Der Saron (Swiss Average Rate Overnight) wird Ende 2021 den Libor als Referenzzinsatz für Finanzierungen ersetzen. Die Glarner Kantonalbank hat nun als erste Bank reagiert und bietet eine Rollover-Hypothek auf Saron-Basis an. Für Tanguy Bonbled von der Hypotheken-Boutique Hyrock bringt der Saron den Kunden Vor- wie auch Nacheile.

Die Glarner Kantonalbank will als erste Schweizer Bank die beliebte Rollover-Hypothek auf Basis des neuen Referenzzinssatzes Saron als Standardprodukt anbieten. Werden weitere Banken folgen?

Tanguy Bonbled: Mit dem Wegfall des Libors müssen die Banken den neuen Referenzzinsatz Saron anwenden. Es werden also bis Ende 2021 sämtliche Banken folgen. Die Basler Kantonalbank und die Entris Banking AG haben zum Beispiel nach eigenen Angaben das erste auf dem Saron basierende Interbankengeschäft abgeschlossen.

Was bietet der Saron?

Der Saron ist der Nachfolger des Referenzzinssatzes Libor, der per 31.Dezember 2021 nicht mehr weitergeführt wird. Für die kurzfristigen Hypotheken wird ab dann der Saron der neue Leitzinssatz sein. In der Schweiz kümmert sich die «Nationale Arbeitsgruppe für Referenzzinssätze in Franken» um die Ablösung. Sie hat den Saron als Nachfolge bestimmt. Dieser wird täglich auf Basis tatsächlich abgeschlossener Transaktionen und Kursen im Schweizer Geldmarkt berechnet und von der Schweizer Börse SIX administriert. Dadurch ist er transparent und nicht manipulierbar.

Wie sieht es mit der Flexibilität bei der Umwandlung in Festhypotheken aus?

Im Gegensatz zum Libor wird der Referenzzinssatz Saron auf tagesbasis berechnet und bei Endfälligkeit – in der Regel 3 oder 6 Monate – als zusammengesetzter Zinssatz (compounded rate) dem Kunden weiterbelastet. Somit entstehen bei einer vorzeitigen Kündigung keine Vorfälligkeitskosten. In der Theorie wäre eine Umwandlungen sogar flexibler, in der Praxis waren jedoch die Banken jetzt schon kulant für Produktewechsel (inhouse).. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Banken bei einem Wechsel zu einem anderen Hypothekaranbieter trotzdem auf die vereinbarte Rahmenlaufzeit beharren werden, um so ihre Margen zu sichern.

Bei den meisten Banken können die Kunden im Moment weiterhin Libor-Hypotheken abschliessen. Macht das noch Sinn?

Kreditnehmer können bis Ende 2021 ihre Hypothek auf Liborbasis führen. Liborhypotheken werden bei den Banken in den meisten Fällen mit einer Gesamtrahmenlaufzeit abgeschlossen. Somit können die Banken ab 2020 nur noch maximal 2-jährige Rahmenlaufzeiten anbieten. Aus Sicht der Banken macht somit eine rasche Umstellung durchaus Sinn. Für den Kreditnehmer ist es eine Frage der Möglichkeiten, ob seine Bank bereits eine Saron-Hypothek anbietet oder nicht. Falls nicht, kann eine Liborhypothek noch sinnvoll sein.

Der Saron wird auf der Basis besicherter Ausleihungen zwischen Schweizer Finanzinstituten täglich dreimal durch die SIX fixiert und ist jeweils für einen Tag gültig. Wie lässt sich daraus ein Hypotheken-Portfolio erstellen?

Der Saron gilt wie der Libor in der Vergangenheit  als Referenzsatz für die Kreditnehmer . Die Ausgestaltung der einzelnen Hypothekarprodukte sowie die Strategie des Hypotheken-Portfolio obliegt weiterhin der jeweiligen Bank.

Aus den täglichen Zinssätzen wird unter dem Namen Saron Compound durch Aufzinsung ein Satz über eine relevante Zinsperiode errechnet. Eine nationale Arbeitsgruppe hat sieben Varianten für die Verwendung des Saron Compound in Kreditprodukten präsentiert. Wird jetzt die Verwirrung am Markt noch grösser?

