Wie hoch sind die Anteile der wertvermehrenden und der werterhaltenden Investitionen bei umfassenden Gebäudesanierungen? Eine durch das Bundesamt für Wohnungswesen (BWO) gemeinsam mit dem Bundesamt für Energie (BFE) in Auftrag gegebene Studie der Hochschule Luzern (HSLU) geht dieser Frage anhand von 20 Erneuerungsprojekten nach. Der wertvermehrende Anteil liegt bei den untersuchten Beispielen zwischen 34 und 58 Prozent.

«Die Umsetzung der energie- und klimapolitischen Ziele setzt eine Zunahme umfassender Gebäudesanierungen voraus. Bei Mietliegenschaften hat der Anteil der wertvermehrenden Investitionen eine besondere Bedeutung, denn diese Kosten dürfen auf den Mietzins überwälzt werden», schreibt das BWO. Die Abgrenzung zum Anteil des Gebäudeunterhalts, den der bisher geltende Mietzins abdeckt, sei jedoch komplex und könne ein Hindernis für solche baulichen Vorhaben darstellen. Für umfassende Sanierungen ist seit fast fünfzig Jahren eine vereinfachende Bestimmung für die Aufteilung in Kraft. Die Kosten gelten in der Regel zu 50-70 Prozent als wertvermehrende Investitionen. Diese Bandbreite wurde damals bewusst hoch angesetzt, um die Liegenschaftseigentümer für die Durchführung umfassender Erneuerungen anzuregen.

Die Angemessenheit der «50-70 Prozent-Regel» wurde jedoch seither regelmässig hinterfragt und ist oft Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten zwischen Mieterschaft und Eigentümern. «Auch haben sich im Laufe der Jahre die Verhältnisse auf dem Immobilien- und Wohnungsmarkt wie auch die Bautechnik stark verändert. Die vorliegende Untersuchung dient der Einschätzung, in welcher Grössenordnung sich heute die wertvermehrenden und werterhaltenden Anteile umfassender Liegenschaftssanierungen in der Praxis bewegen», schreibt das BWO weiter.

Die für die Studie angewandte Methode wurde durch die HSLU im Austausch mit dem Hauseigentümerverband Schweiz (HEV Schweiz) und dem Schweizerischen Mieterinnen- und Mieterverband (SMV) entwickelt. Sie stützt sich auf den jeweiligen Baukostenplan (BKP) und nimmt für jede einzelne Position eine Triage der wertvermehrenden und werterhaltenden Anteile vor. Bei einer künftigen Weiterentwicklung dieser sogenannten «BKP-Triage» ist eine Anwendung in verschiedenen Bereichen denkbar. So beispielsweise für die Planung und Umsetzung von Erneuerungsvorhaben, für die Beurteilung, falls eine Partei bei einer umfassenden Überholung einen über 70 Prozent oder einen unter 50 Prozent liegenden wertvermehrenden Anteil geltend macht oder auch für die steuerliche Ausscheidung werterhaltender und wertvermehrender Investitionen.

«Die Auswertung der 20 analysierten umfassenden Liegenschaftsüberholungen zeigt Anteile für wertvermehrende Investitionen zwischen 34 und 58 Prozent. Aufgrund der relativ tiefen Anzahl Fallbeispiele ist das Ergebnis jedoch nicht repräsentativ für den gesamthaften Gebäudepark der Schweiz», schränkt das BWO ein. Trotzdem kritisiert der HEV die Studie. Er lehnt die Folgerungen der Studie grundsätzlich ab, wie er in einer Mitteilung schreibt. Die geltende Pauschale erfülle ihren Zweck. Die von der Hochschule Luzern ermittelte Methodik missachte, dass ein heute neuwertiges Bauteil in aller Regel wesentlich bessere Leistungs-Eigenschaften aufweist als diese zum Erstellungszeitpunkt der Baute überhaupt zur Verfügung standen. «Diese technischen Verbesserungen werden in den Darstellungen denn auch zu wenig als wertvermehrend angerechnet. Ein heutiger Backofen beispielsweise ist energieeffizienter, verfügt über zusätzliche Funktionen und ist wartungsarmer als das Vorgängermodell», schreibt der HEV. Die in der Studie vorgestellte «BKP Triage» sei aus Sicht des HEV reine Augenwischerei. Auch mit dieser sei keine – weder eine rein mathematische noch wissenschaftlich genaue – Zerlegung der Arbeiten in werterhaltende und wertvermehrende Elemente möglich. Denn auch dieses Modell komme nicht ohne Schätzungen aus. «Die geltende Rechtsprechung bezüglich Anwendbarkeit und Höhe der Pauschale ist klar, etabliert und praxisnah umsetzbar.» Das Modell der «BKP Triage» fördere die Rechtsunsicherheit und gefährde damit wichtige Investitionen in den Schweizer Gebäudepark, so der HEV.