinssenkungen seitens der US-Notenbank und weiterer Zentralbanken zuletzt deutlich gestiegen sind. Viele Investoren trennten sich auch von solchen Anlagen, um Liquidität zu schaffen.

Werden die verschiedenen Segmente des Immobilienmarkts individuell betrachtet, so ist davon auszugehen, dass diese unterschiedlich stark von der Corona-Pandemie betroffen sein werden. Tiefere Furchen dürfte die Krise hauptsächlich in den kommerziellen Immobilienmärkten hinterlassen. Im Büroflächenmarkt dürfte die Markterholung, die in den letzten Jahren stattgefunden hat, komplett zum Erliegen kommen. Schwerwiegende Folgen der Corona-Krise erwarten wir für die Detailhandelsflächen und Hotels. Hier fallen die durch den temporären Lockout bedingten Ertragsausfälle zusätzlich zu einem strukturwandelbedingt langfristig rückläufigen Ertragspotenzial an. Auch der Mietwohnungsmarkt dürfte kurzfristig unter einer geringeren Nachfrage infolge starken Rückgangs der Zuwanderung und Eintrübung der Konsumentenstimmung leiden. Es ist aber kaum mit Zahlungsausfällen und Vertragskündigungen zu rechnen. Das Instrument der Kurzarbeit dürfte zudem ein massives Ansteigen der Arbeitslosenzahlen in der Schweiz wirkungsvoll verhindern. Die Sicherheit der Cashflows ist im Segment der Wohnimmobilienfonds daher ausgesprochen hoch. Die Anleger scheinen diese Einschätzung zunehmend zu teilen. Dies suggeriert die insgesamt seit Beginn der COVID-19-Korrektur deutlich bessere Performance der Immobilienfonds mit Fokus Wohnen (–10.3%) im Vergleich zu den Geschäftsimmobilienfonds (–15.8%) und den ebenfalls geschäftsflächenlastigen Immobilienaktiengesellschaften (–22.9%). Auch das bessere Abschneiden der Schweizer Immobilienanlagen gegenüber dem Ausland kann unter anderem auf deren starken Wohnfokus zurückgeführt werden. Vorab die Wohnimmobilienfonds zeigten ab der zweiten Märzhälfte wieder eine klare Erholungstendenz (+9.5%).

Hohe Marktvolatilität

Die ungewohnt hohe Marktvolatilität bei den Schweizer Immobilienanlagen dürfte auch in den nächsten Wochen anhalten. Grössere Rückschläge können, abhängig vom weiteren Verlauf der Pandemie und den entsprechenden wirtschaftlichen Folgen, daher nicht ausgeschlossen werden. In der längeren Frist spricht jedoch vieles für die Attraktivität der hiesigen Immobilientitel. Das gegenwärtige Umfeld bietet folglich auch attraktive Kaufgelegenheiten für Anleger mit längerfristigem Anlagehorizont, die ihre Immobilienpositionen im Portfolio ausbauen möchten. Mit 27.1% befinden sich die Agios der Immobilienfonds, die Mitte März auf zeitweise unter 15% sanken, zwar bereits wieder oberhalb ihres langfristigen Mittelwerts (20.4%). Gemessen am anhaltend tiefen Zinsniveau erscheint dieser Aufpreis jedoch angemessen. Die Prämien von Schweizer Immobilienaktien sind zwischen Ende Januar und Ende März gar von 51.6% auf 22.8% gefallen. Bei diesen drohen aufgrund des starken Fokus auf Geschäftsflächen in den nächsten Quartalen jedoch höhere Mietertragsausfälle.

Wir stufen den Ausblick für die Schweizer Immobilienfonds als attraktiv relativ zum globalen Benchmark ein, insbesondere im derzeitigen volatilen Marktumfeld. Gemessen am noch immer tiefen Zinsniveau erscheinen vorab die Preise von Immobilienfonds wieder attraktiver als noch vor Monatsfrist. In der kurzen Frist günstig dürfte sich ausserdem auswirken, dass die angekündigten Neuemissionen von Schweizer Immobilienfonds für das zweite Quartal 2020 bislang relativ moderat sind und weit unter dem Vorjahreswert liegen, sodass auch von der Angebotsseite kein unmittelbarer Druck zu befürchten ist. Der wichtigste Performancetreiber der vergangenen Jahre, die Negativzinsen, dürften nun ausserdem noch länger Bestand haben, als dies noch vor der Krise erwartet worden war. Trotz steigendem Druck auf die Mieterträge dürften die von Immobilien generierten laufenden Erträge damit dank hoher Renditeprämien weiterhin viel Kapital anziehen. Auch die Nettoinventarwerte – in den vergangenen Jahren ebenfalls eine wichtige Ertragsquelle der Immobilienfonds – werden von den Negativzinsen weiterhin gestützt. Deren jährliches Wachstum dürfte jedoch zunehmend an Dynamik verlieren, insbesondere bei Gefässen mit starkem Fokus auf Geschäftsimmobilien. Insgesamt dürften vorab defensivere, räumlich gut diversifizierte Immobilienfonds mit Fokus Wohnen in der vorhersehbaren Zukunft vergleichsweise attraktive Renditen generieren. Mit Anlagerenditen im Bereich von 5 – 6%, wie sie in den letzten Jahren die Norm waren, rechnen wir jedoch vorerst nicht mehr.

Niedrigere Ertragsaussichten

Auch wenn die Schweizer Immobilienaktien angesichts der erhöhten Marktvolatilität kurzfristig von ihrem «Safe Haven»-Status profitieren könnten, gehen wir davon aus, dass die Renditen in der mittleren bis längeren Frist unter denen für globale Immobilienaktien liegen. Die Prämien der kotierten Immobilienaktien sind zwar durch die starke Korrektur deutlich geringer als noch zu Jahresbeginn, dennoch liegen traditionelle Bewertungsindikatoren relativ zum globalen Benchmark über dem langfristigen Mittel. Dies erscheint insbesondere im Hinblick auf den durchwachsenen Ausblick für die kommerziellen Märkte, dem Hauptfokus der Schweizer Immobilienaktien, nicht gerechtfertigt. Die vier grössten Unternehmen des Index (ca. 83% Anteil) beziehen knapp 70% ihrer Mieteinnahmen aus der Vermietung von Büro- und Detailhandelsflächen, die angesichts der abkühlenden Wirtschaft und der Onlinekonkurrenz unter Druck kommen dürften. Darüber hinaus konnten die Schweizer Immobilienaktien im vergangenen Jahr vom «Einmal-Effekt» der Steuerreform profitieren, die sich dieses Jahr aller Voraussicht nach nicht wiederholt. Und auch wenn wir erwarten, dass das langfristige Zinsniveau in der Schweiz auf tiefem Niveau verharrt, so ist dies bereits mehr als eingepreist.