Theoretisch ja. Ich gehe davon aus, dass eine der von der nationalen Arbeitsgruppe vorgeschlagenen Varianten  sich mittelfristig durchsetzen wird. Für den Konsumenten wäre es natürlich besser und verständlicher, wenn man sich auf eine Variante einigen könnte.

Es gibt ja eine Variante, bei der der Zinssatz beziehungsweise die Höhe der am Ende der Zinsperiode zu leistenden Zinszahlung erst am Vortag der Fälligkeit bekannt ist. Wer geht ein solches Risiko ein?

Die Kunden der Glarner Kantonalbank, denn das angesprochene neue Produkt wird so abgerechnet. Allerdings halten sich unseres Erachtens die zusätzlichen Risiken in engen Grenzen. Bei der Libor-Hypothek wird der Zinssatz im Voraus (intransparent) fixiert, bei der Saron (transparent) im Nachhinein. Aufgrund der kurzen Laufzeiten (meist 3 Monate) müsste der Zins in sehr kurzer Zeit massiv ansteigen, dass wirklich ein Nachteil entstehen könnte. Bei sinkenden Zinsen könnte es sogar ein Vorteil sein. Ein Risiko entsteht eher durch lange Rahmenverträge, diese waren aber bereits bei Libor-Hypotheken üblich. Das ging allerdings aufgrund negativer Zinsen oft vergessen.

Gibt es bereits Angaben zu den Zinssätzen der Saron Rollover-Hypotheken?

Nein, bis jetzt gibt es noch keinen verbindlichen Zinssatz. Der erste wird voraussichtlich in drei Monaten bekannt sein von der Glarner Kantonalbank.

Vorerst dürften die Hypothekarzinsen in etwa den Liborhypotheken entsprechen. Seit Einführung der Negativzinsen haben die meisten Banken einen Floor von 0 Prozent für Liborhypotheken eingeführt. Somit bestand der Kundenzinssatz nur aus der Bankenmarge. Mit dem Wechsel zum Saron besteht die Möglichkeit neu die Kundenmarge auf Basis des derzeit negativen Sarons festzulegen. Steigt letzterer wieder auf 0 Prozent, könnten die Banken diese Wertsteigerung 1:1 weiterbelasten, was beim Libor nicht der Fall war.

SNB-Direktoriumsmitglied Andrea Maechler hat die Marktteilnehmer gedrängt, den Saron konsequenter zu verwenden und die Umstellungsarbeiten voranzutreiben. Welche Gründe sehen Sie in der eher langsamen Umsetzung bisher?

Die grösste Herausforderung mit dem Saron ist die neue Berechnungsrundlage. Dabei wird der Zinssatz ja bei Endfälligkeit berechnet, was systemtechnisch eine grosse Herausforderung ist. Operationelle Abläufe und Systeme sind kompliziert. Eine Umstellung braucht deshalb Zeit. Vom Handel bis zur Abwicklung. Man denke nur zum Beispiel an die Berechnung eines Marchzinses per Abschluss. Da kommt eine schweizerische Tugend zu tragen: abwarten und schauen was die anderen machen.

Die Libor-Hypothek war bisher auch für gut informierte Privatpersonen und Family Offices eine Alternative zur Festhypothek. Wird der Saron dies auch sein?

Mangels Alternative für kurzfristige Hypotheken werden die Kreditnehmer den Wechsel zum Saron wohl akzeptieren. Variable Hypotheken zu über 2.5 Prozent sind keine Alternativen. Tendenz heute: Kunden werden eher in Festhypotheken wechseln, natürlich auch aufgrund der tiefen Zinsen. Das Szenario ist aber schwierig einzuschätzen.

Interview: Remi Buchschacher

Tanguy Bonbled ist seit Januar bei Hyrock tätig. Er verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung im Hypothekarmarkt. Er ist Spezialisiert auf die Betreuung von Grosskunden und die Aufsetzung von neuen Finanzierungsgefässen. Hyrock ist eine unabhängige Hypotheken-Boutique spezialisiert auf die Finanzierung von Renditeliegenschaften, Projektentwicklungen und Luxusimmobilien. An den Standorten Zürich und Genf arbeiten rund ein Dutzend Spezialisten. Seit Gründung im Oktober 2018 hat Hyrock Hypothekarvolumen von über CHF 1.2 Mia. beraten und platziert.